Interview: Amon Amarth

By Lucie W.
 
Eine Band aus alten Freunden.



Seit über 20 Jahren in der Metal-Szene unterwegs bringen die Schweden von Amon Amarth nun mit «Jomsviking» schon ihr zehntes Studioalbum heraus. Diesmal ist es erstmals ein Konzeptalbum geworden. Gitarrist Olavi Mikkonen erzählte Metal Factory, worum es bei der Nordmann-Saga geht, wie es um den Platz an den Drums in der Band steht und was sich Sänger Johan Hegg alles so in den Bart schmiert.

MF: Hey Olavi! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview für Metal Factory nimmst. Euer neues Album durfte ich mir schon anhören, ich finde es echt super!

Olavi: Danke sehr!

MF: Etwas, was mir bei eurem Sound schon immer gut gefallen hat ist, dass ihr Melodie und Härte so stimmig miteinander verbindet, aber auch immer wieder diese Midtempo-Stampfer mit Mitschrei-Refrains habt. Auf dem neuen Album ist ein solcher Ohrwurm, zum Beispiel «Raise Your Horns». Und dieser Songtitel bringt mich auch gleich zu meiner ersten brennenden Frage: Was ist denn im Horn?

Olavi (lachend): Also man darf da natürlich drin haben was man möchte!

MF: Was ist denn jeweils in deinem?

Olavi: Bei mir ist eigentlich meistens einfach nur Bier drin.

MF: Trinkst du denn keinen Met?

Olavi: Doch, manchmal schon, aber der meiste Met ist mir viel zu süss. Es gibt auch trockenen Met, den mag ich lieber, diesen ganz süssen Honigwein krieg ich nicht runter. In meinem Horn ist also meistens Bier.

MF: Euer neues Album heisst «Jomsviking». Kannst du uns erklären, was ein Jomswikinger ist?

Olavi: Zu Zeiten der Wikinger waren die Jomswikinger ein Bund von Söldnern, eine Gruppe von „bad ass“-Wikingern, das waren richtig böse Jungs. Sie wurden von Königen und anderen reichen Personen angeheuert, um für sie zu kämpfen.

MF: Also geht es in den Songs auch um diese Horde von Kriegern?

Olavi: Ja, genau. Jomsviking ist ein Konzeptalbum, unser erstes Konzeptalbum. Es erzählt die fiktive Geschichte eines jungen Mannes, die sich vor einem realen historischen Hintergrund abspielt. Er tötet einen mächtigen Mann in seinem Dorf und muss daraufhin fliehen, um sein Leben zu retten. Er trifft auf der Flucht auf eine Gruppe von Jomswikingern und obwohl er noch so jung ist, schliesst er sich ihnen an und wird einer von ihnen. Viele Jahre später kehrt er in sein Dorf zurück um sich zu rächen. Wir haben uns das Ganze irgendwie wie ein Filmskript vorgestellt und die Songs sind der Soundtrack zum Film.

MF: Der Song „First Kill“ erzählt ja genau von diesem ersten Mord, den der junge Mann beging. Zu diesem Song habt ihr auch schon ein Video rausgebracht, in dem zu sehen, ist, dass da auch eine junge Frau irgendwie mit im Spiel ist.

Olavi: Sie ist der Grund, warum unser Wikinger, er heisst übrigens Grim, den Mord begeht, denn er ist in dieses Mädchen verliebt und sie soll mit dem mächtigen Mann verheiratet werden. Also tötet er ihn um sie davor zu bewahren.

MF: Kriegt er das Mädchen denn wenigstens am Schluss nach all den Strapazen?

Olavi: Nein, natürlich nicht - so weit kommt’s noch, dass es bei uns ein Happy End gibt, das würde nicht zu uns passen (lacht). Ausserdem bekommt man ja im wahren Leben auch nicht immer das, was man möchte.

MF: Wann und wie ist denn die Idee entstanden, überhaupt ein Konzeptalbum zu machen?

Olavi: Der Gedanke kam zum ersten Mal auf, als wir mit Deceiver auf Tour waren. Sie nahmen grade ein Album auf und wir fingen deshalb an, über unsere nächste Scheibe zu sprechen. Wir waren uns alle einig, dass es etwas anderes sein sollte als die vorhergehenden Alben. Und weil Johan ja eine Rolle im Film „Northmen - A Viking Saga“ bekommen hatte dachten wir, dass wir eine „filmische“ Herangehensweise wählen sollten.

MF: Den Film habe ich gesehen und ich wusste erst nicht, dass Johan mitspielt und dachte erst, ich spinne, als ich ihn erkannt habe! Wie kam es denn dazu, dass er dort eine Rolle bekam?

Olavi: Ich glaube, einer der Drehbuchautoren nahm ein Bild von Johan um der Produktionsfirma zu zeigen, wie er sich diesen Charakter vorstellte. Und die sagten dann, dann könne man ja einfach direkt Johan mitspielen lassen, anstatt jemanden zu suchen, der so aussieht wie er.

MF: Ist es denn trotz dieses Konzeptalbums immer noch so, dass ihr eure Musik nicht als Viking Metal bezeichnen würdet?

Olavi: Ach das ist eine Sache, die von Johan kam. Ich bin da anderer Meinung. Ich finde, es macht Sinn, unseren Sound so zu bezeichnen. Ich weiss ehrlich gesagt gar nicht, was genau in daran stört.

MF: Die Drums auf «Jomsviking» wurden von Tobias Gustafsson eingespielt, der sonst bei Vomitory trommelt. Wird er auch live mit euch spielen?

Olavi: Unser ehemaliger Drummer Fredrik und wir haben uns kurz bevor wir mit den Aufnahmen des neuen Albums begonnen haben, getrennt. Tobias ist ein langjähriger Freund, ein sehr guter und routinierter Drummer und auch menschlich wirklich toll - und er ist dann eingesprungen und hat mit uns das Album aufgenommen. Für uns ist es einfacher mit jemandem zu arbeiten, den wir kennen. Wir sind sehr froh, dass er mit uns gearbeitet hat. Er wird aber nicht mit uns auf Tour kommen und wir suchen jetzt einen Schlagzeuger, der sowohl menschlich als auch musikalisch zu uns passt und auf Dauer in der Band bleibt.

MF: Amon Amarth gibt es ja auch schon seit 1992, und ihr hattet sehr wenig Besetzungswechsel. Ihr seid wohl wirklich eine eingeschworene Truppe, oder?

Olavi: Ja, absolut. Wir waren schon befreundet, als wir die Band gegründet haben, und wir sind immer noch Freunde. Wir funktionieren gut zusammen und arbeiten gerne zusammen, wir haben Spass daran. Das ist wohl einer der Gründe, warum sich die Dinge für uns gut entwickelt haben.

MF: Die Fans spüren das sicherlich, dass ihr authentisch seid und mit Herzblut bei der Sache. Ihr habt ja auch viele recht junge Fans. Findest du denn, dass die anders sind als noch vor 20 Jahren? Hat sich die Metal-Szene deiner Meinung nach verändert?

Olavi: Ja, ich finde sie hat sich sogar stark verändert. Ich gehöre ja schon zum alten Eisen und bin ein Metaller der alten Schule. Heutzutage sehen die Kids die Metal hören, gar nicht mehr wie Metalheads aus. Das war früher nicht so. Als ich anfing Metal zu hören in den späten 80ern, frühen 90ern, da hat man sich auch angezogen wie ein Metaller und hat sich so von anderen abgegrenzt. Ausserdem haben wir nur Metal gehört und keine anderen Musikrichtungen, das ist auch nicht mehr so. Und viele haben ja nicht mal mehr lange Haare! (mit Entsetzen in der Stimme) Aber so ist es nunmal und ich denke, der Metal-Szene geht es ganz gut. Bands wie Metallica und Iron Maiden spielen hier in den grössten Arenen wie Stadien und füllen sie komplett. Das ist bei Popacts ganz selten so.

MF: Hörst du dir selbst denn auch andere Stilrichtungen ausser Metal an?

Olavi (erneut etwas entsetzt): Nein, ich würde niemals ein Album auflegen, das nicht Metal ist! Ich bin da ganz altmodisch, ich höre nur Metal. Ich mag zwar viele verschiedene Richtungen, von sehr „cheasy“ Metal bis hin zu sehr extremem Metal, aber ich brauche immer eine Art von Härte, Aggressitivät und Stromgitarren, um den Sound zu mögen.

MF: Einer unserer Leser möchte wissen, ob ihr plant Signature-Instrumente raus zu bringen, customized Instrumente, vielleicht mit einem Wikinger-Thema?

Olavi (zögert etwas): Äh jaaaa, in diese Richtung gibt es tatsächlich Pläne und ich arbeite zurzeit mit einem Partner an der Umsetzung - aber ich möchte da noch nicht zu viel verraten, denn es ist noch nicht klar, was dabei raus kommen wird.

MF: Ihr werdet mit den neuen Songs ja natürlich auch live auftreten. Amon Amarth ist ja bekannt für seine grossartigen und aufwendigen Live-Shows, habt ihr da schon Pläne für die nächsten Konzerte? Dürfen wir wieder Schiffe und Pyros erwarten?

Olavi: Für die Auftritte auf Festivals im Sommer haben wir vor, wie immer eine grosse Produktion aufzufahren. Im November und Dezember werden wir auf Tour gehen mit dem neuen Album, und für diese Shows werden wir eine komplett neue Produktion haben, an der wir zurzeit arbeiten. Das wird super werden, wir bauen theatralische Aspekte ein, passend zum Konzeptalbum, und es werden nicht nur wir, sondern auch andere Personen auf der Bühne sein. Vieles wird vom neuen Album sein, aber wir werden auch endlich mal Ideen umsetzen, die wir bei älteren Songs für die Bühnenshow schon lange haben, bisher aber nie realisierten. Mehr werde ich aber noch nicht verraten!

MF: Gibt es bestimmte Länder oder Regionen, wo du besonders gerne Liveshows hast?

Olavi: Hmm, nein, eigentlich spiele ich überall gerne. Klar gibt es einige Orte, wo die Leute etwas mehr abgehen als an anderen, aber ich fühle mich eigentlich überall wohl. Und unsere Fans sind überall toll, sie singen die Melodien mit und sind voll begeistert. Vor allem in Südamerika werden wir immer besonders überschwänglich begrüsst, die Fans warten am Flughafen und beim Hotel - manchmal brauchen wir sogar extra Security, weil der Ansturm so gross ist.

MF: Werdet ihr denn bald ein neues Live-Album heraus bringen oder eine DVD? Darüber würden sich eure Fans sicher freuen.

Olavi: Momentan haben wir da keine konkreten Pläne. Wir haben schon einige DVDs herausgebracht, die jeweils als Bonusmaterial bei den Deluxe-Versionen der Alben dabei waren. Bei EMP gibt es von «Jomsviking» auch so eine Deluxe-Version mit einer Live-DVD dabei.

MF: Für einen unserer Leser gab es noch folgende brennende Frage: Welchen Bart-Conditioner benutzt Johan?

Olavi (lacht): Sehr wahrscheinlich Schweinefett!

MF: Oh, na das ist mal ein Beauty-Tipp für unsere bärtigen Leser! Wisst ihr schon, ob ihr mal wieder auf "70000 Tons Of Metal" spielen werdet?

Olavi: Das weiss ich leider nicht, wir wurden nach der ersten Ausgabe, wo wir gespielt haben, nicht erneut angefragt, leider - wir hatten super viel Spass auf dem Schiff. Für die "Barge To Hell-Cruise" wurden wir angefragt, das haben wir aber dann nicht gemacht. Aber ich weiss nicht, vielleicht wollen die uns nicht mehr buchen bei 70000 Tons? Also wenn jemand, der das Interview liest, Connections hat: wir würden gerne wieder bei der Cruise mit dabei sein und spielen!

MF: Ok, wir werden unser bestes tun! Hast du denn sonst ein Lieblingsfestival?

Olavi: Ich habe eigentlich kein Lieblingsfestival, ich mag sie alle! Natürlich ist es angenehm, wenn das Wetter gut ist, und auch, wenn viele andere Bands dort spielen, die wir kennen und mit denen wir schon auf Tour waren oder sonst viel gespielt haben. Wenn es familiär zu und her geht, das mag ich gerne. Wenn ich ein Festival nennen müsste, das ich gut finde, würde ich vielleicht Graspop sagen, das ist ein tolles Festival.

MF: Da spielt ihr ja auch dieses Jahr, das ist also ein toller Festivaltipp! Nun noch eine weitere Frage von einem Leser: Wie steht ihr zum altnordischen Glauben? Praktiziert ihr tatsächlich Asatru?

Olavi: Also ich persönlich bin Atheist und glaube an keine Gottheiten oder höhere Mächte. Ich hänge keiner Religion oder Glaubensrichtung an. Ich finde nordische Mythologie cool und interessant, aber für mich sind es einfach nur Geschichten. Ich glaube an mich selbst, das reicht mir!

MF: Was hältst du denn von Bands aus anderen Kulturen und Ländern, die auch das Thema Wikinger und nordische Mythologie haben, obwohl das nicht zu ihrer eigenen Geschichte gehört?

Olavi: Das finde ich völlig in Ordnung. Wir machen Musik in erster Linie, um zu unterhalten. Wir selbst wählen Themen, die uns interessieren, und in unserem Fall auch zur eigenen Kultur und Geschichte gehören. Aber eben: das ist schon alles. Es sind spannende und interessante Inhalte, aber wir hängen da keinerlei Ideologie oder religiöse Ideen dran.

MF: Finde ich eine gute Einstellung! Und nun noch zum Schluss: wann kommt ihr wieder in die Schweiz?

Olavi: Wir werden auf unserer Headliner-Tour, die wir im November starten, auch mindestens eine Show in der Schweiz spielen. Nach der Festivalsaison werden wir die Daten veröffentlichen, und wir hoffen, dass ihr alle kommt, um uns live zu sehen!

MF: Super, ich freue mich schon auf die Show! Vielen Dank für das Interview und Grüsse an den Rest der Band!