Keiner anderen Truppe gönne ich den Erfolg dermassen,
wie den Kanadiern Anvil. Seit 1981 veröffentlichen Steve
«Lips» Kudlow und sein Partner in Crime Robb Reiner eine
Metal-Perle nach der anderen und waren die Vorreiter des
harten Metals. Doch anstatt den Erfolg geniessen und
feiern zu können, wurden sie von unzähligen Bands links
überholt und
wurden zum ewigen Hoffnungsträger degradiert.
Nach zwölf Studioalben, einem unbändigen Feuer in den
Arschbacken und Jobs, mit denen sich die Jungs über
Wasser hielten, war plötzlich der Film «The Story Of
Anvil» in aller Munde. Der Streifen zeigt das Quartett,
zusammen mit Glenn «Five» Gyorffy und dem mittlerweile
ausgestiegenen Ivan Hurd, wie sie dank einer
«professionellen» Promoterin eine ausgedehnte Tour
absolvieren können und dabei immer wieder ihr blaues
Wunder erleben. Zurück in ihrer Heimat wurde das neue
Album «This Is Thirteen» in Angriff genommen und
zusammen mit dem Erfolgsproduzenten Chris Tsangarides
(Judas Priest, Black Sabbath, Thin Lizzy) stieg die
Hoffnung auf den verdienten Erfolg. Der blieb aber noch
etwas aus. Bis zu dem Zeitpunkt, als der Film zu sehen
war und Anvil plötzlich zur Band der Stunde mutierten.
Ist dies nun der Knackpunkt zum durchstarten? Die
emotionalen Welten, Wut, Freude, Tränen, ungebrochener
Wille, Durchhaltevermögen, Niederlagen und viel Spass
sind im ganzen Film die ständigen Begleiter der Truppe.
Im Balingen hatte ich die Möglichkeit nach einem
Interview und vor dem Morgenessen Lips und Robb vor das
Aufnahmegerät zu zerren. Zwischen hungrigen Augen und
freundlichem Beantworten meiner Fragen blieb nicht viel
Zeit, die Tinu aber versuchte zu nutzen.
MF: Wie erfolgreich war der Film für euch?
Lips: Unglaublich. Alles hat sich für uns um 180 Grad
gedreht. Wir sind auf einer globalen Ebene bekannt
geworden. Die Leute kennen uns und wissen was Anvil ist
und tut. Die ganze Welt hat uns entdeckt. Dieser Erfolg
dauert nun schon einige Zeit an und sieht nicht nur wie
ein kurzzeitiger Blitz in unserem Arsch aus (lacht). Bis
der Film fertig war vergingen zweieinhalb Jahre.
MF: Hat die Musik heute für euch noch immer den
gleichen Stellenwert wie früher?
Lips: Natürlich ist und war sie immer wichtig für uns.
Robb: Es ist die wichtigste Sache in unserem Leben.
Dabei versuchten wir immer grossartige Songs zu
schreiben. Das wird auch immer unsere Antriebsfeder
sein.
Lips: Zum Glück können wir mittlerweile von der Musik
leben und müssen nicht mehr arbeiten gehen, wie das noch
im Film zu sehen ist. Anvil wirft endlich so viel Geld
ab, dass wir unser Leben damit finanzieren können. Wir
sind eine richtige Band und müssen nicht mehr arbeiten
gehen.
MF: Hat es euch nie gestört, dass ihr eine der ersten
richtigen Metalbands wart, aber jüngere Truppen wie
Metallica den fetten Erfolg verbuchen konnten, den ihr
verdient hättet?
Lips. So ist das Musikbusiness. Aber diese
Machenschaften können aus einer guten Band nicht eine
schlechte machen. Unser Sound wurde immer mit viel Liebe
und Hingabe kreiert. Wir liebten, was wir taten, luden
unsere Geschütze und schossen los...
Robb: ...es war eine lustige Reise bis zu diesem Erfolg.
Das ist wirklich unglaublich, was im Moment alles
passiert. Man könnte fast sagen, dass uns die Welt nun
zu Füssen liegt (lacht). Auch wenn wir lange darauf
gewartet haben...
Lips: ...alles im Leben hat einen Grund. Alles was uns
widerfahren ist, hat uns auf unserem Weg gestärkt.
MF: «This Is Thirteen» ging im Zuge eures Films fast
unter. Wie seid ihr mit dem Werk zufrieden?
Lips: Wir sind sehr zufrieden.
Robb: Es ist ein ehrliches und klassisches Anvil-Werk.
Darum könnte ich dir auch nicht sagen, welches mein
Lieblingsalbum ist, da auf allen Scheiben grossartige
Lieder zu hören sind.
Lips: Hey, mein Lieblingsalbum von Anvil ist die «Anthology»
(lacht)!
Robb: Das ist eine bedachte Antwort.
Lips: Wir starteten damals mit «Hard And Heavy» und so
hat sich auch unsere Geschichte mit den Titeln zu
unseren Scheiben ergeben. Jeder Albumtitel besteht aus
drei Wörtern. Das erste und das letzte Wort beginnen mit
dem gleichen Buchstaben. Dies wurde zu einer richtigen
Anvil-Tradition.
MF: Das ist ja nicht die einzige Tradition. Eine
Weitere ist die, dass du mit einem Vibrator Gitarre
spielst. Wie kam es dazu?
Lips: Sex war für die Band immer ein Thema. Als kleiner
Junge klang für mich der Sound einer Gitarre, als käme
das Geräusch eines Motors aus dem Gitarrenplektrum
heraus. Darum dachte ich, benutze einen Vibrator, so
simpel war das. Er macht einen grossartigen Job, denn
der Sound eines Vibrators ist dem eines Plektrum sehr
nahe, da beide aus harten Plastik hergestellt werden.
MF: Wieso spielt ihr nicht mehr zu viert?
Lips (lachend): Weil wir keine vierte Person brauchen...
MF: ...aber euer Sound wurde schlussendlich auf zwei
Gitarren aufgebaut...
Lips: ...no comment! (lacht)
Robb: Wir sind ein Powertrio, mögen all die anderen
Truppen, die in der gleichen Konstellation aufspielen
und mit dieser gewaltigen Energie alles wegblasen
(lacht).
MF: Wir müssen schon zum Schluss kommen. Auf eurer
Homepage ist zu lesen, dass ihr an einem neuen Album
arbeitet. Was können wir von «Juggernaut Of Justice»
erwarten?
Lips: Das wird das beste Album, das wir jemals
veröffentlichen (lacht)...
Robb: ...wir werden die Scheibe im September/Oktober
2010 in einem Studio in L.A. aufnehmen und der Welt
zeigen, was Metal ist (lacht).
Lips: Wichtig ist nur, dass Anvil immer weitermachen und
niemals anhalten werden. Das Einzige was wir planen, ist
weiter zu leben. «And what will be, will be». Wie ist
das Essen Glenn Five?
|
|
|