Beim letzten Interview lag eine Operation zur Bekämpfung des Krebses
von Sänger Claus Lessmann (CL) in den Starlöchern. Ein knappes Jahr
später sassen mir Chris, die beiden Gitarristen Hans Ziller (HZ) und
Chris Limburg (Yps) sowie Bassist Uwe Köhler (UK) und Neutrommler
Harry Reischmann gegenüber. Wer die Jungs kennt, weiss, dass in
dieser Konstellation der Spassfaktor und das gegenseitige Necken im
Vordergrund stehen. Und so sprach der bayrische Haufen munter
durcheinander. Mit Ausnahme von Trommler Harry, denn der tat ganz
unbeteiligt und überliess das Fachsimpeln den anderen.
MF: Meine Herren, schön, dass ihr wieder in der Schweiz seid!
Uwe: Das finden wir auch!
Claus: Wann waren wir das letzte Mal bei euch? 2006...
Hans: ...ne, das war 2007...
Claus: ...oder 2008?
Yps: Das war 2007!!!
MF: Wichtig ist doch ganz einfach, dass ihr wieder da seid, oder?!
Claus: Pratteln ist immer eine Adresse, wo man gerne hingeht.
Weltweit ist dies hier einer der freundlichsten Clubs, den es gibt.
Damit meine ich nicht nur das Geschehen vor, sondern auch hinter der
Bühne. Da fühlt man sich einfach willkommen.
MF: Wie ist es zu dieser Tour mit Tyketto gekommen?
Claus: Das war die Idee unseres Tourmanagers.
Uwe: Wir haben mit Tyketto schon in Griechenland gespielt.
Claus: Wir mögen die Musik von den Jungs, zudem ist Danny ein
hervorragender Sänger, und es hat sich angeboten, dass wir wieder
zusammen auf Tour gehen.
Claus, beim letzten Interview hast du mir gesagt, dass du dich einer
Operation unterziehen musst. Wie ist es gelaufen?
Claus: Es ist alles entfernt worden...
Uwe: (lachend): ...alles...
Yps: ...auch der Sack! (lacht) Es ist alles weg...
Claus: ...aber jetzt geht es wieder!
MF: Ja was jetzt, der Sack oder das Singen?
Yps: Den Sack kann ich nicht beurteilen, aber das Singen, damit
klappt wieder alles!
Claus: Was wollten wir schon gross machen? Wir mussten eine Pause
einlegen. Die Jungs waren so freundlich und haben auf mich, alten
Sack, gewartet. Das erste Konzert nach der Genesung spielten wir in
der Ukraine...
Uwe: ...und da hat’s den Guten gleich auf die Schnauze gelegt.
(allgemeines Gelächter)
Claus: Als wir da angekommen sind, suchten wir die Halle, in der wir
auftreten sollten. Dort angekommen merkten wir, dass wir im Winter
eine Openair-Show spielen sollten. Ja, das war eine sehr, sehr
grosse Bühne, die sich während unseres Auftritts nach vorne gesenkt
hat. Das Ergebnis waren drei gebrochene und vier geprellte Rippen
und somit durfte ich gleich wieder eine Pause einlegen. Dieses Jahr
war schon sehr... speziell!
MF: Was macht man denn in der Zeit, während man auf den Sänger
warten muss? Schreibt man da Songs?
Hans: Wir schreiben immer neue Songs...
Uwe: ...immer (lachend)...
Yps: ...das neue Werk ist schon fertig!!! (allgemeines Gelächter)
Hans: Jetzt im Ernst, wir nehmen immer neue Lieder auf. Jeder
schreibt...
Yps: ...jeder schreibt? (lachend)
Uwe: Das ist heute auch alles viel einfacher geworden. Man schickt
sich gegenseitig die Ideen zu, und jeder kann seinen Senf dazu geben.
Hans: Garantiert sind schon dreizehn neue Songs vorhanden...
Yps: ...ich dachte, es wären erst zwölf??? (lacht)
Claus: Zählt doch noch mal nach (allgemeines Gelächter)...
Hans: ...also einige sind es schon! Ne, wir planen schon ein neues
Album aufzunehmen, aber wir nehmen uns da die nötige Zeit!
MF: Wie kam es zur letzten EP «Cry For Help»?
Hans: Daran war unser ehemaliger, wiederum ehemaliger Trommler
Dominique Schuld. Er ist Veganer und ist mit dieser Idee an uns
heran getreten.
Claus: Diese Veganer sind ja sehr spezielle Menschen. (allgemeines
Gelächter)
Hans: «Cry For Help» stammt ursprünglich von der «Double X»-Scheibe.
Daraus entstand die Idee, diesen Track für die PETA nochmals
einzuspielen und mit den Einnahmen die Organisation zu unterstützen.
Der Text passt wie die Faust aufs Auge.
Claus: Wenn man einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, die
Menschen aufzurütteln und auf etwas aufmerksam zu machen, sollte man
dies auch tun. Der Druck ist gewachsen auf diese Menschen, und
speziell auf die EM in der Ukraine wollten sich die wichtigen Leute
da keine Blösse geben in Bezug auf die Tierversuche. Das Schlimme
ist, dass zuerst immer ein gewisser Druck ausgeübt werden muss,
damit sich was bewegt. Leider!
Hans: Ob wir nochmals eine solche Institution unterstützen, werden
wir sehen.
Claus: Es ist nicht immer ganz einfach, weil solche Dinge oftmals
als militant eingestuft und somit boykottiert werden. Solche Vereine
sollte man durchaus ernst nehmen und das Gute dahinter sehen. Wir
engagieren uns dafür, und sollte nochmals so was in der Art an uns
ran getragen werden, machen wir das bestimmt wieder. Man muss auch
bereit sein, sich für eine solche Aktion zu engagieren.
Uwe: Damals haben wir auch bei «Rock For Asia» mitgespielt...
Hans: ...das ist ja nichts Neues für uns. Ausserdem wollen wir
endlich, dass ihr Schweizer den Euro als eigene Währung anerkennt
(allgemeines Gelächter).
MF: Da könnt ihr so lange spielen wie ihr wollt, das bringt euch
alles nichts! Ihr habt ein Akustik-Album eingespielt und wart am
Theater mit «Dem Räuber». Wie sieht es mit einem Orchesterauftritt
aus?
Uwe: Bei «Rock For Asia» haben wir mit einem Orchester
zusammen gespielt...
Yps: ...bei uns kann ja keiner Geige spielen!
Uwe: Das war kein komplettes Konzert.
Claus: Das wäre sicher eine sehr interessante Geschichte, aber wir
kommen da immer etwas später aus dem Quark...
MF: ...wenn es gut gemacht ist, spielt das ja keine Rolle...
Claus: ...da hast du absolut recht. Das würde bestimmt gut klingen
und, wenn die Zeit reif ist und sich da etwas ergeben würde... sehr
gerne!
MF: Ihr habt neben den typischen Liebesliedern und Biker-Texten
auch immer wieder kritische Lyrics verfasst. Ich denke da nur an
«Day 911».
Claus: Alles hat damals mit «September On My Mind» vom Album «Free»
begonnen. Mit diesem Song haben wir unsere damaligen Eindrücke und
Gefühle verarbeitet. Durch «Day 911» haben wir mit den neuen
Informationen das Ganze etwas redigiert und bekamen dafür prompt
Schelte. Vieles wurde uns direkt nach den Terroranschlag ja auch
nicht erzählt und damit eine gewisse Haltung verbreitet. Man hatte
gedacht, dies genau so glauben zu müssen. "Was macht ihr denn
wieder? Da habt ihr auf der einen Scheibe die und auf der anderen
eine andere Haltung", damit hatten viele Leute Mühe. Mein Gott, wir
haben halt über vieles nachgedacht und wieso darf man sich nicht die
Freiheit raus nehmen und seine Meinung dann auch revidieren? Darum
vertreten wir auf «September On My Mind» ein anderes Bild, als wir
es mit «Day 911» tun.
Yps: Ich denke, dass die neuen Fans ganz anders zur Musik stehen als
die Älteren und somit tritt bei ihnen der Text als solcher in
den Hintergrund. Früher war die Bereitschaft noch eher da, sich
einen Text durch zu lesen, heute steht da die Musik im Vordergrund.
Die älteren Anhänger lasen sich früher die Texte schon durch und
werden dies sicher auch heute noch tun.
MF: Meine Herren, ich sage danke fürs Interview...
Claus: ...mein lieber Martin, wir danken dir...
Uwe: ...immer wieder gerne...
Yps: ...können wir jetzt essen gehen (allgemeines Gelächter).
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