Interview: Crucified Barbara
By Rockslave
Es ist bis jetzt in all den Jahren eigentlich noch nie vorgekommen, dass ich eine Band, respektive einzelne Musiker (in diesem Fall Musikerinnen), vor dessen für mich ersten Auftritt interviewt habe. So geschehen nun bei Crucified Barbara, die in Pratteln unverhofft als "very special guest" ins Billing der Arch Enemy Tour rein rutschten. Wie das? Ganz einfach, denn die vier Schwedinnen wären ursprünglich am gleichen Abend in der Galery drüben aufgetreten. Da fasste sich das Tour-Management wahrscheinlich ein Herz und schon war die Sache geboren. Ein Glücksfall für Metal Factory, denn so kam ich im Backstage Bereich des Z7, da der Termin bereits mittags um 15.00 Uhr angesetzt war, zu einem coolen Gespräch in relaxter Stimmung trotz rumpelndem Soundcheck des Headliners. Da auf die gleiche Zeit auch eine Kollegin von "artnoir" aufgeboten wurde und wir zwei die einzigen Medienvertreter stellten, kriegte jeder gleich jeweils die halbe Band zugeteilt. Meine beiden Gesprächspartnerinnen waren die Bassistin Ida Evileye und die (zweite) Gitarristin Klara Force. Dabei erfuhr ich unter anderem, wie es zu diesem Bandnamen kam und noch einige Facts mehr.

MF: Das heutige Konzert ist der vierte Auftritt auf Schweizer Boden in diesem Jahr! Spielt ihr gerne hier?


Klara: Ja! Wir lieben es überall zu spielen..., wir waren jetzt gerade in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Tour und hier war es hammermässig.

Ida: Yeah! Es war wirklich gut...

MF: ...und welcher Auftritt war der bisher Beste? Allenfalls der von gestern Abend in Bulle (im Ebulition) nehme ich jetzt mal an, oder?!

Klara: Jaaah! Gestern war das Publikum ausserordentlich gut drauf und wir hatten eine tolle Zeit auf der Bühne, dazu feines Catering..., wirklich exzellentes Essen!

Ida: Das war bis anhin die klar beste Show der Tour.

Dann kam kurz die Sache mit der umgebuchten Show zu Sprache, zu der Beide natürlich nur lobende Worte übrig hatten.

MF: Das erste Konzert habt ihr ja zu Hause..., beim "Sweden Rock"..., gespielt, wo ihr, wenn ich richtig zusammen gezählt habe, schon dreimal aufgetreten seid....


Ida: ...hmmm..., viermal schon!

MF: Werdet ihr in der Öffentlichkeit erkannt, wenn ihr in Stockholm shoppen geht?

Klara: Normalerweise nicht..., aber eigentlich ist mir das erst kürzlich dennoch passiert. Ich war an sich in normaler Alltagskleidung unterwegs und sah "fürchterlich" aus..., wie gerade erst aus dem Bett kommend, als ein Junge und ein Mädchen auf mich zukamen und sagten, dass sie meine Musik geil finden, und das machte mich sehr glücklich.

Ida: Ich arbeitete in einem Restaurant und da kommt das halt öfters vor..., jede Woche mal. Da kam jemand und sagte "ahh..., du bist doch die von dieser Band!" Unter diesen Umständen, also an so einem Ort, getrauen sich die Leute eher, dich anzusprechen, und sie sind immer nett. So macht das schon Freude.

MF: Und wie fühlt es sich an, berühmt zu sein?

Klara: Das ist nicht der Punkt. Vielmehr bereitet es Freude, wenn mir jemand sagt, dass er meine Musik mag und zu wissen, dass das Album angehört wird.

Ida: Aber sich nur darüber zu definieren, dass man jetzt jemand ist..., nein!

MF: Wann wurden Crucified Barbara gegründet und welche Geschichte steckt hinter dem Bandnamen? Wieso nicht Crucified Mia oder Crucified Klara?

(beide lachen)

Ida: Nun..., ich spiele seit unserer Jugendzeit zusammen mit Klara. Wir haben uns kennen gelernt, als wir 14 waren..., und gründeten zusammen eine Grunge-Band. Dann trafen wir Nicki. Sie war zunächst einfach mal ein gut aussehendes und cooles Girl, das jeweils auf der Strasse unterwegs war. Wir fragten sie dann, ob sie mit uns spielen möchte...

Klara: ...und als wir sahen, dass sie Drum-Sticks mit dabei hatte, wussten wir sogleich, dass sie spielen konnte. Und so gründeten wird die Band..., 1998.

Ida: Was den Bandnamen angeht..., wir waren damals beim "Roskilde Festival" in Dänemark und hingen da zusammen rum. Auf einmal fielen uns diese Gummipuppen auf, die in Schweden eben "Barbaras" genannt werden. Wir sahen dann eine davon, die an einem Kreuz befestigt war und das inspirierte uns danach zu Crucified Barbara!

MF: Das heisst, beim ersten (auf der Homepage aufgeführten) Konzert von 2000 seid ihr bereits so aufgetreten?!

Klara: Ja..., eigentlich schon früher...

Ida: ...und Mia (Coldheart MF) stiess irgendwann 2001 zu uns.

MF: Somit besteht ein gefestigtes Lineup...

Klara: ...ja..., und es wird nie ändern!

MF: (Klara zugewandt) - Du spielst Gitarre in der Band..., wie lange schon und wer sind deine Vorbilder?

Klara: Wir fingen alle etwa zur gleichen Zeit an..., also als wir vierzehn Jahre alt waren. Am Anfang konnten wir das nicht richtig und lernten es gemeinsam. Ich finde eine ganze Menge Gitarrenhelden gut, aber ich möchte nicht explizit wie einer von ihnen klingen. Ich mag eigentlich ganz unterschiedliche Sachen..., vor allem die Rockmusik der 70er..., Tony Iommi natürlich..., Black Sabbath..., Led Zeppelin..., solchen Sound. Dann aber auch..., Ida erzählte ja, dass wir als Grunge-Band anfingen..., diese Musik, die uns stark beeinflusste und ich sah mir deshalb Kurt Cobain an.

Ida: Und du magst doch auch Michael Schenker...

Klara: ..., ja..., ich liebe auch das Zeug der 80er...

Ida: ...und Slash?!

Klara: Ja natürlich!

MF: Und wie steht es mit weiblichen Kolleginnen? Lzzy von Halestorm oder Orianthi, die ja bei Alice Cooper spielt?

Klara: Oh ja..., Orianthi ist ganz toll und ich mag sie sehr!

MF: Dann natürlich auch die "old ladies" wie Lita Ford oder Joan Jett..., übt ihr immer noch, vielleicht auch mit einem Lehrer?

Ida: Nein! Ich ging nie zu einem Lehrer..., ich hatte aber einen sehr guten Freund, bei dem ich oft zu Besuch war und mir als Heranwachsende viel zeigte, wie zum Beispiel Videos von Jaco Pastorius (Ex-Weather Report, 1951 - 2008). Da versuchte ich mich auch daran, die Fretless-Technik erlernen. Aktuell spielen wir jedoch einfach alle zusammen in unserem Übungsraum. Da feilen wir jeweils vom dem Touren an unseren Shows.

MF: (Ida zugewandt) - Dann war also die erste Wahl (von wegen Bass spielen) die richtige Wahl für dich? Und nicht, dass du einige Jahre später gesagt hättest, lieber Gitarre spielen zu wollen?!

Ida: Nein..., eigentlich war er gerade anders rum. Als ich anfing, wollte niemand sonst Bass spielen und so kam es, dass ich diejenige war. Im Verlauf der Jahre wuchs ich in mein Instrument hinein und fing es an zu lieben.

Klara: Es ist kein Kompromiss für dich, sondern genau das, was du machen willst.

Ida: Yeah..., genau! Und sehr gut für uns...

Klara: ...glücklicherweise! (lacht)

Ida: Und es macht mit jedem Jahr mehr Spass, man entwickelt sich und wird besser. Das ist es, was Spass macht.

MF: Wenn ihr neue Songs komponiert..., was kommt zuerst? Die Musik, die Texte, der Gesang..., oder beginnt alles mit einem einfachen, aber catchy Riff?

Ida: Das ist eigentlich unterschiedlich..., manchmal jammen wir einfach zusammen im Übungsraum rum oder erarbeiten Ideen während eines Soundchecks..., was auch immer. Manchmal sitzen wir auch zu Hause, schreiben dort was und nehmen Demos auf..., zusammen oder alleine, bis eine Songidee steht und dann geht es in den Übungsraum.

Klara: Ich liebe es jedoch zu jammen..., das macht Spass...,

Ida: ...und wenn jemand von uns zum Beispiel eine Idee hat..., das kann ein Drum-Beat, ein Riff oder was auch immer sein. Wenn es einen Unterbruch gibt, machen wir einfach weiter und am Schluss haben wir so einen neuen Song beisammen.

MF: Dann kann es also sein, dass ihr am Morgen anfängt und am Abend steht ein neuer Song?!

Klara: Ja..., manchmal passiert das so...

Ida: ...yeah!

MF: Was inspiriert euch bei den Texten?

Klara: Die Welt.

Klara: Wir schreiben keine Texte über Drachen, Dämonen und Krieger et cetera, sondern Geschichten aus dem Alltagsleben der Menschen. Über Liebe und Hass..., mehr oder weniger..., eher real als fiktiv.

MF: Eure Musik wird unter anderem als Mischung zwischen Motörhead und den Runaways bezeichnet. Was denkt ihr selber darüber und wurdet ihr von bestimmten Aufnahmen, Platten beeinflusst?

Ida: Ich denke, dass wir die verschiedenen Stile mischen..., manchmal geht es mehr in die Richtung Metal, dann wieder mehr hin zum Classic Rock. Beeinflusst von dem, was wir uns beim Älterwerden angehört haben. Dann natürlich Motörhead..., wir lieben sie. Manchmal hört man auch was Geiles, weiss dann aber nicht, wie man es für das eigene Ding umsetzen muss.

Klara: Uns sind keine jedoch Schranken gesetzt und wir sagen nicht, dass wir jetzt eine Metal- oder Rockband sind. Wir schreiben einfach Songs und raus kommt dabei eine Art harte Rockmusik.

Ida: Das macht eben Spass, das so tun zu können und nicht durch irgendwas limitiert zu sein.

MF: Allgirl-Bands werden teilweise immer noch belächelt. Wie haben sich Crucified Barbara den Respekt im Music Business erarbeitet?

Ida: Es brauchte seine Zeit, bis wir uns einen Namen machen und dass wir es den Leuten verständlich machen konnten, dass wir es ernst meinen. Wir waren immer auf diesem Weg und ich denke, dass man uns deswegen auch für voll genommen hat.

Klara: Für mich persönlich fühlt es sich sehr gut an, dass wir das dritte Album veröffentlicht haben. Dann ist es nicht so, dass man bereits nach einem Album die Segel streicht. So merken die Fans, dass wir immer noch da sind und dahinter stehen.

MF: In eurem Youtube-Kanal hat es einige gute Videos. Sind diese eigentlich immer noch nützlich für die Promotion einer Rockband und könnt ihr eure eigenen Ideen einbringen?!

Klara: Ich denke, die Antwort auf deine Fragen ist ein klares "ja" und "ja"! Definitiv..., denke ich. Schau dir nur mal die Views dort an..., das sind ganz viele. Obwohl es MTV immer noch gibt, hat das nichts mehr mit Musik zu tun und ich liebe Musik-Videos! Das ist die beste Kombination zwischen harter Musik und guten Ideen. Das ist auf jeden Fall eine grosse Sache und die Leute lieben es, sich diese anzuschauen. Zudem sind wir als Band sehr daran interessiert, wie so ein Video heraus kommt. Das Video zu «Into The Fire» haben wir zum Beispiel selber gemacht! Wir organisierten die Kameras und filmten uns gegenseitig. Es gab also nicht mal einen Kameramann!

MF: Erinnert ihr euch, wann ihr das letzte Mal hier im Z7 in Pratteln gespielt habt?

Ida: Ja..., ich erinnere mich!

Klara: ...da war doch ein Festival?!

MF: Yeah!

Ida: Am Tag danach, als wir wieder wegfahren sollten, wurden wir nochmals angefragt, da jemand abgesagt hatte. Wir sagten, dass wir es für fünf Päckchen Zigaretten tun würden... (kollektives Gelächter) - Nicki mussten wir am Morgen früh dazu zwingen..., aber es machte Spass!

MF: Also..., das war an den "Metal Days" am 4. August 2006!

Ida und Klara: Ohhh..., wirklich..., shit..., das ist eine lange Zeit!

MF: Seither ist ein Menge passiert auf der Welt. Klara..., du bist ja politisch interessiert...

Klara: ...schon ja..., aber nicht als überaus Sachkundige.

MF: Dein Kommentar zum jetzigen Weltgeschehen?

Klara: (Original-Zitat:) Ah..., it's fucked up!



Genau auf diesen kurzen Schlusssatz hin verabschiedete sich leider der Akku meines Aufnahmegerätes und dies erst noch unbemerkt. Das Interview war zeitlich gesehen aber kurz darauf eh zu Ende gewesen. Klara outete sich derweil noch als Tourbus-Leseratte, wo sie sich in einer eigens dazu geschaffenen Zone gerne Fantasy-Geschichten rein ziehe. Die fänden aber, wie schon erwähnt, keinen Einzug in die Texte von Crucified Barbara. Auch Ida ist dem Lesen offenbar nicht abgeneigt und während der Tour werde Social Media entsprechend genutzt, wenn auch nicht zu exzessiv. Beim obligaten Schlusswort stand fast etwas bescheiden nur die Hoffnung im Raum, dass die Fans die Musik mögen. Dem kann ich mich persönlich auf jeden Fall anschliessen und ich war insgesamt sehr überrascht, wie natürlich und locker sich Ida Evileye und Klara Force mir gegenüber verhielten. So macht es definitiv Spass und gerne wieder beim nächsten Mal!

Unser Rockslave (mitte) mit den Barbaras >>