Mit viel neuer Leidenschaft und
Spass.
«LifeRider» heisst der neuste Streich der Innerschweizer. Ein
Album das zu Recht eine grosse Unterstützung seitens der
Plattenfirma bekommt und durch packende Songs besticht. Zum
Interviewtermin sassen mir Scott Leach (Gitarre) und Neu-Gitarrist
Tony Castell gegenüber. Tony, der bekannt wurde durch seine
Mitarbeit bei Ain't Dead Yet, Krokus und Fox. Eigentlich ein
Bassist, der nun auf zwei Saiten mehr wechselte und dies mit den
folgenden Worten vor dem Gespräch mit einem breiten Grinsen
kommentierte: «Das isch e huere chrampf!» Was man Mister Castell auf
der Bühne aber kaum anmerkte! Es gab einiges zu bereden und die
beiden nahmen sich die Zeit um auch ein bisschen hinter das Business
zu blicken und erlaubten einen Einblick in die Person von Scott und
Tony. Aber lest selber, was die Beiden zum neuen Album der neuen
Bandkonstellation, der Arbeit und die damit verbundenen
geschäftlichen und persönlichen Veränderungen zu sagen hatten.
MF: Nach «Secrets» gab es einen Bruch bei Crystal Ball. Wie kam
es dazu?
Scott: Wir waren fast zehn Jahre nonstop
unterwegs und gönnten uns keine Pausen. Ferien waren ein Fremdwort
für uns und alles wurde ich die Band investiert. Die Truppe stand an
einem Punkt, an dem sie nicht sein wollte und es ging nicht mehr
weiter. Tom Graber und Danny Schällibaum waren schon ausgestiegen.
So ging Energie und Lust verloren und es wurde eher zu einem Kampf,
denn zu purem Spass. Aus diesem Grund entschieden wir uns, eine
Pause von einem halben Jahr einzuschalten. Es dauerte ein bisschen
länger und unser Ex-Sänger (Mark Sweeny) veröffentlichte in dieser
Zeit eine Soloscheibe. Nach zwei Jahren rauften wir uns zusammen,
merkten aber schnell, dass das Feeling nicht mehr das gleiche war
wie früher. Parallel suchten wir einen neuen Sänger. Ob diese
Konstellation dann weiter unter Crystal Ball hätte laufen können,
stand noch in den Sternen. Mark eröffnete uns plötzlich, dass er
aussteigen würde und mit diesem grünen Licht, haben Marcel
(Sardella, Schlagzeug) und ich die Truppe neu formiert. Einen
geeigneten Sänger zu finden, dauerte nochmals zwei Jahre (lacht). Da
wir wussten dass die Band nur eine Chance hat, nochmals
zurückzukommen, musste es auf allen Ebenen mit dem neuen Shouter
klappen. So zogen von Release zu Release sechs Jahre ins Land
(grinst).
MF: Wie schwer war es nochmals mit Crystal Ball
anzuknüpfen?
Scott: Weniger schwer, als heute mit
einer neuen Band zu starten. Der Bandname war bei den Plattenfirmen
ein Begriff und dies hat uns sicherlich geholfen.
MF: Wie kam es dazu, dass ihr mit Tony Castell einen
neuen Gitarristen gefunden habt? Tony ist eigentlich bekannt
geworden als Bassist, auch wenn er bei Krokus («Stampede») schon mal
die sechs Saiten bedient hat.
Tony: Wie so oft im
Leben, es hat gepasst (grinst). Nach der Story mit der Band Fox,
musste ich Ruhe haben und mich wiederfinden. Neu orientieren und
fragen wohin die Reise weiter gehen soll. Da ich auch mal mein
eigenes Ding machen wollte, war klar, dass ich dabei auch als
Gitarrist und Sänger in Erscheinung treten wollte. Als ich zu Hause
am Aufnehmen war meldete sich Scott bei mir. Es war eine Challange
aber ich verspürte grosse Lust diese Aufgabe anzunehmen. Bei der
ersten Probe merkten wir schnell, dass es passt. Nicht nur
musikalisch, sondern was mir noch viel wichtiger war, auch
menschlich. Dann startete für mich die grosse Probe und der Wechsel
von vier auf sechs Saiten (lacht). Scott, Marcell und ich kennen uns
schon sehr lange. Ausschlaggebend für meinen Einstieg war dann auch
die Stimme von Steven.
Scott: Ich hoffte, dass Tony für uns die
einzige Wahl sein wird. Was zu Glück auch so war (grinst). Markus
Flury teilte uns mit, dass er aus beruflichen Gründen nicht mehr
länger Mitglied bei uns sein kann. Die Suche sollte bei uns nicht
eine grosse Sache werden, sondern wir wollten in Ruhe die passende
Person finden. Anhand eines Inserates meldeten sich einige
Kandidaten. Allerdings hinterliess keiner das Gefühl, dass er nun
der neue Mann bei Crystal Ball sein kann. Spielerisch war dies
überhaupt kein Problem, aber er sollte auch menschlich und optisch
zur Truppe passen. Plötzlich hatte ich einen Geistesblitz und dachte
an Tony.
Tony: Für mich ist der Druck recht gross.
Noch immer! Okay, vielleicht bei den ersten beiden Gigs in
Deutschland und in der Tschechei weniger (lacht), aber hier in der
Heimat… Da kommen sicher ein paar die sich fragen, kann der Castell
dies überhaupt? Aber ich habe riesen Spass und ich glaube so langsam
legt sich auch die Nervosität. Ich habe Spass! Und es tönt…
Scott (lachend): …daran zweifelte ich nie! Schon bei der ersten
Probe merkten wir, dass es gut klang und grosses Potential vorhanden
ist.
Tony: Ich habe lange mit Markus
gesprochen. Er ist ein toller Mensch und ein cooler Gitarrist. Ich
fragte ihn, ob er denn wirklich die Gitarre bei Crystal Ball an den
Nagel hängen will. Der Fall war für ihn klar und für mich war das
Gespräch sehr wichtig.
MF: Kanntest du die Musik von Crystal Ball?
Tony: Als ich damals mit Krokus zu «Rock The Block»-Zeiten auf Tour
war, spielten Crystal Ball den Support. Damals habe ich mir die Band
immer wieder auf der Bühne angeschaut und schon zu der Zeit gefiel
mir die Mucke. Ich mag diesen Melodic-Rock und die Jungs
hinterliessen wirklich einen guten Eindruck. Was mir auch in
Erinnerung blieb war damals euer Auftritt bei Arabella im Fernsehen
(beide lachen). Der Schweiz tut es gut, dass eine Band auch nicht
nur National von sich reden macht. Die mir schon bekannten Lieder
nun zu spielen macht Spass. Aber, das neue Album «LifeRider» ist der
absolute Knüller! Die Songs kannst du mitgrölen, es hat
Midtempo-Dinger drauf und das Werk bietet eine grosse Abwechslung.
Ich liebe es diese Tracks zu spielen.
MF: Welches Ziel verfolgt ihr mit Crystal Ball?
Scott: «The world domination» (lautes Lachen). Spass
beiseite! Wir nehmen alles mit, was machbar ist und möchten vieles
erreichen, können dabei aber nicht alles beeinflussen. Eine Tour
soll folgen und weitere Alben. Spielen, spielen, spielen. Liebend
gerne auch Festivals im nächsten Jahr um mehr Leute zu erreichen.
Viele kennen uns noch gar nicht und finden Gefallen, wenn sie uns
auf den Bühnen gesehen haben.
Tony: So viel ausschöpfen, wie
nur möglich ist. Es geht allen Bands gleich. Die grossen Zeiten sind
vorbei und Millionär wirst du mit der Musik nicht mehr. Das ist aber
nicht wichtig und steht auch nicht im Mittelpunkt. Es zählt die
Leidenschaft und das zu machen worauf man Spass hat!
Scott:
Genau! Leidenschaft und Spass. Wir arbeiten sehr ernsthaft aber der
Spass darf uns nie mehr abhandenkommen.
Tony: Darum mache
ich diesen Jungs ein grosses Kompliment bezüglich der Disziplin. Wie
respektvoll man miteinander umgeht, das ist sehr schön. Da habe ich
schon andere Dinge erlebt (grinst). Das Positive ist, dass ich schon
lange nicht mehr so wenig geraucht habe (schallendes Gelächter). Da
geht man mit viel mehr Freude an die Arbeit.
MF: Wird Tony auch beim Songwriting für ein
kommendes Album mithelfen? Wird Tony der kommende starke Mann neben
Scott?
Scott: Von meiner Seite aus sehr gerne. Ich
habe da kein Ego, denn wichtig ist, was ist das Beste für die Band
ist. Jeder kann seine Ideen einbringen und auch von unserem Trommler
kamen schon Inputs und Songs.
Tony: Genau das ist das
Spannende an dieser Truppe. Wir lernen uns auf der Bühne kennen und
nehmen diese Feelings mit, um dann mit dem Songwriting zu starten.
Wer daraus den nächsten Hit für Crystal Ball schreibt spielt keine
Rolle. Schlussendlich profitiert eh die komplette Combo. Diese
Ego-Dinger aus den achtziger Jahren sind vorbei. Das ist mein Song,
um mit der Kohle dann gleich auf die Bahamas zu verschwinden(lacht).
Das kennen wir ja alle…
MF: Wie hat euch das Musikbusiness in den letzten
Jahren verändert?
Scott: Während dieser Auszeit
hatte ich ein bisschen die Schnauze vom Ganzen voll. Dadurch zog ich
mich eher ins Privatleben zurück. So bekam ich wieder Motivation
etwas Neues anzugehen. Auch wenn das Business den Bach runtergeht,
bin ich motivierter denn je. Das spielt irgendwie keine Rolle, denn
die Leidenschaft ist wieder da. Vieles können wir nicht
beeinflussen, aber neue Wege finden, dass wir zum Beispiel mit
Merchandising-Artikel mehr herausholen für die Band. Versuchen die
Bühnenshow attraktiver zu gestalten, so dass es den Leuten im
Gedächtnis bleibt.
Tony: Man darf sich von der
geschäftlichen Seite nicht beeinflussen lassen, sonst hätten wir
alle Depressionen (lacht). Nach der Fox-Geschichte hatte ich die
Lust verloren. Es gab eine Phase in der ich mit der Gitarre und dem
Rekorder genau fünf Minuten beschäftigt war und dann alles in den
Ecke stellte. Irgendwann kam der Moment, an dem ich mich
informierte, was gerade angesagt war. Welche Bands sich noch immer
rumtummeln. Daraus entstand wieder die Lust etwas zu machen und die
Motivation stieg. Zudem muss ich ein riesen, riesen Kompliment an
Scott machen. Noch nie sah ich in einer Band einen Musiker, der
dermassen engagiert war. Hab ihm schon gesagt, dass er nicht
vergessen soll ab und zu auch zu schlafen (grinst). Von den Songs
über das Cover zur Bühnenshow bis zum Merch. Da ist alles durchdacht
und ist wichtig, dass das komplette Konzept in sich stimmig ist. Ob
nun das Business den Bach runter geht, was in dieser Truppe passiert
ist unglaublich und gibt mir als Teil davon ein sehr gutes Gefühl.
MF: Was hat sich für euch vom menschlichen verändert?
Scott: Das ist schwierig zu beantworten. Alles was man
im Leben erlebt, prägt und ergibt die Summe an Erfahrungen. Dabei
versuche ich mich möglichst nicht negativ beeinflussen zu lassen.
Das gelingt mir sicher nicht immer, aber die Chemie in der Band ist
absolut geil. Man freut sich auf die Probe oder sich zu sehen und
denkt nicht: «Oh jetzt sehe ich diesen oder jenen!» Tony hat sich
seinen Arsch aufgerissen, die Songs in kürzester Zeit zu lernen. Das
macht Spass. Nicht zu vergessen, dass Tony auch sehr gut singt.
Tony: Wichtig bei den negativen Einflüssen… Die darf man nicht
an und in die Band lassen. Das ist ganz wichtig. Nicht zu vergessen,
der Gruppen-Chat! Er funktioniert, selbst wenn ich Unterricht gebe
(lacht). Man ist ständig in Kontakt, auch wenn wir uns eine oder
zwei Wochen nicht sehen.
MF: Ist man selber als Mensch auch ruhiger geworden?
Tony, dich kenne ich als Mensch, bei dem schon mal das italienische
Blut hervorkam, in positiver Sicht mit deinem Enthusiasmus.
Tony (lachend): Ich glaube schon, dass man geerdeter ist. Die
Geschichte mit Fox hat mich sehr mitgenommen. Damals habe ich meine
ganze Energie in die Band investiert und am Schluss wird man
dermassen verarscht und respektlos behandelt… Das hat mir echt den
Boden unter den Füssen weggezogen. Wird man ruhiger und lehnt sich
ein bisschen zurück, wird man automatisch bodenständiger. Das Leben
geht weiter und dabei muss man auch auf sich selber aufpassen.
Scott: Auch wenn man von sich selber immer behauptet, das man
unverändert ist, gibt man sich mit einer vier auf dem Rücken anders,
als noch mit Zwanzig. Das was ich heute mache, hätte ich mit zwanzig
Jahren einfach nicht machen können. Musikalisch, vom Songschreiben
her… Aber auch vom Team. Es müssen Leute sein, die dir eine positive
Energie geben und dich antreiben.
MF: Stefan Kaufmann hat die neue Scheibe wieder
produziert. Hört man sich die letzten Alben an, welche er für U.D.O.
produzierte, ging das Ganze in eine leichte Rammstein-Ecke. Hatte
man da nicht auch Respekt, dass der Band ein Sound aufgedrückt wird,
den sie gar nicht will?
Scott: Absolut nicht. Das
ist das vierte Album, das wir zusammen mit Stefan aufgenommen haben.
Im Vorfeld trafen wir uns mit ihm und ich merkte, seitdem er nicht
mehr bei U.D.O. ist, viel relaxter ist. Es geht Stefan gut und er
ist gesünder. Er versucht immer nur das Beste für die Band
herauszuholen. Vielleicht hört man gewisse Dinge raus, aber er will
niemandem seinen Stempel reindrücken. Stefan will den Song nach
vorne bringen. Braucht das Lied eine Mundharmonika, wurde er nicht
scheuen, diese auch einzusetzen. Wir hatten nie Angst, dass er uns
etwas aufzwingt. Er kennt unseren Sound und weiss, wie Crystal Ball
tönen muss.
MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?
Scott: Wir warten das Release ab und wollen dann den Herbst planen.
Es wird garantiert eine Tour folgen, wissen aber noch nicht, mit wem
dies sein wird. Vielleicht eine Headliner-Tour und vielleicht auch
Support-Shows. Wir nehmen was kommt. Das Beste aus dem Moment
machen!
Tony: Korrekt, alles ausschöpfen was geht. Nach den
Reaktionen wird es sicher positiv weitergehen. Die Band ist auf dem
richtigen Weg und daraus muss fast eine Kettenreaktion folgen.
Scott: Wichtig sind Festivals. Dieses Jahr sind wir zu spät,
aber nächstes Jahr… Mein persönliches Ziel sind die grösseren
Festivals wie «Bang Your Head», «Sweden Rock», oder «Rock Of Ages»
zu spielen. Eines nach dem anderen.
Tony: Aber auch, dass
die Band noch mehr zusammenwächst, dass wir gewappnet sind für die
grossen Sachen.
MF: In diesem Sinne wünsche ich euch alles Gute und
viel Glück für die Zukunft!
Scott: Danke für das
Interview!
Tony: Danke dir und auch dir alles Gute!
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