Nach der ersten Dröhnung anfangs Mai dieses Jahres in Zürich
(Abart-Club, 8.5.02) kehrten Dover, die neuen spanischen Melodic Crossover-Helden, im
Herbst wieder zurück auf helvetische Bühnen. Wer diese Live-Granate jemals miterlebt
hat, wird immer wieder hingehen wollen. Einfach unglaublich, was diese Band imstande ist
aus zu lösen. Die Songs, die sich oft zwischen brachialer Härte und lieblichen Melodien
hin und her bewegen, nehmen einen sogleich gefangen und animieren regelmässig zum lauten
Mitsingen und Abbangen, bis die Schwarte kracht! Das letztjährige Album "I was dead
for 7 weeks in the city of angels" entwickelte sich in der Heimat abermals zum
Verkaufserfolg. Hierzulande bäckt die sehr umgängliche und fannahe Band (noch) kleinere
Brötchen. Aber genau das lieben Dover, das heisst die vollgestopften kleinen Clubs und
generell Orte mit wenig Platz..., dort, wo die Post noch so richtig abgeht. Hatte ich in
Zürich die Gelegenheit mit Amparo Llanos (lead g) und Jesus Antunez (d) zu sprechen
(dieses Interview wurde allerdings wegen einer Fehlmanipulation am Aufnahmegerät gar
nicht erst aufgezeichnet! *sic*), standen diesmal Cristina Llanos (v & g) und Alvaro
Diez (b) Rede und Antwort. Gestärkt nach dem gemeinsamen Nachtessen mit der Band bekam
ich noch ein Glas Rotwein und checkte vorsichtshalber erst mal das Aufnahmegerät. Diesmal
durfte nichts mehr schief gehen! (C = Cristina, A = Alvaro)
MF: Eure frühe Geschichte ähnelt der von Héroes del Silencio (R.I.P.). Zuhause
seid ihr mega angesagt, habt den Status von Superstars und hier zu Lande kennt man euch
kaum. Was bedeutet das für euch?
C: Nun..., wir können auch dort (zuhause) noch auf die Strasse. Wir werden von den Fans
erkannt, klar..., aber das ist schon o.k. - in erster Linie bekommen wir durch den guten
Verkauf unserer Platten die Möglichkeit, Tour-Support und Geld zu kriegen, damit wir hier
spielen können. Es ist angenehm, in Spanien eine sehr grosse Fan-Basis hinter sich zu
wissen. So können wir auftreten und uns so geben, wie wir sind. Unser Job ist es, Songs
zu schreiben, sie auf zu nehmen und dann auf Tour zu gehen. Dadurch haben wir auch die
Zeit und Freiheit, genau das zu tun, was wir wollen.
MF: Seit ich euch das letzte Mal in Zürich gesehen habe, sind gut fünf Monate
vergangen. Was habt ihr in der Zwischenzeit alles so erlebt?
A: Hauptsächlich waren wir in Spanien...
C: ...und spielten auch hier auf einigen Festivals...
A: ...in Österreich...
C: ...ja..., und drei oder vier in Deutschland (Open-Air's), unter anderem auf dem
Bizarre-Festival.
MF: Ihr wart also ständig auf Achse...
C: ...ja, ...
A: ...also wir waren jetzt eigentlich ein Jahr und zwei Monate unterwegs.
MF: In Deutschland habt ihr ja ein paar Support-Gigs für die Toten Hosen vor
bedeutend mehr Publikum also sonst spielen können. Wie ging das ab?
C: Für uns war die Rolle als Support schon in Ordnung, denn nur so kommt man an mehr
Leute ran. Aber ich denke, dass die Toten Hosen für uns etwas zu gross waren. Es war
o.k., aber...
MF: ...was meinst du damit genau?
C: Nun, es war..., manchmal..., weisst du, es macht einfach mehr Spass, wenn ich (wir)
Support für eine kleinere Band bin (sind). In kleinen Clubs sind die Leute bereit für
die Band. An grösseren Orten spürt man das nicht so.
MF: Ihr habt aber keine schlechte Erfahrungen gemacht, oder?
A: Nein, nein! Sie (die Toten Hosen) behandelten uns auch sehr gut...
C: ...und waren sehr nett! Wir spielen aber lieber in kleinen Clubs..., macht einfach mehr
Spass.
MF: Wie kamt ihr zu dem, was ihr heute macht, also dem Spielen eines Instrumentes?
C: Bei mir war es allgemein die Passion für die Musik. Ich mag das Singen sehr, alles was
geht und dann kam die Gitarre irgendwie einfach dazu. Ich bemerkte, dass es so noch mehr
Spass bereitete. Am Anfang in der Band spielte ich aber noch nicht Gitarre. Erst später
entschloss ich mich dazu, die Stimme damit zu begleiten.
A: Also ich hätte nie gedacht, dass ich einmal hier hin komme, also zu dem, was ich heute
mache. Ich fing mal so um 1991 herum an, der Musik wegen.
MF: Im Gegensatz zu anderen spanischen Bands wie zum Beispiel Tierra Santa singt
ihr eure Texte auf englisch, warum? Vom Spanischen geht, seit Héroes del Silencio dieses
Terrain für die Masse geebnet haben, stets was Exotisches aus.
A: Wir sind auch so eine "exotische" Band! *schmunzelt*
C: Ich anerkenne das, was andere Bands (mit spanischen Texten) ausdrücken wollen. Wir
haben aber nichts mit ihnen gemeinsam und diesbezüglich eigentlich nie weiter darüber
nachgedacht. Es entwickelte sich auf natürliche Art und Weise, wir fühlen uns wohl mit
unserer Musik. Es ist so, wie es ist.
MF: Eines eurer musikalischen Vorbilder sind Nirvana. Würde es Dover ohne sie und
die Grunge-Zeit allgemein heute nicht geben?
C: Möglicherweise nicht, oder vielleicht doch, aber nicht so, wie wir heute sind. Die
Nirvana-Einflüsse sind gross, in einigen Songs mehr, in anderen wieder weniger. Aber
eindeutig dank ihnen (Nirvana) und ihrer Musik haben wir uns dazu entschlossen, eine Band
zu gründen.
MF: Wie erklärt ihr euren grossen Erfolg in der Heimat? Das zweite Album
"Devil came to me" verkaufte sich ja über 500'000 Mal (!) und vom neuen sind
auch schon wieder über 200'000 Stück abgesetzt worden. Einfach zur rechten Zeit das
Richtige getan, respektive weiterhin tun?
C: Das lässt sich schwer erklären. Es ist in der Tat eine etwas verrückte Geschichte,
dass wir soviele Leute für unsere Musik gewinnen konnten. Wir haben doch bloss einfache
Songs in unserem kleinen Kämmerchen geschrieben und mit einer echt kleinen Record Company
zusammen gearbeitet. Und das erst noch mit englischsprachigen Songs, zudem haben wir viel
mehr Platten verkauft, als es Héroes del Silencio in Spanien je taten! Es grenzt wirklich
an ein Wunder in unserem Land. Wir haben manchmal versucht, dies zu ergründen, aber...,
weisst du..., trotzdem kamen wir an die Fans ran, auch wenn die Plattenfirma keine
Riesenwerbung für uns machen konnte. Wir wissen nicht warum, aber es ist geschehen.
Daneben muss man aber auch sagen, dass wir eben ein gutes Album geschrieben haben, das bei
den Leuten ankommt.
MF: Wenn eine Band erfolgreich und berühmt wird, folgt das oft Unangenehme des
Music-Business im Allgemeinen auf dem Fusse. Wie seht ihr das rückblickend bei euch?
C: Nun, es gibt immer wieder Dinge, die man in diesem Umfeld als Musiker gerne oder
weniger gerne macht. Wichtig dabei ist, eine Balance zu finden zwischen dem Musikersein
und dem Business-Part. Dieser gehört eben auch dazu, ob du willst oder nicht.
A: Da muss man aufpassen!
C: Genau, wir sind aber eine gut organisierte Band und froh darüber, erfahrene Leute wie
Paris um uns herum zu haben, die sich diesen Dingen widmet. Ich vermute, sie mag es zwar
auch nicht besonders, versteht es aber, damit um zu gehen. Wir versuchen, uns der
Situation bewusst zu sein und trotzdem Spass zu haben.
MF: Was ist dabei das Langweiligste?
C: Manchmal ist es langweilig, dann geht's wieder besser...
A: ...ja, so ist es.
C: Zwischendurch hat man einfach genug..., man arbeitet hart und geht in der Musik auf.
Daneben läuft halt auch der Rest...
MF: ...wie Interviews geben!
C: Nun, der Interview-Part ist ansich eine angenehme Sache und (organisatorisch) Aufgabe
der Plattenfirma...
A: ...es kommt halt auf den Interviewer an! *lacht*
MF: Ohh..., danke!
C: Ja, ja..., das ist noch das Wenigste, da gibt es daneben anderes in diesem Umfeld.
MF: Zurück zur Musik. Ich habe von eurem Tourmanager gehört, dass es zwei neue
Songs gibt...
A: ...ja, einer bis zwei...
MF: Wann werden wir neues Material von Dover kriegen?
C: Unsere Vorstellung ist..., nächstes Jahr..., vielleicht etwa im kommenden September
ein neues Album raus zu bringen. Die Sache ist die, das Album wird zuerst in Spanien
veröffentlicht. Deutschland und der Rest von Europa ist dann etwa um Weihnachten herum
bis Januar (2004) dran. Wir wissen es noch nicht jetzt und gedenken, so etwa alle zwei
Jahre eine neue Platte zu machen, wir werden sehen.
MF: Werdet ihr dabei eurer Linie treu bleiben oder kommen vielleicht mal andere
Elemente hinzu?
A: Wir wollen einfach gute Songs machen...
C: ...ja!
MF: Aber die Grundausrichtung von dem was ihr schreiben wollt ist klar, nehme ich
an?
A: Das wird sich weisen...
C: ...also wir werden sicher nicht was tekkno- oder sambamässiges machen, das sehe ich
nicht. Wir sind eine Band, die auf hartem Rock aufbaut.
MF: Auf welche Weise entstehen neue Dover-Songs, verarbeitet ihr schon während
der Tour gewisse Ideen?
C: Normalerweise beginnen wir damit nach dem Touren, entwickeln Neues in unserer gewohnten
Umgebung. Es kann aber auch sein, dass ein Riff, das zum Beispiel während eines
Soundchecks gespielt wird, weiter ausgearbeitet wird. Eher arbeiten wir aber in unserem
Übungsraum, den wir schon seit sechs oder sieben Jahren benutzen.
MF: Morgen habt ihr einen Day-off. Nutzt ihr solche Gelegenheiten, um euch etwas
um zu sehen oder bleibt ihr auf Tour ewig im Kreis
"Bus-Soundcheck-Warten-Essen-Auftreten-Bus-..." gefangen?
C: In der Regel ist schon so, wie du es eben beschrieben hast, aber wenn es geht, schauen
wir uns jeweilen vor Ort schon etwas um.
MF: Vielen Dank..., es bereitete mir ein weiteres Mal eine grosse Freude mit euch
sprechen zu dürfen!
C: Gern geschehen! *lacht*
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