Das vermeintliche Weltuntergangsjahr 2012 hat erst
angefangen, und schon steht uns ein Prachtalbum ins
Haus. Unsere, ja, unsere Eluvieite haben mit "Helvetios"
ein Konzeptalbum am Start, welches auch Ur-Fans von
Eluveitie gefallen sollte. Die Gallischen Kriege werden
textlich wie auch musikalisch thematisiert. Wurde auch
Zeit, dass man dieses Thema wieder mal aufgegriffen hat.
Was uns der kreative und sympathische Sänger Chrigel
Glanzmann zur Entstehung von "Helvetios" zu sagen
hat, erfahrt ihr hier.
![](../images/interviewpics/eluveitie12a.jpg)
MF: In "Helvetios" geht es ja um die Gallischen Kriege,
genauer gesagt, um die Sichtweise einzelner Leute aus
dem Keltenstamm der Helvetier. Ist das Ganze
Konzeptalbum so eine Art ‚Gegendarstellung’ gegenüber
dem von Julius Cäsar verfassten ‚De bello gallico’?
Chrigel: Ja, also im Prinzip ist das Album die
Geschichte vom Gallischen Krieg. Vor allem wird im Album
versucht, das Ganze aus der Sicht der Gallier,
insbesondere im ersten Teil aus der Sicht der Helvetier,
zu beschreiben. Und das ist ein nicht ganz einfaches
Unterfangen, weil man weiss, dass die Geschichte immer
von den Siegern geschrieben wird. Das ist in allen
Zeiten und Kulturen so. So liegt es natürlich auf der
Hand, dass die Darstellung vom Sieger nicht immer dem
entspricht, was sich tatsächlich abgespielt hat. Wie du
bei ‚De bello gallico’ angesprochen hast, ist es mehr
politische Propaganda als reale Geschichtdarstellung. Es
ist schwierig darzustellen, wie es hätte wirklich sein
können. Aber das versuchen wir auf dem Album. Aus dem
Grund haben wir auch mit Wissenschaftlern
zusammengearbeitet.
MF: Der Prolog und Epilog wird ja von Alexander
Morton gesprochen. Warum hast du dich für ihn
entschieden, und was hielt er von dem Konzept?
Chrigel: Er fand es toll. Das war nicht auch zuletzt der
Grund, warum er ausgesucht wurde. Es sind beides relativ
kurze ‚Tracks’ mit gesprochenen Parts, aber das soll auf
keiner Weise die Tracks mindern. Ich persönlich finde
beides sehr wichtig fürs Album. Auch der Text ist
wichtig, insofern war es mir auch wichtig, dass es
jemand sein wird, der das auch ausdrücken kann. Wir
hatten lange gesucht, und es gab verschiedene
Kandidaten. Die Wahl ist am Schluss auf Alexander Morton
gefallen, nicht nur, weil er eine charmante und urchige
Stimme hat. Der Hauptgrund war, dass er der einzige war,
der sich in die Geschichte hineinversetzen und alles
fühlen konnte, und genau das Feeling hatte, das zum
Ausdruck zu bringen.
MF: Die ganzen Songs entsprechen ja der Chronologie
der Gallischen Kriege. Hat es lange gedauert, um das
Konzeptalbum so zu arrangieren, damit alles so schön
zusammenpasst?
Chrigel: Ja und nein, also rein konzeptionell ist es ja
relativ klar. Das Konzeptalbum hatte ich schnell
geschrieben und auch eigentlich schon lange bereit
gehabt. Aber dann ganz konkret die Songs auszuarbeiten,
das ist eigentlich nicht viel anders abgelaufen als bei
vorhergehenden Alben. Nichts desto Trotz war es eine
Herausforderung, weil wir die Geschichte nicht einfach
nur mit den Texten erzählen, sondern auch musikalisch
ausdrücken und dem Ganzen einen Spannungsbogen geben
wollten. Songwriting ist auch ein kreativer Prozess, und
plötzlich bist du an Rahmenbedingungen oder an eine
Geschichte gebunden. Das ist etwas, das wir bisher noch
nie gemacht haben. Das war sehr interessant, spannend
und auch sehr schön, so zu arbeiten. Wir haben das total
gern gemacht.
MF: Mit "Luxtos" ist euch eine weitere Hymne
gelungen, die live sicher gut abgeht. Ich nehme an, dass
dieser Song ins Liveprogramm kommt?
Chrigel: Geh ich mal davon aus.
MF: "A Rose For Epona", gesungen von eurer Anna
Murphy, ist ein weiterer hervorhebenswerter Song. Denkst
du, dass dieser ziemlich eingängige Song es eventuell
ins Radio-Airplay schafft?
Chrigel: Das werden wir dann sehen... Keine Ahnung,
vielleicht ja, vielleicht nein.
MF: Wird "A Rose For Epona" auch live gespielt?
Chrigel: Das wird einer der ersten Songs, die wir
spielen. Vor zwei Wochen beim Tourabschluss-Gig in
Zürich haben wir ja mit "Meet The Enemy" schon einen
neuen Song gespielt. Schon morgen fliegen wir ab zur
nächsten Tournee, und da werden wir schon "A Rose For
Epona" spielen.
MF: Beim Song "Alesia" fällt mir was ein... Was kommt
dir in den Sinn, wenn du folgendes hörst: "Ich kenne
kein Alesia! Ich weiss nicht wo Alesia liegt! Niemand
weiß, wo Alesia liegt!"?
Chrigel: Seit ein paar Wochen kommt mir dabei Asterix
und Obelix in den Sinn. Ich muss ehrlich gestehen, dass
ich seit der Kindheit kein Asterix mehr gelesen habe.
Muss mir aber wieder mal eins kaufen. Ist schon geil!
Offensichtlich ist das ein Spruch, der da öfters mal
gesagt wird. Bei den Aufnahmen im Studio hat unser
Gitarist Simeon mich mal darauf aufmerksam gemacht.![](../images/interviewpics/eluveitie12b.jpg)
MF: Dieser Spruch fällt vor allem, wenn Asterix und
Obelix auf Veteranen treffen und sie dann fragen, ob sie
in Alesia dabei waren. Dann sagen sie meistens, dass sie
nicht wissen, wo das liegt. Scheint eine Art Verdrängung
zu sein.
Chrigel: Das war ja eigentlich eine ganz schlimme Sache.
Beim Ausarbeiten der Geschichte ist mir das sehr nahe
gegangen. Habe einige Nächte daran durchgearbeitet, und
da kamen mir schon mal die Tränen. Die Geschichte um
Alesia ging mir schon sehr nahe. Das macht wohl auch den
Charme von Asterix und Obelix aus. Es ist wahrscheinlich
de facto gar nicht so wahnsinnig realitätsfremd. Ich
kann mir vorstellen, dass 50 oder 100 Jahre nach dem
Gallischen Krieg, nachdem sich die wogen wieder
geglättet haben und sich die Wunden des Krieges wieder
verheilt haben, es tatsächlich ein Thema bei der
Bevölkerung sein könnte, an das man sich nicht gerne
erinnert. Dass man versucht, die Spuren davon zu
verwischen. Ein Beispiel ist Rumänien. Wir haben da in
vielen Städten gespielt. In keiner Stadt siehst du noch
Spuren von der Ceausescu-Herrschaft. Ich habe da mit ein
paar Konzertbesuchern geredet. Da sind dann zum Teil
junge Leute von 16 bis 18 Jahren. Von denen wusste kaum
einer, wer dieser Ceausescu war. Da wurde mir einmal
mehr bewusst, wie man versucht, gewisse Sachen vergessen
zu machen und etwas Neues anzufangen. Darum kann ich mir
vorstellen, dass Asterix mit dieser Alesia-Geschichte
gar nicht Weltfremd ist.
MF: Hast du den Ort Alise Sainte-Reine mal besucht,
wo das Denkmal für Vercingetorix steht?
Chrigel: Es gibt ja zwei Denkmale von ihm an zwei
verschiedenen Orten. Aber ich war noch an keinem.
MF: Könntest du dir vorstellen, "Helvetios" als Oper
oder als so eine Art Rock Musical zu machen?
Chrigel: (lacht) Lustig, dass du das ansprichst. Letzten
Herbst haben wir von einer Idee über ein Musical
geredet. Das ist immer etwas, was uns reizt. Mal was
Neues ausprobieren. Sachen, von denen man im ersten
Moment denkt, dass es im Metal nicht geht. Aber wir
haben schon ein paar Mal darüber geredet, wie es wäre,
so eine Art Death Metal Musical zu machen. es ist aber
noch nichts Konkretes in Planung. Wir sind andauernd am
Touren, und jetzt steht ein neues Album an. Aber es ist
definitiv was, das wir uns vorstellen könnten.
Vielleicht werden wir tatsächlich eines Tages so was
machen. Warum auch nicht?
MF: Am 30.12.11 war ja das Festival "Eluveitie &
Friends". Das war ja der volle Erfolg. Wird es Ende Jahr
davon eine weitere Ausgabe geben?
Chrigel: Definitiv! Es war sehr schön und wir sind sehr
dankbar, wie es dann ausgefallen ist. Das war eine Idee,
die wir schon länger hatten: ein eigenes Festival zu
veranstalten. Wir haben das angesetzt, und es war ein
völliger Testlauf. Keiner wusste, wie das ausgeht. Das
Line Up war ja auch ganz speziell. Es war nicht nach
einem bestimmten Zielpublikum ausgerichtet. Die Idee war
einfach nur "and Friends". Wir wussten wirklich
nicht, was passiert. Umso grösser war dann die Freude,
als es dann ein grosser Erfolg wurde. Auf jeden Fall
werden wir Ende 2012 wieder was machen. Wann und wo wird
sich noch ergeben. Wir haben ja erst Januar. (Das ganze
steigt am 29.12.2012 in der Eulachhalle in Winterthur.
Zum Zeitpunkt des Interviews stand noch nichts fest.
Anm.d.Red.)
MF: Es steht eine weitere Tour an: USA und Canada mit
Children of Bodom. Werdet ihr da headlinen?
Chrigel: Nein, das überlassen wir den Finnen.
MF: Kaum zurück aus den Staaten, geht es ja weiter
mit einer Europatour als Headliner der Paganfest Tour.
Kann man mehr erreichen? Was hast du noch für Wünsche?
Chrigel: Muss man sich über so was Gedanken machen? Mir
fällt gerade nichts ein. Natürlich gibt es immer wieder
Sachen, über die man denkt, dass es noch cool wäre...
vielleicht eine Tour mit einer oder zwei Folk Bands...
das wär was.
MF: Hast du eine Message an die Metal Factory-Leser?
Chrigel: Eine Message habe ich grundsätzlich nie, jeder
soll sich seine eigenen Gedanken machen. Aber ein
grosses Dankeschön für das Interesse an Eluveitie, und
man sieht sich an unseren Konzerten.
![](../images/interviewpics/eluveitie12c.jpg)
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