Interview: Equilibrium

By Oliver H.
 
Tournee als Urlaub.



Die deutschen Epic-Metaller um Gitarrist, Komponist, Tastenkünstler und Texter René Berthiaume haben mit ihrem fünften Album „Armageddon“ so hohe Wellen geschlagen, die sogar die Berge des Berner Oberlandes überwunden haben. Equilibrium ist seit ihrem triumphalen Viertwerk „Erdentempel“ nicht mehr aus der musikalischen Landschaft wegzudenken und so sind sie topmotiviert der Einladung nach Interlaken gefolgt. Vor ihrem fulminanten Auftritt am Abend, haben mir der sichtlich gutgelaunte und relaxte Gitarrist René Berthiaume und Sänger Robert „Robse“ Dahn Rede und Antwort gestanden, wie sie mit Touren, Stress und alltäglichen Dingen umgehen. Die beiden haben sich als lockere und redefreudige Interviewpartner erwiesen, was wirklich zu ihrem persönlichen Naturell passt.

MF: Ihr spielt das erste Mal am Greenfield Festival. Was bedeutet es für euch in dieser Umgebung hier zu spielen?

René: Ja es ist natürlich eine sehr coole Sache immer wieder in die Schweiz zu kommen, wir haben schon öfters hier gespielt, allerdings in Pratteln, aber es ist wahnsinnig schön hier, besonders durch die ganzen Berge, das haben wir auch nicht jeden Tag. Wir sind schon sehr gespannt, denn von der Musik her ist das Festival ja ziemlich breit (Rock bis Metal) und das Publikum auch und von daher sind wir schon gespannt.

MF: Schön zu hören! Ich war im Oktober 2016 in Pratteln und habe euch dort gesehen. Wie ist es für euch, wenn ihr einen offiziellen Tourgig spielt oder an einem Festival. Wie plant ihr das?

Robse: Geplant wird eigentlich nichts. Wir wissen was wir machen. Wir haben schon öfters in der Schweiz gespielt und es ist wie nach Hause kommen. Wir haben hier eine mega Fanbase. Wir sind eigentlich immer völlig unvorbereitet (lacht). Nein, Hauptsache es ist eine geile Party.

MF: Klingt gut. Gerade zum Thema Festival. Gibt es da ein bestimmtes Erlebnis, dass euch besonders in Erinnerung geblieben ist?

René/Robse diskutieren und überlegen…

MF: Überlegt nur noch ein wenig. Ich hole kurz meine Brille.

Robse: Ich kann dir ja vorlesen (lacht).

MF: Falls euch nichts in den Sinn kommt, ist das auch ok.

Robse: Nein, wir haben wirklich nichts, ausser dass einem die Bandkollegen auf der Bühne immer im Weg stehen (lacht).

MF: Ihr seid ja im Februar diesen Jahres mit „70000 Tons of Metal“ in Miami unterwegs gewesen. Wie muss man sich das Leben an Deck so vorstellen.

René: Ja, wir waren jetzt das zweite Mal dort. Wir haben schon vor zwei Jahren einmal dort gespielt und wussten von dem her schon ein bisschen was uns dort erwartet aber trotzdem ist es ein absolut krasses Erlebnis, nicht zu vergleichen mit gewöhnlichen Festivals, denn es hat einen total anderen Reiz, weil man auf diesem Schiff quasi eingesperrt ist.

MF: Wie sieht es denn mit der Privatsphäre aus?

René: Also man hat schon seinen Rückzugsort, ein Zimmer um es so zu sagen aber es ist nicht so, dass man sich ständig seinen Platz suchen muss. Die Zeit mit den Fans war toll und man kann den ganzen Tag umsonst essen und das Catering ist wirklich super.

MF: An dieser Stelle nochmals Gratulation zu eurem Album „Armageddon“, das hier ca. vor einem Jahr eingeschlagen hat wie eine Bombe, obwohl auch immer wieder kritische Stimmen gesagt haben, dass ihr softer geworden seid. Was sind aus eurer Sicht die markantesten Veränderungen gegenüber den Vorgängeralben?

René: Vermutlich die Tatsache, dass ein paar Lieder auf Englisch geschrieben worden sind und wir mittlerweile ein bisschen mehr mit melodischem Gesang arbeiten. Aber bei uns ist es grundsätzlich so, dass sich ein neues Album immer von seinem Vorgänger unterscheidet. Das ist auch unser Anspruch an uns selber, denn wir wollen uns nicht ständig wiederholen. Wenn es den Leuten dann auch noch gefällt umso besser. Wenn nicht, dann ist es auch ok.

MF: Würdest du also sagen, dass genau diese ständigen Veränderungen das Geheimnis von Equilibrium sind?

René: Ja! Auf jeden Fall!

Robse: Das würde ich auch sagen, denn es ist auch für uns nicht spannend, immer wieder da anzuknüpfen wo wir gerade aufgehört haben. Was die Härte angeht, würde ich sogar sagen, dass wir teilweise härter geworden sind, denn auf dem Album sind ein paar ganz schöne Brecher drauf. Das sollten die Kritiker einfach wissen (lacht).

MF: Ihr seid ja nun fast beinahe ein Jahr auf Tour. Wo findet ihr dabei die Zeit zum Tüfteln und neue Songs zu schreiben?

René: Also wenn ein Album neu rauskommt, heisst dies natürlich erst mal ganz schön viele Konzerte spielen und so und man sammelt dabei natürlich schon ein bisschen Ideen. Sich aber wirklich mal hinsetzen und neue Songs schreiben, das wird dann in den nächsten paar Wochen passieren. Früher war das ein Problem für mich, dies mit den Shows zu kombinieren aber mittlerweile bin ich da eigentlich ganz relaxt. Wenn wir an neuem Material arbeiten ist es kein Problem mehr, an einem Tag ein Konzert zu spielen und am andern zu proben.

Robse: So war das auch bei „Armageddon“. Wir haben am Morgen mit der Platte angefangen, dann ein Konzert gespielt und danach wieder weitergemacht. Wir sind da ziemlich relaxt. Wir machen es wirklich so. Wir haben acht Songs, wir probieren Sachen auch, wir schauen was geht und was nicht. Es kommt auch mal vor, dass wir einfach in der Sonne sitzen oder auch spazieren gehen, von bestimmten Motiven im Hintergrund mal ein Foto machen oder einfach mal rumsitzen… das kommt mit zunehmendem Alter.

René: Wir haben natürlich noch die Deadline vom Label aber wir haben in den letzten Jahren gelernt, den Zeitpunkt besser zu setzen. Bei „Rekreatur“ unserem gerade mal dritten Album sagten wir zu Nuclear Blast, wann wir fertig sind und wir kamen dann in Zeitnot, denn am einem oder anderen Song hat man dann meist ein wenig länger und heute sind wir da wesentlich relaxter.

MF: Relax ist ein gutes Stichwort. Wie verbindet ihr eigentlich während der Tour, Business mit eurem Privatleben?

Robse: Wir sind ja nicht rund um die Uhr unterwegs. Wenn wir mal auf Tour sind, das heisst drei bis maximal vier Wochen am Stück. Die Leute zuhause wissen wo wir sind und was wir machen und wir sind auch immer per Telefon verbunden. Hinzu kommt, dass wir uns auch innerhalb der Band super verstehen. Das ist dann unsere Ersatzfamilie. Deshalb schauen wir auch, dass wir mit Bands auf Tour gehen, von denen wir wissen, das klappt auch im Tourbus, damit keine schlechte Stimmung entsteht. Dann bleibt auch nichts auf der Strecke.

MF: Tourkoller kennt ihr also nicht?

Robse: Nein, wir nehmen das locker. Wir wissen wann wir ankommen zu einer Show, dann gehen wir mal kucken, wo gibt es einen Hamburger oder ein Bier. Wir gestalten unsere Arbeit wirklich als Urlaub.

René: Seit wann redest du denn so viel?

Robse: Tja, siehste! Das kennst du gar nicht von mir. Ich habe mich eben geändert (lacht). Ich habe immer eine grosse Fresse. Das kommt bei Interviews nicht immer gut an.

MF: A propos Interview. Ich mache heute für Metal Factory mein allererstes Interview…

Robse: Oh, das machst du toll. Merkt man nicht.

MF: Danke! Wie ist es eigentlich für euch, immer Interviews geben zu müssen? Ist das nicht manchmal lästig?

Robse: Nein. Natürlich gibt es Situationen wenn jemand fragt, wo kommt ihr her oder seit wann gibt es euch, dann sage ich natürlich schon manchmal, das kannst du bei Wikipedia nachschauen. Wenn uns aber jemand das Gefühl gibt, wirklich interessiert zu sein und uns gute Fragen stellt, dann ist das allemal ok. Grundsätzlich gibt es aber genauso viele doofe Antworten wie es Fragen gibt.

MF: In dieser Situation bist du dann wahrscheinlich auch nicht auf den Mund gefallen, nehme ich an.

Robse: Nein, bestimmt nicht (lacht)!

MF: Gibt es für euch eine Band, mit der ihr unbedingt einmal auf Tour gehen möchtet?

Robse: Ich bin ein riesiger Amorphis Fan. Mit ihnen auf Tour gehen zu können, das wäre schon mein Highlight und der René möchte gerne mit Dream Theater auf Tour gehen, oder?

René: Ja… stimmt.

Robse: Siehst du? Ich kenne dich eben doch schon eine Weile.

MF: Vielleicht könnt ihr euch im August noch ins Programm mogeln. Da spielen nämlich Amorphis vor Volbeat in der Stockhornarena in Thun.

Robse: Nein danke, wir wollen nämlich nicht vor Volbeat spielen, also hat sich das schon erledigt (Gelächter).

MF: Gibt es vielleicht noch etwas, das ihr den CH-Fans mitteilen wollt?

Robse: Schweizer Fans, besten Dank, dass wir immer so herzlich aufgenommen werden. Wir kommen immer sehr gerne her.

MF: Gut! Besten Dank fürs Interview und dass ihr euch die Zeit genommen habt.

Robse/René: Gerne und viel Spass heute Abend.