Interview: Geoff Tate (Ex-Queensr˙che)

By Tinu
 
Rockt nun auch als Weinbauer.



Der ehemalige Sänger von Queensr˙che hat mit seiner alten Stammband den Metal nachhaltig beeinflusst. War es die Debüt-EP «The Warning», das Album «Rage For Order» oder die Mutter aller Konzeptalben «Operation: Mindcrime», die Truppe aus Seattle stand damals als absolutes Qualitätskennzeichen für gute Musik. Mister Tate hat sich aber auch immer wieder musikalisch neu erfunden, was Queensr˙che nicht nur Lobeshymnen einbrachte, sondern auch viel Gegenwind. Dies führte schlussendlich dazu, dass sich Geoff und seine Mitmusiker nicht gerade freundschaftlich trennten und jeder seines Wegs ging. Im Hier und Jetzt steht der Sänger mit einer jungen Truppe auf der Bühne und feiert das 30-jährige Jubiläum von «Operation: Mindcrime», sprich Geoff spielt das komplette Album. Wie es dazu kam und einiges mehr, erfahrt Ihr im folgenden Interview.

Geoff: Wir feiern das 30-Jährige. Oh mein Gott, wie die Zeit vergeht. Es ist immer etwas Spezielles, wenn ich meine Songs auf der Bühne spielen kann. Diese Lieder zu spielen, ist physisch etwas sehr Bewegendes. Es hört sich oftmals auch anders an, wenn unterschiedliche Musiker neben mir stehen und die Songs spielen. In meiner perfekten Welt ist immer alles sehr einfach, oftmals entpuppt sich dies in der Realität aber anders (lacht). Das hängt nicht nur von den Musikern ab, sondern auch vom Equipment auf der Bühne oder dem Sound (grinst). Speziell wenn du auf die Bühne gehst und hoffst, dass alles klappt (lacht). Aber glaub mir, jeden Abend gibt es etwas, das nicht funktioniert. Das ist das Natürliche an der Live-Musik. Da kackt etwas ab oder plötzlich geht etwas in eine andere Richtung. Aber am Ende des Tages…, es ist Spass und ich mag es (grinst).

MF: Wie wichtig ist Musik für dich heute noch? Ist es eine Berufung, Arbeit oder ein Hobby?

Geoff: Es ist eine völlig andere Berufung, als wenn du Manager im Musikbusiness bist (grinst). Manager wollen ihre Rechnungen bezahlen und laden mich und meine Familie zum Essen ein, um mir ihren Lebensstil zu zeigen. Aber schlussendlich machen auch sie nur ihren Job. Ich mochte immer die kreative Seite des Business und nie die organisatorische. Es reicht mir, mein Leben organisieren zu müssen (lacht). Die Welt hat sich sehr verändert. In eine Richtung, der ich nicht folgen will. Ich versuche noch immer meine Fantasien in Töne zu fassen. Auch wenn mich dabei die Realität immer wieder einholt (grinst). Es hat sich so viel verändert. Der letzte Download hat soeben stattgefunden (lacht) und es interessiert niemand, was ich dafür tun musste, dass sich jemand etwas aus dem Netz holen kann. Ich arbeite viel. Jeden Tag, auch auf Tour. Im Moment arbeite ich an zwei Alben, das verhindert, dass ich mir eine Stadt ansehen kann, oder eine Party feiere. Es ist dieses Kreative, welches mich immer vorangetrieben hat.

MF: Ist Musik deine einzige Kreativität?

Geoff: Nein, ich habe mein eigenes Weingut und produziere Wein. "Insania" heisst der edle Tropfen (grinst). Seit 2007 produziere ich den Wein, das ist meine Leidenschaft. Das Weingut ist im Kaiserstuhl, und jedes Jahr feiern wir ein grosses Fest, wenn wir die Trauben ernten. Das macht wirklich Spass. Wir trinken, essen und spielen Musik. Ich wurde in Stuttgart geboren und meine Frau kommt aus Freiburg. Aber ich wohne schon lange in Seattle.

MF: Hast du dich über all die Jahre verändert?

Geoff (überlegt lange): Habe ich mich über all die Jahre verändert? Durch Erfahrungen wurde ich leidenschaftlicher für das, was ich tat. Durch meine fünf Töchter wuchs ich mit den Aufgaben eines Vaters. Ich versuchte auch immer ein guter Zuhörer zu sein. Hatten Leute in meinem Umfeld Probleme, versuchte ich ihnen beizustehen und beim Lösen dieser zu helfen. Und meine Kreativität, die ich immer versuchte auszuleben und zu tun, was ich tun wollte…

MF: …dabei hast du auch immer wieder neue Wege eingeschlagen. Hat dies deine Fans nicht auch immer wieder überfordert?

Geoff: Es hat sie immer wieder überfordert (lautes Lachen).

MF: Was ist das Wichtigste in deinem Leben?

Geoff: Gesund zu bleiben, denn ich möchte ein sehr langes Leben führen. Darum versuche ich sehr sorgsam mit meiner Gesundheit umzugehen. Ich bin schon fast 60 Jahre alt. Vieles hat auch mit Disziplin zu tun. Mit 20 Jahren durchlebte ich eine wilde Zeit (grinst). Damals habe ich meine Erfahrungen gemacht, und das genügt für den Rest meines Lebens (lacht). Als meine Frau in mein Leben trat, hat sich vieles verändert, auch als meine Kinder geboren wurden. Die nächsten Jahre möchte ich noch mehr geniessen können, mit allem was passieren wird. Das ist auch das Schöne am Musizieren. Dadurch kann man seine Inspiration für neue Songs und Texte finden. Wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht, gibt es unheimlich viele Inspirationen für neue Ideen. Soziales und der Mensch interessieren mich, also die menschliche Geschichte. Woher kommen wir, wohin gehen wir? Warum machen wir Dinge so und nicht anders? Das Lustige dabei ist, dass man als Artist dann immer sein neustes Baby am liebsten mag und dabei die andern fast ein bisschen in Vergessenheit geraten. Bedingt durch den kreativen Prozess, den man durchlebt. Die Inspirationen sind dabei immer noch sehr frisch und du erinnerst dich genau, wieso du einen Part so geschrieben hast oder wieso es zu diesem Text kam. Ich liebe es auf der Bühne zu stehen und dabei auch neue Lieder zu spielen. Ich liebe es all meine Songs zu spielen. Mit allen bin ich speziell verbunden, da sie von mir stammen und auch ein Teil von mir sind. Bevor ich auf Tour gehe, höre ich mir all meine Tracks an. Dabei kommen Erinnerungen hoch und ich versuche dabei, die zu spielenden Tracks möglichst gut zu verbinden. Weisst du?! Wenn ich einen Song singe, muss es sich natürlich entwickeln und es muss aus mir heraus fliessen. Das hört sich verrückt an, aber es muss fliessen. Es geht nicht in erster Linie darum, dass ich mich an den Text erinnere, sondern dass ich mich mit dem Lied sehr schnell wohlfühle.

MF: Wenn du die Zeit zurückdrehen könntest, was würdest du ändern?

Geoff: Ohhh, gute Frage… Hmm… Ich denke, ich würde mein Soloalbum früher veröffentlichen, direkt nach «Empire». Queensr˙che waren damals in einer schwierigen Phase. Wir pausierten zu lange. Ich bin eine loyale Person (lacht), darum hielt ich an der Band fest.

MF: Die grossen drei Metal-Sänger, Bruce Dickinson, Rob Halford und Geoff Tate, wann kommt es zu den drei Metal-Tenören?

Geoff: Nicht, dass ich was davon wüsste (lacht). Es passierte alles bei einer Dinner-Party (lacht). Judas Priest, Iron Maiden und Queensr˙che waren auf Tour. Eines Abends sassen wir beim Italiener und im Restaurant erklang Opern-Musik. Rod Smallwood, der Manager von Maiden kam in den Raum und fragte, was dies für Musik sei. Es waren die drei Tenöre. Rod begann zu lachen, er fand dies sehr lustig. Er hob sein Glas und sagte: "Ich bin der Meinung wir starten mit einem neuen Projekt. Rob, Bruce und Geoff, die grossen Drei des Metal als die «Three Tremors». Fantastisch, oder?!" Wir drei lachten leicht gequält (grinst). Das war alles, mehr passierte nicht (lacht).

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?

Geoff: 2018 steht ganz im Zeichen des Tourens. Juni, Juli und August werde ich noch in Nordamerika unterwegs sein. September, Oktober und November ist Südamerika an der Reihe und nochmals Europa bis im Winter. 2019…, da darf ich nicht darüber sprechen (grinst)!

MF: Besten Dank für das Interview!

Geoff: Ich danke dir!