Interview: Haggrd
By Roger W.
Liebt Ihr Death Metal? Liebt Ihr ebenfalls Klassik und Mittelalter-Musik? Wenn ja, dann hört Euch unbedingt mal Haggard an. Seit nun über elf Jahren vermischt diese Gruppe aus Deutschland geschickt Klassik mit Death Metal. Im Vergleich zu Projekten à la Metallica, Doro, Scorpions und Symphony X gehen Haggard noch einen Schritt weiter und lassen über weite Teile der Klassik den Vorrang. Es herrschen also grosse Klassik und eher kleine, ergänzende Death Metal Anteile vor. Haggard erschaffen damit ihr eigenes, unvergleichliches Klangbild. Anlässlich ihres Tour-Halts im Z7 führte ich für meine monatliche Metal-Sendung auf Radio Kanal K (www.kanalk.ch) ein Interview mit dem Bandleader Asis. Er verriet mir in der Folge unter anderem, wie die Band entstanden ist, und was er so privat hört. Haggard wurden auf der Z7-Homepage als "mit Orchester" angekündigt, was sich jedoch als falsch herausstellte, spielt die Band doch immer mit einem Orchester von ungefähr sechzehn Personen.

MF: Das Z7 ist die letzte Station eurer "Crushing The Autumn-Silence-Tour". Wie ist die Tour bis jetzt verlaufen?

Asis: Gigantisch! Also die Tour ist zum einen von unseren Fans sehr euphorisch aufgenommen worden, zum andern kamen auch sehr viele neue Leute. Wir haben in jeder Location die totale Stimmung erzeugt. Es war wirklich geil. Also am Ende hat jeder Saal gekocht. Danke nochmals an die Fans und ich denke, dass es hier auch so sein wird. Ich hoffe es mal, weil es ja der letzte Gig auf der Tour ist. Wir haben ja keine neue CD draussen. Also die letzte ("Eppur Si Muove") ist schon im 2004 rausgekommen und es haben uns jetzt eine Menge Leute gesehen, auch ohne neuen Output. Daraus schliesse ich, dass wir eine Menge treuer Fans haben. Wir kommen nächsten Jahr wieder auf Tour, um die neue Platte zu promoten.

MF: Wann wird die circa rauskommen?

Asis: Hmm..., etwa in der Mitte des neuen Jahres.

MF: Wie viel ist davon schon produziert? Wie viel steht davon schon?

Asis: Es ist noch gar nichts produziert, sondern erst vorkomponiert.

MF: Ihr seid heute mit einem Orchester anwesend. Viele Bands nehmen dies zum Anlass eine Live-DVD aufzunehmen, was sind eure Pläne mit dem Orchester?

Asis: Also es stimmt nicht, dass wir mit einem Orchester anwesend sind. Ich habe meine Musiker dabei. Das heisst, das ist ein Stamm von Musikern. Mit den einen arbeite ich schon lange zusammen, andere sind etwas kürzer dabei. Ich betrachte das Ganze nicht als "mit Orchester", sondern das sind halt Haggard. Es ist eben so, dass ich praktisch die Musiker entsprechend brauche, um die Sache der CD live auch spielen zu können. Aber es ist ein Ensemble für mich.

MF: Haggard bestehen aus sechzehn Musikern. Sind heute noch mehr dabei?

Asis: Also: Auf der Bühne sind Haggard heute vierzehn Personen, zwei sind nicht dabei.

MF: Ihr wart dieses Jahr schon mal in der Schweiz, und zwar im C4 in Islikon. Dort seid ihr nicht mit der gesamten Truppe aufgetreten. Ab wie vielen Personen funktionieren Haggard?

Asis: Ab einer...!

MF: Dann aber mit Sampler und so...?

Asis: (Lacht) - Nöö..., ich weiss schon, wie du das meinst. Es ist... so, dass das Material, das ich für die drei CDs komponiert habe, ab circa zehn bis elf Leute umsetzbar ist. Das ist so eine Art Notbesetzung.

MF: Und darunter funktioniert es live nicht, oder willst du es gar nicht?

Asis: Nein, nein, das will ich auch gar nicht. Zu wenig klassische Musiker gehen da nicht...

MF: Bei so vielen Leuten verdient ihr mit der Gage ja fast nichts. Wie haltet ihr euch über Wasser?

Asis: Also jeder von uns hat einen Job. Und sagen wir mal, es ist immer eine Gagenfrage. Aber man kann sagen, dass die Umkosten oder die Kosten, also nicht die speziellen Fahrtkosten, sondern generell die Band-Erhaltungs-Kosten eigentlich immer ungefähr in Gagen-Richtung gehen. Also mal ein Bisschen mehr, mal ein Bisschen weniger. Also es kann keiner davon leben, wenn du das meinst.

MF: 1991 habt ihr euch als Death Metal Gruppe gegründet. Wie kam es zum Wechsel in Richtung Death Metal mit klassischer Musik?

Asis: Es ist so, dass ich unseren Schlagzeuger 1989 gefunden habe. Und danach habe ich eben in die Death Metal Ecke komponiert. Chuck Schuldiner (Death - R.I.P.) hat einen nicht unwesendlichen Einfluss. 1994 habe ich dann gemerkt, dass es so nicht weiter gehen kann. Die Death Metal Szene hatte total stagniert und da ich zu der Zeit schon gerne Klassik gehört habe, habe ich mir überlegt, wie das sein würde, mal mit klassischen Musikern zusammen zu arbeiten, und auf einmal waren wir sechzehn Leute.

MF: Das kam...

Asis: Das kam nicht..., also ich habe nicht gesagt wir müssen jetzt sechzehn Leute sein, sondern ich habe dann für Mitteloboe komponiert, für Querflöte, für'n Cello, für eine Geige..., Klarinette und dann hat sich's halt so ergeben.

MF: Das heisst, du kannst diese Instrumente alle selber spielen?

Asis: Nein, ich kann sie nicht selber spielen. Aber ich komponiere eben die Linien für diese Instrumente auf der Gitarre. Ich habe so eine Mini-Gitarre, auf der kann ich auch klassische Instrumente spielen, die hilft mir beim Komponieren.

MF: Musikalisch kreiert ihr eine Mischung, die einzigartig ist. Mir fallen da höchstens noch Therion ein. Welchen Einfluss hatten Therion auf euch?

Asis: Therion? Gar keinen. Nein von Therion, von denen habe ich bis jetzt zwei Songs gehört. Aber die gehen, glaube ich, auch in eine andere Richtung. Also dieses "Beauty in black" kenne ich von ihnen und finde es nicht schlecht. Das ist wohl auf einer älteren CD drauf und dieses "To Mega-Therion". Aber es hatte auf mich keinen Einfluss, und somit auch auf Haggard nicht.

MF: Momentan floriert die Folk Metal Szene. Ich denke da an Bands wie Finntroll, Equlibrium oder Eluveitie. Fühlt ihr euch ebenfalls als Teil dieser Szene?

Asis: Nein, nicht wirklich. Also wir haben sicherlich Folk Metal Anhänger. Aber ich weiss nicht..., also persönlich bin ich irgendwie in allen Szenen zu Hause und in keiner. Also Haggard sind ein einzigartiges Ding. Ich könnte jetzt auch nicht sagen, das klingt wie..., oder das ist..., also ich habe bis jetzt keine Bands gefunden, die wie wir getönt haben. Also wenn ich's getan hätte, dann könnte man sagen, dass es ein bestimmter Stil ist, aber..., also ich find die Bands schon lustig. Ich hör' mir auch mal einige Songs an, wenn ich so weg gehe aber ich sehe mich jetzt nicht als Teil der Szene. Aber wir haben natürlich auch Fans aus der Szene, die wir auch total respektieren, natürlich, gar keine Frage. Aber speziell zum Folk Metal gehören Haggard meiner Meinung nicht hin.

MF: Was für Bands hörst du denn sonst so vor allem Privat?

Asis: Ähh..., Death ziemlich viel..., alte Sodom..., alte Kreator, also die frühen Sachen, dann die frühen Bathory-Sachen..., ja halt Originale irgendwie. Also ich finde Black Metal irgendwie geil, aber von der Innovation her könnte da ein Bisschen mehr kommen. Und das ist es halt bei mir. Ich brauche eben wirklich Originale..., Klassik höre ich zum Beispiel viel. Alle Sorten, also Renaissance, normale Wiener Klassik, Romantik, Impressionismus, alle Komponisten, da gibt es ja soviel, das sehr schön ist.

MF: Wie bist du denn auf die Klassik gekommen? Schon von früh auf?

Asis: Nöö..., eigentlich nicht. Ich bin komplett ohne Klassik aufgewachsen. Und hab' mir dann halt eine CD gekauft und na ja..., es war dann wie eine Sucht..., Klassik ist für mich die am Weitesten entwickelte Musik, also am Höchsten, am intelligentesten komponiert. Die Leute hatten noch Zeit zum Komponieren. Es ist geil.

MF: Wann nimmst du dir die Zeit zum Komponieren?

Asis: Eher Abends, Nachts. Also tagsüber mache ich auch einen normalen Job. Bin selbstständig mit einer Werbeagentur und daher eher Abends, Nachts.

MF: Dann gerade ein komplettes Stück durch...?

Asis: Nee..., also das kann man nicht sagen. Mal einen kleinen Teil, mal einen grösseren Teil. Aber bis ein Stück wirklich fertig wird..., das dauert länger.

MF: Also es ist nicht so, dass du die fertige Vision auf Blatt bringst?

Asis: Nein. Also es sind Melodien. Da ist die Melodie, die ich aus meinem Kopf ziehe, die mir zum Beispiel auch kurz vor dem Einschlafen immer wieder einfallen, die ich dann niederschreibe auf der Gitarre und dann halt mit andern Melodien verwende. Also es ist nicht so, dass mir das fertige Werk aus dem Kopf fällt. So nicht. Aber die Melodien existieren in meinem Kopf.

MF: Bei den letzten Alben handelten die Storys von Nostradameus oder Galileo Galilei. Kannst du dir vorstellen, mal ein Album mit dieser Musik zu schreiben, das von einer aktuellen Person handelt?

Asis: Nö! Nein, auf eine aktuelle Person nicht..., also ich könnt' es probieren mit Georg W. Bush. Aber dann wird's ein Grindcore-Album. (lacht) - Also Galilei und Nostradameus sind halt zwei Leute, die ihren Mann gestanden haben und das ist auch geil. Das nächste Album geht mehr so in die Fantasy-Richtung.

MF: Das heisst, du komponierst die Musik auch um die Texte rum, dass es irgendwie passt?

Asis: Ja genau! Aber das mache ich generell, also Musik und Texte.

MF: Ich habe gelesen, dass ihr mal von einer deutschen Schule eingeladen worden seid, um über Galileo Galilei zu unterrichten. Habt ihr die Einladung angenommen?

Asis: Aber ja! Unsere Ex-Violinistin arbeitet an einer Sonderschule und da haben wir mal, also unser damaliger Gitarrist, der Andy und ich, haben da so Instrumenten- und Mittelalter-Kunde gemacht. Es war sehr spannend.

MF: Kannst du dir vorstellen, so was öfters zu machen?

Asis: Natürlich, überhaupt keine Frage. Also wir kennen schon zig Leute, die ihr Abitur, also ihre Facharbeit über Haggard geschrieben haben und das ist geil.

MF: Was wünschst du dir für die Zukunft von Haggard?

Asis: Dass die Stimmung so bleibt wie sie ist. Weil momentan ist es gnadenlos harmonisch. Wir waren jetzt eben auf Tour. Es war gigantisch. Als Nächstes kommt die CD raus und dann gehen wir nochmals auf Tour und dazu wünsche ich mir..., also generell wünsche ich, dass es den Fans so gefällt und dass auch die Leute, die Musiker, alle gesund sind, damit wir die nächste Tour gut über die Runden bringen.

MF: Vielen Dank für das Interview!



Unser Roger W. (links) mit Asis >>>>>>