Interview: Heavenwood
By Toby S.
Viele Bands haben sich schon an der Materie Gothic Metal versucht, und sind wie so viele andere vor ihnen kläglich gescheitert, verschlungen vom Mahlstrom des Einheitsbreis und der Massenware. Doch all diese Bands haben in dem Sinne eine Berechtigung, dass sie aufzeigen, wer nicht von ihrer Sorte ist, sprich eigenständig und innovativ sich des Themas annimmt. Heavenwood gehören eindeutig dazu, und auch wenn die Wartezeit seit ihrem Output “Swallow” gute zehn Jahre beträgt, ist es um so erfreulicher, dass jetzt mit “Redemption” ein mehr als würdiger Nachfolger in den Startlöchern steht. Dass sowohl die Bandgeschichte selbst wie auch die Einflüsse und Motivationen interessant sind, das verriet Ricardo Dias (RD), seines Zeichens Gitarrist und Sänger, im nachfolgenden Interview.

MF: Erst mal Hallo und Danke für die Gelegenheit, dieses Interview zu führen. Wie geht’s euch? Seid ihr mit den Reaktionen auf euer neues Album zufrieden?

RD: Hallo Toby, ja wir sind sehr zufrieden mit den Reaktionen und glücklich darüber, dass alle, sowohl alte Heavenwood-Fans wie auch Anhänger der neuen Metal-Generation, unser neues Album sehr mögen. Bis jetzt haben wir sehr gute Kritiken eingefahren, und die Shows in Portugal waren einfach fantastisch!

MF: Die aktuelle Band ist ja aus der Asche von Disgorged entstiegen, kannst du unseren Lesern den Weg genauer erläutern, den ihr auf euch genommen habt, als ihr euch von einer Death Metal-Band zur aktuellen Band gewandelt habt? Alles, was ich weiss, ist, dass es intern einige Probleme gegeben haben soll und deswegen „Redemption“ einige Zeit auf Eis gelegen hat…

RD: Unsere Wurzeln reichen zurück in die Death Metal-Szene, wo wir einen Mix aus dem schwedischen und dem amerikanischen Stil gespielt haben. Aber dazumals schon bemerkten unsere Fans etwas Spezielles an unserer Spielweise, eine Art melodisches Charisma, das von unserem Sound ausging. Ich denke, wir waren seit jeher sehr kreativ und haben so ziemlich alle Ecken und Enden von Metal, Rock und Gothic ausgekundschaftet, weil dies der einzige Weg ist, etwas Einzigartiges zu erschaffen und Klischees zu vermeiden. Und sogar auf diese Art und Weise ist es heutzutage schwer, dies zu tun, und wer spielt schon den ursprünglichen Stil noch? Alles, was ich höre, ist eine Mischung von diesen und jenen Musikstilen. Und dann kommt irgendwann der schreckliche Zeitpunkt, wenn eine Band den musikalischen Stil wechselt und die Fans von dieser Neu-Orientierung enttäuscht sind. Man erinnere sich nur an Celtic Frost, Paradise Lost sind auch ein gutes Beispiel hierfür. Bei Heavenwood war dies nicht wirklich der Fall, ja wir haben urplötzlich gestoppt, aber wir mussten dies tun, denn unsere Art und Weise zu denken und Musik zu erschaffen verläuft eben nicht wie am Fliessband. Wenn du’s mit Gefühlen zu tun hast, dann musst du diese eben auch wirklich fühlen, um sie dann ehrlich durch Musik und Lyrics auszudrücken.

MF: Kennst du die deutsche Band Darkseed? Auf eine bestimmte Art und Weise erinnert mich „Redemption“ an ihr letztes Release, „Ultimate Darkness“ (Darkseed haben sich 2006 aufgelöst, Anm. d. Verf.).

RD: Ja ich kenne die Band, einer der Jungs ist ja mit seinem sehr interessanten Side-Project Shiva In Exile beschäftigt, wenn mich nicht alles täuscht. Leider habe ich mir “Ultimate Darkness” noch nicht angehört, aber vielleicht sind unsere beiden Bands von der selben Inspirationsquelle beeinflusst worden.

MF: Das bestehende Line Up besteht ja aus drei Musikern, ist dieses nun fix oder habt ihr auch schon mal darüber nachgedacht, einen Bassisten und einen Drummer ebenfalls als konstante Bandmitglieder zu rekrutieren oder werdet ihr nach wie vor mit Sessionsmusikern arbeiten?

RD: Die Band arbeitet als Trio, betreffend die Kompositionen oder bandinterne Dinge. Die Urmitglieder wie ich, Ernesto Guerra (dark vocals) und Bruno Silva (guitar) denken, dass es so am besten funktioniert, unsere Ziele wie eben “Redemption” zu erreichen. Wir arbeiten mit exzellenten Musikern zusammen, für die Drums ist Daniel Cardoso und für den Bass Hugo Pires zuständig, auch für Live-Auftritte – und bis jetzt funktioniert’s bestens! Die Zukunft... Nun ja, wir werden sehen, momentan ziehen wir es vor, in der Gegenwart zu leben und auch zu nicht allzu weit vorauszuplanen seit “Redemption” erst rausgekommen ist.

MF: Mir persönlich gefiel „Redemption“ sehr, weil eure Herangehensweise an das Erschaffen von Musik weit entfernt von den üblichen Schematas ist, nur schon deswegen, weil ihr zwei männliche Vokalisten habt. Und ihr spielt Musik, wie sie ursprünglich geklungen hat, wie beispielsweise die Begründer des Gothic Metals, Paradise Lost, Anathema oder auch Tiamat. War es für euch schwierig, diese Art von Musik in die heutige Zeit zu transferieren?

RD: Gute Frage! Zuerst einmal danke, und ja, du sprichst einen guten Punkt an. Wir haben sehr viel unternommen, „Redemption“ zu präparieren und aufzunehmen. Es war eine lange Phase der Vorproduktion, wir haben dann 2007 eine Promo-Scheibe erstellt, die sich sehr schlecht angehört hat, weil wir den ursprünglichen Weg gehen und quasi den unschuldigen Prozess durchlaufen wollten, sprich ohne digitales Drumming, ohne die Programme CuBase oder Reason und so weiter, also eine ‚echte’ Demo. Anschliessend haben wir hart daran gearbeitet, alles in der Produktionsphase in passende Strukturen einzufügen, die Lyrics und den gesamten Vibe/Groove anzupassen, den man jetzt merkt, wenn man die Scheibe hört. Dies alles kann ich nur schwer beschreiben, aber ich denke, jeder, der ein Instrument spielt, weiss, was ich meine.

MF: Habt ihr jemals darüber nachgedacht, ‚moderne’ Musik zu kreieren, nur um auf die Schnelle viel Geld zu verdienen, oder war dies nie ein Thema innerhalb der Band?

RD: Nein, definitiv nicht! Ich war in einigen Side-Project erschienen, die nichts mit Metal zu tun haben, aber dies war ‚just for fun’ und auch, um ein bisschen frische Impulse zu bekommen, als Heavenwood ausser Kraft gesetzt war.

MF: Ihr habt ja mit Musikern von In Flames, Theatre Of Tragedy und Lake Of Tears zusammengearbeitet, hatten diese Erfahrungen eure Arbeit beeinflusst? Wie war deren Reaktion auf euch und eure Musik?

RD: Das war grossartig! Als wir mit In Flames auf Tour waren, waren sie gerade wie wir am Aufkommen, und ich erinnere mich, dass ich das Gefühl hatte, dass diese Jungs es noch weit bringen werden. Wir haben viel aus der Begegnung mit Atrocity gelernt und sind gut mit ihnen befreundet über all die Jahre hinweg, seit sie sich zu einer respektablen Metal-Band aus Deutschland gemausert haben. Die Tour mit Theatre Of Tragedy wie auch mit den Schweden von Lake Of Tears war eine der besten überhaupt, mit einer grossen Audience, viel Spass und auch Erfahrung. Dies hat dazu geführt, dass wir Liv Kristine zusammen mit Kai Hansen auf dem Track „Downcast“ vom „Swallow“-Album hatten. Und dies war keine einfache Sache, die beiden Sänger sowie die Musik von Heavenwood miteinander zu vereinen, aber es hat geklappt! Die Herausforderung haben wir ja schliesslich auch auf „Redemption“ nicht gescheut, denn sowohl Jeff Waters von Annihilator auf „Bridge To Neverland“, Gus G. von Firewind auf „One Step To Devotion“ und Tijs Vanneste von Oceans Of Sadness auf „Obsolete“ sind mit unserem Sound zusammengebracht worden. Und auch für Jens Bogren von den Fascination Street Studios war es eine grosse Herausforderung, mit Heavenwood an einem neuen Album zu arbeiten.

MF: Portugiesische Bands sind ja nicht unbedingt so zahlreich im Rampenlicht vertreten, die bekannteste Band scheint Moonspell zu sein. Ist die Metal-Szene bei euch nicht so gross oder haben wir einfach noch nie richtig mitbekommen, was sich im portugiesischen Underground so tut?

RD: Wir haben einige gute Metal-Talente, ich empfehle dir, Three Orakle (produziert von Daniel Cardoso vom Head Control System) aus den Ultrasound-Studios, Kandia, Demon Dagger und so weiter anzuchecken. Myspace lässt dich förmlich in unserem portugiesischen Musik-See schwimmen.

MF: Was sind deine Gedanken bezüglich der Zukunft von Heavenwood ? Ich hoffe, ihr werdet weiterhin Musik machen und Konzerte spielen, jetzt, da die internen Probleme gelöst zu sein scheinen. Wie gut stehen die Chancen, dass ihr jemals in die Schweiz kommt? Das wäre grossartig!

RD: Wir hoffen, dass wir eines Tages die Schweiz, Heimat des grossartigen Tom G. Warrior, besuchen können. Er hat mich sehr motiviert, nachdem ich ein Video mit ihm gesehen haben, in dem er über Celtic Frost und seine Art von ‚Wut’ für die Gerechtigkeit in der Musik gesprochen hat. Die Schweiz ist ja auch ein zweites Heimatland für viele Portugiesen, und wir haben viele gute Erinnerungen an Heavenwood-Shows bei euch, speziell auch wegen den tollen Mitmenschen und Heavenwood-Fans!

MF: Wir sind auch schon am Ende des Interviews angelangt, möchtest du unseren Lesern und den Metalheads generell noch etwas mit auf den Weg geben?

RD: Ich möchte alle alten und neuen Heavenwood-Fans dazu einladen, „Redemption“ für sich zu entdecken., wenn ihr Musik, die voller Emotionen im musikalischen Kontext steckt und an sich auch ein kleines Kunstwerk darstellt, fühlen wollt. Besucht auch unsere offizielle Myspace-Seite www.myspace.com/heavenwood und zieht euch die News aus dem Land des Portweins rein!

MF: Ricardo, danke dir vielmals dafür, dass du dir Zeit genommen und meine Fragen so ausführlich beantwortet hast. Führt eure exzellente Arbeit fort, und ich hoffe, euch irgendwann bei uns sehen zu können.

RD: Obrigado, Toby!