Das Leben geniessen und nett sein.
Seit 44 Jahren sind Magnum eine feste Institution in der
Hardrock-Landschaft. Gegründet von Sänger Bob Catley und Gitarrist
Tony Clarkin, erlebten die Beiden mit ihrer Band wohl alle Höhen und
Tiefen. Oder anders ausgedrückt, spielten 1988 zu ihrer Hochzeit an
drei aufeinanderfolgenden Tagen im jeweils ausverkauften, legendären
Hammersmith Odeon und lösten Magnum als Tiefschlag in der Karriere
1995 kurzzeitig auf. 2002 folgte die Wiedervereinigung. Bis heute
zeichnet die Truppe immer eins aus. Das Bandgefüge vor und nach der
Trennung ändert sich nur minimal. Mit dem neusten Studiowerk «Sacred
Blood Divine Lies» im Gepäck wird es bald wieder auf ausgedehnte
Tour gehen. Als Einstimmung stand uns der fast 70-jährige Sänger zur
Verfügung. Ein Mann mit viel Witz und Charme, der sich seiner
(Schand-) Taten bewusst ist und heute dankbarer denn je dafür ist,
noch immer mit seiner Band touren zu können und dabei ein immer
grösseren Erfolg feiern darf. Auch wenn die goldigen
Endachtzigerjahre unerreicht bleiben.
MF: Nach mehr als 40
Jahren im Musikbusiness, welche Schlussfolgerung ziehst du?
Bob: «Du kleiner Idiot, lass die Finger davon» (lacht).
MF: Hat dir dies deine Mutter gesagt?
Bob: Ja, genau (lacht). Es hat sich viel getan in dieser
Zeit, aber ich fühle mich heute hervorragend, und ich hoffe, dass die
vielen Jahre, die noch folgen (grinst) ebenso verlaufen werden. Ja,
alles begann mit der Band Magnum, in einem Nachtclub in Birmingham.
Wir starteten mit Coversongs, bevor wir unser eigenes Material
schrieben. Es war eine grossartige Zeit und bedeckt mit 19 Alben,
bei denen einige gut und andere sehr gut waren (grinst). Nun bin ich
mit Avantasia auf Tour, singe auf den europäischen Konzerten und
gehe dann zu Magnum zurück, wo wir uns auf die kommenden Gigs
vorbereiten werden. Meine Schlussfolgerung ist: Ja, ich hatte eine
grossartige Zeit. Ich liebte und liebe es und bin verdammt glücklich
dabei. Klar hatten wir unsere "ups and downs", wie alle Menschen in
ihrem Leben. Oder wir mit unserem Rock'n'Roll Traum (grinst). Die
Musik meinte es aber sehr gut mit mir. Trotzdem, kannst du kein
grossartiges Leben führen mit der Musik.
MF: Wie oft wolltest du die Musik an den berühmten
Nagel hängen?
Bob: Ohooooo (lacht)! Das war (überlegt)… Vor der Zeit mit
Magnum. «Really back in the day» (mit tiefer Stimme). In den
60er-Jahren und den frühen 70ern. Ich spielte in vielen
Bands, die völlig planlos waren (lacht). Es passierte viel Scheiss,
und das führte dazu, dass ich des Öfteren alles hinschmeissen
wollte oder ohne Job war. Magnum hatten einen Break Mitte der
90er. In dieser Zeit veröffentlichte ich sechs Solo-Alben
zusammen mit Gary Hughes von Ten. 2001 kamen Tony und ich wieder
zusammen. So konnte man bei Magnum nie von einer Trennung, sondern
bloss von einer längeren Pause sprechen. «O hallo. Let's do us a new
Magnum record! Oh yeah fine!» (lacht). Noch heute sind wir zusammen,
veröffentlichen regelmässig neue Scheiben und gehen zusammen auf
Tour. Zusammen mit SPV, die eine grossartige Firma ist und uns sehr
gut unterstützt. Aus diesem Grund stellte sich für mich nie die
Frage, ob ich alles hinschmeissen will. Ich will noch lange leben,
aber die ganze Reiserei ruiniert mein Leben. Die Klimaanlagen,
speziell diejenigen in den Flugzeugen, killen meine Stimme. Ansonsten ist
alles fantastisch (lächelt zufrieden).
MF: Wieso habt ihr Magnum kurzeitig beendet?
Bob: Das war 1995. Wir hatten alles erlebt, spielten in den
grössten Hallen, waren in den Charts auf dem zweiten Platz. Aber
wir liessen uns in eine falsche Richtung drängen, der Support ging
verloren und unser Manager war plötzlich weg. Er war nirgends mehr
zu finden, und wir wollten weitermachen (grinst). Wie viele andere
Bands wollten wir wachsen und nicht stehen bleiben. Plötzlich wurde
alles kleiner und kleiner und ging in die falsche Richtung (lacht).
Die Videos von uns wurden nicht mehr im TV gespielt. Die Rockcharts
verschwanden und es schien, als gäbe es keinen Platz mehr für
Magnum. Wir spielten nicht mehr in den «Top Of The Pops» (grinst).
Das ging aber allen Bands so, nicht nur uns! Mitte der Neunziger gab
es keinen Platz mehr für Rockmusik und schon gar nicht mehr für all
die grossen Rockproduktionen. Die Mode wechselte und dies nicht nur
in England, sondern auf der ganzen Welt.
So sagten wir:
«Forget it!» (lacht). Tony und ich veröffentlichten das Debütalbum
von Hard Rain. Mit Liedern, die eigentlich für das nächste
Magnum-Album gedacht waren. Aber da Magnum nicht mehr existierten,
verwendeten wir die Songs für Hard Rain. Was sich änderte war, dass
wir dem Rock'n'Roll wieder mehr Platz einräumten. Man spürte noch
immer den Magnum-Kern, aber mit einem stärkeren Hang zum Rock.
Damals trat Al Barrow in unser Leben, der bis heute der Bassist von
Magnum geblieben ist. Neuerdings lebt er in den Staaten (hahaha!).
Ja, er zog kurz vor Weihnachten um und ist sehr glücklich dort mit
seiner Frau. Mit Hard Rain veröffentlichten wir zwei Alben. Heute
kann ich mich mit den Beiden nicht mehr so identifizieren. Da stehe
ich näher bei meinen Soloalben, welche auf die beiden Hard
Rain-Scheiben folgten. Heute verfolge ich musikalisch genau das, was
ich immer machen wollte und kann glücklicherweise alle meine
Rechnungen damit bezahlen. Auch wenn wir nicht mehr so viele Alben
wie in den 80er-Jahren verkaufen, aber von Scheibe zu Scheiben
steigern sich die Verkäufe und wir können auf eine gesunde Fanbasis
bauen. Nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt.
MF: Was fasziniert dich heute noch an der Musik, und
was treibt dich an, weiterhin Musik zu machen?
Bob: Ich liebe die Musik, die Emotionen und die Texte. Es
ist faszinierend mit Wörtern zu spielen. An Ende des Tages bin ich
ein Musik-Fan. Oh, ich liebe Elvis, Tom Jones und die nachfolgenden
Rock-Bands. Ich wechselte vom Elvis-, zum Cliff Richard-, Tom
Jones-, bis zum Ronnie James Dio-Fan. Oder Steve Perry von Journey.
Das sind alles fantastische Sänger, die mich anregen und motivieren.
All diese Shouter habe ich in mir vereint und hier bin ich. BOB
CATLEY (lacht). Das ermöglicht mir alle die Dinge zu tun. Im Ernst
(lachend), ich kann nicht alles tun! Ich hoffe es, aber ich erzähle
völligen Blödsinn (lacht). Aber! Ich singe und stehe gerne auf der
Bühne und unterhalte die Konzertbesucher. Ein guter Entertainer ist
ebenso wichtig wie ein guter Sänger zu sein. Stehe ich nicht auf der
Stage, bin ich ein ganz normaler Typ. Musik ist eine wundervolle,
energiegeladene und mystische Geschichte, die Menschen
zusammenbringt… Hoffentlich (grinst). Musik kann dein Leben
verändern. Zumindest mein Leben hat es drastisch verändert. Es ist
nicht «the power of love, it's the power of music» (lacht). Lass
alles zusammenfliessen und du führst ein grossartiges Leben. Ab und
zu wirst du auch damit deine Rechnungen zahlen können (lacht). Geld
ist aber nicht alles! Die Motivation ist, dass ich weitermachen
will. Alles was ich habe, will ich zusammen halten. Ich arbeite mit
wundervollen Musiker zusammen, was kann es Schöneres geben? Das will
ich nicht verlieren und bitte, lasst mich dies für immer geniessen.
MF: Konntest du all deine Träume mit der Musik
verwirklichen?
Bob: Mein Traum war es in einer Band zu spielen. In den
60er-Jahren wollte ich wie Mick Jagger sein (grinst). Genau,
zuerst Elvis, dann Mick und dann Tom Jones (grinst). Mick war so
dreckig, genau so wollte ich auch sein. Diese schreienden Mädchen
wollte ich um mich haben (lacht). Diesen Rock'n'Roll-Traum leben,
mit all seinen Schattenseiten. Das war nicht meine Motivation, aber
ein Traum, das Gleiche wie Mick zu erleben. Aber, ich war nicht Mick
Jagger (lacht), und das war auch gut so. Mit der Zeit veränderten
sich die Träume. Ich wollte sehen, wie meine Kinder aufwuchsen und
heute freue ich mich, wenn mich meine Grosskinder besuchen. Dieses
Familien-Ding ist ganz wichtig und hält alles am Laufen. Hätte ich
dies nicht erleben dürfen, wäre ich wohl «in the depths of hell»
aufgewacht (lacht). Heute träume ich davon meine Kinder und meine
Grosskindern wieder zu sehen.
MF: Welches war deine
erfolgreichste Zeit?
Bob: Klar mit Magnum. Das begann mit «On A Storyteller's
Night». Mitte der 80er-Jahre wurden wir kommerzieller. Vielen
hat dies nicht gepasst, aber es öffnete für uns neue Türen. Die
Türen der Welt und verschloss jene zu den «depths of hell» (lacht).
Mit «Vigilante» und «Wings Of Heaven» wurden wir grösser und
grösser. Roger Taylor hat uns damals in den Mountain Studio in
Montreux produziert. Mister Taylor, der Schlagzeuger von Queen,
vollbrachte einen grossartigen Job. «Thank you Mister Taylor!» Mit
«Wings Of Heaven» fanden wir uns fast auf Platz 1 in den Charts. Es
war nur Platz 2, aber absolut okay! Wir spielten in grossen Arenen
und in Amerika zusammen mit Ozzy Osbourne (grinst). Wow, es war
unglaublich und fantastisch, da wir vorher nie in den Staaten
auftraten. Wir blieben in Amerika und spielten zusammen mit Keith
Olsen 1990 in den Goodnight Studios, «Goodnight L.A.» ein. Das war
die Periode, in der wir wirklich sehr gross waren. Momente, an denen
wir die gleiche Halle dreimal hintereinander ausverkauften. Das
Geld wurde fürstlich verteilt. «One for the band, two for the crew»
(grinst). Vielen Bands ging es gleich, schwammen auf dieser
Erfolgswelle und reisten mit unzähligen Bussen in der Weltgeschichte
herum. Der Support von den Firmen war gross, das war unsere
erfolgreichste Zeit. ABER! Ich kann mich gar nicht mehr an alles
erinnern (lacht). Da bin ich zu ehrlich. Heute geniesse ich die Zeit
mit Magnum intensiver. Wir sprechen mehr miteinander als früher. Sei
es wenn wir neue Lieder schreiben, im Studio sind, oder auf Tour
gehen. Die Songs sind nach wie vor brillant. Gehen wir auf Tour, sind
die Daten kompakter als früher. Das geht vielen Bands auf dem
gleichen Level so. Das war der Weg, wie sich das Geschäft
entwickelte und wie es sich heute präsentiert. Zumindest leben wir
noch immer und können neue Alben veröffentlichen sowie touren. Klar,
Avantasia ist eine völlig andere Geschichte. Wir geniessen dabei
sehr schöne Hotelzimmer (lacht). Besten Dank Tobi! Er ist ein sehr
netter Typ und ein guter Freund von mir. Tobi ist ein Magnum-Fan und
unsere Musik ist in seinem Herzen. Darum bin ich sehr glücklich, ein
Teil dieser Avantasia-Tour zu sein.
MF: Vermisst du die Zeiten, als ihr das Hammersmith
Odeon gleich dreimal hintereinander ausverkauft habt?
Bob: Nei...n, ja, es war eine tolle Zeit. Es war nicht nur
diese Hammersmith-Geschichte, es gab viele andere Orte, an denen uns
unzählige Leute besuchten. Ich trauere dieser Zeit aber nicht nach.
Ich mag, was wir heute noch immer tun können, auch wenn die Clubs
kleiner geworden sind. Ich geniesse was wir haben und hoffe, dass wir
diese Reisen noch lange geniessen können! Würden wir nochmals das
Hammersmith dreimal ausverkaufen, wäre dies grossartig. Aber ich
weine diesen Zeiten nicht nach. Ich weiss, was wir noch immer haben,
und oftmals ist dies besser, als Dasjenige aus der Vergangenheit. Ich
bin glücklich mit dem was ich habe!
MF: Ist das neue Album «Sacred Blood Divine Lies» das beste Album,
das ihr jemals kreiert habt?
Bob: YES, weil es das letzte ist (lautes Lachen)…
MF: …oder das kommende…
Bob: …ja, genau das nächste. Du weisst es doch genau, das
nächste wird alles übertreffen und in den Schatten stellen (lacht).
Es ist immer das Neuste, welches das Beste ist. Das liegt nicht
immer an den Songs, sondern an den besseren Produktionen. Mit den
heutigen Technologien hat man viel mehr Möglichkeiten als früher.
Die Lieder sind noch immer fantastisch, aber mit den technischen
Möglichkeiten erstrahlen sie in einem druckvolleren und
dynamischeren Licht. Pack alles zusammen, und du bekommst automatisch
ein besseres Album, als er der Vorgänger war. Das soll nicht
bedeuten, dass «On A Storyteller's Night», «Vigilante», «Wings Of
Heaven» oder «Goodnight L.A.» schlechte Alben waren. Ich liebe
diese Scheiben noch immer. Ich liebe auch unsere Akustik-Scheibe
«Keeping The Nite Light Burning». Also, kauft alle unsere alten
Sachen (lacht)!
MF: Du hast ein neues Album veröffentlicht, bist
jetzt mit Avantasia auf Tour und es geht gleich weiter mit Magnum.
Wo lädt Bob seine Batterien wieder auf?
Bob: Wahrscheinlich werden sie Ende August ziemlich am
Boden sein (grinst). Danach werde ich sie wieder aufladen. Tony
arbeitet gerade an neuen Liedern, und wenn alles klappt, werden wir im
Spätsommer wieder ins Studio gehen. Auf dieser Tour habe ich eine
spezielle Ladestation für meine Batterien (lacht) im Bus dabei. Es
gibt viele Dinge, die mir gut tun. Ich bin stolz auf das, was ich
tue. Aus diesem Grund können die Batterien warten (lacht). Oder ich
stecke mich heute Abend an der Ladestation im Bus ein (grinst). Ja,
ich bin in diesem Jahr sehr beschäftigt, und das wird sich
wahrscheinlich bis nächstes Jahr hinziehen. Vielleicht können wir
noch ein paar X-Mas-Shows spielen dieses Jahr. Hoffentlich! Das ist
der Plan. Was sich davon verwirklichen lässt, werden wir sehen und ob es
meine Energie zulässt. «I know nothing!» Ich liebe, was ich mit
Magnum tue und die Weihnachtsshows waren für uns immer etwas
Spezielles. 1991 haben wir eine gefilmt, da war meine Tochter gerade
mal sechs Jahre alt. Heute ist sie 31… Die Zeit vergeht (grinst).
Wir veröffentlichten von dieser Show eine DVD, dies gleich viermal.
Also Leute, passt auf, dass ihr nicht das Gleiche mehrmals kauft
(grinst).
MF: Was war für dich in der Vergangenheit wichtig,
und was ist es heute?
Bob: Was war wichtig in der Vergangenheit? Puh… Keine
Ahnung. Ich versuche eine nette Person zu sein (grinst). Kein
Arschloch! Dabei versuche ich die Menschen zu respektieren. Ich
liebe meine Familie, meine Mutter und meinen Vater, die leider nicht
mehr bei mir sind. Ich geniess mein Leben, versuche dabei nicht zu
hart zu arbeiten (lacht), und aus diesem Grund bin ich dieser Band
beigetreten (lautes Lachen). Ich weiss es wirklich nicht… Das Leben
ist wichtig. Sei ein guter Mensch. Ja, das ist die wichtigste Sache!
Gehe in die Welt raus, mache deine Erfahrungen und lerne daraus!
Liebe und geniesse dein Essen und auch deine Drinks (lacht). Erspare
dir eine «to do» Liste, sonst bist du im Alter nur verärgert über
all die Dinge, welche du nicht erledigt hast! Erfreu dich an den
Dingen, die du erlebt hast! Nimm deine Möglichkeiten wahr und
vergiss nicht, dass es sehr gefährlich ist in einer Band zu spielen
(grinst). Das ist lange nicht so leicht, wie alle es zu glauben
wissen. Aber wenn du liebst, was du machst, kann es nicht so
schlecht sein.
MF: Besten Dank für das Interview.
Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft und noch viele, viele
Jahre mit Magnum.
Bob: Ich danke dir für das nette Gespräch.
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