Interview: Motörhead
By Tinu
Wer kennt den blonden Schlagzeugderwisch aus Schweden nicht? Mikkey Dee (MD), der zuerst bei den ersten King Diamond-Scheiben in Erscheinung trat, dann mit Don Dokken und so namhaften Musikern wie John Norum (Europe, Dokken) und Peter Baltes (Accpet) die Scheibe «Up From The Ashes» aufnahm, um dann in den Schoss von Motörhead zu fallen und dort der Band den benötigten Arschtritt zu verpassen. Mister Dee ist aus der Formation von Lemmy nicht mehr wegzudenken und der Nordländer hat ein ebenso grosses Mitspracherecht, wie Mister Kilmister oder Phil Campbell bei Motörhead. Vor dem Konzert in Winterthur, sass mir gut gelaunt ein lockerer, ruhiger und auskunftsfreudiger Musiker gegenüber.

MF: Ihr habt ein neues Label mit EMI. Wie kam es dazu?

MD: Ja, du weisst sicher, das unser alter Partner SPV in letzter Zeit Schwierigkeiten hatte. Unser eigenes Label heisst Motörhead Music. Wir arbeiten nun mit EMI zusammen und hoffen, dass diese Zusammenarbeit genau so gut wird, wie die letzten 16 Jahre.

MF: Welche Erwartungen habt ihr an EMI?

MD: Verdammt viele! Aus dem einfachen Grund, weil sie noch immer eine sehr grosse Company ist. Wenn wir tun können, was wir in den letzten 20 Jahren getan haben zusammen mit einem kleineren Label, dann erwarte ich von EMI, dass sie uns auf das nächste Level heben werden. Dies in einer guten Zusammenarbeit mit uns. Es dauerte eine Zeit, bis wir begriffen, dass SPV eine Art Familie ist. So ist es leicht eine gute Zusammenarbeit aufzubauen. All die anderen grossen Labels, bei denen wir vorher unter Vertrag standen, verstanden nie die Art, wie mit Motörhead zu arbeiten ist. Das führte immer wieder zum Bruch und zu Zusammenstössen. Eine schreckliche Situation, die fast die Band tötete. Ich schau vorwärts zu einer hoffentlich positiven Zusammenarbeit mit den neuen Leuten. Sie haben mir nun zu beweisen, was wir ihnen schon bewiesen haben. Wir haben ihnen ein sehr gutes Produkt geliefert und ich erwarte nun von ihnen, dass sie ihre Arbeit verrichten. Tun sie das, steht uns eine tolle Zukunft bevor.

MF: Was hat sich denn mit EMI für euch schon verändert?

MD: Noch nichts (lacht). Das ist aber auch noch zu früh, um darauf antworten zu können. Treffen wir uns in einem Jahr wieder und du stellst mir die gleiche Frage, dann werde ich versuchen dir sagen zu können: «...this is good, this is good and this is SCHEISSE and this is SCHEISSE!» Heute kann ich dir das aber noch nicht beantworten. Das Album ist soeben erschienen und wir haben noch keine Ahnung, wie sie mit dem Werk arbeiten. Aber es schaut gut aus. Denn, wir haben eine tolle neue Platte und viele Leute sind daran interessiert. Es fühlt sich also nicht an, als würde die schlechteste Truppe ein Scheiss-Album auf den Markt schmeissen (lacht), das du nicht mal für einen Euro verkaufen kannst.

MF: Wie wichtig ist es für euch, heute noch ein Album zu veröffentlichen?

MD: Überhaupt nicht (lacht). Klar, es ist toll Neues zu erarbeiten und zu kreieren. In Wirklichkeit müssen wir eine neue Platte machen. Alleine für uns selbst. Es ist nicht wahnsinnig wichtig, aber es fühlt sich unheimlich gut an, etwas Frisches, Neues zu gestalten. Auch wenn fast jedes Jahr ein neues Album von uns das Licht der Welt erblickt (lacht). Aber, soweit so gut. Es scheint, dass wir noch immer gutes neues Material schreiben. Zudem scheint dies die Welt noch immer zu interessieren, wenn wir etwas Neues veröffentlichen. Zumindest wurde «The Wörld Is Yours» an allen Orten bestens aufgenommen und wir bekamen durch die Band gute bis sehr gute Reviews.

MF: Eure Setliste ist mehr oder weniger mit den alten Klassikern gefüllt. Wie sinnvoll ist es da noch ein neues Werk zu kreieren? Da fehlt doch der Platz um das Neue zu präsentieren.

MD: Wir spielen zwei neue Lieder. Dabei versuchen wir immer einen guten Mix aus alten Klassikern und neuen Hits zusammenzustellen. Wir haben ein ganz junges Publikum und alte Jungs wie ich es bin (lacht). Insgesamt kommen an unsere Konzerte vier Generationen. Somit müssen wir für jede etwas spielen. Sehen wir, dass die Setliste funktioniert und die Balance stimmt, dann haben wir Einiges richtig gemacht. Dabei können wir nicht allzu viel verändern, sondern nur einen kleinen Teil.

MF: Wie schwierig ist es eine Setliste für die Tour...

MD: ...unglaublich schwierig! Wir haben zu viele Platten veröffentlicht (lacht)...

MF: ..dabei bleiben aber Lieder von «Overnight Sensation» oder «Sacrifice» auf der Strecke...

MD: ..ich verstehe dich, aber ich könnte viele andere Fragen und die vermissen nochmals andere Tracks. Sag mir dann, welche Lieder wir weglassen sollen. Keine? Hey, wir können keine sechs Stunden auf der Bühne stehen. Wir haben die Entscheidung getroffen eine gute Mischung zu treffen. Zu 99.99 % passte dies perfekt zu den Vorstellungen der Fans.

MF: Wie wichtig ist es für dich ein Mitglied von Motörhead zu sein?

MD: Das ist eine recht seltsame Frage. Es ist nicht unbedingt wichtig, denn als wichtig erachte ich es in einer Band zu sein, in der ich es geniessen kann zu spielen. Zu geniessen mit den anderen zu spielen und neue Lieder zu schreiben. Seit ich fünf Jahre alt bin spiele ich Schlagzeug... Würdest du mich fragen, wie wichtig es ist zu essen, dann müsste ich dir zustimmen, dass es Lebenswichtig ist. Oder wie wichtig es ist zu schlafen. Würde ich das nicht tun, würde ich durchdrehen. Ich will Schlagzeug spielen und dies in einer Band. Aber! Ich muss die Truppe mögen, das ist der wichtige Punkt. Ist dies nun Motörhead oder etwas anderes? Das spielt keine Rolle. Persönlich möchte ich nur Schlagzeug spielen, Songs schreiben und das Ganze auf der Bühne gut performen. Das ist ein Teil meines Lebens und ein Teil von mir.

MF: Machst du dir denn Gedanken über das Ende von Motörhead, in Anbetracht dessen, dass die Scorpions und Judas Priest auf ihrer Abschiedstour sind oder sein werden?

MD: Nein (vehement)! Es wird einmal das Ende kommen für Motörhead, wenn 1) uns niemand mehr hören will, 2) ich morgen einen Autounfall haben sollte und dabei beide Arme verliere. Als Beispiel. Es kann aber auch sein, dass eines Morgens ich mir das nicht mehr antun will. Aus welchen Gründen auch immer. Schon ein paar Mal dachte ich, ich werde verrückt. Wollte nicht mehr auf Tour gehen. Aber 20 Minuten später, war das schon wieder Schnee von gestern (lacht)! Alles war wieder normal und ich trank ein Bier (lautes Lachen). Aber ich kann verstehen, dass einige Musiker das Interesse verlieren. Sie waren nicht mehr glücklich und konnten sich nicht mehr vorstellen, diesen Scheiss zu machen. Hatten keinen Spass mehr am Gitarrenspielen und an der eigenen Combo. Das ist aber nicht bei Phil, Lemmy und mir so. Aber, das kann jedem passieren, dass du am Morgen aufstehst und auf einmal alles ändern willst. Bist du Arbeitnehmer, Sportler, Musiker, Künstler, oder betrifft es dein Hobby. Für die Zukunft kann ich nicht sprechen. Momentan liebe ich noch immer was ich tue.

MF: Du hast mit King Diamond, Don Dokken und nun mit Motörhead gespielt. Für dich selber, welches waren die Unterschiede?

MD: Da gibt es sehr viele Unterschiede. Die Musik unterscheidet sich... Das waren auch unterschiedliche Zeitabschnitte. Als ich jung war, konnte mir nichts besseres als King Diamond passieren. Jeder Wechsel geschah dann zum richtigen Zeitpunkt. Ich hatte viel Glück mit meinen Entscheidungen. King Diamond war perfekt, dann spielte ich eher Musik aus dem Mainstream-Bereich. Dafür war Don Dokken erneut die perfekte Truppe. Nach einigen Jahren begriff ich, dass mein Herz eher bei härterem Material liegt und Lemmy hat mich angerufen. Das war erneut der perfekte Zeitpunkt.

MF: Dann wünsche ich dir weiterhin viel Glück und viele perfekte Momente.

MD: Die wünsche ich dir auch. Danke für das Gespräch (lachend).