Mit deutscher
Gründlichkeit Alice Cooper zufrieden stellen.
Bassist Mat Sinner und Gitarrist Alex Beyrodt sind umtriebige Musiker,
die sich immer wieder zusammen finden, um Sinner, Voodoo Circle, Silent
Force oder sich, wie gerade aktuell, für Primal Fear und „Rock Meets
Classic“
zu engagieren. Die beiden liefern dabei immer Qualität ab. Bevor Mat
und Alex zusammen mit Alice Cooper, Marc Storace und Joe Lynn Turner
das Orchester ins Gepäck packen und unter dem Namen „Rock Meets
Classic“ auch am 23. März 2014 im Hallenstadion in Zürich gastieren,
ging es mit Primal Fear und dem neusten Streich „Delivering The Black“
auf Reisen. Dies mit dem Bewusstsein, dass Mat Sinner im Dezember noch
ein paar Sinner-Shows absagen musste. Die Gründe, wie vieles mehr,
könnt ihr im folgenden Interview mit Mat und Alex nachlesen.
MF: Die Sinner-Konzerte vom Dezember mussten abgesagt werden. Was war
der Grund dafür?
Mat Sinner: Kurz vor der Tour wurde bei mir eine
Schleimbeutelentzündung diagnostiziert, die auch die Sehne in
Mitleidenschaft zog. Das hat zu heftigen Schmerzen geführt. Es war
unmöglich, so auf Tour zu gehen. Jetzt mit einem Abstand von vier
Wochen
ist alles okay. Also..., ich denke da nicht nach. Die Primal Fear-Tour
muss stattfinden, da muss man durch. Es geht nahtlos weiter. Proben für
„Rock Meets Classic“ und dann gehts da auch schon auf Konzertreise. Da
gibt es keine Pause.
MF: Thema „Rock Meets Classic“. Wo findest du immer diese Sänger?
Mat Sinner: Diese Arbeit geht über ein Jahr. Seit
Monaten bestehen Gedanken, Ideen und Listen. Diese werden akribisch
abgearbeitet. Sauber! Korrekt und sachlich! Deutsch (lacht).
Alex Beyrodt: Mit Ian Gillan auf der Bühne zu stehen, war für mich ein
absolutes Highlight. Den Traum habe ich nie geträumt. Dass sowas
tatsächlich stattfinden könnte, daran denkt man nicht, wenn man beginnt
Gitarre zu spielen. Arbeitet man lange und hart genug und gibt nicht
auf, ist das eine super Entlöhnung für alles. Jedes Jahr aufs Neue, da
sind immer wieder tolle Sänger dabei. Letztes Jahr zusammen mit Paul
Rodgers auf der Stage zu stehen, war ein weiteres Highlight. Man kann
nur den Kopf schütteln, wie geil das ist. Dieses Jahr wird für mich Joe
Lynn Turner der Höhepunkt sein. Ganz klar! Du weisst warum (lachend).
Aus diesem Grund freue ich mich wahnsinnig darauf.
MF: Gibt es noch Wunschkandidaten mit denen ihr gerne „Rock Meets
Classic“ spielen würdet? Coverdale...
Mat Sinner: ...ganz klar. Wobei es schwierig ist.
Ein Sänger wird mit der Band identifiziert, in der er spielt. Mit der
will er auch auftreten, anstatt ein Projekt mit uns zu realisieren. Wir
verhandeln mit Gott und der Welt und werden sehen, welche Sänger 2015
mit uns auf der Bühne stehen werden. Sicher wird sein, dass wir ein
spannendes Lineup zusammen kriegen werden.
MF: Welche drei Sänger wären für euch die Wunschkandidaten?
Mat Sinner: Phil Lynott,
Gary Moore und Jimi Hendrix... (lacht) - Darüber mache ich mir
überhaupt
keine Gedanken. Die Verhandlungen laufen mit vielen, vielen Künstlern,
die du auch kennst. Zu sagen, das ist mein Lieblings-..., da machst du
dich
verrückt. Möchte ich David Coverdale dabei haben, laufen die
Verhandlungen
über drei bis vier Mal und es ist keine Einigung in Sicht. Wieso
soll ich mich da verrückt machen lassen? Das ist nicht der Punkt. „Rock
Meets Classic“ geht zum fünften Mal auf Reise. Wir müssen für unser
Publikum, das wir mittlerweile kennen, einen schönen Querschnitt
machen, der sich musikalisch voneinander unterscheidet. Das ist auch
das Schwierige. So viele Leute unter einen Hut zu bekommen. Wir wollen
ein tolles, attraktives Programm auf die Beine stellen.
MF: Plant ihr eine Live-DVD aufzunehmen?
Mat Sinner: Das ist unmöglich. Weil..., zu viele
Manager, zu viele Verlage, zu viele verschiedene Plattenfirmen. Das
kriegst du nicht unter einen Hut, ohne ein grandioses Minus zu machen.
MF: Ihr zwei seid sehr umtriebig und macht unzählige Dinge zusammen.
Primal Fear, Sinner, Voodoo Circle, Silent Force und „Rock Meets
Classic“. Wie kommt es, dass es mittlerweile so viel ist?
Mat Sinner: Wir wissen, was wir an uns haben und
können uns aufeinander verlassen. Es macht Spass, mit dem anderen
zusammen Musik zu spielen. Geschäftlich wie auch menschlich kann ich
mich auf Alex verlassen und er sich auf mich. Das ist unsere Grundlage,
um Musik zu machen. Jede von dir genannte Gruppe unterscheidet sich von
der anderen. Sollte sich dies jemals überschneiden, dann macht das
Ganze auch keinen Sinn mehr. Momentan können wir die einzelnen Bands
sehr gut trennen. Dabei werden Prioritäten gesetzt.
Alex Beyrodt: Dem kann ich wenig dazu führen (lachend). Mat und ich
kennen uns nun schon viele, viele Jahre und wissen, was wir aneinander
haben. Wir stehen nicht nur gemeinsam auf der Bühne, sondern sind auch
privat zusammen. Telefonieren wir, gehts primär nicht nur um Musik,
sondern um Privates, wie unsere Hunde. Mat zählt zu meinen besten
Freunden. Das ist eine ganz andere Basis, als wenn man nur zusammen
Musik spielt. Die Zeit (nach Sinner und als Aushilfsgitarrist von
Primal Fear), in der ich mein eigenes Ding machte, war wichtig. Damals
als alleiniger Gitarrist bei The Sygnet und dann bei Silent Force. Da
konnte ich mich finden und kümmerte mich um alle Dinge selber. Auch in
geschäftlichen Angelegenheiten bekam ich viel Einblick. In der Zeit
merkte ich, wo meine Stärken, aber auch meine Schwächen liegen. Umso
schöner war es dann, als wir ein paar Jahre später wieder
zueinander fanden.
MF: War es dann auch klar, dass dich Mat bei der neuen Silent Force
unterstützen würde?
Alex Beyrodt: Ganz klar, das stand für mich nie
zur Frage. Das macht musikalisch, menschlich und geschäftlich Sinn.
Michael Bormann ist ja eigentlich der Ursänger von Silent Force. Damals
hiess die Truppe einfach noch The Sygnet. Das zweite Album von The
Sygnet, was so nie erschienen ist, wurde das Debüt-Album von Silent
Force (lachend). Da existieren noch Demos, auf denen Michael als Sänger
zu hören ist. Ich habe DC Cooper kontaktiert, ob er wieder mit uns
musizieren will. Seine Vorstellungen waren leider nicht realistisch.
Deshalb haben wir uns getrennt. Dieses Jahr wird es sicherlich keine
Tour mit Silent Force geben. Unser Terminkalender ist mit Primal Fear
und „Rock Meets Classic“ gefüllt. Da ist leider keine Zeit für etwas
anderes.
Mat Sinner: Das ist natürlich auch ein Kompromiss, der an solche
Projekte gestellt wird. Irgendwann muss sich eine Band als Haupttruppe
heraus kristallisieren. Das erfordert Kraft. Diese Combo wird von uns
nicht nur auf einer Arschbacke vorangetrieben. Jeder, der fünf Wochen
in
Amerika getourt hat, weiss, wie anstrengend das ist. Jeder, der Bock
hat
eine „Rock Meets Classic“-Tour zu begleiten, weiss, dass dies kein
Kinderspiel ist. Mit Alice Cooper auf der Bühne zu stehen, bedeutet
jeden Abend an die Grenze deiner Qualitäten zu gehen. Du musst jeden
Abend „delivern“. Spielst du an einem Abend einen absoluten Scheiss,
kassierst du Blicke, die du nicht sehen willst. Mit diesem Druck musst
du umgehen können. Da stehst du mit der „crème de la crème“ auf der
Bühne. Ein Paul Rodgers, der als schwieriger Zeitgenosse gilt, weil er
eine unglaubliche Qualität fordert und dir nach drei „Rock Meets
Classic“-Shows auf der Bühne zulächelt, ist die grösste Anerkennung,
die du kriegen kannst. Wenn Ian Gillan zum zweiten Mal mitspielt, sich
selber anbietet und sich darauf freut. Du stehst mit ihm auf der Bühne,
beginnst „Highway Star“ zu spielen und Gillan lächelt dir zu. Das ist
die Anerkennung für uns beide. Darauf haben wir lange, lange
hingearbeitet.
Bekommt Primal Fear aus der ganzen Welt Angebote zu touren, ist das
eine Anerkennung für die Band. Wir spielen in Kanada, Amerika, in fast
jedem Land in Südamerika, Japan, Australien, Russland, in ganz
Mitteleuropa und England. Was will eine Truppe denn mehr?
Natürlich gibt es Tage, an denen der Gig scheisse war. Ein technisches
Problem, dass der eine den anderen angeschnauzt hat, weil irgendwas
war...,
aber! Das ist das Leben, das wir uns ausgesucht haben. Andere müssen
bei McDonalds das Klo putzen, aber das wollen wir nicht. Wenn du im
Musikbusiness so erfolgreich bist, hast du nichts zu meckern, sondern
dich zu freuen! Trotzdem gibt es Fans, die du nie befriedigen kannst,
weil sie eine Silent Force-Tour fordern. Den Erfolg, den wir mit Primal
Fear auf der ganzen Welt haben, können wir mit Sinner, Voodoo Circle
und Silent Force gar nicht realisieren. Weil die Angebote nicht
dementsprechend sind, dass sich die ganze Reise finanziell realisieren
lässt. Du musst hart verhandeln, um überhaupt das Ganze finanziell auf
die Strasse bringen zu können. Wir sind Vollprofis, müssen aber auch
die
Versicherungen bezahlen und den Kühlschrank zu Hause füllen können.
Darum
müssen wir vorsichtig genug kalkulieren, um zu wissen, wo wir Geld
verdienen können.
MF: Wo seht ihr selber das neue Primal Fear-Album in der Geschichte von
Primal Fear?
Mat Sinner: In der Wertigkeit ist „Delivering The
Black“ ziemlich hoch angesiedelt. Wir hatten den Mut, unseren normalen
Weg zu verlassen und einen neuen zu gehen, also zum Beispiel auch
jemand
anderen das Album mischen zu lassen. Das Ergebnis und das Feedback
deiner schreiberischen Kollegen..., es war immer ein zwiegespaltenes
Schwert. Dem einen waren wir zu normal, den anderen zu hart, den
dritten zu laut, den vierten zu schnell. Dieses Mal ist das Feedback
durchs Band überragend. Mal sehen, was daraus wird. Ich denke, es
könnte eines unserer erfolgreichsten Alben werden. Verkaufen wir mit
„Delivering The Black“ genau gleich viele CDs wie mit dem Album, das
vor zehn Jahren veröffentlicht wurde,
dann haben wir in der heutigen Zeit etwas erreicht. Diese zehn Jahre
haben anderen Künstlern weh getan. Primal Fear existieren seit 15
Jahren
und haben zehn CDs veröffentlicht. Sollten wir mit „Delivering The
Black“ unser erfolgreichstes Werk veröffentlichen, wäre das eine brutal
grosse Anerkennung. Es kann sein, dass wir in Amerika unsere
Verkaufszahlen verdoppeln. Was folgt, ist eine grosse US-Tour. Das hört
sich alles gut an und am Ende des Jahres wird Bilanz gezogen und
zusammengezählt. Dann wird gejubelt oder gejammert. Zwischendrin
gibts nichts (lacht)!
MF: Kommen wir noch zu Sinner. Hört man sich die neueren
Studio-Scheiben an, weisen die eine starke Thin Lizzy-Schlagseite auf.
Sind das deine Wurzeln?
Mat Sinner: Die Band Sinner ist das, auf was wir
Bock haben. Sonst kann ich es sein lassen. Mit dieser Truppe muss ich
nichts erzwingen und habe nicht das Ziel, den Metal-Olymp zu erzwingen.
Ich will mit meinen Jungs ins Studio gehen, Bock auf sie und die Songs
haben. Das ist Sinner. Erscheint die nächste CD erst 2017, dann ist das
scheissegal.
MF: Das Spektrum von Sinner war immer sehr breit. Von melodiösen Sounds
wie „Dangerous Charme“ bis hin zu ganz harten Scheiben war alles
vertreten...
Mat Sinner: ...man muss dazu sagen, dass wir ab
1996 mit „Judgement Day“ bis zu „The Nature Of Evil“ eher
anspruchsvollen Metal komponierten. Songs wie „Devil’s River“, „A
Question Of Honor“ oder „Judgement Day“. Das war damals eine ganz klare
Entwicklung in die Metal-Richtung hin zu Primal Fear. Da gibt es eine
Platte in der Historie, die ich obergeil finde, aber stilistisch an
einem Punkt angelangt war, wo ich sagte: „...das bringt nichts...“
„There
Will Be Execution“, die könnte auch von Primal Fear sein. Die Scheibe
ist vom Sound und den Songs der Hammer. Das könnte aber eine Primal
Fear-Scheibe sein mit einem anderen Sänger. Das sind Dinge, bei denen
ich finde, das brauche ich nicht. Für meinen Kopf war dies eine
Initialzündung. Stop! Das ist die Grenze. Entweder ich brauche keine
Primal Fear mehr, oder ich benötige keine Sinner, die so klingen wie
Primal Fear. So besann ich mich zurück an die Wurzeln der Band. Sinner
wurde von da an eine Combo, mit der ich nur noch mache, auf was ich
gerade Bock habe. Das Einzige, wieso ich diese Truppe am Start habe,
ist
die Freude an der Sache. Diesen leichten schottischen, irischen Touch
mit mehreren Gitarren und Melodien, die mir gefallen. Mir ist
aufgefallen, dass die letzte Black Star Riders Single so klang, wie die
letzte Sinner Single. Die könnens also auch nicht besser. Sinner ist
ein
Hobby von mir. Primal Fear ist hartes Business..., weltweit!
MF: Dann wünsche ich euch weiterhin viel Spass mit all euren Bands und
viel Erfolg.
Mat Sinner: Besten Dank...
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