Interview: Primal Fear

By Tinu
 
Immer sich selber bleiben.



Mit den neuen Album «Rulebreaker» grüssten Primal Fear nicht nur bei uns von der Spitzenposition der CD-Reviews. Das neue Werk ist auch ein Brecher, wie man sich dies von einem Metal-Album wünscht. Ein wichtiger Bestandteil der Truppe ist Ralf Scheepers, der mit seiner Stimme nach wie vor den Sound der Schwaben prägt. Einer, der über Tyran Pace, Gamma Ray und fast als Nachfolger von Judas Priest bei Primal Fear landete. Wie es zum neuen Album gekommen ist und wie Ralf zu Trends im Allgemeinen oder im Metallischen steht, verrät uns der äusserst nette Shouter im folgenden Gespräch.

MF: Kompliment zum neuen Album…

Ralf: …Dankeschön (grinst zufrieden)…

MF: …ist bei uns Platte des Monats geworden…

Ralf: …freut uns sehr…

MF: …wie wichtig sind für dich noch solche Platzierungen?

Ralf: Das ist eine Bestätigung für die Arbeit! Es freut uns sehr, wenn das Album draussen gut ankommt. Wie gesagt eine Bestätigung für das Herzblut, die Mühe und die Stunden, die man in etwas investiert. Wir haben sechs bis sieben Monate an der neuen Scheibe gearbeitet. Da wir gute Songwriter in der Band haben, geht das Erarbeiten der neuen Lieder recht locker von der Hand. Wir haben fünf aktive Schreiber in der Band. Aus diesem Grund sind wir vielleicht etwas besser aufgestellt als andere Truppen (grinst).

MF: Wie wichtig ist es für dich noch neue Songs zu schreiben? Die Plattenverkäufe gehen den Bach runter…

Ralf: …das bedeutet aber nun nicht, dass ich in einer Coverband spielen muss (lacht). Das ist wichtig für uns… Ich spreche immer von uns, weil alleine kann ich nichts machen, ausser auf einem Soloalbum. Aber auch da bin ich abhängig von anderen Musikern. Neue Musik zu kreieren finde ich sehr wichtig! Dadurch kann ich mich auch ausdrücken. Das muss nicht nur textlich sein, sondern künstlerisch und musikalisch.

MF: Ist das neuste Werk auch immer das Beste?

Ralf: Ganz genau (grinst)! Es gibt immer verschiedene Faktoren, wieso man nicht höher in die Charts eingestiegen ist, als mit dem Album zuvor. Das muss nicht unmittelbar mit der Musik zu tun haben, sondern hängt mit dem Markt zusammen und was alles veröffentlicht wird. Trotzdem ist das neuste Baby auch immer das netteste und schönste (grinst). Das ist und war wie eine lineare Entwicklung bei uns. Damals mit der «Seven Seals» versuchten wir instrumentaler und experimenteller zu werden. Da haben wir mit den Songs und den Sounds experimentiert. Dies wurde auf den nachfolgenden Scheiben mittransportiert. Dabei haben wir das Alte, das Harte nicht verloren, sondern haben die Kombination besser hinbekommen. Dieser Fortschritt ist seit der «Seven Seals» wirklich ein tolle Erfolgsgeschichte. Schon bei der «Delivering The Black» (Vorgänger von «Rulebreaker») war das sensationell, was wir da kreierten. Auch mit dem langen Song («One Night In December») oder jetzt wieder mit «We Walk Without Fear». Das ist eines meiner Lieblingsstücke auf der CD geworden. Da kannst du dich zurück lehnen und dir deine eigene Traumwelt bilden.

MF: Welche Regeln brecht ihr mit dem neuen Album?

Ralf: Wir wollen gar keine Regeln brechen, das war einfach so, da war unser Anspruch nach der «Delivering The Black» an uns selber sehr hoch. Als ich die Demos hörte, war mir klar, dass unser Anspruch erfüllt wird (grinst zufrieden). Jeder, der einen Ton auf der Scheibe spielt, bringt sich selber ein und hat somit auch ein Copyright verdient. Egal, ob er nun etwas komponiert hat oder nicht. Aber er spielt auf diesem Album, bringt sich ein und gibt seine Seele frei!

MF: Wie seid ihr auf den Albumtitel gekommen?

Ralf: Wir hatten vor, das Album «The End Is Near» zu taufen. Schlussendlich wollten wir nicht ganz so negativ klingen. Daraus entstand «Rulebreaker». Das klingt einerseits positiver und andererseits auch plakativer.

MF: Wenn du dir die Diskographie von Primal Fear ansiehst, hast du das Gefühl, das ihr dabei zu sehr experimentiert habt?

Ralf: Nein! In dem Moment nicht und auch im Nachhinein nicht. Damals wie heute war immer alles mit Herzblut verbunden. Alleine aus diesem Grund steht man auch im Nachhinein zu all den Scheiben. Ich stehe auch noch immer auf die alten Sachen von Tyran Pace…

MF: …das waren aber auch geile Scheibe…

Ralf: …ja, natürlich, aber der Sound war eine Katastrophe im Vergleich zu heute. Der Moment wurde tontechnisch festgehalten. Der war dein und er bleibt in dieser Kapsel, in dieser Zeitmaschine auch deiner.

MF: Auch wenn es im Metal verpönt ist, trotzdem gabs auch da Trends. Bist du jemals einem dieser Trends gefolgt?

Ralf: Auch da kann ich nicht nur für mich alleine sprechen. Das, was ich mit Primal Fear mache, ist das, was ich am meisten liebe. Ist auch das Authentischste. Trends… Klar hört man mal links und rechts, was um einem herum passiert. Trotzdem hat man seinen eigenen Stil und den pflegen wir auch! Nur das kommt ehrlich rüber. Verbiegst du dich, kommt das sehr schnell an die Oberfläche. Der Scheepers wird immer der Scheepers sein und da sind gewisse Dinge nicht möglich. Der kann nicht… Nein, der WILL nichts anderes machen (lacht).

MF: War es für dich früher einfacher als heute?

Ralf: Heute ist es schon schwieriger. Aber schon in den 80er-Jahren war es nicht immer einfach, sich durchzusetzen, zu dem was schon da war an Bands. Der Markt war schon ziemlich satt mit Accept, Judas Priest, Scorpions und was auch heute noch immer unterwegs ist. Heute kommt guter Nachwuchs nach, der Markt wird nicht grösser und dank des Internets haben wir nicht nur positive Effekte. Ich denke da an die illegalen Downloads. Trotzdem und zurück zur Frage… Deswegen hören wir jetzt nicht auf! Alleine aus diesem Grund ist es für uns sehr wichtig, immer wieder etwas Neues heraus zu bringen.

MF: Höre ich dir zu, ist das «Wir»-Gefühl sehr stark im Vordergrund…

Ralf: …JA!

MF: Trotzdem kam es zum Bruch mit Randy Black, eurem alten Trommler.

Ralf: Das waren eine interne und eine persönliche Geschichte zwischen ihm und mir. Das soll auch so beibehalten werden.

MF: Wie habt ihr Francesco Jovino gefunden?

Ralf: Ihn haben wir zusammen auf der Tour mit seiner Ex-Band (U.D.O.) kennengelernt. Er war schon immer ein Super-Typ. Das ist für uns ganz wichtig, dass es menschlich funktioniert. Das muss es auch, wenn wir durch die ganze Welt gondeln. Diese Tour startet in Europa, dann geht es nach Nordamerika, Japan, Australien, dann spielen wir Festivals und in Südamerika. Da musst du einfach zusammenpassen. Logisch gibt es immer wieder Phasen, bei denen man sich aus dem Weg geht. Das ist völlig normal und das gibts in jeder Familie. Es muss menschlich einfach stimmen. Das war am Schluss mit Randy nicht mehr so einfach, um trotzdem nochmals auf diese Frage zurück zu kommen… Das sind Fehler passiert, auch von meiner Seite aus, die jetzt die einen Leute besser verzeihen können als die anderen. Wenn man kameradschaftlich unterwegs ist, kann man auch mal sagen: «…das war Scheisse, aber lass uns weitermachen!» Das ging aber dann nicht mehr. Jetzt passt aber dieser Level wieder. Das soll nicht heissen, dass Randy das Arschloch war! Da sind auch von meiner Seite Dinge passiert, die nicht toll waren!

MF: Dazwischen war als Schlagzeuger kurz Aquiles Priester dabei, von Angra…

Ralf: …da lag es an der Distanz. Wir haben uns das viel einfacher vorgestellt. Nach der ersten Euphorie merkt man schnell, dass die Wege zwischen Deutschland und Südamerika weit sind. Er hat uns gut getan, menschlich war alles in Ordnung, aber die Distanz, das ging nicht. Wir wollen wieder proben und schnell etwas zusammen ausprobieren, und da ist der Weg aus Brasilien hinderlich.

MF: Wie schwer ist es für dich als Vater auf Tour zu gehen?

Ralf: Sehr schwer! Ich vermisse meinen Bub! Er vermisst mich auch, aber so ist es nun mal. Da bin ich nicht der einzige Musiker, dem es so geht.

MF: Du hattest kürzlich einen Gastauftritt bei Gamma Ray…

Ralf (lachend): …das war rein zufällig. Nach so vielen Jahren verstehen wir uns immer noch sehr gut. Kai und Frank, der neue Sänger, haben uns in Hamburg besucht. Als sie auf ihrer Tour in München spielten, hatte ich Zeit. So setzte ich mich ins Auto, fuhr dahin (grinst) und stand bei «One With The World» und «Heading For Tomorrow» auf der Bühne. Ich hab da was getrunken, konnte nicht heimfahren (grinst) und bin dann mit den Jungs nach Prag gegangen (grinst). Dort habe ich bei beiden Songs nochmals mitgeholfen und bin dann mit dem Zug heimgefahren. Das war eine ganz tolle Geschichte und hat Spass gemacht.

MF: Wie denkst du heute über das damalige Outfit?

Ralf (lachend): Lustig wars mit den Leopardenhosen auf dem Loreley Festival (Tyran Pace). Aber so sind damals alle rumgeflitzt. Das war schon witzig. Ziehe ich mir das heute rein bewege ich mich zwischen heulen und lachen (lacht).

MF: Damals bei Gamma Ray wars auch ziemlich unmetallisch…

Ralf: Vollkommen richtig! Denke ich an das Live-Video mit dem pinken Shirt und der komischen Hose. Mein Gott (lacht)… Es ist halt passiert.

MF: Wie wichtig war für dich damals der Einstieg bei Gamma Ray?

Ralf: Wir waren mit Tyran Pace ziemlich am Ende, weil uns die Leute von aussen kaputt gemacht haben. Sogenannte Manager, die nicht immer so viel für die Band machten, aber schnell und gut im Schreiben von Rechnungen waren. Als Gruppe legst du alles zusammen und bezahlst die Rechnungen. Einer davon hat sich dann auch noch rausgemauschelt und so standen dann nur noch der Gitarrist und ich da. So wars am Schluss bei Tyran Pace nicht mehr so einfach. Ich erfuhr, dass Kai nicht bei Helloween ausgestiegen war. Wir kannten uns schon menschlich und musikalisch, weil wir für eine Hamburger Truppe zusammen Demos aufnahmen. So dachte er an mich und ich an ihn und Gamma Ray kam zum Laufen. Erst nannten wir das Ganze das Kai Hansen Projekt, weil die Plattenfirma die Band nicht Hansen-Scheepers nennen wollte.

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?

Ralf: Wir arbeiten an einem neuen Primal Fear Livealbum. Für eine DVD war gestern im Stuttgart ein Kamerateam vor Ort. Zusätzlich sammeln wir auch für eine Live-Geschichte. Zuerst beenden wir aber die World-Tournee, dann gehts ans Livematerial.

MF: Besten Dank fürs Interview, viel Spass auf der Tour und weiterhin alles Gute!

Ralf: Dankeschön, dir auch!