Interview: Primal Fear
By Rocknrolla (Rockstation)
Musiker/Songschreiber/Produzent: Mat Sinner (Primal Fear, Sinner) ist eine feste Grösse im Hardrock/Metal-Bereich 'Made in Germany'. Die Double Headliner-Tour U.D.O./Primal Fear führte ihn am 11. November 2007 auch in die Schweiz. Nach der Schow unterhielt ich mich mit einem sichtlich entspannten Primal Fear-Boss.

(MS = Mat Sinner)

MF: Wir sind hier Backstage im Rohstofflager in Zürich mit Mat Sinner, Chef von Primal Fear. Stimmt das eigentlich mit der Bezeichnung 'Chef'?

MS: Nee... ich hab bloss die 'letzte Entscheidung'... (schmunzelt)

MF: Wer hat entschieden, dass Ihr zusammen mit U.D.O. auf Tour geht?

MS: Wir gemeinsam. Wir haben gedacht, dass es eine gute Idee ist, wenn man zwei Bands, die bei der gleichen Agentur sind, gemeinsam auf Tour schickt. Somit haben wir zwei volle Shows an einem Abend, plus Support-Band, und das hielten wir für eine gute Idee.

MF: Wie läufts bisher?

MS: Eigentlich super. Wir sind voll im Soll, was die Zuschauerzahlen angeht, da sind wir sehr zufrieden. Heute ist die 14. oder 15. Show der Tour und wir werden noch bis Weihnachten so weiterspielen.

MF: Japan steht auch auf dem Programm, das macht ihr dann aber alleine.

MS: Ja, in Japan sind wir mit Primal Fear auf so einem Level, dass es z.B. auch vom wirtschaftlichen Standpunkt her Sinn macht, 'allein' zu spielen, das ist ja auch wichtig. Man kann ja nicht immer von Lust und Laune leben.

MF: Stimmt. Apropos 'Leben', Du lebst, tanzt mindestens auf drei Hochzeiten: Primal Fear, Sinner, Goddess Shiva. Alle haben dieses Jahr Alben rausgebracht. Wie hältst du diese Baustellen auseinander?

MS: Also bei Goddess Shiva war es so 'ne Sache, dass ich gerne dabei war, um - sagen wir mal - ein Kapitel aus der Vergangenheit abzuschliessen mit einem wahnsinn super talentierten Gitarristen, mit dem ich gerne zusammen spiele (Armin Sabol, Anm.d.Verf.). Wir haben eine Platte aufgenommen, auf der wir Titel aus unserer Jugendzeit verwirklicht haben. Wir sind ja alle zusammen in die Schule gegangen, haben 'ne Band gegründet und im Alter von 18 Jahren eine Platte aufgenommen, die aber nie veröffentlicht wurde. Und so haben wir dieses Kapitel in diesem Jahr abgeschlossen. Ich war weder in die Produktion, noch in die Vermarktung mit einbezogen. Wir haben zwei, drei Shows gespielt, aber das wars auch schon. Für mich war es aber wichtig, einfach auch um dieses Kapitel aus der Vergangenheit abzuhaken. Ich werde da keine weitere Zeit mehr investieren.
Ich hatte bis vor zwei Jahren nebenher einen stressigen Job, deshalb kam auch Sinner zu kurz. Keine Gigs, keine Platten. Ich war froh, dass ich überhaupt Primal Fear auf dem Level halten konnte. Obwohl ich im Business immer noch einiges zu tun habe, bin ich nun seit zwei Jahren in erster Linie Musiker. So ist es möglich, eine neue Sinner Platte zu machen, ein neues Primal Fear-Album vorzubereiten. Das alles macht mir sehr viel Spass.

MF: Du singst ja auch, schreibst Songs. Wie entscheidest du für dich, das ist ein Song für Primal Fear oder den behalte ich für Sinner?

MS: Also erstmal hat Primal Fear bei mir totale Priorität. Sinner betrachte eher so wie eine Soloplatte, die ich dann verwirkliche, wenn ich Zeit und Musse dazu habe und meine Jungs um mich herum auch schön mitmachen. Der Punkt ist aber der, dass ich dann in Zeiteinheiten schreibe, wo ich mich total auf eine Band konzentriere. Das geht dann nicht, dass in einer Sinner Songwritingphase ein Primal Fear-Song rauskommt, oder umgekehrt. Da wird mit einer anderen Vision geschrieben, einem anderen Vibe, auch in andereren Atmosphären. Es ist wichtig, dass sowas authentisch bleibt. Ich mag da keine Überschneidungen - Sinner soll mehr Hardrock sein, Primal Fear mehr Metal. Wir haben mit Sinner einen neuen Vertrag unterschrieben bei AFM-Records und wir werden auch bald ins Studio gehen und die neue Platte aufnehmen. Es wird eine authentische Rock'n'Roll-Platte geben, wenig Schnickschnack, kein Orchester, keine Keyboards, einfach zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug. Primal Fear arbeitet da etwas anders, da ist man etwa drei mal länger im Studio, da wird gefummelt, bis der Arzt kommt, usw.

MF: Mit Sinner habt ihr z.B. auch schon mal 'Rebel Yell' von Billy Idol gecovert.

MS: Ach, ist doch schön, wenn Du 'ne Band hast, wo du machen kannst, was du willst, ohne dass du permanent irgendwelche Leute befriedigen musst. Primal Fear verkauft auf der ganzen Welt, tourt weltweit, da kannst Du nicht plötzlich eine 180° Kehrtwendung vollziehen. Da kannst Du nur untergehen und die Sache, die du über Jahre sorgfältig aufgebaut hast, kaputt machen. Bei Sinner kann ich machen, was ich will, und da bin ich auch sehr froh darüber.

MF: Da ein neues Sinner-Album kommen wird, besteht da die Möglichkeit, das Schweizer Konzert, das wegen Krankheit ausfiel, nachzuholen?

MS: Auf jeden Fall werden wir mit der neuen Sinner-Platte eine etwas grössere Europa-Tournee machen, wo wir Fans, die schon jahrelang nach Sinner schreien, z.B. in Spanien, auch mit ein, zwei Konzerten bedienen können, und da muss natürlich auch ein Konzert in der Schweiz dabei sein.

MF: Stichwort 'Schweiz': Ihr wart im Dezember 2006 mit Primal Fear in Sempach, kurz vor Weihnachten, mit einer schönen Bescherung seitens der Behörden - man hat euch den Saft abgedreht, erinnerst Du Dich noch?

MS: Ja, ja, aber sowas verdräng' ich dann. Das behalte ich dann nicht unbedingt als bleibende Erinnerung an die Schweiz... heute Abend hat man ja gesehen, da waren die Reaktionen des Publikums wirklich super.

MF: Du produzierst nächstes Frühjahr die Soloscheibe von Primal Fear-Frontmann Ralf Sheepers. Was kann man da erwarten?

MS: Auf jeden Fall werden wir eine sehr interessante Platte produzieren. Wir machen keine Ralf Sheepers-Platte, damit wir jetzt ein 'Ralf Sheepers-Album' haben und im Prinzip die gleiche Musik wie Primal Fear machen. Wir haben uns mit Primal Fear musikalisch sehr entwickelt und haben die Band auf einem hochwertigen Level, im Vergleich zu unseren Anfangszeiten. Es waren in der Songauswahl aber immer Punkte dabei, wo der Ralf ein paar Abstriche hat machen müssen, was seine Vision angeht. Eine Band ist im Grunde ein 'Kompromiss', bei uns zählt die Einheit und nicht einzelne Personen. Da werden wir ansetzen und dem Ralf dieses einmalige Erlebnis ermöglichen, wo er die musikalische Richtung bestimmt...

MF: ... und mal ausreizen kann, was er sich so vorstellt?

MS: Richtig, er darf da machen, was er will, ohne dass ihm da weitere vier Leute reinquatschen, ohne dass er gross auf die Fans von Primal Fear Rücksicht nehmen muss. Er macht das für sich selbst, und ich bin stolz darauf, dass er mich gefragt hat, ob ich die Platte produziere. Wir sind mittlerweile seit zehn Jahren ein tolles Team und es ist für mich auch ein Kompliment!

MF: Ein gutes Schlusswort. Wir bedanken uns für das Interview und sehen uns hoffentlich bei der nächsten Tour wieder.

MS: Ja, wer weiss, ob mit Sinner oder Primal Fear, auf jeden Fall kommen wir gerne wieder her!

Auszüge aus diesem Interview sowie Musik dazu gibts am 30. November in der Sendung "Taktlos Rock mit ROCKSTATION" auf Radio Kanal K. Infos zur Sendung unter www.rockstation.ch