Längst verschollene Freiheit,
nun wieder aufgetaucht.
Queensrÿche gehörten zu den wegweisendsten Truppen im Metal
Bereich. Die aus Seattle stammende Combo bestach von Beginn weg mit
fein durchdachten Songstrukturen und einem fantastischen Sänger.
Geoff Tate wurde gerne zusammen mit Bruce Dickinson (Iron Maiden)
und Rob Halford (Judas Priest) als die drei Tenöre des Metals
bezeichnet.
Was bei Queensrÿche 1982 mit der gleichnamigen EP startete, hob
Geoff, die beiden Gitarristen Michael Wilton und Chris DeGarmo,
sowie die Rhythmusmaschinerie Bassist Eddie Jackson und Schlagzeuger
Scott Rockenfield in die Eliteliga. Die ersten Alben «The Warning»,
«Rage For Order», die Mutter aller Konzeptalben «Operation:
Mindcrime» und «Empire» liessen den Stern immer heller erscheinen
und ein schlechtes Album schien bei dieser Band unmöglich zu sein.
Dies änderte sich aber mit «Promised Land», bei dem zum ersten
Mal zu stark der eigene Weg verlassen und versucht wurde, mit neuen
musikalischen Trends zu arbeiten. Dies führte soweit, dass sich 2012
eine Schlammschlacht in den Medien entlud, die sich gewaschen hatte.
Von Handgreiflichkeiten innerhalb der Band, musikalischen wie auch
persönlichen Differenzen und über den Streit um das Namensrecht war zu
lesen. Diese Meldungen häuften sich und bildeten Woche für Woche die
Grundbasis, dass der Metal-Stammtisch Futter zum Lästern hatte.
Heute sieht die Welt wieder ganz anders aus. Geoff hat seine eigene
Band gegründet (mit eifrigem Wechselspiel der Mitmusiker) und Scott,
Eddie und Michael haben sich mit dem ehemaligen Schwiegersohn von
Geoff, Parker Lundgren und dem ehemaligen Crimson Glory-Sänger Todd
La Torre zusammen getan. Speziell Todd hat es fertig gebracht, der
Truppe neues Leben einzuhauchen. Hat er schon damals den
Gesangsposten bei Crimson Glory übernommen und dort Midnight
ersetzt, schafft er es nun spielend, den Part von Mister Tate zu
übernehmen. Mit einem neuen Album im Gepäck, das sich an die
Frühphase von Queensrÿche lehnt und einer neuen Setliste, welche
die ersten vier Alben verewigt, ist der Fünfer wie ein Phoenix aus der
Asche auferstanden. Wie das aktuelle Befinden gerade ist, gaben Todd und
Eddie beim Interview zu Protokoll.
MF: Wie fühlt es sich an, in dieser neuen Band zu spielen?
Eddie Jackson: Das ist einfach nur grossartig! Ganz viel neue
Energie steckt dahinter. Die Egos sind gestorben und alles fühlt
sich positiv an in dieser Truppe. Auch mit der Crew haben wir wieder
ein familiäres Zusammensein und musikalisch haben wir uns wieder
dahin entwickelt, wo wir uns wohl fühlen. Endlich können wir wieder
die Lieder spielen, welche wir zu lange nicht auf der Bühne
präsentieren durften. Heute, wenn wir auf der Stage stehen, fühlen
wir uns bedeutend besser, wenn wir dieses Stücke performen.
Todd La Torre: Für mich ist es, als wäre ein Traum wahr geworden!
Nachdem ich bei Crimson Glory sang, bin ich nun bei Queensrÿche
gelandet. Wir haben eine Menge Spass und ich könnte nicht
glücklicher sein, als mit den Jungs, mit denen ich bei Queensrÿche
spiele! Wir sind sehr nahe zusammengewachsen und richtige Freunde
geworden. Auch neben der Musik unternehmen wir viel miteinander. Es
ist wundervoll und erleichtert so das Zusammenarbeiten ungemein!
Eddie Jackson: Es ist wieder eine Familie geworden. Diese positive
Energie… Es ist wieder Frieden eingekehrt bei Queensrÿche. Kein
Stress, keine Streitereien und keine Diskussionen darüber, wie die neuen
Songs zu schreiben sind und wie sie zu klingen haben. Es gibt keine
Limiten und Grenzen mehr, und es ist unglaublich, dass ich dies mit
dieser Band nochmals erleben darf.
Todd La Torre: Absolut, wir lachen viel, machen unsere Spässe und
wir verbringen nur eine gute Zeit zusammen. Sehen wir uns nicht,
telefonieren wir viel miteinander, tauschen Ideen für neue Songs
aus, sprechen über das Business oder persönliche Dinge. Es herrscht
eine sehr offene und befreite Kommunikation. Das alles ist
natürlich, nichts Gekünsteltes und fühlt sich grossartig an!
MF: Was waren die Unterschiede beim Songwriting zum neuen Album und
den zwei, drei Alben davor?
Eddie Jackson: Ich habe es schon angetönt, es herrscht wieder
Frieden und Einigkeit. Wir limitieren uns nicht gegenseitig, als
Artist, oder Musiker. Zuvor… Wir haben immer unsere Ideen
einfliessen lassen. Daraus entstand selten ein Grundgerüst für einen
Song, sondern es gab meistens nur eine Meinung. Das machte alles
sehr schwierig. Wir versuchten immer Musik zu schreiben und diese
Ideen, oder Teile davon kann man nun auf dem neusten Streich hören.
Heute hören wir einander wieder zu, suchen dabei die besten Parts
heraus und arbeiten zusammen. Die Chemie innerhalb der Band ist um ein
Vielfaches besser als zuvor.
Todd La Torre: Das was du auf «Queensrÿche» hörst, sind alles neue
Songs. Klar, einige Riffs stammen aus früherer Zeit, die aufgenommen,
aber auch vergessen wurden. Aber! Alle Lieder auf dem neuen Album
sind brandneue Stücke. Dabei ist alles aus der Zusammenarbeit heraus
entstanden. Jeder hat das Seine zur Entstehung beigetragen und darum
kann man auch von einer absoluten Bandarbeit sprechen.
MF: Die Songs gehen musikalisch zurück zu den ersten vier Alben.
Wäre dies auch mit eurem alten Sänger Geoff Tate möglich gewesen?
Eddie Jackson: Ich denke nicht, dass sie Geoff gefallen würden. Auch
der Sound spricht Geoff heute nicht mehr an. Für ein Frühstadium
wäre dies vielleicht noch möglich gewesen, aber er favorisiert heute
einen ganz anderen Sound. Grundsätzlich kann ich dir aber nicht
sagen, ob Geoff eine solche Produktion zugelassen hätte. Ich denke
aber nicht, dass er damit glücklich gewesen wäre. Er mag diese Art
von Musik heute nicht mehr. Es war in den letzten Jahren immer ein
Kampf diesbezüglich. Höre dir dazu einfach den Sound der letzten
vier Alben an. Das repräsentiert nicht uns, was wir vor 25 Jahren
geschrieben und produziert haben. Wir wollten wieder zurück zu
diesem alten Sound. Persönlich ist es für mich sehr wichtig, die
neuen Stücke zu fühlen und mich dabei wohl zu fühlen. Darum denke
ich nicht, dass Geoff die neuen Lieder so hätte umsetzen können wie
Todd.
MF: Wo habt ihr Todd gefunden?
Eddie Jackson: Das kann Todd dir besser sagen (lachend)…
Todd La Torre: …well, ich traf Michael Wilton an der NAMM
Veranstaltung, wohl die Wichtigste in Kalifornien. Das war an einer
Artisten-Dinner-Party. So kamen wir ins Gespräch und Michael
erzählte mir von seinen Side-Projects und seinen Kumpels, die Musik
fürs Fernsehen schreiben. Das war wirklich das erste Mal, dass ich
mit ihm zusammen sprach. Wir blieben in Kontakt und diskutierten
darüber, dass wir zusammen Musik schreiben könnten. Das war zu dem
Zeitpunkt, als die ganze Geschichte mit Geoff startete. So lernte
ich auch die restlichen Jungs von Queensrÿche kennen. Als das Ganze
ins Rollen kam und ich die erste Show mit ihnen spielte, fühlte es
sich so easy und stressfrei an. Es war schön, dass die anderen Jungs
nie Druck auf mich ausübten. Sie liessen mich mein Bühnenoutfit
selber auswählen und mich so sein, wie ich wirklich bin. Viele Leute
waren sicher überrascht, welche Freiheiten ich von den anderen vier
bekam, und dachten, dass mir ein Korsett verliehen würde und ich zu
tun hätte, was sie wollten. Wie man es halt so macht und kennt mit einem
gemieteten Musiker. Aber! Ich bin ein Bandmitglied, wie die anderen
auch. Sie haben mich auch dazu getrieben. Das ist der beste Teil für
mich, es gab keine Verpflichtungen, denen ich nachkommen musste.
Dabei fühlte ich, dass der Übertritt in ihre Welt auch ein Eintreten
von ihnen in meine Welt war. Bevor wir zusammen die erste Show
spielten, verbrachten wir Stunden am Telefon und stellten dabei
unsere Freundschaft in den Vordergrund. Lange, bevor es um die Musik
ging. Als wir uns dann im Proberaum trafen, um uns für die ersten
Shows vorzubereiten, hatten wir das Gefühl, als kannten wir uns
schon Jahre.
Eddie Jackson: Es bestand kein Druck, als wir zum ersten Mal
zusammen auf die Bühne stiegen. Wir konnten endlich wieder all die
Lieder spielen, welche wir schon lange performen wollten.
Todd La Torre: Als wir die Setliste zusammenstellten, fragten mich
die Jungs: "Todd, wir kennen unsere Musik. Sag uns, was du gerne
singen würdest." Meine Favoriten waren «Queen Of The Reich», ich
liebe es «Child Of Fire» zu spielen oder «En Force», «Warning» und
«Eyes Of The Stranger». Das war die Zeit, welche ich bei Queensrÿche
favorisiere. Von dieser Ära bin ich ein grosser Fan. So begannen wir
die Setliste zusammenzustellen. Die anderen waren äusserst erfreut,
dass sie zurück gehen und sich an die alten Zeiten erinnern konnten.
An all die kleinen Jokes, an die sie sich erinnerten und verbunden
mit all diesen Songs aus der alten Zeit. Ich glaube, dadurch haben
sie auch wieder zu sich zurück gefunden. Als wir starteten diese
Lieder wieder zu spielen, kam dies für Eddie, Michael und Scott
einem Refreshing gleich. Je älter die Stücke waren, desto besser und
mit mehr Power spielten die
Jungs auf. Klar, es kann sein, dass die Lieder durch meine Art zu
singen, ein bisschen anders klingen. Die anderen Bandmembers
offerierten mir sogar, mein eigenes «Ich» in die Lieder
einzubringen. Ich wollte diese Stücke singen und gab dafür 110 %.
Als wir zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne standen, bestand ein
gewisser Druck, weil wir wussten, dass die Fans diese Songs
haargenau kannten. Nach wenigen Sekunden war die Energie, welche vom
Publikum zurück kam jedoch sehr intensiv und wir verbrachten eine
grossartige Zeit zusammen.
Eddie Jackson: Ich bin absolut glücklich, endlich wieder all diese
Lieder spielen zu können, welche wir in den letzten Jahren in der
Schublade verstauten. Als Todd bei uns an Bord kam… Er wollte alle
die Lieder spielen, dir wir so vermisst haben. – Todd lacht – Das
war alles so einfach mit ihm. Ich kann mich nur wiederholen. Dieser
Frieden der bei uns einkehrte, ermöglichte es uns, diese Lieder in
die Setliste aufzunehmen. Keine Meckereien, oder Diskussionen, weil
eine einzelne Person, diesen, jenen oder selbigen Song nicht spielen
wollte. Alle waren glücklich mit der Zusammenstellung und wir
konnten sogar das Set täglich ändern. Nahmen diesen Track raus und
ersetzen ihn mit einem anderen. Das verhinderte, dass die Setliste
irgendwann langweilig wurde.
MF: Gab es Pläne, Chris DeGarmo zurück in die Band zu holen?
Eddie Jackson: Keine Ahnung (lachend). Weisst du, die Türe für ihn
ist immer offen. Chris macht sein eigenes Ding, aber man kann nie
wissen. Vielleicht steht er eines Abends auf der Bühne und spielt
ein Stück mit uns. Was daraus werden könnte… Alles ist möglich. Wir
haben noch immer Kontakt zu ihm…
MF: In welchen Ländern seid ihr momentan am angesagtesten?
Todd La Torre: Das ist eine wirklich schwierige Frage… Queensrÿche
ist eine globale Band, die an allen Ecken der Erde auftritt. Klar
sind wir in einigen Ländern beliebter, als in anderen, aber diese
Frage zu beantworten ist wirklich sehr schwierig. Sind an einigen
Orten die Fans enthusiastischer, heisst das nicht, dass sie physisch
mehr zu uns stehen, oder die Musik mehr lieben, als anderen Orten.
Wo immer wir spielen und auftreten… Leute, danke, dass ihr uns
nicht vergessen habt!!!
Eddie Jackson: Unsere Egos sind in Einklang damit, dass wir
vielleicht auch an kleineren Orten auftreten. Heute Abend spielen
wir in einem ausverkauften Club. Das ist grossartig! Ob da nun 500,
5‘000 oder 50‘000 Leute stehen. Wir geben alles, was wir können
während den 90 Minuten Spielzeit. Die Fans mögen unser neues
Merchandising. Es ist eine wirklich «coole» Zeit für die Band.
MF: Und es ist grossartig euch wieder hier zu haben, mit all den
alten Songs. Ich sah euch zum ersten Mal als Support von Bon Jovi…
Eddie Jackson: …really? Das war eine grossartige Zeit. Wir hatten
gerade «Rage For Order» veröffentlicht. Ich bin mir sicher, dass
genau dieses Album am besten repräsentiert, was Queensrÿche sind.
Dieses Album ist, wie auch für dich Martin, mein absolutes
Lieblingsalbum.
MF: Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft.
Eddie Jackson &Todd La Torre: Danke dir, viel Glück und wir hoffen,
dass dir die Show von heute Abend gefallen wird!
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