Der Spass hält wieder
Einzug.
Peter "Peavy" Wagner, Marcos Rodriguez und Vassilos
"Lucky" Maniatopoulus sind seit fünf Jahren Rage. Dass
mit den beiden "Neuen", Marcos und Lucky, der Faktor
Spass wieder zurück kam und das Vertrauen wieder Einzug
hielt, sieht man bei den Konzerten und hört man der
Musik an. Dieser Spass breitete sich auch beim Interview
aus, bei welchem der sonst redselige Peavy, das Zepter
seinen beiden Mitmusikern überliess. Die Begeisterung,
die Freude, die Leidenschaft und die Ehre, dass der
Gitarrist und der Trommler nun bei Rage spielen, hört
man jeder Antwort an. Dies immer gepaart mit einer sehr
ehrlichen Bescheidenheit. Mit «Wings Of Rage» hat das
Trio wieder diesen Grad beschritten, der zwischen leicht
progressiven Parts, technischen Kabinettstückchen und
melodischen Metal-Elementen liegt. Man spürt den Liedern
die Liebe und Passion zur Musik an und dass die Drei das
alte, musikalische Erbe aus den Jahren 1988 bis 1999
wieder aufleben lassen. Dies mit Ehre, Stolz und
Respekt. Selten habe ich eine solch verschworene Einheit
gesehen und erlebt bei einem Interview. Manchmal ist es
sehr schwierig, solche Emotionen in Worte wieder zu geben.
Aber lest selber…
MF: Wie wars für euch zum
ersten Mal in dieser Besetzung zusammen zu spielen?
Lucky: Das ist eine coole Frage!
Peavy (lachend): Daran kann ich mich nicht mehr
erinnern…
Marcos: …oh, der erste Song, den wir
zusammen spielten war «Shame On You»! Gefolgt von «Don't
Fear The Winter» (grinst). Wir haben alles viel zu
schnell gespielt, weil wir so aufgeregt waren (grinst).
Zudem war es verdammt laut…
Lucky: …und ich war
danach vierzig Kilo leichter…
Peavy: …das erste Mal
spielten wir doch an deiner Geburtstagsparty?! Lucky und
Marcos zählen schon lange zu meinen Freunden. Lucky war
Schlagzeugschüler von Efthi (spielte von 1987 bis 1999
bei Rage und heute zusammen mit Peavy bei Refuge) und
später Drum-Tech bei Rage. Als mir klar war, dass ich
mit dem Smolski Line-up Schluss machen muss, war Lucky
mit seiner Band Tri State Corner unser Support. Zuerst
bestand der Plan, dass Lucky das Management bei Rage
übernehmen und helfen sollte, den Laden wieder auf
Vordermann zu bringen. Marcos war mit seiner Band
Soundchaser auf einer vorherigen Tournee unser Support.
Damals sprachen wir davon ein Nebenprojekt zu starten. Bei
einer der letzten Shows, im alten Rage-Bandgefüge,
sprach ich Marcos an und verabredete mich mit ihm. Somit
waren Lucky als Manager und Marcos als Gitarrist an
Bord. Etwas Passendes als Schlagzeuger, fand sich aber
nicht. Auf dieser Geburtstagsparty fiel es mir wie
Schuppen aus den Haaren, als ich Lucky spielen sah. Wir
jammten ein bisschen rum und ich sagte zu Lucky: "Alter,
du MUSST das machen!" Allerdings sträubte er sich noch
dagegen…
Lucky: …ich wollte dies nur machen, wenn
Efthi seinen Segen dazu gibt. Ich kündigte meinen Job,
nachdem ich mit ihm darüber gesprochen habe. Efthi
meinte nur: "…Alter, wir bringen dich dahin, dass du das
problemlos spielen kannst". Dabei nahm er mich in den
Arm. Zusammen trainierten wir, bis ich in der Lage war,
diese Lieder trommeln zu können. Er hat mir seinen Segen
gegeben (grinsend).
MF: Wie war das für
euch, in die Fussabdrücke eurer Vorgänger rein zu stehen?
Eine Ehre, eine grosse Bürde…
Lucky:
…da wurde ein Kindertraum wahr (grinst). Als
Fünfzehnjähriger bin ich mit Rage auf Tour gegangen und
habe geholfen das Schlagzeug auf- und abzubauen. Mein
Vater musste unterschreiben, dass ich mitdarf! Die Jungs
von Rage waren meine Idole, meine erste Metal-Band und
sie haben mir viele Türen in die Musikwelt geöffnet. Das
ist alles sehr surreal (mit begeistertem Unterton).
Heute fühle ich mich als Bandmitglied. Trotzdem halte
ich alles, was vor meiner Zeit gemacht wurde, würdig in
Ehre. Es ist unglaublich, dass ich nun ein Teil dieser
Truppe bin, in der ich immer sein wollte (grinst)!
Marcos: Wie es für mich war in die Fussstapfen zu
treten…
Peavy: …ja, der Ersatz vom Ersatz vom
Ersatz vom Ersatz zu sein (alle lachen)…
Marcos:
…rein von den Songs her war es relativ einfach. Ich
hatte keine Angst jemanden ersetzen zu müssen. Heute bin
ich sehr, sehr glücklich! Alleine aus dem Grund, dass
ich mit Peavy zusammenarbeiten darf, um Rage endlich
wieder zu etwas Grossartigem zu machen (lautes Lachen).
Nein, ich mach nur Spass! Ich habe versucht den Metal
wieder einfliessen zu lassen und die Technik ein
bisschen runter zu schrauben. Mich weniger auf das
Instrument zu fokussieren, dafür mehr zu rocken und den
Song in den Mittelpunkt zu stellen. Ich bin noch immer
happy, dass mich Peavy angerufen hat und mir die
Möglichkeit gab, bei Rage einzusteigen!
MF: Was mir aufgefallen ist, ist, dass der Faktor
Spass bei Rage wieder stark Einzug hielt. Man sieht euch
auf der Bühne wieder an, dass ihr an dem was ihr macht,
Freude habt.
Peavy: Da hast du recht.
Das hat aber sicher auch den Ursprung, dass wir privat
schon lange befreundet sind. Alleine aus diesem Grund
spricht man Dinge auf einem anderen Level an…
Lucky: …wir müssen nicht immer über die Band sprechen.
Wir können über Gott und die Welt quatschen (grinsend),
da wir eine über 30-jährige Vergangenheit haben. Man
kennt die Macken des anderen und findet gewisse Dinge
eben lustig und nicht nervend. Hau ich mal daneben auf
der Bühne, sehen wir uns an und grinsen. Logisch
betreiben wir das Ganze sehr ernsthaft! Dabei nehmen wir
uns aber selber auch nicht zu ernst. Da kann man auch
mal einen Fünfer gerade sein lassen (grinsend). Diese
Konstellation besteht seit fünf Jahren, und ich mochte
Marcos von der ersten Sekunde an, weil er ein so
sonniges Gemüt hat und ein unglaublich lustiger Typ ist.
So macht alles sehr viel Freude!
Marcos: Ja,
alles lebt von dieser Lockerheit und dem Spass.
MF: Das Problem, dass Musik zum Beruf
wurde und somit der Spass in den Hintergrund trat, gabs
bei euch nie?
Peavy: Es ist für mich
eine Ehre, dass ich mein Hobby zu meinem Beruf machen
durfte!
Marcos: In erster Linie ist die Musik für
mich reiner Spass. Deine Kumpels gehen mit dir auf die
Bühne, was gibt es Schöneres? Darum sehe ich die Musik
auch nicht als Arbeit. Bin ich im Studio oder auf Tour,
es hat seinen Reiz und macht Laune. Das Geilste ist
doch, dass wir dafür noch bezahlt werden. Wieso sollte
ich mich beklagen? Es gibt keinen Grund. Solange so viel
Leidenschaft dabei ist, werde ich es nie als langweilige
Arbeit ansehen. Fun ist sowieso das Wichtigste in meinem
Leben. Hey, du lebst nur einmal! «First fun than the
rest» (lachend). Ich hatte nie einen richtigen Job,
sondern war immer mit der Musik verbunden.
Lucky:
Ich komme aus einer ganz anderen Ecke. Schule,
Ausbildung, Abi, Studium, dann siebzehn Jahre Industrie. Ich
habe diesen Weg immer verfolgt, und die Musik war ein
reines Hobby. Als sie zum Beruf wurde, habe ich meinen
Spass gefunden. Im ersten Jahr hatte ich meine
Schwierigkeiten zu akzeptieren, was und wie die neuen
Parameter sind. Kaputt ging nichts dabei, sondern das
Resultat hat meine Entscheidung bestärkt. Zuerst war der
Druck da, nun Musik machen zu müssen. Früher hat man
dies so nebenbei erledigt. Ich war im Probelokal, wenn
ich es wollte und es hat sich immer sehr schön
angefühlt, locker mit meinen Kumpels zu spielen. Jetzt
muss ich abliefern. Tag für Tag. Aber dies ist alles nur
eine Kopfsache. Nach einem Jahr hat sich alles eingegroovt
und hat zu einem neuen, noch besseren Bild
geführt. Vorher war es Spass nebenbei, und jetzt ist es
Spass den ganzen Tag…
Peavy: …weil es rockt und
du den Sinn darin siehst.
MF: Wer hatte die Idee «Higher Than The
Sky» nochmals für «Wings Of Rage» neu aufzunehmen?
Marcos: Das passierte eines Nachmittags
(grinst). Peavy, du hast im Radio eine neue Version von
Whitesnakes «Here I Go Again» gehört…
Peavy: …ja,
daraus ergab sich die Diskussion, was passieren würde,
wenn wir einen unserer Songs neu aufnehmen würden. Haben
wir dann nicht gejammt?
Marcos: Genau, und uns
dabei gefragt, wie würde ein Track klingen, wenn wir ihn
heute aufnehmen oder schreiben würden. Wir hatten viel
Spass dabei…
Peavy: …und Lucky war sich gar nicht
bewusst, als er zu uns stiess, dass wir einen alten Song
von uns neu spielten (lacht).
Marcos: Wie
liessen dich wissen, dass wir was Neues hätten und erst,
als wir ihn zusammen jammten, hast du bemerkt, um welchen
Song es sich handelt (grinst). Zuerst wollten wir «HTTS
2.0» nur als Bonustrack veröffentlichen. Das hat nix
damit zu tun, dass wir die Urversion nicht mögen. Meine
Güte, das ist ein Killer. Wir sind Fans der alten
Klassiker und lieben sie zu spielen. Es war ein neuer
Ansatz und hat verdammt Spass gemacht.
Peavy:
Ein zeitloser Song in einer neuen Version und ein Extra
für das neue Album.
MF: Wo seht ihr selber die Unterschiede
von «Wings Of Rage» zu den beiden Vorgängern «The Devil
Strikes Again» und «Seassons Of The Black»?
Marcos: Betreffend des Covers (lautes Lachen)! Dieses
Mal investierten wir mehr Zeit in die Vorproduktion. Wir
haben viele Dinge verändert, waren das Tempi, Melodien,
oder Arrangements. Die Band stand unter Druck, da unser
neues Label (Steamhammer/SPV) das neue Album mit viel
Power unterstützen wollte. Wir nutzten die Zeit zwischen
den Konzerten, letzten Sommer, um einen tieferen
Einblick in die Lieder zu erhalten. Zu sehen was wir
kreierten und wie uns das gefällt. Ich denke, das
Resultat spricht für sich selber!
Peavy: Ich
denke, das neue Album ist fokussierter. Wir haben ein
«Best Of»-Album abgeliefert mit neuen Liedern (grinst
zufrieden).
Lucky: Was zudem nicht zu unterschätzen
ist, ist, dass Marcos einen unglaublichen Job als Engineer
ablieferte. Keiner weiss in dieser Welt so gut, wie die
Band zu klingen hat, und das hört man «Wings Of Rage»
an. Diese Hingabe, immer das Bestmöglichste abzuliefern
und sich gegenseitig zu unterstützen, kannst du beim
neuen Werk sehen, hören und fühlen.
Peavy: Bevor
wir überhaupt einen neuen Song spielten, haben wir uns
über das Sounddesign unterhalten, in welche Richtung wir
gehen wollten.
MF: Wir mich ist «Wings Of Rage» eine
Spur frischer, fokussierter, die Melodien sind im
Mittelpunkt und trotzdem stehen die spielerischen
Fähigkeiten nicht hinten an. Alles ist sehr filigran
gespielt. Woher kommt es, dass alles nochmals eine Stufe
besser wurde?
Lucky: Ich kann was zur
Frische sagen (lacht). Natürlich, nach fünf Jahren und
über dreihundert Livekonzerten… Das Zurückkehren zum Fundament,
was Rage immer ausgemacht hat… Wir verstanden, was der
andere Musiker will und kann. Zu Beginn dieses Trios
spielten wir unsere Parts, weil die Songs schon da
waren, wir als Band aber noch zueinander finden mussten.
Nun haben wir ein blindes Verständnis untereinander. Weil du
im Herzen spürst, was wichtig ist. Dazu gibt es in dieser
Truppe zwei Songwriter, die nicht nur Lieder schreiben,
sondern auch sehr gute Musiker sind. Marcos gibt mir
viele Ideen, wie ich etwas spielen kann, bei dem ich
denke: "Meine Güte, wie soll das klappen?" Wenn ich aber
meinen Kopf frei mache und mich solchen Ideen nicht
verschliesse, erkenne ich, wie simpel diese Dinge in
ihrer Komplexität sind (grinst).
Peavy: Wir
sind uns heute auch nicht zu schade, Teile weg zu lassen,
um das Gesamtbild einfacher zu gestalten.
Marcos: Diese Tightness, die Lucky angesprochen hat… So
viele Shows, die wir zusammen spielten… Ich bemerkte
eines Tages, wie wir musikalisch sprechen. Logisch
werden dann die Dinge tighter. Auch wenn jeder auf seine
Stärken schaut. Am Ende des Tages ist und bleibt der
Hauptgrund, der Song. Wir sprechen durch unsere Lieder,
nicht dadurch, dass wir Musiker sind…
Lucky:
...Chris hat mir irgendwann gesagt, als ich noch ein
Kind war (lacht), du musst dich auf die Dinge
konzentrieren die du kannst und nicht auf die, welche
du nicht beherrschst.
Peavy (grinsend): Wie
recht er doch hat.
MF: Euer neues Werk weist, trotz all seiner
technischen Finessen, immer eine roten Faden auf, der
die Songs eingängig macht. Wie schwer ist es, beides zu
verbinden?
Lucky: Ihr könnt dies als
Songschreiber sagen, ich nur als aussenstehende Person
(grinst). Ihr habt die Magie, Komplexität in ein
leichtes Gewand zu verpacken. Verbindet das Technische
mit Harmonien und Melodien, so dass es schwer zu spielen
ist, sich aber völlig einfach und verständlich anhört.
Alles macht Sinn und macht es für den Endkonsumenten
leicht, eure Botschaft zu verstehen. Taucht man als
Musiker ein, realisiert man, welche "Geschenke" ihr
verpackt (grinst).
Marcos: Danke, du hast
absolut recht mit deiner Aussage.
Peavy: Für
viele sind wir deswegen auch die Rush des Heavy Metal
(grinst)…
Marcos: …überlege ich mir dies… Es ist
für mich sehr schwierig all diese Feinheiten zu sehen,
weil ich sie mitkomponierte. Am Ende des Tages ist dies
aber genau die DNA von Rage. Diese wollen wir am Leben
erhalten. Das hat nichts mit den Musikern oder den
Instrumenten zu tun oder wie gut ich spielen kann. Es
geht um das Lied, dass der Hörer es versteht, sich an
das Stück erinnert und die Melodie mitsingt. Selbst das
Gitarrensolo sollte man mitsingen oder mitpfeifen
können. Das hat einen grossartigen Song schon immer
ausgemacht! Hörst du Alben wie «The Missing Link» oder
einen Track wie «Invisible Horizons», mit diesem richtig
hochtechnischen Solopart, kannst du dich trotzdem immer
daran erinnern. Solche Momente eines versierten
Gitarristen sind die Schlüsselpunkte bei Rage. Heute
versuchen wir diese Werte aufzunehmen und wieder in die
Tracks einfliessen zu lassen. Die Truppe wieder zu dem
zu machen, was Rage berühmt und stark gemacht hat.
Lucky: Das sind die klassischen Rage, und wir hoffen, das
Erbe weiter am Leben erhalten zu können! Grossartige Songs mit
leicht verdaubaren und konsumierbaren Melodien.
Marcos: Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg ist die
Freundschaft…
Lucky: …ja, wenn man zusammen auf
Tour ist und die Toilette miteinander teilt…
MF: …aber nicht zur gleichen Zeit…
Marcos (lachend): ...wir teilen ja auch nicht die Mädels
miteinander (schallendes Gelächter von allen)…
Lucky: …wichtig ist der gegenseitige Respekt. Dies führt
automatisch zu Sympathie…
Peavy: …und Vertrauen.
Das ist nicht immer einfach…
Marcos: …das
Teamwork, sich nicht gegenseitig zu beschränken, sondern
sich auch in schwierigen Momenten auf den anderen
verlassen zu können. Wir sind nur drei Typen. Jeder hat
seine Aufgaben, sei es das Management, das Booking, die
modernen, Sozialen Medien zu betreuen, Videos,
Produktion oder Songs zu schreiben. Zudem muss Peavy
schauen, dass die Marke Rage keinen Schaden erleidet.
Wenn du nicht dieses Vertrauen und die Freundschaft hast
oder nicht diese Einheit bist, dann wird es sehr
schwierig. Was aber bei Rage vorher auch schon passierte
(lacht).
MF: Dann wünsche ich euch weiterhin viel
Spass, den ihr gemeinsam geniessen könnt. Danke für die
Zeit, das sehr lockere und entspannte Interview und
alles, alles Gute…
Marco: Danke dir…
Lucky: …ja, es wirklich Spass gemacht und danke, dass
dir das neue Album gefällt…
Peavy: …und für die
jahrelange Unterstützung!
Lucky: Sag mal, wie
findest du «Wings Of Rage», im Vergleich zu den beiden
anderen...
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