Kein Sex mit Panzern.
Die Fans freuen sich auf den Sommer, denn am 19.
Juli bekommen wir neues Material von Professor Brodén
und co. Das neunte Studioalbum, «The Great War» (Der
Grosse Krieg) behandelt (wie es der Name schon vermuten
lässt) den ersten Weltkrieg. Auf jahrelanges Bitten der
Fans hin hat es die Band nun geschafft, genug Material
zusammen zu tragen, um diese Zeitspanne zu bearbeiten. Es
ist allgemein bekannt, dass die Band sehr nahe an den
Fans ist. Jeden Tag erhalten die Jungs E-Mails mit Ideen für
Songs und Fans beschenken die Band mit Büchern zu
spannenden, vielleicht weniger bekannten Themen. Die
treuen Fans recherchieren seit Jahren eifrig und viele
Songs, die wir zu hören bekommen, sind aufgrund eines
Fanvorschlags entstanden.
Nachdem wir mit «Fields
Of Verdun» einen kleinen Vorgeschmack (Side Note: die
finnische Cello-Rockband Apocalyptica hat ein sackstarkes
Cover davon veröffentlicht!) auf die neue Scheibe
erhalten haben, stand für die Band kürzlich eine lange
Reihe von Presseterminen an. Es ist mir eine Freude und
Ehre, dass ich am 18. Mai mit Sänger Joakim Brodén ein
paar Worte tauschen durfte. Immerhin verfolge ich die
Band schon seit ein paar Jahren und nachdem ich im 2010
mit Sabaton mein allererstes Konzert erleben durfte,
stand ich nun fast neun Jahre nach der Entdeckung der
Band in der Nuclear Blast Zentrale in Donzdorf, um mit
dem Sänger zu sprechen und mir auch einen ersten
Eindruck von der neuen Platte zu machen.
Ich habe mich dazu entschieden, die Fragen zum neuen
Album auf ein Minimum zu reduzieren und stattdessen ein
paar interessante Einblicke in die Band(-Geschichte) zu
ergattern sowie (wie ein eingefleischter Fan) auch ein
paar Ideen für die Zukunft zu erhalten. Immer wieder
liess ich auch Fragen zu Themen einfliessen, die in der
loyalen Fancommunity bestimmt gestellt worden wären oder
solche, worauf die Antworten selbst die extremsten Die
Hard Fans (unter Umständen) überraschen könnten.
Joakim Brodén begegnete mir trotz des Promotion-Stress
recht locker und entspannt, was das Gespräch sehr
positiv beeinflusste. Somit erlaube ich mir, das Gespräch
mit einem Community-Joke zu beginnen und frage nach
seinem Knie (welches er im Bismarck-Video in Till
Lindemann-Manier wortwörtlich durch Faustschläge
malträtiert).
MF: Die wichtigste aller Fragen
zuerst: Wie geht es deinem Knie nach dem Videodreh?
Joakim: Ah, alles gut, alles gut. Wie du
siehst, habe ich nun einen extra Schutz drauf (zeigt auf Jeans
mit Nieten über den Knien)
MF: Perfekt,
dann bin ich ja beruhigt. Nun, dieses Interview… Du
wirst noch viele Fragen zum neuen Album erhalten, also
möchte ich es etwas anders machen und dich nicht so viel
dazu befragen, sondern mehr generelle Fragen
stellen, vielleicht etwas zukunftsorientiert.
Joakim: OK.
MF: Also meine allererste
Frage wäre, weil ihr schon die ersten Shows nach dem
neuen Konzept gespielt habt, wie würdest du sagen, haben
sich die Vorbereitungen verändert? Zwischen der allerersten
Show, die du mit Sabaton gespielt hast und dem
neuen Konzept. Was waren die grössten Veränderungen, was
blieb gleich?
Joakim: Die grössten
Veränderungen, mal sehen. Wir waren fünf Leute die
versuchten, im Jahr 1999 auf die Bühne zu gehen. Wir
hatten nicht mal Cases für unsere Instrumente, hatten
unsere Kabel in Plastiksäcken gepackt, ja. Keine Crew
und kein Stageset, manchmal gingen wir ohne
Keyboardständer und montierten die Keyboards auf
umgedrehte Bierharrassen und sowas. Das waren noch
Zeiten, wie man sagt.
Heute, wenn wir uns ansehen
was wir vor ein paar Wochen in Plzeň gemacht haben; wir
haben eigentlich alles vom alten Stageset ausser dem
Panzer entfernt. Einer der Panzer wurde neu gemacht.
Vorher hatten wir nur Sachen hinzugefügt, mehr und mehr.
Aber nun haben wir entschieden: "OK, wir räumen auf".
Also eine komplett neue Pyro-Show, ein total neues
Stageset, alles. Was sehr nett ist, aber es braucht
viele Leute, um das alles zu bauen, es zum Laufen zu
bringen. Ich würde sagen, dass, wenn wir am Abend oder
sagen wir am Nachmittag spielen, die Crew beginnt…
nehmen wir an, die Stage hat schon eine PA, es braucht
mindestens sechs Stunden, um alles aufzubauen und zum Laufen
zu bringen. Dann gibt es den Soundcheck und solche
Sachen obendrauf. Dann kriegen sie eine Pause und wir
sind fertig. Und dies sind die Helden des Tourens. Ich
meine, sie haben schon sechs Stunden gearbeitet, bevor wir
überhaupt zum Soundcheck erscheinen, dann ist der
Soundcheck je nach Situation zwischen dreissig Minuten und zwei
Stunden lang. Sie haben dann eine kurze Essenspause, und
vielleicht können sie sich etwas ausruhen. Dann arbeiten
die Meisten auch während der Show, nach der Show
arbeiten sie so zwei oder drei Stunden…
MF:
Also eine grosse Veränderung zwischen damals und heute…
Joakim: Ja, für uns ist es auch mehr, aber
die wahren Helden im Heavy Metal Touringpaket sind meiner
Meinung nach die Crew-Members, in vielen Fällen.
MF: Danke vielmals für diese ausführliche Antwort dazu.
Die nächste Frage ist zum neuen Album. Könntest du
mir mitteilen, welcher Song auf dem neuen Album dein
persönlicher Favorit ist und wieso?
Joakim: Oh, das ist knifflig, weisst du, denn es ist
wie, wenn du zwischen deinen Kindern wählen würdest,
welches dein Favorit ist. Und auch wenn eines ein
nutzloser, dämlicher Motherfucker ist, du liebst dieses
Kind nicht weniger, oder? Aber nein, ich glaube ich
nenne den zweiten Track, «Seven Pillars Of Wisdom», weil
ich glaube, dass er wahrscheinlich den besten
Gitarrenpart und das beste Schlagzeugspiel aller
Sabaton Songs besitzt, und er ist so schwungvoll. Es ist nur
eine Band, wir sprechen hier nicht von vielen Chören,
einem Haufen Orchester und solchen Sachen, es ist
eigentlich eine Rockband, manchmal ist das das Beste.
Ich möchte Bier trinken und mitsingen, wenn ich es höre.
MF: Perfekt. Und was würdest du sagen, ist der
lustigste und aufregendste Part beim neuen Album? Was
war es?
Joakim: ich glaube, dass wir die
Tracklist gut hinbekommen haben, wenn du es hörst, ist
es wie eine Achterbahn. Es hat Höhen und Tiefen, Drills
und Wendungen, welche die Leute nicht erwarten werden.
Und ich mag es. Ich meine, wir sind eine evolutionäre
Band, keine revolutionäre, du hörst klar, dass das
Sabaton ist, und vom einen Album zum anderen wird es
musikalische Experimente geben, aber es wird nie grosse
Sprünge zwischen den Alben geben. Aber wenn du dieses
Album hörst und unser Debüt, ist es eine sehr
andere Band.
MF: …was mich auf diese
Frage bringt, die ich dir stellen wollte. Wird es jemals
einen Re-Release des ersten Albums geben? Habt ihr
geplant, es zu remastern, rauszubringen, vielleicht
sogar mit dem originalen Cover Artwork? Ich weiss zum
Beispiel, dass Sammler auf dem Sammlermarkt über 400 €
dafür bezahlen.
Joakim: Nun, aus
verschiedenen Gründen werde ich nein sagen. Zunächst mal
schaue ich lieber nach vorne als zurück und zweitens,
wenn Leute solche Sachen sammeln, wenn es einen Grund
gibt, einen guten Grund, ein Album zu re-releasen, OK,
dann musst du es akzeptieren, es ist das Risiko eines
Sammlers. Aber re-releasen nur um zu re-releasen,
verbockt all das nicht noch mehr, für die Sammler? Das
möchte ich nicht und ist, denke ich, somit ein klares
Nein.
MF: Absolut OK für mich, natürlich! Jetzt
eine Frage die ein neugieriger Freund hofft, beantwortet
zu bekommen: Ist es immer dieselbe Firma oder dasselbe
Team, die ihr für eure Musikvideos beauftragt? Oder
arbeitet ihr mit verschiedenen Leuten, je nach Thema?
Joakim: Wir haben nie… ne, einmal haben wir
dieselben zweimal beauftragt. Und da war eine recht
lange Zeit dazwischen. Derselbe Typ, der «Attero
Dominatus» im 2006 gemacht hat, hat auch «To Hell And Back»
im 2014 gemacht. Ansonsten waren es immer verschiedene
Leute. Ich weiss nicht, verschiedene Dinge verlangen
nach verschiedenen Ideen, viele Leute in dieser Sparte
der Industrie sind beschäftigt, und manchmal mögen wir
es, Leute zu nehmen, die nicht aus der regulären
Musikvideobranche kommen. Zum Beispiel den Typ, der das
«Uprising» Video gemacht hat [2010; Anm. Mona], er kommt
nicht wirklich aus einer Musikvideoschule, er ist ein
Polnischer Dokumentarfilmemacher, Filmemacher. Und
manchmal, so fühle ich, mit uns, ich meine, es kommt auf
die Musik drauf an, die du machst. Ich meine, wenn du
eine Rockband bist, die ein spezifisches Thema hat über
welches du singst, was vielleicht deine eigene Band ist,
es könnte über aktuelle Geschehnisse sein oder so. Das
beste Video könnte sein, einen grossen Fokus auf die
Band zu legen. Aber für uns, da wir über Geschichten
singen, wollen wir so viel wie möglich über die Leute
oder Events bringen, die wir besingen. Ich denke also,
je weniger von uns im Video zu sehen war, desto besser
war es eigentlich.
MF: Nun etwas
Aktuelleres, «Bismarck» hat in so kurzer Zeit über 5.5
Millionen Klicks erreicht und ist zweifellos eines der
am meisten gewünschten Themen, ganz zu schweigen davon,
dass es wahrscheinlich einer eurer Top-5 Songs überhaupt
ist, und erst gestern wurde es auf Spotify so weiter
veröffentlicht. [Interview fand am Tag nach
Streaming-Launch statt; Anm. Mona] Durch dessen
Erfolg, gibt es eine Chance, dass Ihr wieder Single-CDs
Verkaufen werdet wie damals? Ich weiss, dass ihr das
nicht mehr macht, aber dies…
Joakim: Dies ist eine komische Sache. Ich glaube unsere
Kommunikation war hier sehr, sehr schlecht. Ich dachte,
wir sind ein Player, aber wir waren es nicht. Wir hätten
einen Einstieg zum Video machen sollen. Die eigentliche
Idee war: "Nun, wir feiern 20 Jahre als Band. Was könnten
wir tun, um unseren Fans ‘Danke’ zu sagen?" Besonders
mit diesem jetzigen Release, sollten wir ein weiteres
Box-Set ankündigen und versuchen, mehr zu verkaufen?
Wollten wir nicht. Also dachten wir, wir werden nicht
nach hinten schauen, lass uns nach vorne blicken, aber
irgendwie ‘Danke’ sagen, für die 20 Jahre der Treue. Und
dann dachten wir über die Sache: Wie wäre es, wenn wir
einen Song aufnehmen und ein Video dazu machen, über das
meistangefragte Thema, welches wir je hatten und es den
Fans gratis geben. Und das war es auch schon mit der
Idee. Und wir dachten uns, lass es uns nicht zu Geld
machen, es würde den Gedanken, es als ein Geschenk zu
veröffentlichen, vernichten, weisst du? Das war der
Plan. Aber dann realisierten wir, dass es auf uns
ankommt, natürlich, die Musik zu machen, aber vielleicht
sollten wir nicht entscheiden, wie die Leute diese Musik
hören werden. Der Grund aber, weshalb es bis gestern
nicht auf Spotify, Amazon Apple Music und diesen
Plattformen war, ist ganz einfach, weil wir ein Statement
setzen wollten: Es ist kein Verkauf, das ist ein
‘Dankeschön’ für 20 Jahre Treue. Aber nun, sagen wir,
dass unsere Mailbox explodiert ist, als der Song nicht
erhältlich war. Es brauchte etwas Zeit um es
hinzubringen. Nun ist es da. Vielleicht werden wir es
eines Tages tun, weil die Leute es wollen, aber es würde
sich falsch anfühlen, und wenn dies der Fall ist werden
uns die Fans dies wissen lassen. Weil, wie wir sagten:
das ursprüngliche Vorhaben war ein "Danke, wir werden
einen Song machen, den wir lieben, über ein Thema
welches ihr von uns kriegen wolltet und wir versuchen
ein geiles Video dazu zu machen. Und wir werden kein
Geld daraus machen. "Und dann, ja, kam es anders, he he.
MF: Um beim Thema zu bleiben: Dies war
eines der meistgewünschten Themen. Haben es auch andere
sehr oft gewünschte Themen schon auf Alben geschafft
oder habt ihr da schon welche in Planung?
Joakim: Ich würde sagen, «The Red Baron» ist eines der am
meisten gewünschten Themen. Und absolut, ich meine in
vielen Fällen hören wir von gewissen Sachen, wenn Leute
uns online kontaktieren oder uns Bücher geben. Es können
komplette Neuheiten sein für uns, und es ist absolut
fantastisch, diese zu entdecken. Es ist sehr nützlich
für uns, gleichzeitig von verschiedenen Seiten daran
erinnert zu werden. Ohne die Leute, die uns Sachen
vorschlagen, wüssten wir zum Beispiel nicht, dass
(die) Bismarck das meistgewünschte Thema war. Es ist für uns
wichtig, dass die Texte und die Musik dieselbe
emotionale Sprache sprechen, und die Geschichte, die wir
erzählen wollen. Wenn wir uns zum Beispiel dieses Album
anschauen, ist die Schlacht um Verdun etwas, was schon
länger in unseren Köpfen war, natürlich, die längste
Schlacht des ganzen Krieges. Aber wir sahen auch den
Trend in unserer Mailbox, dass dieses Thema recht
populär war. Also wären wir ganz schön blöd, wenn wir es
nicht zumindest als Priorität betrachten würden.
Manchmal können wir Sachen nicht machen, ich habe vor zwölf
Jahren angefangen, einen Song über Pearl Harbor zu
schreiben, und ich habe den Song immer noch nicht zu Ende
gebracht! Ich kann ihn nicht beenden. Weisst du,
manchmal sind es sogar unsere Lieblingsthemen. Bei
diesem Album hättest du mich vor einem halben Jahr oder
Jahr gefragt, ich wäre absolut und 100% sicher gewesen,
dass wir etwas wie die "Brucella Offensive" oder die
"Harlem Hellfighters" drauf haben werden, aber nein, haben
wir nicht – wir konnten die Musik nicht schreiben. Es
ist besser, eine Geschichte nicht zu erzählen, als sie
schlecht zu erzählen.
MF: Diese Sache,
jedenfalls; Ausser jetzt Pearl Harbor, gibt es einen
Song oder ein Albumkonzept oder etwas, wovon ihr immer
noch träumt, aber noch nicht gemacht habt oder machen
konntet?
Joakim: Viele Sachen. Es ist
nicht, dass ich es nicht sage, weil ich
geheimnistuerisch bin, ich weiss es einfach nicht. Ich
würde zum Beispiel gerne etwas über Alexander den
Grossen machen, eines Tages, das wäre unglaublich. Aber
wie mache ich es? Ein ganzes Album? Ja, aber wären die
Leute interessiert an einem ganzen Album über Alexander
den Grossen? Wäre ich interessiert daran, ein ganzes
Album über Alexander den Grossen zu machen oder wir in
der Band, hätten wir Spass daran, ein ganzes Album über
ihn zu machen? Um fair zu sein, Alexander der Grosse ist
ganz klar mehr als nur ein Song. Es gibt also viele
Sachen zu bedenken. Ich mag Konzepte. Oder zumindest
nicht ein Konzept als solches in diesem Fall, weil es
eine Sammlung von Geschichten ist, die über vier Jahre
passiert sind. Und ich mag es, zumindest ein Thema auf
dem Album zu haben, es ist so viel spassiger und
fesselnder, die Musik und die Texte zu schreiben, aber
manchmal ist ein Thema zu wenig für ein Album und zu
viel für einen Song.
MF: Ja, das sehe ich
auch so, aber wenn wir davon sprechen, nehmen wir das
«Heroes»-Album als Beispiel. Das ganze Thema schreit nach
mehr als nur, was waren es? Zehn bis fünfzehn Songs? Und ich weiss,
dass Fans von einem «Heroes 2» oder einer Art Fortsetzung
schwärmen…
Joakim: Ha ha ha, würden wir
jeden Monat bis zum Ende unseres Lebens ein Album
machen, wir würden bei «Heroes 68» ankommen, wir hätten
immer noch nicht mal die Hälfte abgedeckt…
MF: Klar! Aber gibt es tatsächlich einen Plan,
diesem Wunsch der Mehrheit der Fans zu folgen und eine
Art Fortsetzung zu machen…?
Joakim: Nun,
wir mögen den Input, zu wissen, was die Fans machen, so
wissen wir, dass wir in die richtige Richtung gehen,
aber auf der anderen Seite können wir nicht alle
gleichzeitig zufriedenstellen. Und weil wir das nicht
können, versuchen wir, auch uns selber
zufriedenzustellen, im Prozess, wenn wir es tun. Ja, ich
kann keine Versprechungen machen, aber ich wäre sehr
überrascht, wenn Heroes das einzige Album dieser Art
wäre, weisst du?
MF: Wenn wir von
Albumthemen- und Arten generell sprechen, gibt es Pläne,
einen Song über Metal zu machen? Wie damals, als ihr
Metal Crüe, Metal Machine und Metal Ripper gemacht habt.
Bleibt es eine Trilogie oder plant ihr, dies
fortzusetzen?
Joakim: Ich weiss nicht,
ehrlich gesagt, das ist knifflig, denn seit wir
angefangen haben, öfters thematische Alben zu machen,
kommen uns diese in den Weg. Hast du The Great War
gehört?
MF: Noch nicht ganz, nur den Anfang soweit,
aber ich mag es bisher! [wir hatten die Möglichkeit, dem
Album in der Nulcear Blast Zentrale zu lauschen, ich
habe aber erst kurz vor dem Interview damit begonnen.
Anm. Mona]
Joakim: Hättest du dir alles angehört, würdest du
verstehen, warum wir sowas nicht ans Ende setzten
konnten.
[nachdem ich das
Album nun ganz gehört habe, gebe ich Joakim voll Recht.
Auf diesem Album wäre so ein Song mehr als unpassend.
Anm. Mona]
MF: Ich denke, ich
verstehe wieso, aber sowieso, es wäre lustig als
Spass-Liedchen oder als zusätzliche Single.
Joakim: Glaube mir, ich liebe es, solche Sachen zu
schreiben, sie sind nicht so mental ermüdend, weil in
diese Richtung zu gehen, dieses Konzept zu basteln, es
ist so eine Erleichterung. Ok, Rocksong, lass uns Spass
haben beim Texten, lass uns ein Bier trinken und
schauen, was kommt. Nochmal, ich wäre sehr überrascht,
wenn wir nicht irgendetwas in dieser Art machen würden.
Aber wir müssen auch eine lustige Idee haben und wie wir
es machen könnten, wie wir es gut machen könnten. Wenn
wir es nicht cool machen und die Leute nicht überraschen
können, dann machen wir es besser gar nicht.
MF: Absolut! Um auf Überraschungen zu
sprechen zu kommen, dies ist vielleicht etwas
träumerischer, komischer oder gewagter aus der Community
der Die-Hards und ehrlich gesagt, ich persönlich würde
es auch sehr gerne geschehen sehen: Gibt es vielleicht
die Chance oder sogar schon einen Plan für einen
speziellen Song oder ein spezielles Konzert oder Tour
oder eine andere Form der Kooperation/Projekt mit Civil
War und/oder früheren Mitgliedern in einem grossen
Projekt?
Joakim: Sag niemals nie! Aber
da gab es viele Leute bei Sabaton über die Jahre. Und
manche betrachten den Lineup als sie Sabaton entdeckten
als ihr Original-Lineup. Thobbe hat die Band vor, sagen
wir zweieinhalb, drei Jahren verlassen, aber wir haben den Song
«Fields Of Verdun» zusammen geschrieben. Wir sind immer
noch gute Freunde, wir waren keine Erzfeinde, das ist
nicht wieso er uns verlassen hat, er war von diesem
Lifestyle ermüdet. Als ich eines Tages ins Studio ging
um ein wenig Musik zu schreiben, dachte ich mir:
Vielleicht sollte ich Thobbe anrufen? Wir haben schon
ein paar gute Songs zusammen gemacht. Und dann habe ich
ihn angerufen und sagte sowas wie: "Alter, wollen wir
Heavy Metal schreiben und ein paar Bier trinken?" Und er
sagte: «Fuck yeah!»
MF: Ja, das klingt
wie Thobbe! Ok, dies ist nun eine Frage die du
wahrscheinlich oft hörst, aber weil ihr so viele Shows
spielt, pro Jahr, eigentlich, kann es sein dass die
Antwort anders ausfällt als beim letzten Mal, als du die
es gehört hast. Also; Was war das witzigste,
unglaublichste/spannendste oder angsteinflössendste
Erlebnis an einem Konzert oder auf Tour?
Joakim: Oh, knifflig, weisst du, da gibt es so viele zur
Auswahl, ha ha!
MF: Ha ha, wähle eines,
welches hängen geblieben ist, das Ultimative.
Joakim: Ich habe nach der tausendsten Show aufgehört, zu
zählen, und das war vor vielen Jahren, als wir über fünfzig
Länder besuchten. Es gibt so viel. Ich kann wie keines
raus picken, weil es nicht das Beste wäre, aber hättest
du zwei oder drei von uns hier, könnten wir fünf Stunden
lang darüber reden, gleichzeitig, weil es so viele gibt.
Uh… Angsteinflössende Sachen… lass’ uns da beginnen. Ja,
es gab ein paar angsteinflössende Situationen, aber
nichts wirklich Gefährliches. Lustige Sachen… da
erinnere ich mich an eine Signing Session, die ging in
beide Richtungen, das war komisch, weil es war nicht
eine Signing Session-mässige Signing Session, aber das
ist, wenn du richtigen Publikumskontakt hast, das mag
ich, weisst du? Wenn du auf einem grossen Festival bist,
mag ich es, eine grosse Show zu machen und dort zu sein.
Aber es ist gleichzeitig traurig, du verlierst etwas von
der Interaktion mit dem Publikum, andersrum, wenn du
wirklich kleine Shows spielst, hast du viel
Interaktionen, was fantastisch ist.
Aber dann,
normalerweise wenn die Bühne zu klein ist, kannst du
dich kaum bewegen. Dies ist warum ich Signing Sessions
irgendwie mag. Einmal, vor vielen Jahren, kommt ein Typ
und fragt: «Unterschreibt ihr alles?». Wir sagten so:
FUCK YEAH! Da hebt er seine Freundin auf den Tisch und
dann hebt er ihren Rock. Ich denke so ECHT? OK, da
unterschreibe ich… Eine untypische Situation, aber glaube
mir, sie war voll dabei, er hat sie nicht gezwungen oder
so. Ich meine, man sollte es nicht sagen müssen, aber
heutzutage musst du es sagen, wenn du verstehst, was ich
meine. Nun, das war in Schweden. Ein paar Jahre später,
wir haben am Graspop gespielt [grosses Heavy Metal
Festival in Belgien; Anm. Mona] und es kommt ein Typ und
fragt so: «Unterschreibt ihr alles?». Ich sage oh ja und
er… nun… [hier simuliert Joakim wie er den Hosenschlitz
öffnet und sein Glied rausnimmt, unter heftigem Lachen]
er packt seinen Pimmel raus und ich wusste nicht, wie
ich darauf reagieren sollte, also habe ich ihn nur
angeschaut und gesagt: «Ich kann Initialen machen….»
[lacht noch einen Moment herzhaft weiter]
MF: Okay, das ist wahrscheinlich die beste Story,
die ich jemals gehört habe! Unterschreibst du mir
nachher die Brüste? [natürlich mit Unschuldsmiene
gefragt, ne?]
Joakim: Wäre nicht das
erste Mal…
MF: Das kann ich mir
vorstellen! Ok dies ist nun etwas, gewissermassen in
Anbetracht des neuen Albums. Es ist das allererste Mal,
dass ihr in diesem speziellen Boxset ein
Instrumentalalbum releast. Soweit ich es in der
Community mitbekommen habe, sind alle total gehyped über
ein richtiges Instrumentalalbum, also stellt sich mir
die Frage, ob ihr eines Tages eine Art Mega-Release /
Special Edition mit allen Sabaton-Instrumentals
rausbringt?
Joakim: Vielleicht, das wäre
nett, aber es ist nicht nur ein Instrumental wie ‘wir
entfernen die Vocals’, es ist mehr im Stil wie.. Ich
würde sagen klassische Musik, aber das ist es auch
nicht, denn es hat viele hybride Elemente. Wenn du zum
Beispiel einen Filmtrailer schaust, diese Sorte Musik,
gemischt mit klassischer Musik, das ist es, was da drauf
ist und es freut mich sehr, weil sowas sich manchmal so
sehr umsetzt. Ich habe es nicht realisiert, bis ich es
gehört habe. Wir waren sehr glücklich, dass ein Song,
den wir geschrieben haben, auch in solch einem Setting
funktioniert. Und ich bin sehr gespannt, wie die
Community darüber denken wird.
MF: Ja,
ich persönlich habe es vorbestellt und bin so gespannt.
Joakim: Also bekommst du alle drei, nehme
ich an?
MF: Du solltest wissen, dass ich
eine Sammlerin bin, also nehme ich alles, was ich in die
Finger kriege.
Joakim: Dann sind das teure Zeiten
für dich jetzt?
MF: Ja, also bin ich ein Sammler
und bin sehr gespannt auf die Instrumentals, aber ich
werde auch eine Petition unterschreiben wenn nötig,
sodass ihr alle Instrumentals veröffentlicht, das wäre
fantastisch!
Joakim: Oh, das ist viel Arbeit!
MF: Kann es kaum erwarten! Nun, wenn wir darüber
sprechen wie viele Jahre ihr schon tourt, ich sehe immer
Videos von dir wie du deine Brillen an Kinder und Fans
verteilst. Wie viele würdest du schätzen, hast du
während deiner Karriere verschenkt?
Joakim: Uuh, keine Ahnung, keine Ahnung, über hundert,
das ist sicher, aber dann weiss ich nicht. Aber es ist
nicht so, dass sie sie an jedem Konzert rausgebe… Ich
denke, manche Künstler und ich ziehe nicht über sie her,
aber ich sage, das ist nicht für uns, manche Künstler,
wenn die Show zu Ende ist, die Crew geht raus und
schmeisst die Gitarrenplektren oder sowas raus, was zwar
gewissermassen nett für die Fans ist, aber gleichzeitig
mindert es den Wert deren, die das Plektrum gefangen
haben. Zum Beispiel, das ist ein paar Mal passiert, da
sehe ich jemand Junges, ein Kind am Konzert und bringe
es auf die Bühne für den letzten Song, gebe ihm eine
Brille, weil es ihr erstes Konzert ist oder so. Oder ich
sehe eine Person in der ersten Reihe und ich sehe, dass
sie die ganze Zeit dort steht, bei jedem Lied mitsingt,
auch dann, wenn circa bei zwei Drittel der Show alle etwas müde
sind vor dem finalen Push, diese Person hat alles
gegeben. Da werfe ich nicht, ‘die sind für dich’. Auf
diese Weise bedeutet es mehr, Und wenn jemand sie
sowieso will, kann er sie kaufen, Aber ich möchte
sichergehen, dass wenigstens, wenn ich sie vergebe, ich
es aus einem guten Grund mache.
MF: Ja, ich bin auch ein Fan und das hat so viel mehr
Wert, als wenn ein Roadie auf die Bühne kommt, wörtlich
mit einer Tüte und sie so rausschmeisst. Eine
weitere Sache; was würdest du sagen, ist deine
Lieblingsära in der Geschichte und wieso, falls du es
definieren kannst?
Joakim: Geschichte
generell oder Militärgeschichte?
MF: Was
auch immer du wählen willst.
Joakim: Ich
bin zunächst mal ein Geschichtsfan, es ist nicht nur
Militärgeschichte, aber wir könnten nicht wirklich über
die natürliche Geschichte singen im Heavy Metal. Eh… auf
eine Art und Weise ist eine der interessantesten die
Renaissance, wie alles zurück ins Leben kommt nach dem
Fall des Römischen Reiches und dem Mittelalter, so viel
Wissen, das Bauen von Gruften, Kathedralen und Kuppeln,
all diese Sachen, die verloren sind. Es ist die einzige
Ära in der Geschichte der Menschheit in der, denke ich
zumindest, Wissen verloren ist. Alles scheint gen Süden
zu gehen. Zumindest ist es eine dieser Zeiten. Und dann
siehst du die grossen Köpfe dieser Tage, die als
Universalgenies gelten, sei es in der Kunst oder in den
Wissenschaften. Ich meine, Leonardo (da Vinci) war ja ein wenig in
alles verwickelt. Ich finde diese Zeit sehr faszinierend
und wie sie die Zeit der Entdeckungen kickstartet und
dann, langsam aber sicher, beschleunigt sich die Kurve
und bringt uns hierher, wo wir jetzt sind.
MF: Danke vielmals hierfür. Eine Sache die mich noch
neugierig macht ist, was dein Geheimnis ist beim
Balancieren zwischen deinem Privaten und dem Bandleben,
besonders jetzt, wenn auf Tour oder in Promotion.
Joakim: Bis vor ein paar Jahren musste ich
das gar nicht definieren, weil ich immer auf eine Weise
ich selbst bin auf der Bühne. Natürlich etwas grösser,
ein paar dumme Witze und so, aber ich mag es, es ist
zumindest ein Teil meiner Persönlichkeit die ich verstärke,
wenn ich auf der Bühne stehe. Ich bin nicht komplett
anders. Ich kann auch schlechte Tage haben und
langweilig sein, wenn ich mit niemandem sprechen will
und einfach nur schlafen möchte. Natürlich tu ich das
nicht auf der Bühne. Aber erst vor ein paar Jahren
musste ich es definieren, dass ich mich dazu entschieden
habe, Musiker zu sein und mich aus dieser Gleichung
raus zu nehmen wäre ziemlich dumm. Eigentlich ist alles
von meiner Kindheit an über private Hobbies OK. Aber die
Familie und die Leute um mich herum, das ist limitiert,
ich geh da nicht weit, weil sie die Entscheidung nicht
getroffen haben. Es wurde ihnen wie aufgezwungen.
MF: OK, nun, alle in der Community
wissen, dass du so ein Ding mit Panzern hast… es ist ein
offenes Geheimnis, dass -
Joakim:
[lacht] ES IST DIE COMMUNITY, DIE DAS ERFUNDEN HAT! HA HA!
MF: Ja, deshalb wollte ich dich fragen, woher kommt
die Idee, dass du einen Panzerfetisch hast? Gibt es da
was oder ist alles eine Sache, die die Fangemeinde
erfunden hat?
Joakim: Ja, ist alles von
der Community gemacht. Dasselbe mit dem Knie-Banging.
Ich habe es so lange gemacht, aber erst jetzt kommt es
auf, OK, stört mich nicht! Ich meine, Leute können sich
über mich lustig machen, das ist cool. Glaube mir, das
ist weshalb ich diese Sachen manchmal selber anschaue,
dort wo Leute keine Angst davor haben, sich über uns
lustig zu machen, ich geniesse es. Wir nehmen unsere
Musik und die Geschichten, die wir erzählen ernst, aber
wir nehmen uns selber nicht sehr ernst.
MF: Das dachte ich mir, aber ich wollte mal fragen, denn
es scheint ein offenes Geheimnis zu sein, dass du einen
Panzerfetisch hast, und ich dachte mir, dass das
mindestens teilweise erfunden sein muss…
Joakim: Ja, es macht Spass, ich meine, es ist ein Teil
der Militärtechnologie, die mich interessiert, also ja,
aber ich bin gleichermassen in Kampfschiffen oder sowas
interessiert, in dieser Thematik… Ich habe
Panzersimulatoren ausprobiert und sowas, es ist
interessant. Ich war oft in Panzern, sei es für Fotos und
Videoshootings oder zum Fahren. Aber es ist nicht so,
dass ich das Bedürfnis habe, unanständige Dinge mit
Panzern anzustellen, wenn du weisst, was ich meine.
MF: Das hätte ich von dir auch nicht erwartet, aber
man weiss ja nie… Aber da gibt es noch eine andere
Geschichte die ich schon von ein paar Fans gehört habe…
Joakim: OK, jetzt bin ich besorgt.
MF: Ja, sollest du, aber vielleicht nicht so sehr.
Man sagt, du hättest da ein Piercing an so einer Stelle,
ist das eine wahre Geschichte?
Joakim:
Ja, das ist wahr, ich habe es sogar mal am Graspop
gezeigt, also…
MF: Das habe ich nicht
gesehen, also wollte ich dich persönlich fragen. Nicht, dass
du es mir zeigen musst...
Joakim: Ja, es
schien eine sehr schlaue Idee zu sein damals, und ich
sage nicht, dass es eine schlaue Idee war, nur dass es
so schien. Lass mich dir die Szene erzählen. Betrunken in
Texas. So beginnt eine gute Geschichte, du siehst schon,
in welche Richtung es geht… Unser Keyboarder, Daniel
M’hr, wir sassen in einem Restaurant und er kam zurück,
weisst du, total betrunken und so [macht betrunkenes
Grinsen und Kichern nach], selbstgefällig. Wir fragen
so: was ist los, wir hätten uns schon lange hier treffen
sollen. [betrunkene Stimme] "Ha ha ha, ich habe was
gemacht." Was geht falsch mit dir? Und dann zeigte er
uns, dass er einen oder zwei Nippel gepierct hat, kann
mich nicht erinnern, welchen, er sass so da und
plapperte und war so eingebildet deswegen, und wir sagten
nur: Come on, gibs auf! Viele Leute haben Tattoos und
Piercings. Ich hatte damals auch mit meinem begonnen und
so taten auch die meisten Leuten in der Band. Was ist
also so besonders daran? Komm schon, es ist ein
Piercing, das du als Teenager machst um gegen Mutti zu
rebellieren, zum Teufel. Und dann sagte er sowas wie:
"Also, mach was Schlimmeres!". Er hat mich also quasi
herausgefordert. Zeig mir wie es geht, dann. Und ich
sagte so "gottverdammt, ich zeige dir wie es geht!". Ja,
dann, sechs Strassen weiter unten in Austin, Texas, ich
erinnere mich, ich ging da rein und sagte: [leicht
betrunkene Stimme] "Gib mir das grösste Stück Stahl
welches du in meinen Schwanz bringst." Die schauen mich
nur so an, sehen, dass ich offensichtlich besoffen bin
und sie fragen so: "Bist du sicher?". [betrunkene
Stimme] "Absolut, es ist eine tolle Idee." Ist es nicht!
Und dann kam es zur Reaktion, wir waren in Amerika: "Ja,
wir haben hier so ein Papier, das du unterschreiben
musst, es bestätigt, dass du nicht auf irgendeine Weise
high oder betrunken bist. Oder sonst irgendwie
berauscht." Und ich so: [betrunken] "Ich kann das
unterschreiben." Tja, das ist, wie es zum Piercing
kam.
MF: Ich danke dir sehr für das
Gespräch und für all die Einblicke.
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