Nach der im Vorab erhältlichen Single „Antigod“ war
es nur eine Frage der Zeit, bis die welschen Jungs ihr
nächstes Werk auf die geneigte Hörerschaft loslassen
würden. Das Ergebnis sowie die Bewertung zu „Lux Mundi“
ist in der neuesten Ausgabe der CD-Kritiken nachzulesen
– gut und schön, aber ohne Zusatzinformationen ist dies
nur halb so spannend. Deshalb trafen sich Vorph (VO), XY
und die bereits seit zwei Interviews bekannte Delegation
der Metal Factory zum Gespräch, um herauszufinden, was
denn genau hinter dem Konzept von „Lux Mundi“ steckt und
welche Bedeutung die neue Herangehensweise an die Sounds
hat.
MF: Vorph, XY, danke euch, dass ihr da seid und euch für
dieses Interview Zeit genommen habt.
VO: Kein Problem.
MF: Euer neues Album heisst ja „Lux Mundi“, was
soviel heisst wie „Licht der Welt“. Warum habt ihr euch
für solch einen Titel entschieden und wieso ist er auf
Latein?
VO: Nun, das ist ja aus der Bibel entnommen, die Kirche
sollte ja quasi das Licht der Welt sein, und mit all
dem, was sie getan hat, mit all den Verschleierungen und
bewussten Täuschungen, da ist nichts Positives mehr an
der ganzen Sache. Es gibt nichts mehr für dich selbst,
du kannst es selber ja gar nicht mehr sehen, weil sie
dich davon abhalten. Also sind die Leute selbst das
Licht der Welt, da ist nichts mehr, was ihnen sagt, das
sei richtig oder falsch. Es gibt da auch einige Songs
auf dem Album, welche dem Titel sehr nahe stehen, zum
Beispiel „Let My People Be!“, „Luxferre“ oder auch „The
Truth Is Marching On“. Aber wir haben jetzt kein
Konzept-Album erstellt, es gibt einfach einige Lieder,
die dem Albumtitel sehr nahe kommen.
MF: Man könnte es allerdings schon als Konzeptalbum
sehen, gerade wenn man den Grundfaden der
Anti-Religiosität nimmt, der Song „Antigod“ ist ja ein
deutliches Statement gegen jegliche Religion und das
Christentum.
VO: Gut, das kann man effektiv so sehen. Es ist mehr
allgemein gemeint, und es gibt eigentlich zwei Songs,
die sich effektiv gegen die Religion wenden: „Antigod“
und „Shadow Of The Sword“. Aber da sind noch weitere
Lieder, die sich zwar im Grundgedanken gegen die
Religion wenden, aber in einem anderen Kontext, da ist
beispielsweise ein Song über Krieg, dann wiederum einer
über die Spiritualität in Verbundenheit mit der Natur, „Pagan
Trance“ – es ist nicht so, dass wir jetzt nur ein Thema
hätten, wir behandeln viele verschiedene Themen.
MF: XY, bist du beim Erschaffen des Sounds
irgendwelche neue Wege gegangen oder war es mehrheitlich
so wie immer?
XY: Generell war ja eigentlich nichts Besonderes im
Spiel, wir sind alles wie immer angegangen, nur mit dem
Unterschied, dass jetzt hier wieder mehr wert auf das
Orchestrale gelegt wurde. Das ganze Album wird ja davon
beherrscht und auch angetrieben. Der Rest des Prozesses
war so wie immer, aber wir haben uns diesmal einfach
mehr Zeit gelassen, da wir ja schon relativ früh mit dem
Schreiben begonnen haben, und so kam eines zum anderen.
MF: „Lux Mundi“ erscheint ja mehr zur ‚Linie’ von
Samael gehörend, nicht so wie „Above“, welches ganz klar
für sich selber steht.
VO: Wir wollten ja auch hiermit einen Neuanfang wagen,
und es ist immer so eine Frage, wie sich das dann
anhören würde. Wir haben aber effektiv nicht darauf
geschaut, dass unser neues Album jetzt quasi sich wie in
einer Reihenfolge mit den Vorgängern befindet, sonst
wäre es ja kein Neuanfang gewesen. Wir haben uns einfach
die Zeit genommen, die wir gebraucht haben, also ohne
Deadline. Und als es dann schlussendlich fertig war,
dann, tja, dann war es eben fertig (lacht).
MF: Irgendwie scheint es aber doch so, dass jetzt das
neue Album quasi alle Elemente eurer Vorgänger-Alben in
sich vereint.
VO: Das kann sehr gut sein, keine Frage. Aber es war
niemals beabsichtigt. Als wir uns neu orientiert haben,
wo wir eigentlich stehen und was wir machen wollten, da
nahmen wir einfach, was wir hatten, und mit diesen Ideen
haben wir dann gearbeitet.
MF: Du hast vorhin schon erwähnt, dass das Album
jetzt im Generellen gegen Religion steht, und du hast
dabei den Song „The Shadow Of The Sword“ erwähnt. Kannst
du ein wenig genauer erläutern, was dahinter steckt?
VO: Es ist so gedacht, dass dieser Song quasi erläutert,
wofür Religion im Allgemeinen steht und um was es dabei
eigentlich geht. Ich habe dabei versucht, alles, was ich
in meinem Kopf zu diesem Thema hatte, einfliessen zu
lassen. Schlussendlich geht’s darum, dass man versucht,
ein elendes Leben zu führen, nur damit es im Jenseits
dann besser wird. Ich bin mir selber nicht mal sicher,
ob alles einen Sinn ergibt, in meinem Geist schon, aber
ich weiss nicht, ob ich es auch so rüberbringen kann. Es
geht ja auch die Bigotterie der Bibel und alles, was
damit zusammenhängt. Leute geben anderen Leuten vor, wie
man den ‚richtigen’ Weg beschreitet, sie sagen ihnen,
was sie tun sollen und was nicht. Ich selber sage ja
keineswegs, was richtig und was falsch ist, ich gebe nur
das wider, was eigentlich allgemein bekannt sein sollte,
ich renne also quasi offene Türen ein mit diesem Thema.
Das ganze Album ist ja gegen Religion gerichtet, aber
nicht mehr in der Art wie früher, als wir das auch schon
gemacht haben – damals waren wir jünger und zorniger.
Man entwickelt sich ja auch weiter, und geht somit die
Thematik auch anders an. Aber man merkt, dass Religion
wieder zurückkommt, in all seinen Extremen, und ich kann
dieses Geschwafel nicht mehr hören – deshalb wollten wir
hiermit auch eine Art Statement von uns gegen diese
Entwicklung geben.
MF: Lasst uns ein wenig übers Artwork reden. Bei der
Single „Antigod“ wurde ja mit dem doppelten Pentagramm
die typische Samael-Stimmung ausgedrückt, während auf
dem Album selber gemäss Aussagen auf der Homepage und im
Newsletter der erste Eindruck von Licht in einem Auge zu
sehen ist.
VO: Also alles was ich wollte, war, dass das Cover
eigentlich schwarz in schwarz hätte werden sollen, also
mattschwarz und glänzendes Schwarz. Das mit dem Auge war
die Idee von Patrique (welcher seit längerer Zeit die
Cover für Samael entwirft, Anm. d. Verf.). Wir haben’s
uns angeschaut und haben’s dann genommen. Es macht schon
Sinn. Ursprünglich war ja die Idee von schwarz in
schwarz, so dass man das Logo und alles erst sieht, wenn
Licht darauf scheint, aber so stimmt’s eben auch: Je
mehr Licht darauf scheint, desto mehr sieht man, und das
ist dann wiederum die Verbindung zum Titel selbst. Es
ist aber auch eine Metapher für das Leben, je mehr Licht
man sieht, desto klarer sieht man den Pfad des Lebens
vor sich.
MF: XY, da war doch auch noch ein Remix auf der EP
drauf, warst du wiederum dafür verantwortlich?
XY: Das ist während den Mixing-Sessions passiert, es ist
einfach eine andere Art, an den Song heranzugehen, mehr
Industrial-mässig. Das habe ich ja schon mehrmals
gemacht, und es ist immer wieder interessant, zu sehen,
wie sich das so entwickelt. Eben, mehr in Richtung
Industrial, beinahe schon so eine Art Trance-Track. Wie
gesagt, die Konzentration lag mehr auf dem Metal- und
Orchesterteil, also war dies wie eine Art Experiment –
wieder einmal (lacht). Einfach eine total andere
Herangehensweise wie sonst, und das macht es eben
spannend, zu sehen, wohin das führt.
MF: Die live-gespielten Songs auf der EP waren ja
auch weniger poliert wie auf dem Album „Solar Soul“,
direkter und auch aggressiver. War diese
Neuinterpretation so wuchtig gewollt oder mehr
instinktiv?
XY: Auf dem Album selber damals hatten wir einen anderen
Mischer, der zwar einen guten Job gemacht hat, aber im
Endeffekt war es dann schon beinahe zu poliert. Jetzt
kann man auch eher die raue Wirkung der Songs erleben,
was natürlich ein Erlebnis für sich darstellt.
VO: Den Job hat er damals wirklich gut gemacht, keine
Frage, aber zum jetzigen Sound hätte es einfach nicht
gepasst. Das haben wir eben damals schon live gemerkt,
und das hat sich dann logischerweise auf dem neuen Album
niedergeschlagen. Jetzt stimmt es eben auch im Gesamten.
MF: Da muss man nichts mehr hinzufügen. Ein weiterer
interessanter Track ist ja „Mother Night, der sehr
langsam, beinahe bedächtig ist, und wie eine Art ein
Geheimnis für sich enthält. Was war die Idee dahinter?
VO: Das war eigentlich die Ballade schlechthin, die wir
für „Lux Mundi“ geschrieben haben. Das Ganze ist
weicher, kurviger, und ich habe keine Ahnung, ob dieser
Song live funktioniert. Es ist aber auf jeden Fall
spannend, ihm zuzuhören.
XY: Das war auch vom Mixing her eine interessante Sache,
den Song eben ruhiger, relaxter zu gestalten.
VO: Das ist so, ich meine, da gibt es keine brutalen
Parts mittendrin oder so, sondern es ist ruhig, dann
wieder mit mehr Tempo, dann wieder ruhiger, wie gesagt:
kurvig. Aber ohne grossartige Überraschungsmomente, das
war noch wichtig. Wir wollten ja nicht wie eine Thrash
Metal-Band sein, die zuerst mit Akustik-Gitarren
hantiert und dann brachial mit derben Riffs losbrettert,
sondern die ganze Atmosphäre sollte eben in sich
geschlossen bleiben.
MF: Genauso interessant ist ja auch „The Truth Is
Marching On“. Man könnte sich leicht vorstellen, um was
es da geht, aber ich würde es doch noch gerne von euch
selber erfahren.
VO: Nun, der Titel an sich ist selbsterklärend. Ich
meine, es gibt meiner Meinung nach nicht so etwas wie
DIE Wahrheit an sich, aber sie ist es definitiv wert,
gesucht und gefunden zu werden, für jeden von uns
individuell. Und was auch immer geschieht, es wird immer
nach der Wahrheit gesucht werden, deshalb steht der
Titel auch für sich selbst. Der ist übrigens verändert
worden vom Gospel „His truth is marching on“, und die
Idee dahinter ist, dass niemand die Wahrheit für sich
beanspruchen kann. Ich persönlich glaube nicht an die
Wahrheit als solches als ein fixes Ding, und eben
deswegen kann niemand sagen, dass die Wahrheit ihm
gehört oder dass er die Wahrheit verkündet.
MF: Das ist effektiv ein gutes Statement, das man so
stehen lassen kann. Wir sind ja auch schon wieder am
Ende des Interviews angelangt, gibt es etwas, dass ihr
den Metalheads da draussen und speziell natürlich den
Lesern der Metal Factory mitgeben möchtet?
XY: Grüsse an alle Metalheads!
VO: Yeah, und man sieht sich auf Tour im September, wir
haben zwar noch keine Daten zur Hand, aber das kann man
auf der Homepage erfahren!
MF: Ok, super. Danke euch beiden vielmals!
VO: Keine Ursache, war wie immer nett, mit dir zu
plaudern.
Unser Toby (mitte) mit Samael >>>
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