Interview: Sigma
By Rockslave
Eines Tages im vergangenen Mai lag ein Umschlag mit der Promo-CD "Win or lose" von der italienischen Metal Band Sigma in meinem Briefkasten. Obwohl sich einige angenommene Assoziationen in Sachen Sound bewahrheiteten, gab es doch ein paar Lichtblicke zu verzeichnen und man durfte gespannt sein, wie das Endprodukt dann klingen würde. Ein paar Monate später war es soweit und Karin Evin, die fleissige Promo-Fee vom "Love Music Center" in Mailand, schickte mir gleich das Digi-Pak ihrer Schützlinge. Meine Freude über das Debüt-Werk der Melodic Prog True Metaller fiel dann allerdings etwas ernüchternd aus (siehe dazu auch die Review vom Dezember 2003). Das hängt zum einen damit zusammen, dass diese Ecke nicht meine bevorzugte Domäne des Metals darstellt und zum anderen haderte ich vor allem mit der Produktion. Sänger Anthony Pecere war sich nicht zu schade, meine (schriftlichen) Anmerkungen dazu ehrlich und direkt zu kommentieren. Überhaupt lernte ich einen überaus bodenständigen Musiker kennen, der mit viel Herz dabei ist und die Hoffnung äusserte, dass nicht alle so empfinden wie ich! Nach einer Kurzvorstellung meinerseits konnte Anthony auf sympathische Art und Weise gleich mal punkten.

A: Hi Dan, mir geht es gut, danke! Ich grüsse all eure Leser...

MF: Nun..., gleich eine Frage zum neuen Album: Warum habt ihr entschieden, es selbst zu produzieren und welche Probleme hattet ihr in der Vergangenheit mit Athreia Records. War es der Umstand einer (zu) hastigen Aufnahme und was hat es mit der "unterschiedlichen, musikalischen Auffassung" ansich?

A: Wir haben uns dazu entschlossen, um unserer Musik genau das geben zu können, was wir dazu im Innern gefühlt haben. Klar braucht es auch den richtigen Zeitpunkt der Veröffentlichung. Das ist der Grund für den "zackigen" Release (lacht)! Jedes Mitglied der Band hatte seine eigenen Vorstellungen zum endgültigen Sound des Albums. Das vorliegende Resultat stellt einen Kompromiss dieser verschiedenen Ansichten dar, das heisst bezüglich der Arrangements, Melodien, des Gesangsstils und der künstlerischen Ausrichtung als Solche. Dies gelingt einmal besser oder schlechter. Diese Umstände erzeugen Spannungen und kann Leute manchmal auf andere Gedanken bringen, so ist das Leben. Athreia (Records) glaubten nicht an das Potenzial unseres Artworks, als wir es präsentiert hatten. Das bedeutete, dass sie nicht daran interessiert waren, "Win or lose" mit genügend finanziellen Mitteln in der nötigen Art und Weise zu unterstützen..., auch sowas gehört zum Leben.

MF: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Shark Records (Crazy Life Music)?

A: Das ist schnell erzählt! Wir haben Vertrauen in Karin (Evin) und ihre Promo-Arbeit. Sie ist sehr wichtig für die Band, denn ohne ihren Einsatz hätten wir den Deal mit Shark Records nicht. Es ist so, dass diese aufgrund Karin's Bemühungen an uns gelangten.

MF: Eure Musik ist nicht ganz das, was die Leute normalerweise erwarten, wenn sie eine italienische Heavy Metal Band vor sich haben. Er hört sich nicht bloss nach Rhapsody oder Labyrinth an. In Bezug auf die progressiven Einflüsse, wer sind eure musikalischen Vorbilder und was inspiriert Sigma?

A: Was du sagst, ist ein wichtiges Kompliment an die Band, weil es bedeutet, dass wir eine eigene Identität in unserer Musik haben. Jedes Bandmitglied hat da seinen eigenen Geschmack und Vorlieben. In Sachen Prog steht Frank (Rider) auf Rush, Andrew (dal Zio) mag Dream Theater, Angra und Kamelot, während Pasko, wie ich, auf Queen steht. Zudem gefallen mir Symphony X. Ark, Altura und Vanden Plas.

MF: Mein erster Eindruck des Demo's war nicht gerade berauschend. Hauptsächlich wegen dem Mix, insbesondere die Drums kommen nicht so daher, wie sie für diese Art von Musik eigentlich sein sollten. Ein weiterer (persönlicher) Ansatz zur Kritik ist der meist nervende Keyboard-Sound, zudem ist zwischen dem Demo und dem Endprodukt kaum ein Unterschied aus zu machen.

A: Hmm, das stimmt mich traurig, denn ich liebe dieses Album sehr. I will dich jetzt nicht umbiegen, aber versuche einen Zugang zu den Emotionen, den Charakteren und deren Geschichte zu finden. Wir versuchten, unsere Gefühle auf der musikalischen Ebene zu transportieren, die natürlich nahe an denen von uns selber sind. Wir haben orchestrale Parts verwendet und diese sind schwierig abzumischen. Es bestand kein finanzieller Engpass. Der Endmix ist in unseren Augen gut geworden und auch der Drum-Power widmeten wir unsere Aufmerksamkeit, ebenso den orchestralen "Gefühlen". Schlussendlich ist es aber dein persönlicher Geschmack, den ich zu respektieren habe. Ich hoffe bloss, dass sich viele Leute unserem Feeling anschliessen werden.

MF: Ich bin überzeugt, eure künftigen CD-Verkäufe wären besser, wenn ihr (technisch!) wie zum Beispiel Masterplan klingen würdet. Kannst du dem wenigstens ein wenig zustimmen? (Anthony fasste "technisch" offenbar auch als "handwerklich" auf, was ich eigentlich nicht gemeint hatte. Es ging mir eigentlich rein um die Produktion...)

A: Hmm! Ich hoffe für die Zukunft, dass wir unsere Trademarks, inklusive verschiedener Einflüsse vorantreiben können. Technisch trifft man in allen Belangen immer wieder Leute an, die weiter als man selber ist. Dies bietet einen die Chance, besser zu werden und zu lernen. Lernen bedeutet aber, dem eigenen Weg und der selbstgewählten "Sprache" zu folgen. Wichtig ist, mehr "Worte" zu kennen, ohne die "Sätze" der anderen zu kopieren. Ich mag Masterplan wirklich sehr, besonders (Jorn) Lande's Stimme, aber ich will ihren Stil nicht klonen. Schliesslich habe ich nicht das Gefühl, dass "Win or lose" technisch(e) Mängel aufweist, es ist einfach anders.

MF: Ein paar Jahre zurück war die italienische Heavy Metal Szene ziemlich unbedeutend und nicht fähig, sich auf internationalem Level zu behaupten. Nun, die Zeiten haben sich geändert und es gibt mittlerweile eine ganze Menge starker einheimischer Rock und Metal Bands, und die spielen nicht nur True Metal. Wie beurteilst die heutige Szene in der Heimat?

A: Die italienische Szene ist sehr interessant. Es hat viele gute Bands, wie zum Beispiel Lacuna Coil. Aber neben einer aktiven Band verschwinden andere, wie Black Jester (eine starke Prog Metal Band!), wieder. Ich denke, die Szene entwickelt sich ständig weiter und wir müssen einfach das nächste grosse Ding abwarten.

MF: Dieses Jahr werdet ihr im Frühling eine Europa-Tour spielen. Wer supported euch und kommt es auch zu einem Auftritt in der Schweiz?

A: Die Support Band heisst Nameless Crime, aber ich weiss jetzt nicht, ob wir der Schweiz einen Besuch abstatten werden. Ich nehme es an und würde mich darüber freuen.

MF: Welches sind die Ziele für 2004 und seid ihr zufrieden mit der Plattenfirma? Was erwartet ihr von ihnen und wie wichtig ist Karin (Evin) als lokale Promoterin?

A: Das sind folgende: erst mal eine tolle "Win or lose"-European Tour, dann das neue Album komponieren und aufnehmen, und, falls möglich, auf einigen Festivals spielen. Natürlich sind wir voll des Lobes für die Arbeit von Shark Records. Axel verrichtet einen sehr guten Job für uns. Ich denke, dass er die Promotion mit den entsprechenden Partnern für jedes Land bereits plant und auch Karin wird uns auf der Tour begleiten.

MF: Ich vermute jetzt mal, dass alle von euch, neben Sigma, einer geordneten Arbeit nachgehen. Welche Jobs sind das und wie schwer ist es, als italienische Band im In- und Ausland Erfolg zu haben?

A: Du hast recht! Wir haben alle einen "ordentlichen" Job..., ausser ich! Ich versuche, ein professioneller Sänger zu sein und mein Bestes zu geben. Andrew ist der Einzige, der von der Musik leben kann, da er ein Rehearsal-Studio betreibt. Frank ist ein Unternehmer und die anderen haben kleinere Jobs. Erfolgreich zu werden ist sehr hart und hängt von vielen Dingen ab. In erster Linie braucht es Glück und Leute, die an deine Musik glauben. Erfolgreich bleiben ist noch schwerer denke ich, da du für einen hohen Level mehr Verantwortung trägst. In Italien sind die grossen Platten-Labels jedoch nicht daran interessiert, Metal Bands (ausser solche aus dem Ausland) zu promoten, aber in den letzten Jahren ändert sich das allmählich und die Aufmerksamkeit gegenüber Rock und Metal Bands nimmt zu.

MF: Zurück zum Album: Mein Lieblingstitel is "Pride and forgiveness" mit diesen coolen, an Royal Hunt erinnernden Elementen. Diese Art Songs sind jedoch nicht so zahlreich vertreten. Magst (mögt) du (ihr) also eher die schnelleren Sachen wie "Aria of vendetta", "New brave world" oder "Eagle's den"?

A: Wow! Das ist auch mein Lieblingssong! Beim Schreiben der Texte dachte ich an Bruder Christopher. Ich war fasziniert von seiner Art, der spirituellen Kraft und seinem Weg, wie er für die Rechte der Armen gekämpft hat und seinen frühen "Sünden der Jugend". Das Album ist sehr spontan entstanden, aber wir hatten keine speziellen Vorlieben. Für kommende Veröffentlichungen möchten wir versuchen, neue Seiten unserer musikalischen Sprache vorzuschlagen, da ich Songs wie "Pride and forgiveness" mag, weil ich dort meinen inneren Emotionen Ausdruck verleihen kann.

MF: Mit "S.O.S." habt ihr eine (wirklich gute!) Cover-Version eines sehr bekannten Pop-Songs der ehemaligen Pop-Legende schlechthin aufgenommen. Wie kam es dazu?

A: Danke! Eigentlich war es vorgesehen, diesen Song bereits auf das erste Album zu packen, aber die Wahl fiel dann auf "Maniac". Deshalb nahmen wir diese Version für "Win or lose" auf. Ich denke, diese Wahl war besser, da der Text besser zum Konzept des Albums passt.

MF: Hörst du dir (ihr euch) auch Musik von anderen Hard und Heavy Bands an und von wem stammt die letzte CD, die du dir privat gekauft hast? Magst du dabei auch andere Stile, wie zum Beispiel Power oder Doom Metal?

A: Ja, wir hören uns auch andere Gruppen an. Was mich angeht, so mag ich ganz unterschiedlichen Sound, aber mein Herz schlägt natürlich für den Metal. Meine neuste CD ist "Deliverance" von Opeth, ein starkes Album. Ausgesprochen gut mag ich Loudness. Ich werde mir "Terror", ihr 23tes Album, kaufen gehen. Es wird mörderisch sein! Dazu kommen Death Metal Bands wie Pestilence, Atheist, Carcass, Death, Cynic, Meshuggah, Dark Tranquility. Daneben gefallen mir aber auch Dead Or Alive, eine Pop-Kapelle aus den 80ern und Jeff Buckley. Zusammenfassend gesagt finde ich alle Interpreten gut, die über eine eigene Persönlichkeit verfügen.

MF: Zum Schluss: Was ist deine persönliche Botschaft an unsere Leserschaft in der Schweiz?

A: Ich spreche erst mal einen fetten Gruss aus und hoffe, dass alle "Win or lose" mögen. Besucht unsere Site (www.sigmaonline.co.uk/) und teilt uns Eure Eindrücke mit. Ich freue mich, Euch vor der Bühne zu treffen, Eure Energie zu spüren und eine gute Zeit miteinander zu haben. Allen Lesern wünsche ich ein tolles 2004 und auch dir Dan, vielen Dank!

MF: Danke für das Interview und bis bald irgendwo "on Tour"!