Interview: Symphony X
By Roger W.   Übersetzung by Nicole Bitzer
Symphony X haben mit ihrem neusten Album „Paradise Lost“ mächtig Staub aufgewirbelt. Und so verwunderte es nicht, dass viele extra wegen ihnen ans Dream Theater-Konzert in der Winterthurer-Eulachhalle gepilgert sind, und die Vorband wegen eines Stau glatt verpasst haben. Das Ergebnis: Verärgerte Fans und ein nochmals gesteigerter Heisshunger, sie endlich mal Livehaftig zu erleben. Roger kam ebenfalls zu spät, hatte aber noch die Gelegenheit mit dem Symphony X Bassisten Micheal LePont zu schwatzen.

MF: Ihr seid seit über einem Monat auf Tour. Gab es während dieser Zeit einen besonders beeindruckenden Auftritt?

Wir touren nun seit 5 Wochen. Bisher läuft die Tour fantastisch: Die Hallen, in denen wir spielen, sind gross und das Dream Theater Publikum hat uns sehr gut aufgenommen. Wir denken, dass diese Tournee für uns ein grosser Schritt ist.

MF: Ich habe gesehen, dass ihr für 4 Konzerte Headliner wart…

Ja, das ist richtig. In der Mitte der Tour nahmen Dream Theater eine Woche frei und machten eine Pause. Wir aber blieben in Europa und füllten diese Woche mit vier Headliner-Shows, die grossartig waren. Es macht zwar Spass, die grossen Hallen-Konzerte zu spielen, es ist aber auch lustig, kleine Club-Shows zu spielen, wo man den Leuten direkt in die Augen sehen kann. Das gibt so viel Energie.

MF: Was haben Dream Theater während dieser Zeit gemacht, sind sie in die USA zurück geflogen?

Ja, Dream Theater sind nach Hause geflogen und hatten eine schöne Woche Ferien. Wir arbeiteten aber weiter, denn wir waren ja schon in Europa und dachten uns, wir machen das Beste daraus.

MF: Ihr hattet während der Tour ein paar Tage frei. Wie habt ihr diese Tage genutzt?

Wir hatten einige tolle Freitage. Einer war zum Beispiel in Paris. Es war ein schöner Tag, wir haben den Louvre gesehen und noch ein paar andere Dinge, das war fantastisch. Als wir in Rom spielten, sahen wir etliche beeindruckende Sachen. Für mich als grossen Geschichtsfan war es riesig, einige dieser Sehenswürdigkeiten, welche man sonst nur im Fernsehen sieht, einmal live zu sehen.

MF: Denkst du, dass diese Stadtbesuche textliche Einflüsse auf ein nächstes Album haben könnten?

Ja, das wäre schon möglich, denn alles, was wir erleben oder darüber lesen tragen wir mit uns herum und können es in einem lyrischen Zusammenhang wieder verwenden.

MF: Das heisst, dass ihr in der Zukunft mal ein Konzeptalbum über Rom macht?

Das weiss man nie, es könnte alles passieren – man weiss nie. Aber es wäre definitiv cool.

MF: Ihr seid mit Dream Theater auf Tour, die sowas ähnliches wie die Götter des Progressive Metal sind. Wo seht ihr eure Gemeinsamkeiten?

Dream Theater sind die populärste Prog-Metal-Band, die es gibt. Wir denken, dass unsere Fans uns auch dorthin pushen. Wir sehen uns selbst als Metal-Band, mit der wir Fans von Dream Theater, aber auch solche von Iced Earth erreichen können. Das heisst, wir erreichen mit unserer Musik verschiedene Lager und wir sind sehr glücklich diesbezüglich, denn wir haben wirklich die Chance, daraus auch etwas zu machen.

MF: Glaubst du, dass heute Abend auch Fans nur wegen euch gekommen sind?

Es wird vermutlich strickte Metal-Fans hier haben, die die Band mögen, aber weniger auf Prog stehen. Bei denen ist es möglich, dass sie nur wegen uns hier sind. Es gibt Konzerte, bei denen wir ca. 1000 Leute anziehen – das finde ich gut und ich glaube, Dream Theater schätzen das auch.

MF: Eine völlig andere Frage. Wie schreibt ihr einen Song wie „The Odyssey“ mit diesen vielen Teilen?

Ok. Wenn du an „The Odyssey“ denkst, ist die Story gegeben und enthält all diese unterschiedlichen Parts. Natürlich konnten wir nicht jeden einzelnen Teil vertonen weil es daraus einen 3-stündigen Song gegeben hätte. Also pickten wir uns die interessantesten Parts heraus und schrieben nur darüber. Das Ganze hört sich an wie 4 oder 5 Minisongs, alle in einem einzigen Song.

MF: Denkst du, auf dem neuen Album befindet sich etwas Ähnliches wie „The Odyssey“?

Nein, nicht wirklich. „The Odyssey“ war eine grosse Geschichte in sich selbst. Das neue Album hat nicht wirklich eine Story, es behandelt nur einige zentrale Grundthemen.

MF: Ich habe den Videoclip von „The serpent Kiss“ gesehen mit dieser Thematik von Adam und Eva…

Ja, das ist ein solches Thema. Wir schauten uns John Miltons Arbeit „Das verlorene Paradies“ an und studierten einige Themen, die darin enthalten sind. Wir wollten nicht die literarische Geschichte vertonen sondern haben nur einige Themen daraus aufgegriffen wie beispielsweise Rache oder Verlust und haben Songs darüber geschrieben.

MF: Paradise Lost ist euer achtes Album...

Das siebte Studioalbum, ja.

MF: Wo siehst du die grössten Veränderungen bei Paradise Lost?

Ich denke, Paradies Lost ist ein natürlicher Fortschritt, den wir gemacht haben. Das Buch Paradise Lost behandelt offenbar einige sehr düstere Themen, welche wir mit der Musik selbstverständlich ausarbeiten mussten. Dadurch ist die Musik härter geworden und auch die Texte düsterer. Wir fühlten uns wohl mit diesem Thema aber man weiss nie, was wir als nächstes machen werden…

MF: Gibt es auf dem neuen Album einen Song, der live speziell gut rüberkommt?

Viele Songs funktionieren live sehr gut, zum Beispiel die ersten 4. Wir haben 4 oder 5 neue Stücke gespielt und die sind alle gut angekommen beim Publikum. Das ist natürlich grossartig, nachdem man so hart an etwas gearbeitet hat, wenn es dann live wirklich gut rüberkommt.

MF: Symphony X sind ein bisschen mit Europa verbunden wie ich gesehen habe, denn euer Sänger hat mit Jorn Lande (Ex Masterplan A.d.A.) gearbeitet und es gab noch ein anderes Projekt mit dem Sänger von Stratovarius. Wie kam es dazu?

Wir wuchsen bis zu einem gewissen Grad in Europa auf, denn die europäischen Fans waren die ersten, die uns aufnahmen, sich unsere Musik anhörten und uns zu einem bestimmten Punkt brachten. Deshalb sind wir sehr mit Europa verbunden. Ross und Mike haben dazu einige Projekte mit europäischen Künstlern gemacht, was sehr gut passte.

MF: Ich habe auch gesehen, dass drei von euch Nebenprojekte betreiben. Wieso sind diese Nebenprojekte entstanden? Bietet euch Symphony X nicht die Vielfalt, auch solche Sachen mit einfliessen zu lassen?

Alle Bandmitglieder haben sehr viele unterschiedliche Einflüsse. Ich finde, ein Nebenprojekt fördert die Kreativität, denn vielleicht ist es stilistisch etwas ganz anderes als Symphony X. Für den Musiker lohnt es sich auf jeden Fall. Und es bereichert auch die Band, denn die einzelnen Mitglieder können so verschiedene Dinge machen und schlussendlich kommen wir wieder zusammen und bringen so ein starkes Album wie dieses raus.

MF: Cool. Auf eurer Homepage gibt es keine Reviews von Paradise Lost. Wieso nicht? Sehr viele Infos sind aus dem Jahr 2003, aber es steht fast nichts Aktuelles. Zumindest die News.

Das sind auch Neuigkeiten für mich, ich wusste das nicht. Wir haben sehr viele Reviews gelesen und es waren sehr viele gute darunter, darüber sind wir sehr glücklich. Morgen müssen wir aber die Leute anrufen, die für unsere Website verantwortlich sind und uns beschweren *lacht*. Nur Spass.

MF: Sehr viele Bands bringen eine Live-DVD raus, Symphony X nicht. Weshalb nicht? Wäre das etwas, was ihr mal gerne machen würdet?

Bisher ist der richtige Augenblick für uns noch nicht gekommen, aber wir haben schon darüber gesprochen. Wir hoffen, nächstes Jahr eine Live-DVD zusammenstellen zu können, denn wir werden das ganze nächste Jahr touren. Drück uns also die Daumen, dass das Ding so schnell wie möglich rauskommt.

MF: Werdet ihr nächstes Jahr die grossen Festivals spielen?

Wir hoffen, auf vielen Festivals spielen zu können, doch momentan ist noch nichts gebucht. Aber wir wollen definitiv ein paar europäische Festivals spielen weil sie einfach das Grösste sind. Wir lieben europäische Festivals, denn das Publikum ist so riesig und es sind einfach grossartige Tage für uns. Dazu triffst du jeweils viele andere Bands und es macht einen Riesenspass. Wir hoffen also, nächstes Jahr viele Festivals spielen zu können.

MF: Gibt es grosse Unterschiede zwischen den europäischen und den amerikanischen Sommerfestivals?

Es gibt nicht viele amerikanische Metal-Festivals. Das Ozz-Fest findet jährlich statt und es gab die Gigantour (Tour welche von Dave Mustaine (Megadeth) organisiert wird), aber ich weiss nicht, ob die immer noch existiert. Die Anzahl Metal-Festivals in Amerika ist also sehr klein. In Europa ist das aber einfach unglaublich. Ich erzähle meinen Freunden in den USA immer davon und sage ihnen, dass sie zu den europäischen Festivals kommen sollen. Ich meine, da gibt es viele Bands, von denen man so lange nichts mehr gehört hat und die spielen an Festivals in Europa – das ist wahnsinnig. Ja, in Amerika gibt es nur wenige Festivals, ich weiss nicht weshalb. Es ist jedenfalls nichts im Vergleich zu Europa.

MF: Am diesjährigen Wacken Open Air stand ein Typ aus San Diego vor mir. Ich glaube, der kam aus San Diego, um Kai Hansen/Helloween zu sehen (Kai Hansen war Special Guest beim Auftitt von Stormwarrior – in der zweiten Hälfte zockten die Jungs nur noch alte Helloween-Songs – A.d.A.).

Wow. Schau, in den USA würdest du eine solche Show gar nie zu sehen bekommen. Ich habe auch Freunde, die von den USA nach Europa rüber kommen um Bands zu sehen, die sich vielleicht eine Tour in den USA gar nicht leisten können. Und meine Freunde mögen diese Bands, das ist grossartig.

MF: Wie weit würdest du reisen, um deine Lieblingsband zu sehen?

Als ich noch jünger war, wäre ich weiter gereist als heute. Heute würde ich nicht mehr weit reisen aber damals hätte ich das definitiv getan.

MF: Was war das weiteste?

Das weiteste, was ich jemals für ein Konzert gefahren bin, war nicht wirklich weit. Die fahrt dauerte vielleicht 4 Stunden, ich fuhr zu einem Kiss-Konzert. Aber ich stand in der 1. Reihe! Allerdings wusste ich nicht, dass es die 1. Reihe war bis ich dort angelangte. Es war genial. Das war in den 80er Jahren. Das war das weiteste, das ich jemals gefahren bin – eigentlich recht erbärmlich. Aber ich habe einen Riesenrespekt vor Leuten, die in einen anderen Kontinent reisen, um ihre Lieblingsband zu sehen. Symphony X Fans tun dies die ganze Zeit. Da reisen Leute aus Japan an die Westküste der USA, um uns zu sehen. Das ist einfach unglaublich.

MF: Wir sind fast am Ende des Interviews. Was sind deine berühmten letzten Worte für eure Schweizer Fans?

Danke an euch Schweizer Fans, dass wir hier spielen durften und dass ihr unsere neue CD gekauft habt. Wir kommen gerne in die Schweiz. Wir spielten auch schon im Z7 und mochten diesen Club sehr. Das Essen war dort ausgezeichnet und sie behandelten uns sehr gut. Aber auch die Schweizer Fans im Allgemeinen waren immer sehr gut zu uns und wir werden immer wieder gerne hierher zurückkehren für sie.

MF: Ist das Essen hier denn schlechter als im Z7?

Das ist schwer zu sagen. Momentan haben wir einen mitreisenden Catering Service aus England. Ich kann das so also nicht sagen, aber das Essen im Z7 ist so hammermässig, ich glaube, da kommt nichts daran heran.

MF: Cool, vielen Dank für das Interview.


Unser Roger W. mit Michael LePont >>>