Aufgrund des Konzerts in der Luzerner Schüür konnte
Metal Factory mit Sänger Chuck Billy ein interessantes
Interview führen. Die San Francisco Bay Area-Thrasher
haben mit «Dark Roots Of Earth» ihr mittlerweile zehntes
Studioalbum veröffentlicht, über welches Chuck spannende
Dinge zu erzählen hatte, vor allem auch, weil der Song
«Native Blood» und das Video dazu von den amerikanischen
Ureinwohnern handeln. Doch lest selbst...
MF: Wie geht es dir gesundheitlich? (Frage aufgrund
Chucks Krebserkrankung vor einigen Jahren.)
Chuck: Bestens! 100 Prozent, ja. Krebsfrei seit über
10 Jahren.
MF: Mit «Dark Roots Of Earth» habt ihr nun euer
zehntes Studioalbum in 25 Jahren veröffentlicht und seid
euch selber musikalisch immer treu geblieben. Kannst du
sagen, dass Ihr als Band alles erreicht habt, was ihr
euch vorgenommen habt? Wie zufrieden seid ihr mit eurem
Erfolg?
Chuck: Ich glaub,e man ist zufrieden und glücklich
mit allem was man leistet. Je mehr man etwas macht,
desto besser wird man darin. 25 Jahre in einer Band zu
spielen macht dich besser darin, so ist das nun mal.
MF: Das neue Album enthält mehr Melodien und nebst den
modernen Elementen auch solche, die nach den «Practice
What You Preach»-Zeiten klingen. War das beabsichtigt
oder ergab es sich einfach so?
Chuck: Ich hatte vor etwas mehr und melodiöser zu
singen, anstelle meine Death Metal Stimme anzuwenden.
Aber ja, es hört sich definitiv an wie in «Practice What
You Preach»- oder «The Ritual»-Zeiten. Was die Stimme
angeht, war es beabsichtigt, beim Musikalischen bin ich
mir nicht sicher. Ich denke, es ist musikalisch etwas
moderner als «Practice...». Bisher hatten wir immer nur
reine Thrash-Songs geschrieben, weisst du. Also schätze
ich, war «Practice What You Preach» der Wendepunkt, da
die ersten beiden Alben reine Thrash-Alben waren und
«Practice...» eine Ballade enthielt. Für dieses Album
haben wir unsere erste Ballade geschrieben und versucht,
mehr Melodien in die Vocals zu packen.
MF: Ihr habt zum Song «Native Blood» einen Clip in einem
Reservat gedreht, mit einem Medizinmann und echten
amerikanischen Ureinwohnern. Wie war diese Erfahrung für
euch?
Chuck: Es war toll. In diesem Reservat ist mein
Vater aufgewachsen. Das Video haben wir auf unserem
Grundstück gedreht. Die Schauspieler sind meine Neffen
und alle andern sind Cousins von mir oder gehören zur
Familie. Das Reservat und die Gemeinschaft sind sehr
klein. Es gibt eine Strasse die hinein führt, in einen
grossen Kreis überführt und dann wieder heraus geht. Ein
Weg rein, einer raus. Als wir also auf unserem
Grundstück gedreht haben, sind alle Nachbarn mit ihren
Familien zu uns gekommen und haben zugeschaut. Wir
haben Testament-Shirts verteilt und alle Kinder in
diesem Reservat sind dann mit diesen Shirts
herum gelaufen. Es ist definitiv etwas, was es hier noch
nie gegeben hat und was die Gemeinschaft noch näher
zusammengebracht hat. Es war der echte Stammesrat im
Video. Der Medizinmann war der echte Medizinmann und die
Tänzer waren die echten Pomo-Tänzer. Wenn wir zurück
sind, wollen wir der Gemeinschaft das Video zeigen.
MF: Die Gemeinschaft hat das Video also noch gar nicht
gesehen?
Chuck: Doch, ich denke schon. Aber ich bin mir nicht
sicher, ob die älteren Menschen das Video bereits gesehen
haben. Vielleicht veranstalten wir ein grosses Grillfest
und zeigen das Video ein paar Mal. Sie leben dort und
sind dort aufgewachsen, sie erkennen alles was im Video
vorkommt wie die Kirche, unser Grundstück und den
Parkplatz vom Casino. Es wird für sie im Video anders
aussehen als das, was sie in Erinnerung haben, was
gefilmt wurde.
MF: Du warst an der Ausstellung "Up where we belong:
Native musicians in popular culture" der "American
Indian"-Abteilung des renommierten "Smithsonian Museums"
beteiligt. Wie kam die Ausstellung bei den Besuchern an?
Chuck: Grossartig, ich meine es ist definitiv eine
Ehre für mich. Meine Grossmutter war im "Smithsonian
Institut", weil sie als Erste für ihren Stamm Körbe
geflochten hatte, also ist es für mich grossartig, als
weitere Generation meiner Familie in diesem Museum
vertreten zu sein. Weisst du, "Smithsonian" ist eine
grosse Sache in Amerika. Da hat es Spaceshuttles und die
komplette Geschichte der vereinigten Staaten ist dort.
Sie haben mich aus dem Heavy Metal-Genre ausgesucht, was
auch bei den Leuten der Presse gut angekommen ist. Das
ist eine coole Sache, so Bestätigung zu bekommen zu dem,
was man macht.
MF: Wie viel wird in den U.S.A. für die Ureinwohner getan?
Hat sich die Lage verbessert oder gibt es keine
nennenswerten Fortschritte?
Chuck: Nicht sehr viel. Das ist der Grund, warum die
amerikanischen Ureinwohner immer noch in ihren
Reservaten leben, wo sie die Regierung in Ruhe lässt.
Sie haben dort ihre eigene Regiering, ihre eigene
Polizei. Sie müssen ihr eigenes Geld verdienen. Als ich
aufgewachsen bin, gab es keine grosse Hilfe von der
Regierung und es gab noch kein Casino. Nachdem das
Casino gebaut wurde, hatten alle Jobs und begannen zu
arbeiten. Das Casino erbrachte uns Geld, also hatte die
Gemeinschaft Geld für eine Feuerwehrstation, für eine
Schule, für Transporte und eine Polizeistation. Alles vom
Geld, welches mit dem Casino erwirtschaftet wurde. Das
Casino brachte uns Geld und Jobs, doch die Regierung
will auch ein Stück vom Kuchen. Sie wollen kein Geld
bezahlen und wenn Geld da ist, wollen sie ihren Anteil,
die Steuern. Das macht für mich keinen Sinn.
MF: Steckt eine Message hinter dem neuen Album? Worüber
handeln die Texte?
Chuck: Da sind viele Messages. Da sind Songs über
Krieg, Songs über meine Herkunft und Songs über..., ehm,
meistens über die schlechte Art, unseren Planeten und
uns selber zu zerstören. Es ist kein fröhliches Album,
sondern definitiv ein düsteres. Songs über das, was die
Welt ist. Wir haben früher Songs über die neue Ordnung
geschrieben, wo wir über Nostradamus' Prophezeiungen
sprechen. Jetzt leben wir 25 Jahre später, durchleben
diese und die Welt ist noch kein bisschen besser.
MF: Seid ihr zufrieden mit eurem Label Nuclear Blast?
Chuck: Ja, wir sind sehr zufrieden. Vorher hatten
wir schon einige Labels und sind dann bei Spitfire
Records hängen geblieben. Wir sind schon seit etwa zehn
Jahren mit Nuclear Blast in Kontakt und haben gehofft,
dass sie uns aus unserem bestehenden Vertrag freikaufen.
Als wir dann frei waren, ist Nuclear Blast als erstes
gekommen und hat uns einen guten Deal angeboten. Das ist
genau das, was wir wollten. Die Beziehung ist grossartig
und sie haben mit der Promo zu diesem Album sehr gute
Arbeit geleistet. Es passt einfach alles.
MF: Das neue Album wurde erneut von Andy Sneap
produziert. Was gefällt euch an der Zusammenarbeit mit
ihm?
Chuck: Es war gut. Dieses Mal haben wir Andy ein
bisschen mehr Produzent sein lassen. Wir haben einige
Hilfe von ihm in Anspruch genommen was den Gesang und
die Melodien betrifft. Aber er kennt unseren Sound gut,
da er schon bei drei oder vier Alben zusammengearbeitet hat.
Er weiss was wir wollen und wie wir klingen sollen.
MF: Wie ist es für euch, euren ehemaligen Drummer Gene
Hoglan wieder bei euch zu haben?
Chuck: Oh, es ist grossartig, Gene ist der Mann.
(lacht)
MF: Mit «Cold Embrace» habt ihr nach sehr vielen Jahren
wieder mal eine Ballade gemacht. Warum war ausgerechnet
jetzt die Zeit reif dafür? (Gitarrist Eric Peterson
sagte in einem früheren Interview, dass die Zeit vorher
noch nicht reif dafür gewesen sei.)
Chuck: Ich denke, wir sind immer noch der Meinung,
dass wir unseren Fans und der Öffentlichkeit etwas
beweisen wollten. Deshalb wollten wir keine Ballade
schreiben, weil wir hart, heavy und schnell sein
wollten, aber dieses Album ist anders für uns. Gerade
jetzt..., den Krebs besiegt, alle immer noch hier um uns herum
haben... - Es ist, als wären wir wieder zusammengekommen,
um das Projekt zu Ende zu führen. Es geht mehr darum,
sich wohl zu fühlen und nicht darum, uns Gedanken
darüber zu machen, was die anderen denken. Das haben wir
in der Vergangenheit viel zu viel gemacht. Ich finde, es ist
ein grossartiger Song, ich meine, er dauert acht Minuten
aber fühlt sich gar nicht so an, wenn du ihn hörst.
MF: Was machen Testament nach dieser Tour?
Chuck: Erst mal geht's ab nach Hause. Danach touren
wir mit Anthrax und Death Angel durch die U.S.A. Ich
glaube, im November oder Dezember kommen wir zurück nach
Europa und im Januar und Februar ist eine weitere
Nordamerika-Tour geplant. Wir sind also beschäftigt.
MF: Wie lautet deine Message an eure Fans in der
Schweiz?
Chuck: Hoffentlich können wir in Zukunft mehr Shows
in der Schweiz spielen. Hoffentlich gibt es noch mehr
Veranstalter, die unser neues Album gut finden. Wir
haben ja jetzt ein neues Album und können deshalb ein
bisschen mehr hierher kommen.
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