Die deutsch-schweizerische Gruppe The Ocean
ist zusammen mit den Schweden Cult Of Luna die europäische Reaktion
der amerikanischen, stärksten Sludge und Post Metal-Schule.
Allerdings ist diese Gruppe nicht nur durch diese Tatsache
interessant und bekannt, sondern auch durch die Musik, die The Ocean
machen; sie erinnert an etwas Kompliziertes, Experimentelles, das in
einem wissenschaftlichen Labor erstellt wurde. The Ocean nehmen sich
vor allem die Freiheit in der Wahl der musikalischen Werkzeuge, um
den komplexen Konzepten und Themen so nah wie möglich zu kommen,
welche die Grundlage für die Arbeit dieser Gruppe bilden. Was
beeinflusst die Wahl ihrer Konzepte, inspiriert die Musiker zu einer
nicht standardmässigen Musik? Wie soll die Zukunft von The Ocean
aussehen? Darüber sprachen wir mit dem Gitarristen Robin Staps.
MF: Warum heisst die Band The Ocean? Es ist ein Liedtitel von Led
Zeppelin, oder gibt es einen anderen Grund?
Robin: Led Zeppelin haben nichts damit zu tun. Wir hatten
verschiedene vorgeschlagene Namen, die musikalisch zu dem passten,
was wir alles machen wollen, was uns vorschwebte. Von ruhigen
Ambiente-Musikpassagen hin zu ziemlich lauten brachialen
Gitarren-Parts... und ich denke, dass der Name The Ocean einfach
perfekt ist. Der Ozean kann ein Sinnbild für die treffliche Zone
sein, in welcher das Territorium am Strand untergeht und optimale
Bedingungen für ohrwurmartige Stürme mit grossen Wellen und Haien
und noch viel mehr bietet, alles in einem breiten Spektrum mit
ruhigen und schnellen Passagen sowie Akustik-Parts
MF: Ich habe gelesen, dass, als die Band gegründet wurde, ihr in
einer Punkgemeinschaft gelebt habt und man unter grosser Not
arbeiten musste. Wie siehts heute aus?
Robin: Ja, deutlich besser. Die Band wurde in Berlin gegründet. Als
sie dieses Kollektiv organisierte, kamen viele Leute zusammen, und
sie alle hatten ihre eigenen Programme. Und diese Programme werden
ständig in einem Kellerkomplex im Studio Kreuzberg neu organisiert.
Ich hätte es nicht als Not bezeichnet. Damals herrschte im Keller
der Arbeitgeist vor. Am schwierigsten war es, das Programm zu
organisieren, wenn jemand auf die Bühne geht und wer die ganzen
Kontakte knüpft und wer was sonst zu tun hat. Alles war spontan. Es
ist schwierig, genau zu wissen, was die Leute wollen. Die einen
wollen eine Karriere beginnen, während andere sie zu stoppen
gedenken, weil sie eine Familie wollen. Es hängt alles von ihren
Prioritäten ab.
MF: Arbeitet die Band jetzt in der Schweiz?
Robin: In der Schweiz und in Deutschland. Ich wohne in Berlin und
die anderen Jungs wohnen in La Chaux-De-Fonds. Die Proben werden in
beiden Städten organisiert.
MF: Gefällt dir die Schweiz?
Robin: Ja, mehr oder weniger... Also mag ich die Schweiz? Ja,
schönes Land! Die Ökonomie ist gut geführt. Nette Leute, tolles
Essen. Ich bin ein grosser Fan vom Schweizer Essen. Aber in der
Schweiz ist alles einfach teuer. In Berlin kann die Pizza für ein
paar Euro gekauft werden, und hier kostet sie 50 Franken! Einfach
extrem. Aber ich mag die Schweiz. Ein schönes Land.
MF: Die Konzepte, welche die Grundlage eurer Alben bilden, sind
ziemlich kompliziert, weil sie auf seriösen, wissenschaftlichen
Hypothesen und der Philosophie basieren. Woher nimmst du dein
Wissen? Wo hast du das gelernt?
Robin: Als ich 17 Jahre alt war, habe ich in den U.S.A. bei einer
zionistisch-baptistischen Gastfamilie gewohnt und hatte täglich
Diskussionen mit dem Gastvater und der Gastschwester, vor allem über
religiöse Fragen der Existenz von alten Reptilien und Dinosauriern,
die ihrer Meinung nach nie existiert haben. Vor allem war das für
mich ein alter Lügenmythos und sehr abstrakt. Später habe ich mich
wahrend meiner Studienzeit mit religiösen und atheistischen
Philosophien auseinander gesetzt. Es war stets spannend. Das hat mich
schon immer interessiert.
MF: Erzählt uns über euer Debüt-EP «Fogdiver». Die EP würde
eindeutig durch Tarkovskys Film 'Stalker' inspiriert. Es gibt viele
Zitate von dort. Wie bist du auf die Idee gekommen, den sowjetischen
Film als Konzept-Album zu verwenden?
Robin: Das ist nicht das Konzept des Albums. Wir haben nur Samples
aus dem Film benutzt. Zum Teil gibt es in diesem Album kein Konzept.
Ich sah diesen grossen Film von Tarkovsky und ich war fasziniert.
Extreme Trick-Einflüsse. So etwa wie drei verschiedene Leute, die
mit einem Gefährt in die Zone reisen und in das Zentrum der Zone
kommen, wo alle Wünsche wahr werden. Und sie sind ständig am
Diskutieren, tief drinnen wissen sie gar nicht, was sie sich
wünschen sollen. Dieser Film ist ein grosses Kunstwerk. Das haben wir
als epische Darstellungen und Passagen wahr genommen, begleiten die
Szenen des Films, wenn ein Mann aus dem Bett steigt, und wenn dann
Livevisuals benutzt werden, wie er langsam zur Tür geht. Wir haben
versucht, es in der Zusammensetzung des nächsten Albums «FluXion» im
Song «The Human Stain» oder auf Deutsch «Der menschliche Makel»
auszudrücken, um den Titel zu wiederholen. Der Film in seinen
Extremen und in seiner Gesamtheit hat mich extrem fasziniert. Wir
arbeiteten nicht nur als Musiker, sondern auch als Künstler. Ein
grossartiger Film!
MF: Ihr seid sehr viel auf Tour in Europa. Habt ihr genug Zeit für
die Inspiration, um an neuem Material zu arbeiten?
Robin: Ja, aber wenn ich auf Tour bin, habe ich eigentlich nie Songs
geschrieben. Ich habe keine Zeit dafür. Während der Tour sitzen wir
im Tourbus, gehen lange vorher an den Spielort, machen einen
gründlichen Soundcheck, keep in touch with home (wie stehen die
Dinge zu Hause?), dann machen wir die Show und schlafen viel. Ich
glaube nicht, dass es geht, Songs zu schreiben, während ich auf Tour
bin. Es gibt keine Zeit dafür. Ich tue es, wenn ich zu Hause oder
auf anderen Reisen bin. Doch wir haben schon neues Material
geschrieben. Soviel zum neuen Album, welches im April oder Mai 2013
heraus kommen wird. Wir haben schon die Schlagzeug- und
Gitarrenparts aufgenommen.
MF: Und was für ein Konzept bildet die Basis für das neue Album?
Robin: Dies soll nicht verraten werden. Ich möchte es immer noch
nicht öffentlich machen.
MF: Ist das Konzept so schwierig und philosophisch wie bei den
vorherigen Alben «Anthropocentric», «Heliocentric» und «Precambrian»?
Robin: Nicht unbedingt. Das ist eine ganz andere Sache. Es gibt kein
kopflastiges Konzept wie in «Anthropocentric» oder «Heliocentric».
Das neue Album wird in eine ganz andere Richtung gehen.
MF: Warum ist die Band oft solo in kleinen Clubs aufgetreten und hat
nicht die Bühne mit berühmten Bands geteilt?
Robin: Haben wir doch! Wir sind mit Opeth getourt. Wir sind im
letzten Jahr mit Between The Buried And Me und Job For A Cowboy
aufgetreten. The Devin Townsend Project unterstützte die North
American Tour, und auch Cult of Luna. Wir haben viele Supports
gespielt. Wir machen eine Nischen-Musik. Unsere Musik ist nicht in
den Radio-Tops. Wir sind kaum mit einer Limousine mit Metallica auf
Tour (lacht). Das wird nicht passieren.
MF: Nenn bitte deine drei Lieblings-Rock (Metal)-Bands.
Robin: King Crimson! Das ist die Nummer eins! No Roses, Reach,
Refused.
MF: Wer ist dein Lieblingskomponist in der klassischen Musik?
Robin: Es ist so schwierig, einen zu nennen..., Milan Dvorák.
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