Interview: The Poodles

By Tinu
 
Mit falschem Klick zu grossen Missverständnissen.



Der Teufel steckt oft im Detail! Das sehen auch die schwedischen The Poodles so und haben ein gleichnamiges Album veröffentlicht. Kurz nach der Veröffentlichung gings auch schon auf Tour. Allerdings nur in ein paar ausgesuchte Konzertsäle, da die grosse Reise zu den europäischen Fans erst im Herbst über die Bühne geht. Somit war dieser Abend eine Art Promotion-Gig, welcher den Leuten das neue Werk «Devil In The Details» schmackhaft machen sollte. Sänger Jacob Samuel (JS) und Gitarrist Hendrik Bergqvist sassen mir vor dem Konzert im Z7 gegenüber und liessen tief in ihr Inneres blicken. Man weiss ja nie, was ein Interview mit sich bringen wird. Oftmals sprechen die Musiker nur über das neue Album und geben Standard-Antworten, die man an unzähligen anderen Orten schon lesen konnte oder kann. Da hilft es durchaus, dass man die Musiker schon ein bisschen länger kennt, und dadurch entstehen ab und zu interessante Gespräche, die weit weg von den vorbereiteten Fragen des Journalisten liegen. Freut euch auf das kommende Interview, in welchem Jacob und Hendrik über das neue Album, ihre Texte und das Leben an und für sich Auskunft geben.

MF: Beim letzten Interview habt ihr mich gefragt, was für mich das Wichtigste sei beim kommenden Album. Ich habe euch geantwortet: «Bleibt euch selber!» Ist «Devil In The Details» das Album geworden, das euch zu 100 % repräsentiert und zufrieden stellt?

Jacob: Wir hatten einen grossartigen Songwriter-Prozess. Wie immer, konnten wir aus einem grossen Fundus an Ideen aussuchen, die besten Teile heraus picken und fanden den roten Faden. Als wir «Tour De Force» veröffentlichten, waren wir überrascht, wie hart die Scheibe klang. Das haben wir erst realisiert (lachend), als wir das Endprodukt in den Händen hielten und uns die Lieder anhörten. Ich liebe «Tour De Force», aber ich denke, dass wir mit «Devil In The Details» wieder zurück zu unserem Ur-Sound gehen. Trotzdem haben wir neue Elemente in Liedern wie «House Of Cards» oder «Borderline» eingeführt. Ich mag diesen neuen Geschmack.

MF: Wie lange habt ihr an den neuen Liedern geschrieben?

Hendrik: Oh, länger als ein Jahr.

Jacob: Dieser Kompositionsprozess endet nie. Wir sind immer am Schreiben. Auf Tour, zu Hause, überall. Wir merken, wenn es Zeit ist, ins Studio zu gehen, um was Neues zu kreieren. Jeder hat seine eigene Liste mit seinen Favoriten…

Hendrik: (lachend): …bei dem sich jeder SEINE Lieder aussucht…

Jacob: …genau. Dieses Mal verteilte jeder Musiker Punkte, wie bei einer Abstimmung. Trotzdem blieb es schwer, sich gemeinsam für die Lieder zu entscheiden. Das ist ein Mörderprozess (lacht).

MF: Wie wichtig sind für euch jeweils die Gast-Songwriter, das heisst für den Song, aber auch für euch als Band?

Jacob: Die sind sehr wichtig. Wir versuchen immer eine neue Duftnote in die Songs zu bringen. Neues, frisches Blut. Dazu sind diese Personen sehr wichtig. Dieses Finden und das Ausloten neuer Ecken, Kanten und Nuancen…

Hendrik: …da sind ganz einfach neue Inspirationen, damit wir eine neue, erweiterte Richtung gehen können. Zugleich ist dies auch ein soziales Gefüge, das während des Songschreibens enorm inspirierend sein kann. Das führt dazu, dass eine Idee «klick» macht und eine andere überhaupt nicht zündet. Aber meistens funktioniert es bestens. Hast du einen so begnadeten Songwriter wie Jonas Reingold an Bord, kannst du nur profitieren. Er hat uns auf «Devil In The Details» einen Schritt nach vorne gebracht.

Jacob: Jonas hat «Crack In The Wall» und «House Of Cards» mitkomponiert. Dies ergab einen Teil des Gesamtsounds und passt hervorragend ins Gesamtbild. Zusammen mit Jonas habe ich einige Titel geschrieben, die aber schlussendlich nicht aufs Album kamen. Darum, um auf deine Frage zurück zu kommen… Die Gast-Songwriter sind für The Poodles sehr wichtig. Keine Ahnung, wie wichtig sie letztlich den Sound prägen, aber für uns als Band, sind diese Einflüsse sehr prägend, wichtig und erweitern unseren Horizont.

Hendrik: Viele der grössten Hits von The Poodles wurden in Zusammenarbeit mit anderen Songschreibern komponiert.

MF: Das neue Album ist bei euch in Schweden auf dem 27. Platz in die Charts eingestiegen…

Jacob: (mit einem Lächeln): …jaaaa…

MF: …das war für The Poodles der schlechteste Einstieg mit einem neuen Album. War das für euch eine Enttäuschung? Schlussendlich habe alle euren Alben in Schweden problemlos die Top 10 geknackt.

Jacob: In Schweden verliert dies an Wichtigkeit. Es gibt diese Haupt-Charts, mit all den anderen Hiphop-Acts… Gibt es zeitgleich zehn weitere starke Releases, wird es schwer sich als Hardrock-Band zu behaupten. Schau dir mal Guns n' Roses mit «Appetite For Destruction» an. Das Werk hat sich beim Release kaum verkauft und wurde dann zu einem Millionenseller.

Hendrik: Schweden wird von Spotify und den ganzen anderen Anbietern beherrscht. Die Verkäufe eines physischen Tonträgers schwinden von Jahr zu Jahr. Alleine aus diesem Grund verstehe ich nicht, wie sich die ganzen Verkäufe für die Charts zusammenrechnen.

Jacob: Und iTunes trägt auch viel dazu bei. Die ganzen Plattenfirmen können die Grenzlinie zwischen den Spotify und effektiven Verkäufen nicht ziehen. Uns als Band ist das egal, solange wir damit Geld verdienen. Es hat sich alles in den letzten zwei bis drei Jahren komplett verändert. Das ist einfach der Lauf der Zeit. Aber! In den Rock'n Roll-Charts sind wir auf dem dritten Platz eingestiegen. Es ist für eine Truppe unübersichtlich geworden, welche Charts nun aussagekräftig sind und welche nicht. Was haben wir nun tatsächlich an Tonträgern verkauft, und was ging anderweitig weg…

Hendrik: …der europäische Markt ist für uns noch immer der Wichtigste. Was haben wir in Deutschland, der Schweiz, in Holland oder Österreich verkauft…

Jacob: …genau!

MF: Sind denn die Charteinstiege überhaupt noch ein Indiz dafür, ob die Fans ein neues Album mögen oder nicht?

Jacob: Gute Frage! Ich würde das so nicht sagen. Klar, wenn wir eine goldene Schallplatte bekommen, trifft deine Aussage garantiert zu (lacht). Das kann aber auch daran liegen, dass du zum richtigen Zeitpunkt in den drei wichtigsten TV-Shows einen Auftritt hattest! Das hat eine grosse Wichtigkeit und kann sehr viel Positives bewirken, auch bezüglich des Erfolges. Veröffentlichen wir eine neue Scheibe, ist die Präsenz in den Media-Kanälen enorm wichtig für die Wahrnehmung der Leute. Als Band kannst du diese Präsenz aber nicht planen.

MF: Lass uns ein bisschen über die Texte sprechen. Von welchem Haus sprecht ihr in «House Of Cards»?

Jacob: (lachend): Das ist eine Metapher, wie gewisse Leute die Situation in der Welt analysieren. Wenn du siehst, was sich alles in deinem direkten oder weiteren Umfeld abspielt und du noch die grosse weite Welt dazu nimmst, dann laufen wir in ein absolut schlimmes Desaster rein. Vieles wird gesteuert von sozialen Medien, die versuchen alles und jeden zu beeinflussen. Sie wollen dir sagen, was du zu tun hast und was gut oder schlecht ist. Das ist das grösste Problem, mit dem wir momentan zu kämpfen haben. Das Haus, vom dem wir sprechen, ist die heutige Realität.

MF: Pickst du richtige Karte raus, wird das Haus in sich zusammenbrechen?

Jacob: Natürlich! Greifst du gewisse Dinge an und setzt damit gewisse Hebel in Bewegung, kann das Haus bildlich zusammenbrechen.

MF: Was braucht ihr in «Need To Believe»?

Hendrik: Die Möglichkeit an spirituelle Dinge im Leben zu glauben. Wie und wo du präsent sein willst. Das muss nicht unbedingt etwas mit der Realität zu tun haben. Kürzlich haben wir von einem Freund diesen Satz gehört: «Wieso hat sich die Gattin von ihrem Ehemann getrennt? Weil ihr Mann ihr gesagt hat, dass sie nicht im wahren Leben lebt. Aber, sie will nicht in seiner wahren Welt leben, weil das seine und nicht ihre ist. Er kann seine haben und sie ihre». Davon handelt «Need To Believe», dem Respekt deinen Freunden, deiner Partnerin gegenüber, dass sie denken und glauben können, wie sie wollen.

Jacob: Das ist ganz interessant, solche Texte zu singen, die vielleicht nicht immer oder zu 100 % meine Sicht wiedergeben. Ein Beispiel: Wieso recyclet ihr den ganzen Scheiss? Schmeisst doch alles weg, denn es wird sowieso alles an den gleichen Ort gebracht. Für mich macht es aber Sinn, die Dinge zu trennen und getrennt abzugeben. Wieso bringst du deiner Frau nach all den Jahren noch Blumen nach Hause? Weil es für mich wichtig ist und ich ihr auf diese Art etwas sagen möchte. Das sind viele kleine Dinge, aber es ist wichtig, dass man hier auch die Meinung einer anderen Person respektiert. Und glaub mir, genau diese Kleinigkeiten treten in deinem privaten Umfeld häufiger auf, als du dir bewusst bist!

Hendrik: Das kann sehr verletzend sein, wenn hier eine andere Meinung nicht akzeptiert wird. Auch wenn es nicht deine Sichtweise widerspiegelt. Drücke deswegen nicht jemandem deine Meinung aufs Auge. Vielleicht bist du es, der falsch liegt, oder auch nicht?! Ob dies jetzt ein Rocksong, oder was auch immer ist (lachend).

MF: Wer ist «The Greatest»?

Jacob: Well! Der Grösste…

MF: …natürlich die Band…

Jacob: …natürlich (allgemeines Gelächter)! Oder ein Teil davon!

Hendrik: Das kann ein Song sein, oder ein ganz bestimmter Moment! Wir haben ein Video in einer Kirche (Klarakirche in Stockholm) gedreht. Wir waren uns nicht im Klaren darüber, ob dies der richtige Ort dafür sein wird, denn der Song hat nichts mit Religion zu tun. Es ist ein spiritueller Track der davon handelt, in einem speziellen Moment eine Person zu treffen. Diesen Part bei dem du merkst, dass es sich um jemanden ganz Speziellen handelt und eine tiefe Verbindung vorhanden ist. Das kann bei uns auch auf der Bühne passieren, wenn du auf der Stage stehst, einen Song spielst und fühlst, was gerade zwischen Band und Publikum passiert. Dies sind Momente, die wir spüren und geniessen.

Jacob: Dafür leben wir auch! Das sind diese Erinnerungen an spezielle Momente, die du niemals in deinem Leben vergessen wirst. Wir erinnern uns gerne und sprechen darüber mit den betroffenen Menschen, also über genau diese Momente. «We had a good time. Can you feel it?»

Hendrik: Genau wie jetzt bei diesem Interview!

Jacob: Absolut korrekt. Ist das nicht grossartig? Wir verstehen uns! Diesen Moment gibts nicht immer, aber es gibt sie immer wieder!

Hendrik: Genau! Wie jetzt. Wir haben es uns hier gemütlich gemacht, es ist eine relaxte Stimmung und wir sprechen dabei über unsere Musik.

Jacob: Haben wir heute einen guten Sound auf der Bühne, können gutes Essen geniessen… Alles ist perfekt!

Hendrik: Das ist ein privilegiertes Leben! Im Ernst! Manchmal braucht es doch so wenig, damit man zufrieden sein kann. Man muss nur zufrieden sein wollen und nicht immer nach mehr trachten.

MF: Um was geht es bei «Before I Die»?

J
acob: Das ist die Reflexion eines Moments… Genau diese Dinge, über die wir gerade gesprochen haben. Du willst vieles erreichen und ein Teil dessen sein, was alles um dich herum passiert. Es geschehen so viele wundervolle Dinge um dich herum…

Hendrik: …magisches…

Jacob: …«yes, feel the magic of life!» Auch wenn viele Filme ein plastischer Abklatsch sind, verbergen sie sehr vieles aus dem wahren Leben. Du kannst noch so viele chirurgische Eingriffe an deinem Körper machen, das wahre Ich kannst du nicht verändern. Macht es Sinn, Dinge erreichen zu wollen, die eher einem amerikanischen Schönheitsideal entsprechen? Ist dies das Geheimnis des Lebens? Wir sind von Kindern umgeben und durch viele Emotionen mit ihnen verbunden, die ganze Zeit über. Emotionen, die sie auch durchleben…

Hendrik: (lachend): …gute und schlechte…

Jacob: …absolut (lacht)!

MF: Das gehört zum Leben!

Jacob: Das macht sie auch auf eine gewisse Art abhängig. Nicht immer alles muss schlecht sein. Das beinhaltet «Before I Die», dass wenn ich meine Augen schliesse, sagen kann, dass ich ein tolles Leben führen konnte. Ein erfüllendes Leben, mit vielen Erfahrungen, die mich prägten und viele meiner Wünsche in Erfüllungen gingen. Viele Leute wollen nur schöner werden. Äusserlich, und vergessen dabei, dass die wirklichen Werte nichts mit einem perfekten Körper zu tun haben. Wie im zweiten Vers beschrieben: «We all hope for victory no matter what we say».

MF: Ein grosses Problem heute ist, dass alle mehr Geld verdienen wollen, ein noch grösseres Auto fahren, am liebsten mit den drei neusten Handys unterwegs sein wollen und dabei vergessen, wie wundervoll der Duft einer Blumen sein kann.

Hendrik: Absolut korrekt!

Jacob: Du hast es absolut auf den Punkt gebracht, was der Songs aussagen will!

Hendrik: Schauen wir um uns, sehen wir, wie die meisten Leute nur noch auf das Materielle schauen. Ob dies ihnen bei der Geburt so eingetrichtert wurde, oder es einfach im Kopf ist… Gekaufte Dinge funktionieren und haben eine Aussage im sozialen Zusammenleben. Hört man den Ruf des Marketings, schreien alle auf und folgen dem Ruf. In dieser Isolation befinden sich zu viele Leute und diese Beziehung zu brechen und eine eigenständige Person durch nicht materiell gesteuerte Werte zu sein, ist heute sehr schwer geworden. Dieses Isoliert sein von den anderen, durch das Internet, ist sehr schlecht. Verstehe mich nicht falsch, es gibt auch sehr viele gute Dinge aus dem «world-wide-web».

Jacob: Diese Entwicklung finde ich sehr gefährlich. Die ganze Zeit verfügbar zu sein. Auf dem Weg nach Pratteln haben wir darüber diskutiert. Du kannst übers Internet ein Hotelzimmer buchen und deine Lieblingszigaretten bestellen, bevor du überhaupt den Eingangsbereich betreten hast. Selbst wenn du auf der Schüssel sitzt, kannst du deine Zigaretten bestellen…

Hendrik: …und wir alle wissen, dass Rauchen schädlich ist (lacht)…

Jacob: …jeder weiss, das ist Scheisse, du kannst nicht mehr in den Zimmern rauchen, aber du kannst das Zeugs, die ganze Zeit, an allen erdenklichen Orten bestellen.

Hendrik: Diese ganze informelle, technische Kommunikation… Alles ist nur noch ein Klick entfernt. Diese neue Erkenntnis ist wie ein gefährlicher Löwe. Man lebt damit und weiss, dass es gefährlich sein kann, akzeptiert es aber. Das ist doch verrückt! Wir mutieren uns weit weg von den Affen. Die unterhalten sich wenigstens noch, wenn sie sich gegenseitig die Läuse aus dem Fell nehmen (lachend). Jede Lüge über eine Person wird im Netz als bare Münze gewertet. Das ist eine verrückte Evolution, dass bei den ganzen Übersetzungen dieser Meldungen das Wahre schon lange vergessen gegangen ist.

MF: Du hast es richtig gesagt, mach einen Klick, sprich mit der ganzen Welt und versteck dich vor ihr.

Jacob: Genau, du bekommst die ganzen Emotionen, die Gestik und die Mimik nicht mit, und so entstehen viele Missverständnisse. Dabei gibt es nichts Positiveres, als sich persönlich mit Leuten auszutauschen. Klar ist das Internet eine fantastische Möglichkeit, sich mit der ganzen Welt zu unterhalten. Daraus entstehen aber sehr viele Probleme, und darum braucht es den persönlichen Kontakt.

MF: Welches sind für euch die persönlichsten und wichtigsten Songs?

Jacob: Ich denke, jeder von uns hat seine Favoriten. Aus meiner Sicht… Einer der besten Tracks ist «Baby» und steht genau für das, was The Poodles ist. «Borderline» kommt direkt aus meinem Herzen, genau gleich wie «Before I Die». Die Wichtigkeit habe ich dir vorhin versucht zu erklären. Aber es ist schwierig, nur einen Song hervor zu heben. Das ist doch immer das Gleiche (grinst). Du hast ja auch nicht ein bevorzugtes Kind. Jedes ist auf seine Art einzigartig, und du liebst jedes für das, was es ist.

Hendrik: Ich mag «Life Without You», das ist ein sehr starker Song. Von den Vibes, aber auch vom Text her. Es besteht ein roter Faden zu vielen Dingen, die wir schon für The Poodles über all die Jahre komponiert haben. Logischerweise sind es dann auch meine Tracks, die ich geschrieben habe, wie «Need To Believe»…

Jacob: …«Everything» ist auch ein toller Track geworden.

Hendrik: «Crack In The Wall» hat auch ein tolles Flair. Ein simpler Song, mit einem tollen Effekt.

Jacob: Du siehst, wir lieben sie alle (beide lachen)! Picke ich einen von den alten Nummern raus… «Love Is All», der hat einer der besten Texte, die ich jemals geschrieben habe.

Hendrik: Vielleicht ist dies bei mir «Godspeed». Da passt irgendwie alles.

MF: Sind Texte für euch auch eine Art Dinge zu verarbeiten oder zu beenden?

Jacob: (überlegt lange): Gut, das ist definitiv eine Art Dinge zu verarbeiten. Ob allerdings wir dadurch keine Fehler mehr machen, ist eine andere Geschichte (lacht). Als Entwicklung eines langen Prozesses sind Texte sicher etwas Befreiendes. Zurück zu schauen und zu sagen: «Ja, genau diese Dinge will ich nicht mehr machen oder erleben!» Wahrscheinlich hat es auch von Beidem etwas und unterstützt die Kommunikation mit dir selber. Hendrik und ich sprechen viel und analysieren Dinge. Kommt er mit unterschiedlichen Perspektiven, zum Beispiel bei neuen Liedern die ich schreibe, merke ich, dass ich nicht mehr ans Simple denke. Das hat was Befreiendes und kann durchaus erden.

Hendrik: Vieles, das während des Songschreibens passiert… Im Kontext werden viele Geschehnisse oder Erfahrungen reflektiert. Dinge passieren. Bei dir selber, anderes siehst du bei deinen Freunden oder im Umfeld. Das beflügelt die Dinge, welche in deinem Kopf herumschwirren. Schlussendlich hat doch alles irgendwie mit deiner Person zu tun (lacht). Das Leben und die persönlichen Dinge bringen dich zu einer Idee.

MF: Wieso hat Pontus Egberg die Band verlassen?

Jacob: Ach! Ich denke, da gibt es einige Gründe, wieso er schlussendlich The Poodles verlassen hat. Der Hauptgrund, so glaube ich… Neun Jahre sind eine lange Zeit. Er ist ein alter Freund von mir und einer der besten Musiker, mit denen ich jemals zusammengearbeitet habe, aber Pontus wollte eine Veränderung. Ursprünglich kommt er aus der progressiven Musik (Lions Share). Das ist seine Welt, wenn er auf einem sehr hohen Level musizieren kann. Gott beschütze ihn, wir wünschen ihm nur das Beste. Ich denke, dass er da, wo er jetzt ist, sehr glücklich ist.

Hendrik: Das liegt nicht nur daran, dass er nun bei King Diamond spielt, es liegt auch daran, dass er sich auf etwas anderes konzentrieren wollte. Es gibt Leute, die können viele Dinge auf einmal bearbeiten. Mit all den Problemen, die dazu gehören. Andere stehen darauf, sich auf etwas zu fokussieren.

Jacob: Johan Flodqvist kam durch unseren Trommler Kicken (Christian Lundqvist) in die Band. Johan hat sich irgendwann bei Christian gemeldet und gesagt, wie toll er die Musik von The Poodles findet. Das ist etwas, das sehr selten passiert in der Musikszene. Das hat uns geehrt und gefreut. Es ist wichtig, dass man auch sagt, wenn man was mag. Und nicht immer nur am Rumnörgeln ist (breites Grinsen). Zuerst war uns nicht bewusst, dass er Bassist ist. Als wir letzten Herbst nach einem Ersatz für Pontus suchten, erinnerten wir uns an Johan. Er ist ein toller Typ, spielt gut Bass und kann singen.

Hendrik: Es ist immer schwierig, ein wichtiges Bandmitglied zu ersetzen. Das war ja einige Jahre vorher bei mir auch der Fall. Pontus Norgren (jetzt bei HammerFall) ersetzt du nicht einfach so aus dem Handgelenk. Darum suchten die Jungen auch keinen Norgren Teil 2, sondern einen neuen, eigenständigen Gitarristen. Zuerst muss die Chemie stimmen. Wir hatten die Möglichkeit, den Nachfolger am Bass zu testen. Dazu hatten wir einige Festival-Auftritte und Konzerte. So spürten wir, wie Johan in die Band passt, denn bei ein anderen Kandidat stellten wir fest, dass die Chemie nicht stimmte.

MF: Für mich sind The Poodles einer der besten Live-Bands in der Welt.

Hendrik: & Jacob: Oh herzlichen Dank!

MF: Woher nehmt ihr diese positive Energie und den Spassfaktor?

Jacob: (lachend): Weisst du…

Hendrik: …das hat seine Zeit gedauert (alle lachend)…

MF: …es hat gerade mal drei Stunden gedauert (alle lachen)…

Hendrik: …ich glaube eher es waren 25 Jahre (lautes Lachen)…

Jacob: …aber es ist etwas Natürliches. Alle Bandmitglieder machen unterschiedliche Dinge auf der Bühne. Das kommt von unseren Herzen und daraus ergibt sich der Weg, den wir gehen. Die Energie brennt in uns und reflektiert, dass ich mir selber in den Arsch trete und eine verdammt gute Show abliefern will.

Hendrik: Wir wollen die Leute erreichen und sie zu einem Teil unserer Show werden lassen. Das ist sehr wichtig für uns und ich denke, die Fans honorieren dies auch.

Jacob: Wir haben kein Problem damit, uns selber zu reflektieren und zu fragen, woher wir kommen. Es lohnt sich dieses natürlich Ding aus dir raus zu lassen. Wir gehen auf die Bühne und geben unser Bestes. Dabei versuche ich immer mir selber vorzustellen, wie ich eine Band auf der Bühne erleben will. Es gibt ja genügend Truppen, die auf der Bühne total am Durchdrehen sind (grinst), aber du kannst auch total ruhig auf der Bühne stehen. Wenn dein Fokus auf den Besuchern liegt, spielt es keine Rolle, und die Reaktionen können noch euphorischer sein. Hast du eine Dynamik, rennst hin und her, fehlt dir der Fokus, um das Publikum zu erreichen. Das ist eine nette, aber wichtige Kombination.

Hendrik: Dynamik! Du kannst eine unglaubliche Energie haben, was passiert aber, wenn die fünf Minuten stehen bleiben (lacht). Einige Musiker haben diese Balance zwischen Energie und Charisma, was das Publikum total durchdrehen lässt. Ohne gute Songs bringt dir aber auch die beste Performance nichts!

Jacob: Es ehrt uns, wenn du uns dieses Kompliment gibst. Das ist wunderbar!

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?

Jacob: Wir haben mit Sony einen neuen Vertrag und eine neue Zusammenarbeit mit Seaside Promotion. Mit Thomas Kreidner, einem der Jungs vom Wacken Festival. Diese Kurztour wird weitergeführt, mit weiteren Gigs im Oktober. Da hoffen wir, dass The Poodles auch in die Schweiz zurück kehren werden. Dieses Jahr wird für die Band zu einem Reisejahr (lachend). Der Grundstein mit den neuen Partnern ist gelegt und da bauen wir auf eine langjährige Zusammenarbeit.

Hendrik: Dabei versuchen wir neue Territorien zu erschliessen, wie Japan oder die USA. Hoffen wir, dass dies klappen wird.

MF: Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

Jacob: Danke dir Martin und ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!