Interview: Thunderstone
By Roger W.
Ort: Lenzburg. Veranstaltung: "Metal Inferno III". Gut gelaunt gelange ich in den Backstage-Raum, der extra für Thunderstone hergerichtet wurde. Und treffe da auf fünf gut gelaunte Finnen in bester Bierlaune, die mir sogleich Auskunft über finnische Klischees geben, und warum Thunderstone keine Power Metal Band sind. Zudem erzählen sie mir über die anstehende Tour von Anfang Dezember. Nach vierzehn wirklich spannenden Minuten und vielen Lachern verlasse ich noch glücklicher den Raum. Eine Stunde später lieferte dieselbe Band ein unglaubliches Konzert ab, das die Fans-Herzen höher schlagen liess und die Stimmung zum Kochen brachte. Eine Woche später schreibe ich das Interview für metalfactory.ch nieder und frage mich nur, wer genau was gesagt hat. Es standen zwei Personen zur Auswahl. Leider fiel es mir auch nicht mehr ein, nachdem ich das Foto anschaute, dass ich nach dem Interview geschossen hatte. So habe ich den 50:50 Joker gewählt. Pingelige Leute seien also hiermit ausdrücklich vorgewarnt, da ich keine Garantie übernehme, ob das jeweilig Gesprochene jetzt Titus Hjelm (b) oder Nino Laurenne (g) gesagt haben, oder ob es umgekehrt war. Und noch eine kleine Ergänzung zum Schluss: Dieses Interview führte ich für's Radio Kanal K, wo es am Samstag, den 17. Dezember 2005 zwischen 21.00 und 23.00 Uhr in einem Special über das "Metal Inferno III" in Lenzburg ausgestrahlt wird. Reinhören ist erlaubt und zwar auch für nicht Aargauerinnen und Aargauer über den Internet Live-Stream auf www.kanal.ch - klinkt Euch ein! (TH = Titus Hjelm; NL = Nino Laurenne)

MF: Ich sah euch zusammen mit HammerFall diesen Frühling in Pratteln. Wie war die Tour mit HammerFall, Firewind und Lordi für euch?

TH: Es war sehr gut für uns. Es waren zwar nur fünf bis sechs Konzerte. Also es war sehr kurz, aber alle Orte waren sehr gut. Und wir hatten eine wirklich gute Zeit mit allen Bands. Wir hatten eine wirklich gute, lustige Zeit zusammen. Es war eine sehr gute Tour.

MF: Es war also lustig für euch. Gab es da einen speziell lustigen Moment?

TH: Hmm..., natürlich hatten wir viele lustigen Momente auf der Tour. Aber ich bin nicht sicher, ob ich die nennen soll. Ich glaube, so was darfst du nicht senden im Radio..., nein... (lacht)

MF: Wir könnten...

TH: Ich schütze eure Ohren davon... (lacht)

MF: Eure neue CD "Tools of destruction" kam diesen April auf den Markt. Wie wurde sie aufgenommen?

NL: Ich glaube, es war ziemlich ok. Es könnte natürlich immer besser sein, aber ich denke, wir sind ziemlich zufrieden damit. Sie wurde ziemlich gut verkauft, und die Kritiken sind besser als je zuvor. Und das Beste ist, dass die Leute jetzt sagen, dass wir wirklich unseren eigenen Stil gefunden haben. Das ist eine wirklich gute Sache.

MF: Konntet ihr feststellen, dass euch jetzt mehr Leute sehen wollen?

NL: Ja, ich hoffe das wirklich. Warten wir ab, was noch passiert.

MF: Aber die Reaktionen waren nicht so, dass ihr festgestellt habt, dass euch jetzt hunderte Leute mehr sehen wollen?

TH: Oh..., ich weiss nicht..., natürlich..., wir sind jetzt seit fünf Jahren oder so in der Szene, und wir touren ziemlich viel und so wollen uns auch immer mehr Leute sehen, die uns kennen. Und nach wie vor supporten wir Hauptbands. Aber mit jeder Tour kommen mehr Leute an die Konzerte, die speziell uns sehen wollen. Und jetzt werden wir im Dezember auf unsere erste Headliner-Tour gehen und wir hoffen, dass da genug Leute kommen, um uns zu sehen.

MF: Thunderstone sind eine sehr junge Band und wurden erst vor circa fünf Jahren gegründet. Was tatet ihr davor?

TH: Wir beide (Titus und Nino) spielten in der selben Band für mehrere Jahre. Aber die war mehr so im Thrash Metal Bereich. Und Mirka (d) und Kari (keyb) spielten zusammen in einer Band, die eher Prog Metal spielte. Und Pasi sang meist Cover-Konzerte. Aber keine Bands ist so berühmt geworden, wie es Thunderstone jetzt sind.

MF: War das eine bewusste Entscheidung, vom Thrash Metal auf den Melodic Power Metal zu wechseln, oder passierte das einfach so?

NL: ...also das ganze Ding startete als ein Witz... (lacht) - Ich sass in meinem Studio und probierte den allergrössten Chorus zu komponieren, den man je gehört hatte. Da gab es also keinen Plan im Stile von dass ich jetzt eine Band gründe und dann dies und jenes tue. Es begann einfach so... - Aber ich denke, wir kommen jetzt immer mehr weg vom Power Metal. Also vom traditionellen Double-Bass-Geballer und solchem Scheiss... (lacht) - wir werden älter...

MF: Das heisst ihr spielt in Zukunft langsamer?

NL: Ja, langsamer, fetter, schmutziger und dreckiger!!!

MF: Mehr Rock'n'Roll?

NL: Ja, mehr Rock'n'Roll!!!

MF: Eure Musik erinnert stark an Stratovarius. Was haltet ihr von ihnen?

NL: (lacht) - Ich denke, wenn du die "Tools of destruction"-CD hörst..., ja, da mögen ein paar Dinge drauf sein, die dich an Stratovarius erinnern. Aber ich bin mir darüber nicht mehr sicher. Ich meine, die Leute vergleichen uns jetzt mit Stratovarius seit fünf Jahren und das geht langsam... (findet das richtige Wort nicht)

MF: Du magst es nicht mehr hören?

NL: Ja..., ich meine, Stratovarius sind eine grossartige Band. Und die Jungs gute Freunde von uns. Es könnte schlimmer sein..., ich meine, wenn uns die Leute zum Beispiel mit Sonata Arctica vergleichen würden... (lacht) - Nein..., auch das sind Freunde von uns..., ich scherze nur..., sie sind in Ordnung...

MF: Welche Band hat momentan den grössten Einfluss auf eure Musik?

TH: Ich denke, keine Band hat momentan einen grossen Einfluss auf uns. Ich meine, wir haben alle verschiedene musikalische Backgrounds und das ist wichtig. Einige von uns mögen 70er-Jahre Musik, traditionellen Rock à la Led Zeppelin und Deep Purple. Und andere mögen mehr dieses Prog Metal Zeug. Und ich denke, wenn du all dieses verschiedenen Einflüsse zusammen bringst, endet dies im typischen Thunderstone-Sound. Das ist eine wirklich gute Sache. Weil es schwer für eine Band sein könnte, wenn sie diesen bestimmten grossen Einfluss haben und dann beginnen würde, so Musik zu machen. Ich denke, wir haben dieses Problem nicht so sehr. Aber das ist natürlich nur meine Meinung.

MF: Heute Abend werdet ihr euer erstes Headliner-Konzert in Zentral-Europa spielen. Was erhofft ihr euch davon?

NL: Hmmm... (von einem anderen Thunderstoner im Raum: "Einen riesigen Kater!") - (lacht) - einen riesigen Kater. Das ist ein Ding, wo wir uns wirklich sicher sind, dass wir es erhalten. Aber andere Dinge weiss ich nicht. Ich freue mich wirklich darauf, die Bühne zu stürmen und die Reaktionen vom Publikum zu sehen. Wir spielen heute unseren sechsten Gig in der Schweiz. Und alle Konzerte waren bisher sehr gut. Und ich denke, das wird ebenfalls ein grossartiges Konzert. Ich freue mich auf ein wirklich gutes Konzert und auf viel Alkohol danach. (lacht)

MF: Finnen sind ja berühmt dafür, dass sie viel trinken, wenn sie im Ausland sind. Ist dieses Klischee schlicht normal für finnische Leute? Was denkt ihr darüber?

TH: Ich weiss nicht, ich sehe mich nicht als schräg oder abnormal an, nur weil ich jeden Tag trinke. Okay, vielleicht ist das nicht normal. Aber vielleicht ist es normal für eine finnische Rockband, das zu tun. Aber nicht jeder Finne trinkt jeden Tag. Vielleicht..., ja auf Tour ja..., aber ich denke, es ist ziemlich normal. Bis jetzt waren alle Bands, mit denen wir den Bus geteilt haben, wirklich geschockt darüber, wie wir trinken, wie viel wir trinken und wie oft wir trinken. Ich denke, es war so nach dem dritten Konzert auf unserer ersten Tour, da teilten wir den Bus mit Symphony X, als diese Jungs nach dem dritten Abend kamen: "Trinkt ihr Jungs wirklich jeden Tag?" Und wir sagten nur trocken: "Ja, natürlich!" (lacht) - (Von aussen: "Wieso nicht?"). Ja, wieso nicht? Gib mir einen Grund! (lacht) - So ist es...

MF: Aber in Finnland sind die Bierpreise nicht so hoch, wie man immer denkt. Ich war diesen Sommer für ein paar Tage in Finnland und war überrascht. Die Bierpreise sind etwa gleich wie in der Schweiz. Ihr könntet also auch zu Hause trinken...

TH: Ich weiss nicht, ob es da wirklich so billig ist. Also wenn du so nach Prag oder sonst in den Osten gehst..., da ist das Bier wirklich billig. Aber Geld ist nie eine Frage, wenn's um's Bier geht. Du magst vielleicht kein Geld haben, wenn du Brot kaufen willst. Aber wenn du Bier willst, wirst du das Geld immer irgendwo finden. (lacht)

NL: ...und Bier ist so eine Art Brot... (lacht) - du musst dich nur zwischen diesen zwei Sachen entscheiden, wenn du Bier willst...

MF: Und ihr wählt Bier...

NL: Ja, definitiv. (lacht) - Aber manchmal musst du Brot essen, um mehr Energie zu erhalten, damit du wieder mehr Bier trinken kannst. Es ist also eine Art nie enden wollender Kreislauf...

MF: Im Dezember werdet ihr auf einer Co-Headliner-Tour mit Crystal Ball sein und als Support Tempesta (auch aus der Schweiz) dabei haben. Wie entstand der Kontakt zwischen euch und den beiden Bands?

NL: Ich denke, es kam von unserem Label. Der Promotion-Bursche von Nuclear Blast fing an, diese Tour zu planen. Und so kam das Ganze zustande. Das ist die ganze Geschichte.

MF: Aber ihr kennt Crystal Ball noch nicht persönlich?

TH: Nein, wir trafen sie noch nicht. Wir hofften, dass von denen jemand heute hier ist. Vielleicht treffen wir ja einige heute Abend. Wir kennen sie noch nicht. Aber sie scheinen wirklich gute Typen zu sein. Einer von denen schickte uns ein E-Mail. Sie sind wirklich glücklich, dass sie mit uns auf Tour gehen können und natürlich sind wir es ebenfalls.

MF: Die Tour dauert zwei Wochen?!!

TH: Ja, zwei Wochen und ohne Day-Off's (Tage, an denen sie nicht spielen). Zwölf Konzerte an einem Stück.

MF: Im Moment gibt es viele gute Power Metal Gruppen auf dem Markt. Warum seid ihr besser, als all die anderen?

NL: Weil wir fetter, schmutziger, hässlicher und dreckiger, als all die anderen sind. Und wir sind nicht Power Metal... okay, nur ein bisschen Power Metal, aber das ist nicht alles. Wir sind keine Power Metal Band, wir sind eine Heavy Metal Band.

MF: Du magst Heavy Metal?

NL: Ja, definitiv! Das klingt viel besser.

MF: Wir sind am Ende. Gibt es noch was, das ihr euren Schweizer Fans sagen möchtet?

TH: Ja... hallo Schweiz! Trinkt Bier und zieht euch nackt aus! (lacht)