Szene! Studiobericht - Shakra «Snakes & Ladders»
05.10.2017 by Tinu


Teil zwei nach der Wiedervereinigung zwischen Sänger Mark Fox und Shakra. Mit «High Noon» wurde eine sensationelles «Reunion»-Album veröffentlicht, welches schon früh als Klassiker eingestuft werden konnte. Auf der Bühne wuchs die Truppe um Leadgitarrist Thom Blunier von Konzert zu Konzert über sich hinaus und liess manche Band sehr alt aussehen. Kaum war der Schlussakkord des letzten Konzertes gespielt, standen Sänger Mark, Gitarrist Thomas Muster, Bassist Dominik Pfister und Trommler Roger Tanner im hauseigenen Studio von Thom Blunier und zockten das neue «Leiterlispiel» ein.

Meine Erwartungen waren hoch, sehr hoch, um nicht zu sagen zu hoch, als mir Thom die neuen Tracks vorspielte. Konnte ein Nachfolgealbum dem grandiosen Vorgänger das Wasser überhaupt reichen? Werden die neuen Lieder die gleiche Frische versprühen? Um gleich mit der Tür ins Zimmer zu fallen. JA! Sie können es! Auch wenn sich das neue Werk anders anhört und die Songschreiber Thomas Muster und Mark Fox sich neuen Nuancen nicht verschlossen haben und der typische Blunier-Schreibstil fehlt. Aber was «Snakes & Ladders» zu bieten hat, ist ganz, ganz, ganz grosses Kino! Logisch ist dabei die Stimme von Mark einmal mehr prägend und der Rhythmusteppich ein unglaublich groovendes und voran treibendes Element. Fett pumpt der Bass und präzise wie ein Uhrwerk schlägt Mister Tanner auf sein Instrument ein. Berühmt und berüchtigt die solistischen Einlagen von Mister Blunier und packende die Riffs von Herrn Muster. Trotzdem ist das Album breitgefächerter, bietet neuerdings auch feine Keyboardeinlagen und Streicher, welche den Songs ein zusätzliches Flair verleihen. Ähnlich wie Gotthard auf «Silver», gehen Shakra auch zurück in die musikalische Vergangenheit, ohne dabei aber ihr Gesicht zu verlieren, sondern kompositorisch tiefgehende Tracks zu schreiben, die einerseits sofort ins Ohr gehen und andererseits mit jedem Anhören noch was Neues bieten.

Herausragend und ein richtiger Klassiker ist der Abschlusssong «The End Of Days», der von seiner Art her frappant an Uriah Heep's «Lady In Black» erinnert, aber weit davon entfernt ist, eine billige Kopie davon zu sein. Dazu sind die Gitarren und der Gesang zu Shakra-typisch. Daneben glänzt «Fire In My Veins» mit einem D-Train-, Panzer- und Dampfwalzenkommando auffahrenden Groove. Könnte ein moderner Hassbolzen sein, wären da eben nicht der typische Shakra-Groove und ein fantastisches Solo von Thom. Sofort ins Gehör geht auch «Medicine Man». Ein rock'n'rolliger Track, der die staubige Rocker-Seele berührt, in die Beine geht und durch das tolle Riff wie den packenden Refrain kaum mehr aus der Gedächtnisstube verschwindet. Oder «Rollin'», ein Lied, welches Gotthard seit «Dial Hard»-Zeiten nicht mehr geschrieben haben und mit einem starken Blues-Feeling (Eric Clapton lässt grüssen) eine neue Seite der Berner präsentiert. Und wenn wir schon bei Gotthard sind… «The Seeds» erinnert nicht nur vom Drumbeat an «Lift U Up», sondern auch wegen des mitgröhlbaren Refrains. Shakra begehen nicht den Fehler, sich als blosses Plagiat zu präsentieren, sondern nehmen Elemente auf und zaubern daraus einen eigenen tollen Song.

Der «Pop-Song», wie Thom «Something You Don't Understand» liebevoll nennt, glänzt mit Streichern und positiver "Melancholie", während der Titelsong mit marschierenden Rhythmen, einem unglaublichen Bassgroove und livetauglichem Refrain begeistert. Auch ein möglicher kommender Live-Knaller könnte «Friday Nightmare» werden. Mit einem fetten Riff und knackiger Drumarbeit, gefolgt von packendem Pre-Chorus und mitsingbarem Refrain, hat dieser Track alles zu bieten, um auf der Bühne zu glänzen. Einen Zacken schneller und heftiger knallt «I Will Rise Again» aus den Boxen, während «Open Water» die typische Shakra-Ballade abwirft, die von der "kratzigen und traurigen" Stimme von Mark Fox lebt. Mit feinen Streichern unterlegt, geht die Nummer unter die Haut, ist zeitlos und emotionsstark. «The Rise Of My Life», ein Weltklassetrack, der mit dem Chorus startet und von einem erneut geilen Riff begleitet wird, erhält durch die fette Rhythmusarbeit ein packendes Flair. Ein Song, der alle begeistern sollte. Was wäre ein Klassealbum ohne einen sensationellen Einstieg? Richtig, eine Totgeburt. Die haben Shakra nicht hingelegt, denn mit «Cassandra's Curse» startet die elfte Scheibe der Helvetier gnadenlos mitreissend. Der Midtempo-Track ist das perfekte Bindeglied zu «High Noon» (dem Song).

Ob «Snakes & Ladders» nun besser ist als sein Vorgänger? Nach den ersten Hördurchgängen darf man sagen, dass der neuste Streich vielleicht kompakter ist, während «High Noon» stärkere Einzelsongs besitzt. Sicher ist aber, dass sich der Fünfer nicht wiederholt, sondern mit feinen Nuancen "neu erfunden" hat, um dem Erfolgsrezept treu zu bleiben. Shakra ist Shakra geblieben, mit einer neuen Verzierung, welche die Band ganz oben auf dem "Leiterlispiel" ankommen und dort stehen lässt. Fazit: Absolute Kaufempfehlung!