Livereview:
Alestorm - Brainstorm - Crimson Shadows - Troldhaugen

15. September 2014, Pratteln – Z7
By Rockslave
 
Es war eigentlich im wahrsten Sinne des Wortes, dass sich an diesem Abend ein Sturm zusammen braute! Fast wäre man geneigt zu sagen ein Sturm der Entrüstung, denn auf den ersten Blick machte dieses eher seltsame Package nicht wirklich Sinn. Seit die schwäbischen Power Metaller um Sympathikus und Sänger Andi B. Franck ihre neue Startrille «Firesoul» im Frühling heraus gebracht haben, wartete meine Wenigkeit auf die Ankündigung einer anständigen Headliner-Tour. Dass es letztlich nur zu einer Co-Headliner-Tour gereichte, zeigt einerseits auf, dass man wohl der Meinung war, es alleine nicht wirklich reissen zu können, und andererseits wurde offenbar eine Kooperation gesucht, die die an sich nicht kongruenten Fangruppen zusammen bringt. So ein Kalkül kann aufgehen und war auch die Ansicht, die der Brainstorm-Gitarrero Torsten „Todde“ Ihlenfeld beim Interview vertrat, als ich ihn nach den Reaktionen und Fan-Feedbacks der aktuellen Tour fragte. Ich nahm das erfreut zur Kenntnis, obwohl mich schon nur der persönliche Gedanke an den Headliner Alestorm erschaudern liess. Nicht viel mehr erwartete ich dabei auch von den beiden Vorbands, was dann auch eintraf.


Troldhaugen

Genau genommen hatte ich nicht mal mit vier, sondern bloss drei Bands gerechnet. Das bedeutete nun, dass es an diesem Montagabend wieder mal etwas länger dauern würde, respektive entsprechend früh anfing. Das hiess um 19.00 Uhr mussten Troldhaugen als Erste auf die Bühne und zu dem Zeitpunkt war das Z7 eigentlich leer, was grundsätzlich schon mal Schlimmes in Sachen Publikumsaufmarsch voraus ahnen liess. Doch es kam sogar noch schlimmer, denn die Australier zelebrierten eine ziemlich schräge Rock-Show, bei der mir Sänger Reventüsk recht schräg rein kam. Dieser gebärdete sich zwar stimmgewaltig, aber wie Meat Loaf auf einem Crystal Meth Horror-Trip. Der Stil der Band ist schwer zu schubladisieren (was sie selber natürlich cool finden), wird jedoch als „Wacky Folk Metal“ bis hin zu „Technical Progressive Metal“ bezeichnet. Aus Australien ist man sonst eigentlich ja mehrheitlich anderes gewöhnt, doch das Quartett aus Wollongong mag es anders und das als Troldhaugen seit 2010. Der Bandname ist dabei in der Tat dem bekannten Haus (und heutigen Museums) des Komponisten Edvard Grieg (1843 – 1907) entliehen. Seine teils düstere und naturbezogene Musik hat die Jungs zu ihrem Treiben inspiriert. Nebst dem Sound, der von den Musikern erzeugt wurde, kamen auch noch einige Samples vom Band. Einziger und so unerwarteter Höhepunkt der ersten halben Stunde Musik war aber die immerhin ordentlich gelungene Cover-Version des Abba-Hits «Gimme Gimme Gimme». Dieser kurz entflammte Enthusiasmus verpuffte jedoch vor den wenigen wie verloren wirkenden Leutchen vor der Bühne total, und ich war danach einfach froh, dass dieses abgedrehte Metal-Kuddelmuddel endlich vorbei war!


Crimson Shadows
Diejenigen Fans, die der allgemeinen Gewohnheit folgend erst auf 20.00 Uhr im Z7 eintrudelten, kamen wenigstens gerade rechtzeitig zum Auftritt der Kanadier Crimson Shadows. Der Fünfer aus Toronto zeigte sich dabei von der Optik her etwas bei Amon Amarth angelehnt und als es losging, bestätigte sich dies vom Lead-Gesang her tatsächlich. Dieser obliegt Jimi Maltais als Frontmann und begleitende cleane Vocals steuerte Gitarrist Greg Rounding bei. Die Musik dazu wird Epic Death Power Metal genannt! Aha, wieder eine Stil-Schiene mehr, wobei die überwiegend speedigen Songs dem nicht ganz gerecht werden. Das war dann auch genau der Punkt, wo mich die Mucke von Crimson Shadows stark an DragonForce, Rhapsody und Konsorten erinnerte und somit sehr rasch abtörnte. Die zweiten dreissig Minuten waren technisch zwar auf einem absolut hohen Level, aber das andauernde und nicht abebben wollende Geknüpple wurde schnell einmal langweilig. Wenigstens sorgte, wie zu Beginn bereits erwähnt, Gitarrist Greg mit seiner (cleanen) Hammerstimme, für ein Ausrufezeichen. Songtechnisch, wie auch auf dem neuen Album «Kings Among Men» nachzuhören ist, wird das Gaspedal jedoch dauernd durchgetreten und dadurch klingt alles gleich und bemühend zugleich. Da nützen auch alle catchy Melodien eben nix mehr und dass die Canucks offenbar ein unüberhörbares Flair für DragonForce haben, lässt mich verstört wie angeekelt zurück. Das sahen rund oder bloss etwa fünf bis sechs Dutzend Metalsheads vor der Bühne jedoch nicht so wie der Rezensent. Die recht guten Reaktionen offenbarten zumindest den Eindruck, dass das Gezeigte alleweil für ordentliches Headbangen gut war. Nichtsdestotrotz entfernte ich mich nach den Fotos ziemlich rasch vom Ort des Geschehens und zog mich an die Bar zurück. Eigentlich hätte ich mir die beiden ersten Acts glatt ersparen können!


Brainstorm
Eigentlich fing der Konzertabend für mich erst jetzt richtig an, obwohl ich die Schwaben heute natürlich viel lieber als Headliner gesehen und gehört hätte. Doch auch so konnte man sich auf gute 75 Minuten Power Metal vom Feinsten freuen. Dieses Jahr gibt es zudem zwei Dinge speziell hervor zu heben. Zum einen wäre das kaum zu glaubende 25-jährige Bandjubiläum (!) zu erwähnen und zum anderen kam im Frühling mit «Firesoul» die zehnte Studioscheibe von Brainstorm heraus. Diese schliesst sich nahtlos an die bisherigen Meisterwerke an und versetzte die Zielgruppe abermals in Freudentaumel. Das alles kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass der Status dieser Hammerband nach wie vor ungenügend ist. Gemessen am songwriterischen Potenzial hätte man in diesem Vierteljahrhundert einfach mehr erreichen sollen, ja müssen! Warum es letztlich nicht wirklich geklappt hat, kann verschiedene wohlbekannte Gründe wie Familie und/oder den Job haben. Allerdings muss man Andy B. Franck und seinen Jungs zugute halten, dass sie immer noch mit obergeiler Mucke am Start und in nächster Zeit sicher nicht abzuschreiben sind. Umso mehr schmerzte es dann, dass letztlich nur etwa rund 400 bis 450 Leute ins Z7 gekommen waren, und nicht wenige Fans, die Alestorm-Shirts trugen, kamen ja wegen dem Headliner. Von sowas lässt sich eine Profi-Band wie Brainstorm aber nicht irritieren und so gab Andy von Anfang an Gas, wie man es von ihm und seiner Truppe gewohnt ist. Schon beim Opener «Highs Without Lows» ging es ab wie die Feuerwehr und bereits beim nachfolgenden «Falling Spiral Down» wusste der Sound diesmal besonders zu gefallen! Der musikalische Streifzug durch insgesamt sechs der zehn Alben gestaltete sich abwechslungsreich nach jedem Song mehr nahm die Anteilnahme des immerhin sehr gut antizipierenden Publikums zu. Trotzdem gerieten nicht alle Mitsingparts so, wie sich das Mr. Franck vorgestellt hatte, respektive es war halt nicht so einfach, die Leute richtig aus der Reserve zu locken. Insgesamt war dann erwartungsgemäss nur die reduzierte Spielzeit als Co-Headliner das einzige Haar in der Suppe! Beipflichten konnte ich Gitarrist Todde nach dem Interview (das vor dem Auftritt von Brainstorm geführt wurde – MF), dass man auf der „Storming Across Europe 2014“-Tour in der Tat neue Fans dazugewinnen konnte. Nach dem Abgang der deutschen Power Metal Institution war ich nahe dran, nach Hause zu gehen, denn mit Alestorm kann ich, wie mit den heutigen beiden Support-Bands, rein gar nichts anfangen.

Setliste: «Highs Without Lows» - «Falling Spiral Down» - «Firesoul» - «Fire Walk With Me» - «Erased By The Dark» - «Worlds Are Comin' Through» - «Hollow Hideaway» - «Doorway To Survive» - «Shiva's Tears» - «...And I Wonder» - «Shiver» - «All Those Words» - «How Do You Feel?


Alestorm
Manchmal gibt es Begebenheiten im Leben, die man einfach durchstehen muss. Dazu gehörte in diesem Fall der Auftritt des heutigen Headliners Alestorm. Ich kann und konnte mit dem „Piraten Metal“ der Schotten noch wie wirklich was anfangen. Das ist umso erstaunlicher, weil nämlich deren Mainman, Sänger und Keyboarder Christopher Bowes mit Gloryhammer eine zweite Combo am Start hat. Dessen Sänger ist der Schweizer Thomas Winkler (Ex-Emerald) und der war erstens auch zugegen und zweitens begleitete ich ihn, zusammen mit seinen Kumpels, bei der diesjährigen „70000 Tons Of Metal“ Kreuzfahrt. Die Band spielte ihr erstes Konzert morgens um vier Uhr (!!) auf dem Pooldeck und ich liess mir das nicht entgehen! So „fucking what“ also Herr Rockslave?! Es ist aber nun mal so, dass ich Gloryhammer einiges mehr als Alestorm abgewinnen kann, obwohl sie stilistisch nicht weit voneinander stehen. Egal, die Geschmäcker sind nun mal verschieden und bei der Hauptband von Herrn Bowes geht mir das nervöse Gezapple und das teils wiederum bei DragonForce angelehnte Speedgeballere mit nervig lauten Tastentönen der Keytar voll am Arsch vorbei! Dazu kommt, dass Master Winkler im Vergleich der um Längen bessere Sänger ist. Immerhin muss man aber konstatieren, dass der Headliner eine solide Fanbase hat und diese gebärdete sich ziemlich lautstark im Z7. Die Stimmung war top wie ausgelassen zugleich und das war natürlich ganz im Sinne der Band, die sich spielerisch wie technisch zu ihrem Humppa Metal keine Blösse gab. Die konstant durstige Fanschar feierte darum eine bierselige Party, die immer lauter wurde. Ein spendabler Fan reichte Christopher ausserdem zwei grosse Toblerone, die erfreut entgegen genommen und sogleich auf der Bühne aufeinander gestapelt wurden. Der zweite Keyboarder Elliot Vernon steuerte derweil nebst ein paar sphärischen Parts dann und wann auch mal ein paar Growls bei, die man insgesamt wenigstens etwas beim Thema „Abwechslung“ unterbringen konnte. Sonst war die Mucke jedoch überwiegend schnell bis mitunter pfeilschnell und sowas haltet der Rezensent nicht lange aus. Darum suchte ich nach dem Besuch des Fotograbens alsbald das Weite und verfolgte den Rest aus der hintersten Ecke der Hauptbar. Kurz vor Mitternacht und nach über 100 Minuten war die Schlacht endlich geschlagen, das Piratenschiff wieder in See gestochen und die musizierenden Piraten von der Bühne runter. Es bleibt zu hoffen, dass sich eine so brillante Power Metal Band wie Brainstorm künftig nicht mehr in einem solchen Package quasi verdingen muss, und eins ist zudem so sicher wie Luzifers heisser schwefliger Atem: Dreiviertel dieses Konzertabends erspare ich mir künftig!