Livereview: Die Apokalyptischen Reiter - Tyr - Let Me Dream
29. September, Winterthur Salzhaus
By Yannick S.
Es ist immer so eine Sache vom Aargau aus nach Winterthur zu fahren, wohlgemerkt mit dem Zug, denn am unübersichtlichen Zürich HB findet man sich einfach überhaupt nicht zurecht. Diesmal hatte, so dachte ich, mit 10 Minuten genügend Zeit den Zug nach Winti zu suchen. Rolltreppe hinunter, Rolltreppe hinauf, Rolltreppe hinunter, wo zur Hölle war das verfluchte Gleis. Auf jeden Fall erreichte ich den Zug, als er die Türen schloss und ich noch gerade so hineinhechteln konnte. Genial, Ferienbeginn, kein Sitzplatz, also durfte ich stehend, meine Musik lauschend nach Winterthur düsen. Endlich angekommen, machte ich mich auf den Weg in das nahe gelegene Salzhaus. In weniger als einer Stunde ging es endlich los, Die Apokalyptischen Reiter, Tyr und Let Me Dream werden die Bühne sprengen. Am meisten freute ich mich auf die grandiosen Färörer von Tyr, Let Me Dream kannte ich nur durch ein paar Samples und die Reiter wollte ich schon lange mal live begutachten. Nachdem ich Tyr interviewte, füllte sich dann auch langsam aber sicher das Salzhaus und die Party konnte beginnen.

Let Me Dream
Wie bereits erwähnt, kannte ich die Finnen nur durch ein paar Samples vom Internet. Die Jungs haben bereits drei Alben rausgebracht, aber trotzdem sind sie relativ unbekannt. So wie die restlichen Zuschauer wartete ich gespannt auf den ersten Song. Mit grellem Licht "entflammte" die Show, es konnte losgehen. Von der ersten Minute an, konnten mich Let Me Dream nicht überzeugen, die Musik hörte sich an, als ob das Sextett sich nicht einig waren, was sie genau spielen wollten. Eine Prise durchschnittlichen Gothic-Metal, vermischt mit Death-und Dark-Metal-Elementen, dazu ein wenig Dark Wave und fertig war das Kunststück. Das hört sich jetzt alles ziemlich interessant an, aber wenn die Band den Druck auf das Publikum absolut nicht rüberbekommt, ist es kaum verwunderlich, wenn der grösste Teil der Zuschauer nach draussen marschierte oder sich genüsslich ein, oder zwei Bierchen reinzog. Enttäuschend war auch die Gesangsleistung, auf den gehörten Samples konnte die Stimme durchaus überzeugen und war meiner Meinung nach die Stärke der Band, live aber war sie aber viel zu monoton. Alles in allem konnte die Band höchstens, aber allerhöchtens, als Einstimmung für die nachfolgenden Bands taugen.

Tyr
Der Höhepunkt des Abend war für mich gekommen, endlich kam ich in den Genuss, die wunderbare Musik von Tyr live zu erleben. Traurigerweise durften die Färörer nur läppische 40 Minuten spielen, was mich aber nicht davon abhielt, Freudensprünge zu vollziehen. Mit Kettenhemden betraten Sänger Heri Joensen und seine Wikingerfreunde die Bühne und das zahlreich erschienene Publikum zeigte sich überaus gespannt, denn es war der erste Live-Auftritt in der Schweiz. Mit Songs von ihrer neuen Scheibe "Ragnarok" und der ein wenig älteren "Eric the Red" eroberten sie die Zuschauer in Kürze. Trotz der eher langsamen, feinen Musik von Tyr wurde mächtig getanzt, geschaukelt und mitgesungen. Als dann das traditionelle irische Folklied "The Wild Rover" erklang, war es endgültig um mich geschehen. Der Stimme des Sängers gelang es Höhen zu erreichen, die ich mir nicht mal im Traum ausdenken konnte, trotz der Höhe blieb die Stimme aber stets im cleanen Zustand und wurde nie zum Scream. Die fröhlichen Gesichter auf der Bühne, wie auch vor der Bühne zeigten, wie stark Tyr dem Publikum gefiel. Mit dem Song "Ragnarok", dem Titeltrack des neuen Albums, wusste die Band ebenfalls zu überzeugen; grandiose Melodiebögen zu mitsummen waren das Rezept. Zum Schluss präsentierte Tyr meinen persönlichen Lieblingssong "Ramund Hin Unge", der vollkommen in färörischer Sprache gesungen wird. Es wurde nochmal richtig gefeiert und getanzt, ich genoss es in vollen Zügen und dann war es auch schon wieder zu Ende. Auf jeden Fall kann ich die Band live jedem weiterempfehlen. Grandios was die Färörer hier gezeigt haben. Im November kommen sie übrigens erneut in der Schweiz vorbei, nämlich mit Wintersun und Amon Amarth. Also nicht verpassen!!

Die Apokalyptischen Reiter
Es wurde enger und enger im Salzhaus, etliche Reiter-Fans haben sich nach vorne gezwängt, um ihre Lieblingsband zu bewundern. Die Bühne wurde vollkommen umgestellt und ein komisches "Mini-Gefängnis" mit Keyboard wurde im hinteren, linken Ecken aufgestellt. Was um alles in der Welt hatten die "Reiter" da vor? Auf jeden Fall wollten die Deutschen keine Zeit verlieren und begannen rasch mit ihrem 2-stündigen Auftritt. Sänger Fuchs, wie immer barfuss und der Doktor mit Sado-Maske hinter Gittern am Keyboard. Speziell sind sie, die Jungs, aber Musik machen können sie ebenfalls. Nebst all den Hits wie "Reitermania", "Du kleiner Wicht", "Die Sonne scheint mir aus dem Arsch", "Friede sei mit Dir" "Dschinghis Khan" "Riders on the Storm" und viele mehr, liessen die Reiter nichts, aber überhaupt nichts aus. Auch die Zuschauer durften sich in das Bühnenspektakel miteinbauen, drei hübsche Blondinnen wurden auf die Bühne gebeten und danach zum Doktor ins Gefängnis gesteckt, die Dritte (welche kein Platz mehr fand) wurde kurzerhand in die persönliche Sekräterin von Drummer Sir G. umgewandelt. Die jungen Frauen genossen ihr Glück und ebenso die Band. Beim Stück "Die Sonne scheint..." konnten alle Fans die Bühne betreten, die freiwillig ihren Allerwertesten ins Publikum streckten. Tatsächlich waren es nicht wenig, die es wagten sich zu entblössen. Die Partymusik der Deutschen war wie auch auf den Scheiben allererste Sahne, jeder Song konnte auf eine andere Art und Weise die Zuschauer mitziehen. Dazu kam die Coolness der Band, die Lockerheit, die ironischen Elemente, was alles in allem in einer Party auf höchstem Niveau endete. Ich regte mich zwar ab und zu ab den Ellbogen die ich erwischte auf, aber an der Band lag das bestimmt nicht. Trotzdem wurde es mir, da die Reiter halt nicht wirklich zu meinen Lieblingsbands gehören, bald einmal langweilig. Immer wieder gab es Passagen, die mich dennoch mitreissen konnten, so z.B der Song "Seemann". Anders als ich waren die typischen Reiter-Fans, diese feierten auch schweissgebadet weiter und liessen kein Kopfschütteln aus. Als die Apokalyptischen Reiter nach 2 Stunden die Bühne verliessen und nicht wiederkamen, verabschiedete ich mich vom schönen Salzhaus und begab mich auf den Heimweg. Die Reiter-Fans erlebten ihre Band ganz gross und vorallem sehr lang. Ganz sicher ein gelungener Auftritt, obwohl er nicht vollkommen meinem Geschmack entsprach.