Livereview: Asia
27. April 2010, Winterthur - Salzhaus
By Rockslave
Die Ur-Formation von Asia mit John Wetton (b/v), Steve Howe (g), Carl Palmer (d) und Geoffrey Downes (Keys) fand sich 1981 zusammen und bestand damals aus gestrandeten Progressive Rock Musikern von Dino-Bands wie Yes, ELP oder King Crimson, deren Bands Ende der 70er und anfangs der 80er dem Punk und anderen Stilen wie der NWOBHM zum Opfer fielen. Tastenmann Downes, der vormals bei der Popband The Buggles war, schrieb ja 1980 deren bis heute grössten Hit «Video Killed The Radio Star». Die Ausrichtung von Asia sollte deshalb auf das mainstreamige Publikum fokussiert sein und dafür wurden die progressiven Elemente der Vergangenheit unter Verschluss gehalten. Im Frühling 1982 kam dann das selbstbetitelte Debüt heraus. Zuerst waren die Kritiken nicht überschäumend, aber mit «Heat Of The Moment» konnte ein Riesen-Hit gelandet werden und insgesamt wurden nicht weniger als sechs (!) Singles ausgekoppelt. Schon bald geriet man sich aber aus diversen Gründen in die Haare und es sollte bis 2006 dauern, bis man sich definitiv reformierte.

Asia

Die turbulente Band-Geschichte ist aus Schweizer Sicht natürlich mit Ex-Cobra, Ex-Katmandu und Ex-Krokus Recke Mandy Meyer bestückt, der ja Mitte der 80er kurzzeitig zum Line-Up gehörte, respektive auf dem Album «Astra» (1985) verewigt ist. Wesentlich prägender war allerdings das Mitwirken von Sänger/Bassist John Payne, der den Asia-Sound mit seiner ausdrucksstarken Stimme in eine andere Richtung lenkte. Das Album «Aqua» von 1991 klang zum Beispiel für viele Altfans und auch Gründer John Wetton nicht mehr nach dem, was früher mal war. Trotzdem wurde hiermit einer der besten Bombast Melodic Rock-Leckerbissen dieser Zeit, wenn nicht überhaupt geschrie-ben. «Silent Nation» (2004) beendete schliesslich die Zusammenarbeit zwischen Payne und Asia. Nebst unzähligen Besetzungswechseln res-pektive Formationen, Rechtsstreitig-keiten und den Alkohol-Problemen Wetton's steht der Altherren-Club nun altersmässig und zweifach am Herzen (Wetton und Palmer) operiert in den 60ern und ist offenbar altersmilde und -weise geworden. Um das zu unterstreichen, wurde nach dem ersten, richtigen Comeback-Album «Phoenix» von 2008 heuer mit «Omega» ein brandneuer Silberling abgeliefert, der wieder mehr von den alten Vibes verströmen sollte. Was konnte man (als Fan) von der aktuellen Tour erwarten? Sicher nicht den Bombast, den man zuletzt noch, also 2005, mit John Payne abgeliefert hatte. Die Schweiz wurde auf der aktuellen Asia-Tour gleich zweimal beehrt. Das erste Konzert fand im Winterthurer «Salzhaus» statt, während der zweite Gig im Z7 in Pratteln gebucht worden war. In Winterthur versammelten sich heute Abend in der sehr stimmigen Location nicht gerade übermässig viele Leute. Dem Vernehmen nach sollen es etwa knapp 200 Leute gewesen sein. Dem grössten Teil des Publikums sah man nicht an, dass es eingefleischte Fans gewesen sind. Ein paar Leute trugen alte wie neue, beim Merch-Stand frisch gekaufte Shirts und ganz am Bühnenrand war eine Familie auszumachen, wo nebst Papa und Mama auch ein etwa 7 bis 8-Jähriges Mädchen voll am Mitklatschen und Tanzen war! Eine Vorband spielte nicht, was in meinen Augen aber nicht zur Gewohnheit werden sollte, selbst wenn meist bloss 30 Minuten zugestanden werden. Doch das Publikum zeigte sich gnädig und begrüsste die Urformation von Asia kurz nach 20.30 Uhr mit einem herzlichen Applaus. Ich war mir jetzt an der Stelle nicht sicher, ob ich jetzt vor Ehrfurcht auf die Knie hätte gehen müssen, aber der Anblick von Kult-Drummer Carl Palmer hinterliess immerhin etwas Bewunderung von meiner Seite aus.

Wie gross das Selbstvertrauen der Band (wieder) in sich selber ist, zeigte der Auftakt des Konzertes mit «I Believe», gleich einem Song des brandneuen Albums «Omega». John Wetton war gut bei Stimme, Carl Palmer auch auf zack und Geoffrey Downes vergrub sich regelrecht in seiner Burg aus Tasteninstrumenten, die er jedoch heute Abend recht sparsam einsetzte. Gitarrist Steve Howe wirkte schliesslich irgendwie mumienhaft und sah richtig abgemagert aus. Sein Spiel kam eh ziemlich blutleer um die Ecke und überhaupt wirkte der ganze Sound viel zu zahm, was nicht nur an der dezent eingestellten Laustärke lag. Trotzdem dominierte der Bass je nach Standort im unangenehmen Bereich. Da von den ersten fünf Tracks gleich drei Neue darunter waren, hielt sich die Stimmung des andächtig lauschenden Publikums in Grenzen. Diese sank dann beim nur von Wetton gesungenen und Downes begleiteten «Don't Cry» noch weiter. Das anschliessende Solo von Steve Howe hätte es so auch nicht zwingend gebraucht. Das Ganze wirkte mitunter ein wenig fahrig und für meine Lauscher enthielt das Gitarren-Spiel des Meisters mehr als eine unsaubere Stelle. Überhaupt klang das Arbeitsgerät einmal ziemlich schräg, also so wie wenn es leicht verstimmt gewesen wäre. Des Weiteren hatte der Kult-Gitarrist mit dem schütteren Haar einen Bewegungsradius von höchtens einem Quadratmeter und Schweiss liess sich in der Folge keiner auf seiner Stirne ausmachen, bis am Schluss nicht! Das alles trug dazu bei, dass dieser Auftritt ziemlich unspektaklär wirkte. Es musste ja nicht der Bombast zu «Aqua»-Zeiten sein, aber auf den ersten drei Alben waren ja genügend sphärische Momente verewigt worden, von denen aktuell nichts mehr zu sehen und vor allem zu hören war. Am Auftrittsort lag es sicher nicht, denn seit ich Royal Hunt vor ein paar Jahren im viel kleineren Rock-City in Uster gesehen habe, lässt sich Rock-Sound mit Keyboards sehr wohl knackig auf kleinem Raum umsetzen. Es kann natürlich auch sein, dass die Herren altersbedingt nicht mehr so auf die Tube drücken wollen, was man ja soweit noch verstehen kann, damit aber mindestens gewissen Erwartungen von vielen Fans (ob jetzt jung oder alt) nicht mehr entsprechen kann. So fokussierte sich die Angelegenheit vor allem an den Schluss des Sets, wo mit «Sole Survivor», dem genialen «Go» (vom Album «Astra» mit Mandy Meyer) und dem obligaten «Heat Of The Moment» die besten Momente im Salzhaus folgten. Dass die Stimmung aber eigentlich erst da auf dem Höhepunkt war, zeigte unmissverständlich auf, dass der Mythos Asia einiges an Glanz verloren hat. Der Auftritt ein paar Tage später im Z7 soll ebenfalls ziemlich lau gewesen sein. Zwar klangen andere Konzerte dieser Tour einen Tick besser, doch die Ära mit John Payne war auch für mich klar ergiebiger. So bleibt zumindest der Moment festzuhalten, dass man während guten 90 Minuten dennoch eine weltbekannte Kult-Band hat auf der Bühne stehen und spielen sehen.

Setliste: «I Believe» - «Only Time Will Tell» - «Holy War» - «Never Again» - «Through My Veins» - «Don't Cry» - «Steve Howe Solo» - «The Smile Has Left Your Eyes (Parts 1 & 2)» - «Open Your Eyes» - «Finger On The Trigger» - «Time Again» - «An Extraordinary Life» - «The Heat Goes On» - «End Of The World» - «Here Comes The Feeling» -- «Sole Survivor» - «Go» --- «Heat Of The Moment».