Livereview: At The Gates - Triptykon - Morbus Chron

16. Dezember 2014, Aarau – KiFF
By Rockslave
 
Mein Fokus an diesem Abend lag ganz klar bei Triptykon! Die Nachfolge-Band von Celtic Frost nämlich an so einem Ort wie dem KiFF spielen zu sehen, hatte schon was Spezielles, zumal Frontmann Tom G. Warrior (g/v) während des Konzertes mitteilte, dass er schon ziemlich lange nicht mehr hier gewesen sei. Doch leider waren die Schweizer Death Metaller nicht der Headliner, sondern At The Gates. Ich konnte bis dahin mit den Schweden eigentlich noch nie gross was anfangen, aber meine Meinung sollte sich bald ändern. Zudem machte ich etwas später überrascht die Feststellung, wie viele der Fans anscheinend nur wegen Hauptgruppe gekommen und wie sattelfest diese bezüglich der Texte waren. Den Anfang machten allerdings Morbus Chron, die bisher noch nicht gross in Erscheinung getreten sind. Das Quintett zockte eine ziemlich eigene Variante des Todesbleis, als man sonst aus diesen Gefilden kennt. Acht Tage vor Heiligabend gab es somit kräftig Gegenwind zur sonst feierlich gestimmten Jahreszeit. In Sachen Triptykon war das Gefühl vor Ort dann wirklich beinahe so, dass das kommende Weihnachtsfest dieses Jahr wohl nicht mehr statt zu finden braucht, doch lest selbst!

Morbus Chron

Die Landsleute von At The Gates dürften vermutlich den ersten Gig überhaupt auf Schweizer Boden absolviert haben! Obwohl der Bandname ziemlich gut zur Musik passt, lehnt sich dieser ja an die heimtückische wie chronische Darmer-krankung Morbus Crohn an. Mit der leichten Umbenennung des zweiten Teils auf „Chron“ wurde nun so zu sagen das Maximum raus geholt, ohne dabei die Krankheit direkt anzusprechen. Reichlich ungewohnt gestaltete sich in der Folge die Mucke des Quartetts mit Robert Andersson (v/g), Edvin Aftonfalk (g/v), Dag Landin (b), Adam Lindmark (d), ergänzt um den Tourgitarrist Joakim Scott Andersson. Wer nun dachte, dass es von Beginn weg ziemlich rüde zu und her gehen würde, sah sich getäuscht. Vielmehr dominierten ruhige Passagen, die dann immer wieder fliessend ins genretypische Gebretter übergingen. Im Zentrum der ersten halben Stunde des Konzertabends im KiFF standen die Songs des neuen Albums „Sweven“. Durch den permanenten Anteil der Slow-Parts kam zwar kaum irgendwie eine richtige Stimmung auf, doch so wie das Gesamtpaket am Start war, passte es dennoch ganz gut. Die Musik von Morbus Chron ist durchaus als anspruchsvoll zu bezeichnen und wies oft längere instrumentale Parts auf. Der „Gesang“ von Robert Andersson gestaltete sich gestenreich, manchmal an der Grenze zum Keifen und oft hörte ich aber auch Venom’s Cronos röcheln. Stilistisch ist das Etikett grundsätzlich schon Death Metal, aber man hört gleichzeitig Einflüsse aus den 70ern, die dann mit neuzeitlicheren Sounds verwoben werden. Definitiv keine Alltagsmucke und für meine Begriffe nicht wirklich bühnentauglich, was das zumeist statisch dastehende Publikum, bis auf ein paar bangende Metalheads in der ersten Reihe, bestätigte. Meins war die Darbietung nicht wirklich und ich denke, dass sich Morbus Chron vor der eigenen Stereo-Anlage eher besser machen. Ich kann mich aber auch täuschen.



Triptykon
Darauf hatte ich jetzt eine ganze Weile warten müssen, respektive mit dem nahen Aarau als Auftrittsort bot sich Ganze schlicht zwingend an. Meine letzte Bühnenbegegnung mit Mastermind Tom G. Warrior geht weit zurück, genauer bis zum 29. Mai 2006, als Celtic Frost reunionmässig in der Remise in Wil (SG) aufgetreten sind. Ein Konzert der Superlative, aber bald darauf ging das kreative Ur-Duo Warrior/Ain leider wieder getrennte Wege. 2008 wechselte Triptykon nach dem offiziellen Ende von Celtic Frost vom Projekt- in den Band-Status über. Zwei Jahre später erschien mit «Eparistera Daimones» der eigentliche Nachfolger des letzten Celtic Frost Albums «Monotheist» (2006). Der einst von Tom und CF erschaffene „Signature-Sound“ wurde hierbei konse-quent fortgeführt, respektive entpuppte sich eigentlich noch eine Spur schwärzer wie zäher als vorher. Nach der 2010er EP «Shatter» war es dann heuer wieder soweit: «Melana Chasmata» schlüpfte im Frühling, sinnbildlich gesprochen, aus einem Alien-Ei in der vom leider zu früh verstorbenen Freund H.R. Giger (R.I.P.) kreierten Fantasiewelt. Und auch dieser pechschwarze Brocken hatte es in sich, verkörperte das absolut Böse und klang auch genauso. Wie stark jedoch die musikalische Vergangenheit noch Einfluss nimmt, zeigt ein Blick auf die Setliste, wo nicht weniger als vier CF-Songs interpretiert wurden. Auch der Opener und Klassiker « Procreation (Of The Wicked)» gehört da dazu und wurde tempomässig gegenüber dem Original spürbar runter geschraubt. Das Ding kam sowas von ultrafett daher, das man davon fast weggefegt wurde. Der Druck, der von V. Santura (g), Vanja Slajh (b), Norman Lonhard (d) und Herrn Fischer ausging, war enorm und real zugleich. Die Umsetzung, ausgehend vom düsteren Bühnenaufbau und dem schummrigen Licht, hätte nicht besser sein können. Das Fotographieren der Band am Bühnenrand geriet dabei zwar zur Geduldsaufgabe. Nichtsdestotrotz wurden meine Erwartungen vollständig erfüllt und die diesbezügliche persönliche „Live-Lücke“ ausgemerzt. Die Reaktion der Fans im KiFF nahm gegenüber Morbus Chron ebenfalls erfreulich zu. Master Fischer enervierte sich dann nach einer Weile allerdings daran, dass er unter anderem „laufend fotographiert“ werde…, na ja. Diese gemütsmässige Verstimmung begünstigte womöglich die Wirkung des Auftritts, also besser konnte es gar nicht kommen. Auch wenn ich Celtic Frost im Reunion Line-Up immer noch nachtrauere, haben Triptykon das musikalische Erbe längst angetreten.

Setliste: «Crucifixus (Intro) - Procreation (Of The Wicked), (Celtic Frost Cover)» - «Goetia» - «Altar Of Deceit» - «Circle Of The Tyrants (Celtic Frost Cover)» - «The Usurper (Celtic Frost Cover)» - «The Prolonging» - «Winter» (Celtic Frost Song).



At The Gates
Nun erlebte ich den Zustand eines am Fusse des Bergs anstehenden, grauen alten Esels, denn es stand eine Headliner-Show einer renommierten Szene-Band bevor, von der ich keinen einzigen Song (mit Titel und überhaupt) kannte! Die Schweden interessierten mich bisher einfach nicht und in der Death Metal Ecke bin ich anzahlmässig ziemlich limitiert und kenne, respektive schätze davon (die alten) Six Feet Under, Bolt Trower und Grave, um gerade mal die zu nennen, von denen ich zumindest einen Tonträger in meiner Sammlung stehen habe. Den gleichsam tangierten Melodic Death Metal Bereich klammere ich jetzt mal aus. Dennoch bietet sich interessante Ausgangslage mit einem völlig offenen Ausgang an. At The Gates waren in den 90ern stilistisch prägend und legten 1995, also in einer metalmässig ziemlich trostlosen und ziellosen Zeit, mit «Slaughter Of The Soul» ihr eigentliches Masterpiece hin. Meine musikalischen Sensoren waren damals für diesen Sound jedoch nicht auf Empfang eingestellt und als sich die Band 1996 auflöste, war das Thema eh gegessen. Elf Jahre später ging der Motor jedoch wieder an und gipfelte 2008 in „letzten Konzerten“ zum definitiven Abschied, unter anderem im Wacken. Die Tonträger- und Bildnachlese dieser Zeit erschien dann 2010 und im letzten Herbst, um einen kleinen Zeitsprung zu machen, kam nach dem Januar- Deal mit Century Media das brandneue Werk «At War With Reality heraus. Was sich also die Die-Hard Fans seit dem Relaunch der Band 2007 immer gewünscht hatten, wurde Tatsache: At The Gates sind wieder mit voller Stärke zurück im Geschäft! Die ziemlich laute Begrüssung liess keine Zweifel offen, dass die Combo immer noch über eine treue Fanbase verfügt und sich die meisten Leute echt darüber freuen.

Man konnte also davon ausgehen, einen gediegenen Querschnitt durch (fast) die ganze bisherige Diskographie dargeboten zu kriegen. Zu Beginn setzten die Nordländer nach dem spanisch gesprochenen Intro jedoch mit dem Opener «Death And The Labyrinth» erstmal neue Klänge vor, die dem alten Stoff in Nichts nachstanden! Vor allem Sänger Tomas Lindberg, mittlerweile auch ein paar Jahre älter, performte, getragen von seinen motivierten Kollegen, in alter Frische! Vor dem Titeltrack folgten darauf zuerst «Slaughter Of The Soul» und «Cold» als erste Vertreter des 95er Glanzwerkes und der eben erwähnten Wacken-Show. Spätestens jetzt war das sehr gut gefüllte KiFF bereit und feierte seine Helden nach allen Regeln der Kunst ab! Je länger das Konzert dauerte, desto mehr wurde mir bewusst, welches Juwel ich da jahrelang nicht beachtet habe. Es war eine wirklich total perplexe Situation, wie die Fans viele der Songtexte lauthals mitsangen und ich, ausser moderatem Headbanging, rein gar nichts dazu beitragen konnte. Die aktuellen At The Gates spielen spürbar melodischer als früher und ein Song wie «Heroes And Tombs» lässt mich unweigerlich an Dan Swanö und Edge Of Sanity denken. Die ganze Band zeigte sich ob der Reaktionen an diesem Abend sehr erfreut und liess bis zum Schluss keinen keinen Millimeter nach. Das zog natürlich auch einige Moshpits nach sich, die leider nicht immer so ausfielen, wie sie eigentlich hätten sollen. Es gibt halt immer noch oder an sich laufend ein paar wenige unterbelichtete Dummbeutel, die an solchen Konzerten nur ihre Aggressionen (auf was oder wen auch immer) abbauen wollen. Insgesamt blieb jedoch alles im grünen Bereich und mir war meine Lust an Weihnachten mindestens heute Abend tüchtig vergangen!

Setliste: «El Altar Del Dios Desconocido (Intro)» - «Death And The Labyrinth» - «Slaughter Of The Soul» - «Cold» - «At War With Reality» - «Terminal Spirit Disease» - «Raped By The Light Of Christ» - «The Circular Ruins» - «Under A Serpent Sun» - «Windows» - «City Of Mirrors» - «Suicide Nation» - «Heroes And Tombs» - «Nausea» - «World Of Lies» - «The Burning Darkness» - «The Book Of Sand (The Abomination)» -- «Blinded By Fear» - «Kingdom Gone» - «The Night Eternal» - «Outro».