Livereview: Black Angels

21. September 2012, Pratteln - Galery
By Rockslave
Erst ein altes Plakat auf der offiziellen Homepage der einstigen Rock-Hoffnungsträger aus dem Raum Schaffhausen liess mich wieder daran erinnern, wann ich die Black Angels wohl das erste Mal live gesehen habe. Das war nämlich anlässlich des Konzertes von Whitesnake am 31. August 1983 in Basel und ist somit schon fast unglaubliche drei Dekaden her! Etwas später, das heisst genauer im März 1984, sah ich sie dann nochmals im Gersag in Emmen. Seither aber nicht mehr, doch die zweite Scheibe «Kickdown» (1984) war immer wieder mal auf meinem Plattenteller anzutreffen. Bereits im Jahr darauf war dann, zwar ohne Auflösung, bis heute dennoch Sense. Danach verstrich seltsamerweise mehr als ein Vierteljahrhundert, bis mir deren letzte LP «Broken Spell» in Roggwil an einem Musikflohmarkt-Sonntag eher zufällig in die Hände fiel! Ich konnte es kaum glauben, dass ich früher offenbar kein Interesse und Gehör mehr für die Black Angels entwickelte, respektive fand. So entdeckte ich zum Beispiel den Hammer-Song und Fave «Moving On» so gesehen eigentlich viel zu spät, aber besser spät als nie!

Black Angels

Obwohl mit Ron Phillips nur noch gerade ein Mitglied von früher mit dabei ist, macht er mit seiner prägnanten Sing-Stimme den wesentlichen Unterschied aus und ist auch heute noch das Markenzeichen. 2009 nahm die Reunion unter dem alten Namen wieder konkrete Formen an und gipfelte zunächst in der erstmaligen Veröffen-tlichung aller alten Scheiben auf CD. Allerdings handelt es sich hierbei "bloss" um Vinyl-Kopien und keine Neuaufnahmen ab den alten Masterbändern, die offenbar nicht mehr vorhanden oder beibringbar sind, respektive waren. Das Ganze klingt ausser den total nervigen track-at-once 2-Sekunden Unterbrüchen (und leider vertauschten Kanälen) voll in Ordnung und die Erstauflage der 4 CD-Box geht langsam aber sicher zur Neige. Somit freute ich mich ziemlich auf diesen Abend und machte auch die beiden Alben «Kickdown» und «Broken Spell» zum Mitnehmen bereit, damit nach dem Konzert die Unterschrift von Ron darauf prangt. In der Galery angekommen stellte ich dann konsterniert fest, dass die Location ausser der vorbereiteten Bühne nicht nach einem bevorstehenden Konzert-Abend aussah. Sprich, es war eigentlich "niemand" da. Eine Vorband gab es nicht (zum Glück!) und als die Band kurz nach 21.30 Uhr auf die Bühne kam, hätte man meinen können, dass hier der Übungsraum der Black Angels ist. Zehn (!!) zahlende Zuschauer fläzten sich auf die umliegenden Sofas und somit standen mit mir und einem zweiten Fotographen zwei Leute vor der Bühne. So hatten sich das wohl die Galery als Veranstalter und die Band sicher nicht vorgestellt, aber die Musiker machten das Beste daraus und liessen sich überhaupt nichts anmerken. Als Opener kam mit «Mama Don't Like» gleich ein neuer Song des kommenden Albums «Spread Your Wings», gefolgt von «Blind Like A Fool» von «Kickdown». Dieser Ohrwurm wurde früher auch im TV zum Besten gegeben und lässt heutzutage auf Youtube die guten alten Zeiten immer wieder aufleben.

Was dabei auffällt, ist der heuer fehlende Keyboard-Sound. Das Tasteninstrument war damals, gespielt von Bandgründer und -kopf Harry Stone (bürgerlich Harry Greis) ein wichtiger Teil des Sounds der schwarzen Engel. 1990 veränderte sich das Leben des einstigen Rockers jedoch fundamental. Mit dem Eintritt ins Kloster Einsiedeln erschloss sich für Pater Bruno Greis fortan eine andere Welt. Somit war die Reunion für ihn kein Thema mehr, aber er schrieb noch das Vorwort zum Re-Release der alten Alben auf CD. Wie gesagt fehlten mir die Keyboard-Klänge des Paters bei fast allen Songs. Trotzdem vermittelte die jetzige Besetzung mit Rudi Martin (g), Michael Enders (b) und Marc Weber (d) ein gefestigtes Bild, das spürbare Spielfreude rüber brachte. Zwischendurch hätte aber auch eine zweite E-Gitarre nicht schaden können, um dem Sound noch mehr "Wumms" zu verpassen. Genügend Kraft war indes in der Stimme von Ron Phillips zu vernehmen, die nach all den Jahren erfreulich gleich gut klingt. Und es war auch der Frontmann, der sich von der beschämenden Kulisse nicht irritieren liess und den paar Nasen dennoch einige Reaktionen entlocken konnte. Mein persönliches Highlight war natürlich «Moving On», das zwar nicht so gut wie auf der Studioaufnahme klang. Dass ich diesen Song nun nach all den Jahren und, wie oben bereits erzählt, so spät entdeckt habe, machte das Ganze noch wertvoller. In der Tat muss man all die Abwesenden des heutigen Abends rügen, die nämlich eine absolut überzeugende Rock-Show verpasst haben. Nebst den alten Schoten hatten auch die Songs vom Reunion-Album «Changes (The Last Decade)» und die brandneuen Tracks wie der Titeltrack «Spread Your Wings» ihr Potenzial aufgezeigt. Es bleibt zu hoffen, dass primär mal die Schweizer Rockfans diese feine Combo wieder neu entdecken und zu würdigen wissen. Ich würde in diesem Zusammenhang selbst Keyboards ab Band akzeptieren, denn eigentlich sind die Black Angels nur damit wirklich komplett und würden sich somit mindestens etwas von der hiesigen Szene abheben.

Setliste: «Mama Don't Like» - «Blind Like A Fool» - «Rock The City» - «Out For A Sin» - «Wheels Will Fly» - «Sound Of Thunder» - «On The Rise» - «Moving On» - «Spread Your Wings» - «Song Of Glory» - «Steamroller» - «Set Me Free» - «Evil» - «Let Me See You Rock» - «Big Balls» -- «Bound For The O'Trail» - «Shine On».