Livereview: Blaze Bayley - Mainpain - Soulline
13.12.2008, Z7 Pratteln
By: Kissi
«The Man Who Would Not Die», so lautet der Titel der im letzten Sommer erschienenen, aktuellen Solo-Scheibe Blaze Bayleys, den meisten wohl nur noch schemenhaft in Erinnerung als nie befriedigender Ersatz von Bruce Dickinson bei Iron Maiden. Während die Eisernen Jungfrauen Ende des letzten Jahrtausends in altem Line-up wieder zu alter Hochform zurückfanden und seither jede noch so abgelegene und noch so grosse Halle der Welt füllen, meinte es das Schicksal mit Blaze Bayley nicht so rosig. Zwar bewies der hyperaktive Brite sowohl mit seinem Solo-Debüt «Silicon Messiah» als auch mit dem grossartigen «Tenth Dimension», welche kreativen Kräfte er für Iron Maiden hatte brachliegen lassen müssen, doch bis auf einigen Achtungserfolg und reichlich Business-Scherereien sprang für Blaze dabei nicht allzu viel heraus. Als dann im September auch noch seine grosse Liebe Debbie Hartland starb, dann benied wohl keiner mehr den ehemaligen Sänger einer der grössten Metalbands überhaupt. Blaze stand zu seinem aktuellen Albumtitel und organisierte im Zuge dessen den ersten und neun Gigs umfassenden Teil der «Tour That Would Not Die». Untertitel dieser Konzertreise: «Road To Z7». Auf diesen Namen hört auch die schon im Frühling erscheinen sollende Live-DVD, die beim finalen Gig letztes Jahr, demjenigen im Z7 Pratteln, aufgezeichnet wurde. Die beiden Support-Acts Mainpain und Soulline blieben dabei zwar eher unspektakulär, dafür sorgten die aus ganz Europa angereisten Blaze-Fans für gute Stimmung, auch wenn hie und da der verständlicherweise eher düstere Gemütszustand Bayleys durchbrach.

Soulline
Geht es in der Schweiz um Rockmusik, so vergisst man schnell mal, dass wir auch noch einen italienischsprachigen Landesteil besitzen, auch wenn die gitarrenlastigen Verkaufsschlager Gotthard an sich aus dem Tessin stammen. Von hausfrauenverträglichem Rock will der Eröffner des Abends, das Sextett Soulline, aber nichts wissen. Schwermütiger Metal, vertrackt und abwechslungsreich in Erinnerung an Truppen wie Sentenced wird hier zelebriert. Das stösst beim eher traditionell ausgerichteten Publikum nicht wirklich auf Interesse und so können auch die 20 Minuten Verspätung nicht verhindern, dass die erst wenigen Anwesenden lieber miteinander quatschen und trinken oder lediglich dastehen und sich die Sache etwas verwirrt anschauen. Zu sperrig, zu unzugänglich präsentieren sich die Stücke des Sechsers um Fronter Klod. Diesen scheint das jedoch nicht wirklich zu stören und so watschelt der wohl etwas berauschte Hippie-Metaller wie in Ekstase über die Bühne, überzeugt aber gleichzeitig mit seinen abgedrehten, aber passenden Vocals. Während Keyboarder Ivan und Klampfer Lore mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache zu sein schienen und wenig Präsenz markierten, unterstützten Tieftöner Dino und Gitarrero Marco ihren Frontmann und machten die etwas deplazierte Band wenigstens optisch auch für Puristen ein Stück sehenswerter. Es bleibt fraglich, ob sich für die sechs Alternative-Metaller der Weg quer durch die Schweiz nach Pratteln wirklich gelohnt hat, denn trotz merklichem Potential und Kreativität machten Soulline sich an diesem Abend wohl eher wenig neue Sympathisanten.

Mainpain
Die gleichsprachiger, aber etwas südlicher ansässigen Mainpain aus dem italienischen Novara, passten da schon eher zum Geschmack der Blaze-Anhänger und hatten den Support-Posten schon beim Blaze-Stelldichein vor einem Jahr eingenommen. Entsprechend grösser fiel bei den Old-School Metallern dann auch die Zustimmung aus. Vor einem langsam in die richtige Stimmung getrunkenen Publikum (erst ca. 100 Leute) und mit richtig knackigem/klaren Sound feuerte das Quintett seine straighten Power-Metal-Kracher mit starker 80er-Schlagseite ab und wirkte dabei beinahe entspannter und fröhlicher als die später noch folgende Haupttruppe. Zwar scheint man noch nicht die grossen Nummern im Repetoire zu haben, der stampfende Einstieg «D.I.E.» oder der Biker-Track «Running Blood» sorgten aber dennoch für Laune, nicht zuletzt durch die suoerbe Saitenarbeit des Äxteduos Dave Valli und Paolo Raffaello, die auch keine Gelegenheit zum Posen ausliessen und damit zumindest zeitweise die etwas unspektakulären Refrains wettmachen konnten. Ganz anders verhielt es sich da bei Fronter Ronnie Borgese. Dieser bot zwar in Sachen Gesang eine tadellose, wenn auch nicht hängenbleibende Leistung, kam mit der Rolle des Leaders jedoch nicht wirklich klar. Immer wieder verzog sich der massig behaarte Shouter nämlich hinter das Drumkit und kriegte seinen Mund zwischen den Songs einzig für genuschelte Danksagungen auf. Zumindest in den vordersten beiden Reihen schien dies aber niemand zu stören und man feierte ausgelassen und bemerkte scheinbar nicht einmal, dass Trommler GianMarco Bonenti beim abschliessenden, hymnischen «Deep Down Inside NBTT» zeitweise ins Holpern geriet. Auch wenn Mainpain bedeutend besser ankamen als Soulline: Professionalität ist etwas ganz anderes, von internationalem Niveau ganz zu Schweigen.

Setlist Mainpain:
D.I.E. – Kiss – Reflex – Mainpain – Running Blood – Cleopatra – Deep Down Inside NBTT

Blaze Bayley
Mit dem Doppeldecker «As Live As It Gets» hatte Blaze Bayley schon 2003 seine Livequalitäten akustisch für die Nachwelt festgehalten und auch damals hatte sich der etwas klein gewachsene Brite das Z7 als Aufnahmeort ausgewählt. Mit «The Road To Z7» sollte an diesem Abend also der um die Bildkomponente erweiterte Nachfolger in den Kasten gebracht werden. Zwar hatte man im Voraus mit etwas mehr als den letztlich erscheinenden gut 300 Fans gerechnet, doch was dieses multinationale Publikum an diesem Abend in Sachen Stimmung fertigbrachte schlug jeden Hallenstadion-Gig. Die Euphorie war gross, als Blaze zu den ersten Takten des aktuellen Titeltracks «The Man That Would Not Die» auf die Bühne gerannt kam. In bester stimmlicher Verfassung kontrollierte dieser sichtlich erfreut über die ungestüme Ausgelassenheit vor der Bühne jeden Gast, liess die Leute zu «Blackmailer» gleich das erste Singalong zelebrieren und mit «Smile Back At Death» erkennen, dass Mr. Bayley anno 2008 noch genauso gute Songs schreiben kann wie zu Beginn der Post-Maiden-Phase. Und auch in Sachen körperlicher Fitness konnte Bayley trotz sich abzeichnendem Bierbauch auftrumpfen: Wie von ihm gewohnt raste er tropfend vor Schweiss über die Bühne, fuchtelte mit Armen und Fäusten in der Luft herum und liess keine noch so ulkige Grimasse aus. Seine Begleitband gab dem Chef dabei schon fast zu viel Platz, denn bis auf den von einer Wespe gestochenen Basser David Bermudez, machten die Instrumentalisten des Öfteren einen Statisten-Eindruck. Allen voran Dave's Bruder Nico konnte sich nicht von seinem Platz am linken Bühnenrand wegreissen, nicht einmal, wenn er seine Finger zu beachtenswerten Sologängen losschickte.

Songs wie Stimmung tat dies keinen Abbruch und so wurden die beiden «Blood & Belief»-Stücke «Alive» und «Ten Seconds» genauso abgefeiert wie der Smasher «Kill & Destroy» oder das zum Bandklassiker mutierte «Ghost In The Machine». Wohl jeder hatte erwartet, dass Blaze seine Iron-Maiden-Jahre bei einem solchen Event nicht spurlos unter den Teppich kehren würde, doch als die ersten Licks von «Futureal» erklangen, brach doch ein spontaner Jubel aus und die nicht mehr steigerbar gehaltene Headbang-Drehzahlen wurden noch einmal erhöht (inklusive derer des Dozenten, der noch bis ins Neue Jahr hinein die Folgen eines solchen Nackenexzesses ertragen musste). Nach «The Launch» vom Debüt «Silicon Messiah» gings darauf gleich weiter mit Maiden-Futter, namentlich mit «Lord Of Flies» von «The X-Factor», welches zwar lieber durch auf früheren Tourneen zum Besten gebrachte «Sign Of The Cross» ersetzt worden wäre, dennoch aber mächtig Spass machte, genauso wie das unerwartet ins Set eingezimmerte «The Edge Of Darkness» von der selben Platte. Dabei zeigte das Klampfenduo Bermudez/Welsh gerade bei den Jungfrauen-Songs, dass auch unbekannte Saiten-Strapazierer klingenden Namen wie Murray, Smith oder Gers in Nichts nachstehen – ohne Weiteres wurden Soli, Licks und alles andere mal lupenrein nachgespielt, dann wieder mit einer eigenen Note versetzt. Während soundtechnisch nichts besser gemacht werden konnte, soll heissen, das Ganze ordentlich laut und immer klar aus den Boxen donnerte, hätte man sich in Sachen Ästhetik schon noch etwas von Blaze früheren Arbeitgebern abschneiden können, denn weder Lightshow noch Dekor (bestehend aus dem üblichen Backdrop und den mittlerweile auch gebräuchlichen Seiten-Flaggen) wurden einer DVD-Aufzeichnung wirklich gerecht.

Wie schon einige Male erwähnt interessierte dies an jenem Abend aber scheinbar keine Menschenseele und so wurden auch die neuen Nummern «Crack In The System» und «Voices From The Past», mit welchem das reguläre Set endete, frenetisch bejubelt. Dutzendemal bedankte sich Blaze darauf zunächst beim Publikum, bevor das «Silicon»-Doppel «Stare At The Sun» und «Born As A Stranger» die zweite Runde einläutete, die mit dem Maiden-Smasher «Man On The Edge» auch schon wieder ihren Abschluss fand. Da auch danach noch keiner der Anwesenden ans Heimgehen dachte, brandeten natürlich sogleich wieder Blaze-Rufe auf, die übrigens schon nach den ersten Songs des Sets zum Standard-Geräusch zwischen jeder einzelnen Nummer geworden waren. Mit den Worten, welche Bayley darauf, nachdem er wieder auf die Bühne zurückgespurtet war, an sein treu ergebenes Publikum richtete, rührte er wohl jeden einzelnen Knochen beinahe zu Tränen: ''Vor einigen Monaten habe ich den schwersten Schicksalsschlag meines Lebens erleben müssen: Der wichtigste Mensch in meinem Leben, Debbie Hartland, war von mir gegangen. Im Sommer hatte sie noch eine schwere Krankheit scheinbar besiegt, während derer ich folgenden Song für sie geschrieben habe. Ich widme ihn meiner besten Freundin und dem besten Menschen, den ich je kennenlernen durfte!'' – «While You Were Gone», die düstere Ballade, sorgt für den wohl ernstesten wie auch emotionalsten Moment des Abends, der für Gänsehaut sondergleichen sorgte.

Da das Leben aber weitergehen muss, lässt es Blaze mit seinen Mannen noch einmal so richtig knallen, und zwar mit den beiden eingängigsten Nummern von «The Man Who Would Not Die», dem straighten «Samurai» und dem hektischen «Robot». Jetzt wird nochmal gebangt, mitgesungen, schlicht alles gegeben, was der geschundene Körper nach fast 2 Stunden purem Metal noch hergibt und so ist wohl keiner böse, wenn man bedenkt, dass Songs wie «Silicon Messiah», «Blood And Belief» oder «Stranger To The Light» keinen Platz mehr auf der Songliste gefunden hatten. Unterm Strich hätte Blaze mit seinen Mitstreitern noch mehr geben können, gabs doch wirklich wenig Abwechslung für die Augen. 20 bärenstarke Nummern und ein Fronter, der inbrünstiger, ehrlicher und direkter nicht sein könnte entschädigten aber mehr als genug, genauso wie das eigens für diesen Auftritt angefertigte T-Shirt (inklusive Z7-Logo), welches für läppische 22 Kröten zu erschwingen war. Rest In Peace Debbie – lang lebe Blaze Bayley!

Setlist Blaze Bayley:
The Man That Would Not Die – Blackmailer – Smile Back At Death – Alive – Identity – Kill & Destroy – Ghost In The Machine – Ten Seconds – Futureal – The Launch – Lord Of Flies – Leap Of Faith – The Edge Of Darkness – Crack In The System – Voices From The Past
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Stare At The Sun – Born As A Stranger – Man On The Edge
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While You Were Gone – Samurai – Robot