Livereview: Blue Öyster Cult - Queensrÿche

20. Juni 2017, Pratteln – Z7
By Rockslave
Zugegeben, das Package verwunderte auf den ersten Blick schon etwas. Andererseits war es aber auch in der Vergangenheit cool, wenn sich Bands, die zusammen auf Tour waren, stilistisch unterschieden haben. So bestand zumindest die Möglichkeit, dass sich die jeweilige Gruppe neue Fans aus dem Gegenlager erspielen konnte. Heute Abend war es sicher so, dass das gemässigtere Publikum aus der Ecke von Blue Öyster Cult durch Queensrÿche mehr vor den Kopf gestossen werden konnte als umgekehrt. Nichtsdestotrotz war es natürlich toll, dass sich BÖC knapp ein Jahr nach dem Hammer-Gig vom 31. Juli 2016 schon wieder im Z7 einfanden. So konnte ich meine Bilanz der Konzertbesuche der Amerikanischen Kultrocker auf einen Schlag gleich verdoppeln! Das ist auch bitter nötig, nebst dem Umstand, dass man die Amis ja nicht oft in Europa sehen konnte. Das sieht bei Queensrÿche freilich anders aus, und ob man es glaubt oder nicht, aber Todd La Torre als Nachfolger von Ur-Sänger Geoff Tate ist schon seit fünf Jahren (!) an Bord. In dieser Zeit sind zwei neue Studioalben entstanden, die bewiesen haben, dass die kompositorischen Fähigkeiten noch vorhanden sind.

Queensrÿche

Was zu Beginn nicht so eindeutig klar war, entpuppte sich danach als erfreuliche Tatsache, nämlich dass die Support-Band des heutigen Abends als „Special Guest“ fungierte und somit nicht schon nach einer Dreiviertelstunde wieder von der Bühne runter musste. Konkret hiess das eine gute Stunde QR-Sound. Als Opener wurde «Guardian», ein Song vom aktuellen Album «Condition Hüman» (2015), ausgewählt, gefolgt von «Operation: Mindcrime», einem der besten Tracks ever vom gleichnamigen Kultkonzeptalbum. Wer das nicht kennt, hat definitiv was verpasst. Ebenso essentiell ist natürlich der bärenstarke Longplay-Klassiker «Empire» (1990), der ebenso mit drei Hits bedacht wurde. Diese gehörten nicht zu den wirklich harten Tracks und kamen deshalb beim ganzen Publikum entsprechend gut an. Eher überraschend fand sich mit «Damaged» ein Vertreter vom 94er- Werk «Promised Land» ein, das damals ja den bedauernswerten Stilwechsel der 90er einläutete. Back to the roots gings ebenso, und die geniale Doublette mit «Take Hold Of The Flame» und «Queen Of The Reich» liess natürlich keine Wünsche offen. Bei letzterem Song schlackerten dann die Ohren von einigen älteren und vornehmlich BÖC-Fans, während die andere Gruppe in eigenen Sphären schwebte. Obwohl ich persönlich das Gefühl hatte, dass Todd heute Abend „nur“ etwa zu 98 – 99% fit war, gingen seine spitzen Schreie durch Mark und Bein. Obwohl Stammdrummer Scott Rockenfield aus privaten Gründen auf dieser Tour für einmal nicht zusammen mit seinen Kollegen unterwegs war, verrichtete Aushilfe Casey Grillo von Kamelot einen Top-Job. Die zugestandene Stunde verstrich gefühlsmässig viel zu schnell, und darum war nach «Eyes Of A Stranger» leider schon Schicht im Schacht. Da es aber bis zum dritten Studioalbum der Ära La Torre nicht mehr lange dauern sollte, werden wir Queensrÿche wohl schon 2018 mit neuem Material wieder zu Gesicht und Gehör bekommen.

Setliste: «Guardian» - «Operation: Mindcrime» - «I Don't Believe in Love» - «Best I Can» - «Damaged» - «The Mission» - «Empire» - «Jet City Woman» - «Take Hold Of The Flame» - «Queen Of The Reich» - «Screaming In Digital» - «Eyes Of A Stranger».

Blue Öyster Cult
Auch wenn mit Eric Bloom (v/g/keyb) und Donald Roeser (g/v) nur noch zwei Ur-Mitglieder aus den 70ern übrig geblieben sind, so sind es aber genau die zwei prägenden Musiker, die den Rocksaurier mit den entsprechenden Trademarks weiter am Laufen halten. Letztes Jahr erschien mit «Harvester Of Lives» zwar eine neue Compilation, aber das letzte reguläre Studiowerk «Curse Of the Hidden Mirror trägt das Jahr 2001! Somit kann die Band unbekümmert im eigenen Backkatalog herum wühlen und das subjektiv passende heraus suchen. Dass dies offenbar mit Genuss gemacht wurde, zeigt die sich ständig ändernde Setliste der laufenden Tour. Dabei kann ein spätberufener Fan wie ich einmal mehr feststellen, dass Blue Öyster Cult weit mehr als nur «Godzilla» und «(Don't Fear) The Reaper» zu bieten haben. Das fing schon beim flotten Opener «The Red & The Black» vom Zweitling «Tyranny And Mutuation» (1973) an, der selbst 44 Jahre nach dem Release nichts an Frische vermissen liess! «Golden Age Of Leather» vom Album «Spectres» (1977), also dem wo der erste Song wie heisst?! Eben…, «Godzilla»…, klingt der Anfang so, als wäre es ein KISS-Song aus der Zeit. Danach lassen BÖC ihrer Kreativität jedoch freien Lauf und lassen sich genau deswegen nicht wirklich in eine Schublade stecken. So ist jeder weitere Song eine richtige Wundertüte, und zusammen bildet sich so das BÖC-Universum, das sich halt den Vorwurf gefallen lassen muss, hüben wie drüben nach zahlreichen anderen bekannten Combos zu klingen.

Diese Abkupferei auf hohem Niveau führte aber zumindest in der Heimat zu gewissem Erfolg. In der Retrospektive, sprich über vier Dekaden später, entwickeln diese Songs jedoch nach wie vor ihren Reiz und vermochten das heutige Publikum im Z7 erneut in ihren Bann zu ziehen. War es das letzte Mal von den visuellen Effekten, respektive den Projektionen am schwarzen Backdrop her deutlich opulenter, stand nun die Musik noch mehr im Vordergrund. Das taktangebende Duo Bloom/Roeser gab sich auch diesmal keine Blösse und vor allem der vergleichsweise junge Gitarrist Richie Castellano füllt die Lücke von Allen Lanier (R.I.P.) seit je her optimal auf. Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil er nebst dem Keyboard/Piano über eine tolle Gesangsstimme verfügt. Am Bass spielte diesmal nicht Kasim Sulton wie sonst aktuell, sondern Danny Miranda, der bekanntlich zwischen 1995 und 2004 zum Lineup gehörte. Nach dem obligat lautstark abgefeierten Hit «Don’t Fear The Reaper» stand eigentlich nichts mehr auf der Setliste des heutigen Abends, aber da das Publikum offensichtlich mehr wollte, tat es entsprechend was dafür und wurde mit insgesamt vier zusätzlichen Songs (!) belohnt. Nach «Cities On Flame With Rock And Roll» (mit untrüglichen Vibes von Led Zeppelin) überzeugte der zweite Auftritt im Z7 genauso wie der erste, und beim hoffentlich kommenden dritten Besuch sollten BÖC unbedingt mal «Veterans Of The Psychic War» spielen, obwohl die Hammer-Version von Tarot (mit Marco Hietala von Nightwish) für immer und ewig unerreicht bleiben wird.

Setliste: «Intro (Game Of Thrones Theme)» - «The Red & The Black» - «Golden Age Of Leather» - «Before The Kiss, A Redcap» - «Burnin' For You» - «Harvest Moon» - «The Vigil» - «ME 262» - «Buck's Boogie» - «Then Came The Last Days Of May (extended version)» - «True Confessions» - «Tattoo Vampire» - «Godzilla» - «(Don't Fear) The Reaper» -- «Transmaniacon MC» - «Workshop Of The Telescopes» - «Hot Rails To Hell (Richie Castellano on lead vocals)» - «Cities On Flame With Rock And Roll».