Livereview: Celtic Frost
29. Mai 2006, Wil (SG) Remise
By Rockslave
Ich musste jetzt also tatsächlich zuerst 41 Jahre alt werden, um doch noch die Gelegenheit zu erhalten, eine der massgebendsten Metal Bands auf diesem Planeten, dazu noch Schweizer, kennen zu lernen! Aber nicht nur meine Wenigkeit dachte kaum mehr daran, als Celtic Frost just vor dem Einsetzen der Grunge-Welle definitiv abgehakt werden konnten, diese je wieder auf einer Bühne spielen zu sehen.

Und jetzt schreiben wir das Jahr 2006, ein neues Album mit Namen "Monotheist" wurde soeben veröffentlicht und das kreative Duo Warrior/Ain lässt es wieder ordentlich krachen! Was vor über vier Jahren wieder langsam konkrete Konturen angenommen hat, ist jetzt wieder soweit, dass im kommenden Herbst/Winter gar eine ausgedehnte US-Tour (!) mit gegen 60 Konzerten auf dem Programm steht. Da soll noch einer sagen, dass Celtic Frost die Sache nicht ernst nehmen! Bevor diese "Tour de Force" aber los geht, stehen (standen) noch ein paar Open-Air Auftritte in Europa auf dem Programm. Dass dies aber nur geht, wenn auch die Gesundheit mitmacht, musste Tom G. Warrior erst eben schmerzlich erfahren, als ihn eine Nierenkolik lahm legte und eine Operation nötig machte. Der vorgesehene Auftritt am Rock Hard-Festival fiel deswegen ins Wasser, aber am Sweden Rock wollen die Schweizer Kultmetaller aber auf jeden Fall auftreten. Von diesen bevorstehenden Ereignissen wussten die gegen 300 Leute, die der Wiler Remise damit den Status "Sold out" bescherten, natürlich nichts und es war sicher eine Geste an die Heimat und die Schweizer Fans, dass das allererste Konzert nach über 15 Jahren (!!!) zum Tour-Auftakt und gleichzeitigem Album Release-Tag vor heimischen Publikum statt fand. Dass dafür die Remise in Wil gewählt wurde, war ein Volltreffer, denn es gibt wohl keinen kaputteren Ort, der dafür geeigneter wäre. Das zeigte schon der hammergeile Auftritt von Bolt Thrower im Januar, aber nun war die Zeit des Wartens definitiv vorbei: Celtic Frost are back!

Um dem Anlass noch eine speziellere Note zu verleihen, verzichtete man auf eine Support-Band. So dauerte es halt eine Weile, bis der Konzert-Abend eröffnet wurde. Vorgesehen war eigentlich, um 21.00 Uhr anzufangen. Es zog sich dann aber noch eine gute Viertelstunde hin, während der, so quasi als Intro, düstere Elektro-Klangwelten den Raum erfassten, der sich laufend auffüllte, bis alle drin waren, die ein Ticket ergattern konnten. Der Bühnen-Aufbau sah eigentlich gar nicht mal so speziell aus, denn rein von der Atmosphäre her wirkten Bolt Thrower, auch dank der damals seitlich aufgehängten Riesentücher um einiges bedrohlicher, aber Celtic Frost machten sich ja eigentlich nie gross was aus optischen Geschichten. Allein ihre Präsenz und ihre Musik fessel(te)n schon genug und dann war es endlich soweit. Zuerst kam der neue Drummer Franco Sesa rein und dann das Ur-Gespann Warrior/Ain. Letzter sah in seiner Mönchskutte, den langen, zotteligen Haaren und dem Bart sowie der Schminke im Gesicht voll "evilmässig" aus. Kaum zu glauben, dass ich mit dem selben Herrn 48 Stunden zuvor ein sehr gepflegtes und hochstehendes Gespräch in Form eines Interviews abhalten konnte. Begleitet von viel Trockeneis und üppigem, blauem Licht, legten die Schweizer nach dem "Totengott-Intro" gleich überraschend mit "Procreation of the wicked" ultrazäh los. Es klang derart gedrosselt, dass ich bis zum ersten Refrain beinahe nicht erkannte, welcher Song da überhaupt gespielt wurde! Weiter ging's mit dem groovigen "Ground", einem neuen Song von "Monotheist", ehe "Dethroned emperor" die glorreichen 80er-Zeiten wieder belebte. Hach..., es war einfach nur todgeil, dieser Kult-Truppe nach so langer Zeit wieder lauschen zu können. Ich notabene erlebte gar noch die erste Celtic Frost Show überhaupt! Auch der Classic "The usurper" feierte seine lautstarke Wiederauferstehung. Tom Warrior (zu diesem Zeitpunkt noch mit Wollmütze (wie Michael Schenker) bestückt, brachte seine teuflisch wirkenden Vocals in gewohnter Manier dar, und man konnte sich getrost (gleich mehrmals) in den Allerwertesten kneifen: Ja..., sie sind wieder zurück..., und wie! Soundmässig klang es zu Beginn allerdings für meine Begriffe viel zu leise und unten, dem Vernehmen nach etwas breiig. Dieser Zustand besserte sich aber laufend, obwohl Martin Ain offenbar Probleme mit seinem Bass hatte und für eine kurze Weile in den kleinen Nebenraum mit dem Mischpult verschwand. Einen Top-Job lieferte derweil Neu-Drummer Franco Sesa ab, der dem Gesamtsound ausreichend Schmackes verlieh. Stimmungsmässig ging es ganz ordentlich ab, vor allem bei den rhythmischeren Songs. Die Setliste bestand dabei nebst den neuen Werken natürlich nur aus Tracks der ersten drei Alben ("Morbid tales", "To mega therion" und "Into the pandemonium"). Wie zeitlos der Frost-Sound auch heute noch ist, wurde dadurch mehr als deutlich, indem das Songmaterial fliessend ineinander überging. Die musikalische Breite wie Spanne von Celtic Frost verdeutlichen zum Beispiel ein alter Kracher wie "Into the crypts of rays" und das abschliessende "Monotheist"-Epos Synagoga Satanae" eindrücklich. Auch wenn Martin Ain selbstkritisch zum, respektive nach dem Gig meinte "einigermassen", konnten die verständlichen Mankos und Fehler eines ersten Konzertes nicht darüber hinweg täuschen, dass die Magie wieder oder besser gesagt immer noch da ist und es bleibt zu hoffen, dass die Band endlich gebührend wahr genommen und weiter respektiert wird! Vielleicht wird es im Dezember noch einen weiteren Auftritt in der Schweiz geben, also noch bevor die Tour 2007 in Europa (mit einem hoffentlich weiteren CH-Konzert!) fortgesetzt wird! Uh...

Set-Liste: "Totengott Intro", "Procreation (of the wicked)", "Ground", "Dethroned emperor", "The usurper", "Jewel throne", "Ain elohim", "Necromantical screams", "Dawn of Meggido", "Mesmerized", "Sorrows of the moon", "Return to the eve" "Visions of mortality", "Into the crypts of rays", "Progeny", "Inner sanctum", "Circle of the tyrants" & "Synagoga Satanae".