Was für ein Package! Das war einer meiner ersten Gedanken, als
ich das Line Up für ein Konzert, das sich praktisch vor meiner
Haustür ereignet, zu Gesicht bekam. Und dazu war es noch die einzige
Schweizer Show von Dark Tranquillity, was den Reiz des Gesamten noch
um Einiges erhöhte. Der Abend wurde dann auch sehr interessant und
abwechslungsreich, was nicht nur an den Bands, sondern auch am
Massenverhalten des Publikums lag. Doch lest und urteilt selbst.
Fear My Thoughts
Unbemerkt und ohne Ansage enterten die Jungs aus unserem nördlichen
Nachbarstaaten die Bühne, und sie gaben von Anfang an ohne zu zögern
Vollgas. Dass sich eher Die Hard-Fans und einige Schaulustige denn
das gesamte Salzhaus, welches bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal
halbvoll gewesen ist, vor der Bühne versammelt hatten, machte ihnen
scheinbar nichts aus. Ihre Mischung aus derberem Metal, welcher
durchaus auch gewisse Ähnlichkeiten mit dem von den Headlinern
hatte, sowie dem Shout- und Cleangesang von Fronter Martin war mehr
als nur ansprechend, was sicherlich auch an der Art und Weise lag,
wie die Deutschen unter anderem ihr neuestes Werk „Isolation“:
Ambitioniert, voller Spielfreude und mit einer gehörigen Portion
Arschtritt-Mentalität. Zwischen den Songs gab es immer wieder
Interaktionen mit dem Publikum, wobei man merkte, dass es die Band
mehr als nur genoss, ihre Songs zu präsentieren. Mit einem
Abschiedsgruss und dem Wunsch nach viel Spass mit Poisonblack und
Dark Tranquillity verliessen Fear My Thoughts nach einer gefühlten
halben Stunde das Podium und liessen die Umbauarbeiten beginnen.
Poisonblack
Diese dauerten zum Glück nicht allzu lange, und vor einem deutlich
grösseren Publikum, darunter auffallend viele Schwarzkittel, legten
sich die Finnen um Ex-Sentenced-Sänger Ville Laihiala ins Zeug. Dass
sich der Sound von der ersten bis zur aktuellen, dritten Scheibe
stark verändert hat, dies wurde ja schon in meiner Rezension zu „A
Dead Heavy Day“ deutlich gemacht. Doch wie würde diese rotzige,
rockende Power live bestehen, und vor allem: Wie erklingen die alten
Songs, wenn sie nun nicht mehr vom Charon-Sänger J. P. Leppäluoto
interpretiert werden? Die Antwort darauf lautet wie erwartet:
anders. Nicht schlecht, nicht hervorragend super, sondern irgendwo
dazwischen. Nur schon die stimmliche Umstellung von „Lust Stained
Despair“ zur aktuellen Scheibe war Gewöhnungssache, und doch
erklingt eben alles wieder anders, wenn die Chose live dargeboten
wird. Egal, Ville schien seinen guten Tag zu haben (und auch ein
wenig beschwipst zu sein, was ja bei den Finnen zur Grundausstattung
gehören kann), er sang klar und deutlich, beinahe schon nicht mehr
ganz so rau und rockig, aber absolut passend (an dieser Stelle kann
definitiv ein Kompliment an die Tonfritzen gemacht werden, der Sound
war sehr gut abgemischt). Alle Bandmitglieder schüttelten sich
regelmässig die Rübe ab, und Ville liess es sich nicht nehmen, auch
mal mit dem Rücken zum Publikum und quasi mit dem Drummer zu
spielen. Songmässig ging man auf Nummer sicher, mehrheitlich die
neueren Stücke kamen zum Zuge aber auch ein paar ältere Nummern wie
„Rush“ oder „Soul in Flames“. Zwischendurch wurden so nette Ansagen
gemacht wie: „Enough with the bullshit, we’ve got 45 minutes to play!“
Und diese Zeit nutzten Poisonblack definitiv aus und boten zwar
nichts Weltbewegendes, aber eine starke und professionelle Show.
Dark Tranquillity
Während einer weiteren Umbau- und Wartepause leerte sich der Bereich
vor der Bühne nicht wirklich, sondern wurde im Gegenteil immer
voller. Schlussendlich, als der Main Act endlich seinen wuchtigen
Auftritt begann, wurde die Menschenmasse dermassen dicht, dass an
ein Vorwärtskommen gar nicht mehr zu denken war. Wer bei Poisonblack
zuvorderst gewesen war, der konnte sich nun kaum noch bewegen, es
war gerammelt voll. Die Organisatoren des Salzhauses hatten aber
glücklicherweise daran gedacht und eine Videoeinspielung auf die
Leinwand bei der Bar veranlasst. So konnte zumindest in
einigermassen unbeengten Verhältnissen die Show genossen werden,
welche es definitiv wert gewesen ist, betrachtet zu werden. Die
Jungs gaben von Anfang an Vollgas und legten sich ins Zeug, als gäbe
es kein Morgen mehr. Mit einer Wuchtigkeit, die ihresgleichen
suchte, bretterten die Jungs durch das metallische Unterholz,
während sich Fronter Mikael Stanne wütend übers Mikro hermachte. Der
gute Mann klang noch härter als auf den Scheiben selbst und brachte
so das nötige Feeling auf für Tracks wie „The Lesser Faith“ oder
„Lost To Apathy“. Das Publikum ging gut mit und feuerte die Band an,
alles zu geben, was definitiv auch der Fall gewesen ist. Und so ging
ein sehr schöner Abend zu Ende, wobei aber das Gefühl zurückblieb,
dass man entweder weniger Leute hätte ins Salzhaus lassen oder dass
die Location hätte gewechselt werden sollen, welche mehr Fans ein
entspannteres Konzerterlebnis geboten hätte.
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