Livereview: Death Angel - Wicca - Heavy Demons
13.07.2011 – Dynamo Werk 21, Zürich
By Kissi
Eine richtig gute Band lässt sich von nichts unterkriegen. Allen üblen Umständen zum Trotz lässt sie die Wände, in welchen sie zockt, beben. Üble Umstände gab es bei Death Angels Gig im Zürcher Dynamo auf jeden Fall zuhauf. Zuerst einmal mussten sich die Bay-Area-Thrasher mit geschlagenen fünf Stunden Verspätung arrangieren, danach hiess es, dem herbstlichen (Sommer-)Wetter, bestehend aus Dauerregen und kühlen Temperaturen, und dem vielleicht dadurch dezimierten Publikum – lediglich rund 80 Nasen fanden den Weg ins Werk 21 – trotzen. Und wenn man die letzten paar Mal in der Schweiz im Z7 gastierte, dann kann einem die Bühne des Dynamo-Kellers doch ziemlich sparsam vorkommen. Man hätte es dem kalifornischen Fünfer also kaum verübeln können, hätte dieser sich nicht von seiner vitalsten Seite gezeigt. Doch Death Angel, das wurde an diesem Abend klar, sind eben eine richtig gute Band und beeindruckten mit einer an Makellosigkeit grenzenden Show. Dass es auch anders geht, das bewiesen zuvor die Support-Acts.

Heavy Demons

Eigentlich ist es ja eine gute Sache, den Support via Voting bestimmen zu lassen. Grund dazu ist nicht zuletzt die Hoffnung auf vermehrtes Erscheinen ebenjener, die für ihre Lieblinge abstimmen. Auch für diesen Abend hatte sich der Veranstalter Burning Phoenix dieses Instruments bedient und heraus kamen als Sieger, wohl zur Überraschung vieler, die Heavy Demons. Bei uns nur mässig bekannt, konnte die aus dem Tessin, genauer aus Lugano stammende Kapelle nicht sonderlich viel Publikum anziehen und dies trotz den 50 Minuten Verspätung, mit welchen sie auf die Bühne gingen. 40 Nasen stehen lediglich im Dynamo Keller und führen sich die Show nicht gerade begeistert zu Gemüte. Einzig die zwei mitgereisten Groupies schienen der unspektakulären Mischung aus Death ä la Disbelief oder Legion of the Damned mit vereinzelten Thrash Elementen. etwas abgewinnen zu können. Vom langweiligen Songwritting abgesehen schlug sich die Truppe aus unseres Landes Sonnenstube aber ganz ordentlich und zeigte soviel Stage-Acting wie es bei fünf Mann auf einer zugestellten Dynamo-Bühne (Drums und Verstärker von Death Angel waren schon aufgebaut und der Dämonen-Drummer musste am linken Bühnenrand sitzen) eben ging. Bands wie Battalion oder Contorsion, lokal verankert, hätten trotzdem besser gepasst bzw. Leute gezogen bzw. angeheizt.

Setlist Heavy Demons: «Intro» - «Closer to Die» - «Tenebra» - «Dark Devotion» - «Master» - «Welcome to my Resurrection» - «Light of Darkness» - «Word of God»


Wicca
Diese Kriterien für einen guten Support-Act erfüllten auch Wicca aus Deutschland nur partiell. Fehlendes Engagement konnte man den aus Konstanz stammenden Thrashern mit reichlich Exodus-Schlagseite zwar nicht vorwerfen, voller Geltungsdrang warf man sich in die angestammten Posen, doch den Keller in einen Kochtopf zu verwandeln vermochten auch sie nicht. Das mag wohl einerseits am immer noch überschaubaren Publikum gelegen haben, andererseits zeigte sich auch bei Wicca: solider Thrash ist eben nicht das Selbe wie überragender Thrash. Songs wie «Pull Down the Wall» oder «Psychic Warfare» mögen zwar ordentlich reinhauen, wirklich hängen bleibt dann aber doch nichts. Und auch wenn es technisch nichts zu meckern gab: Fronter Olymp Skala schafft es beim besten Willen weder stimmlich noch von der Performance her über Durchschnitt hinaus. So nickte man zu «Mega City» im Takt mit, erinnerte sich bei «Bloodrush» an die gleichnamige Scheibe, die man letztes Jahr ebenfalls als «durchschnittlich» abgestempelt hatte oder bemerkte plötzlich, das sowas wie eine Lightshow (bei allen Bands an diesem Abend) praktisch inexistent war. Beharrlich und zu hell wurde die Bühne von der immer selben Mischung aus rotem und gelbem Licht angestrahlt. Auch das ist der Stimmung an einem Konzert nicht gerade dienlich.

Setlist Wicca:
«Intro» - «Pull Down the Wall» - «I.O.U.» - «Psychic Warfare» - «Mega City» - «Sadsong» - «Bloodrush» - «Disneyland» - «Speed Trashing Kids»


Death Angel
Wer es kann, der kann es einfach. Und dem wenigen Platz, dem langweiligen Licht, lediglich rund 80 Zuschauern und der eingangs erwähnten Verspätung zum Trotz wurde an diesem Abend wieder klar: Death Angel können es einfach. Kaum wurde das akustische Intro von der aggressiv verzerrten Klampfe von Rob Cavestani abgelöst und «I Chose the Sky» eingeleutet, herrschte sowohl auf als auch vor der Bühne (trotz den wenigen Zuschauern) metallisches Gewusel. Köpfe bangten, Hände wurden in die Höhe gereckt, Körper im Versuch, einen ersten Moshpit zu starten, aufeinander zu gestossen. Das rasend schnelle «Evil Priest» heizte die Stimmung danach gleich noch weiter an und noch offensichtlicher wurde damit, wie weit die Ligen, in welchen Bands wie Wicca oder Heavy Demons spielen, von derer Death Angels entfernt sind. Ob beim groovenden «Buried Alive», dem auf Höchsttempo donnernden «Mistress of Pain» oder dem dramatisch treibenden «Claws in so Deep»: Jede Note, jeder Schlag sass, wo er sitzen sollte und dementsprechend frenetisch wurden die Nummern, ob alt oder neu, abgefeiert. Wie gewohnt war es dabei Fronter Mark Osegueda, der neben dem schon erwähnten, seine Gitarre zu Lustschreien antreibenden Cavestani, im Rampenlicht stand und seine Truppe souverän anführte, sei es durch die formidable Gesangsleistung oder das an Irrsinn grenzende Herumschleudern seiner arschlangen Dreadlocks.

Auf Scheibe, d.h. dem aktuellen Album «Relentless Retribution», endet «Claws in so Deep» in einem jazzigen Akustikpart und ebenjener, ab Band gespielt, nutzte sowohl Band wie Publikum für eine kurze Verschnaufpause, bevor es mit dem Bandklassiker «Seemingly Endless Time» und dem rotzigen «This Hate» auf der selben Intensitätsstufe wie zuvor weiterging. Immer schön zu sehen ist es ja, wenn sich ein Publikum wirklich über das freut, was ihm geboten wird, doch bei nicht einmal 100 Leuten den Versuch eines Stage-Divings zu unternehmen mutet da schon etwas gar kamikazehaft an. Da reckt man zur Kampfhymne «Relentless Revolution» doch lieber stramm die Faust in die Höhe und lässt zu «Truce» die Nackenwirbel knirschen. Unmissverständlich deutlich machen diese beiden neuen Nummern, dass Death Angel nicht auf eine Best-Of-Setlist zurückgreifen müssen wie so manch andere Truppe, will sie Stimmung erzeugen und so schmerzt es kaum, dass an diesem Abend viel aktuelles Material zum Zug kommt. Auch nur positiv ins Gewicht fallen derweil die beiden neuen Todesengel, Damien Sisson am Bass und Will Carrol hinter den Kesseln. Auch wenn die Blondschöpfe nicht ganz ins Philippino-Erscheinungsbild der Anderen passen: sowohl musikalisch wie auch in Sachen Bewegungsfreudigkeit kann man ohne Weiteres mithalten, ja, mit seinem Dauerbangen gemahnt der schlacksige Sisson gar an eine blonde Version von Cliff Burton.

Dass Death Angel indes auch mal sanftere Töne anschlagen, zeigte sich bei «Veil of Deception». Die balladeske Nummer von «Act III» (1990) beeindruckte durch ihre Eindringlichkeit und nicht Wenige zeigten sich textsicher, wobei die schweisstreibende Mosh-Stimmung schon etwas zusammensackte. Auch das majestätisch schleppende «Opponents at Side» schien danach nicht ganz dem Geschmack der Anwesenden zu treffen. Material zum Bangen schien gewünscht. Mit «Bored» wurde genau dieses geliefert, bevor man mit einer soliden Version von «Heaven and Hell» Ronnie James Dio die Ehre erwies. Osegueda schlug sich dabei übrigens kaum schlechter als Tim Owens bei Dio Disciples ein paar Wochen zuvor. Die Kultnummern «Thrashers» und «Kill As One» aus den Anfangstagen Death Angels beendeten dann das reguläre Set, welches nur durch das Intro von «Lord of Hate» vom Zugabenteil unterbrochen wurde. Noch schnell das aktuelle «River of Rapture» hinterhergeknallt, «The Ultra-Violence» leider nur angespielt und schon beendete «Thrown to the Wolves», zu welchem noch einmal alle Anwesenden die letzten Kräfte mobilisierten, eine über 90-minütige Show im intimsten Kreis, die an Wucht und Intensität kaum hätte übertroffen werden können, hätten auch noch so viele selbsternannte Thrasher ihre faulen Hintern ins Dynamo bugsiert.  Eine richtig gute Band spielt eben auch vor einer handvoll Leute, als gäbe es kein Morgen mehr. Nach diesem Abend weiss man: «richtig gut» ist bei Death Angel noch untertrieben.

Setlist Death Angel: «I Chose the Sky» - «Evil Priest» - «Buried Alive» - «Mistress of Pain» - «Claws in so Deep» - «Seemingly Endless Time» - «This Hate» - «Relentless Revolution» - «Truce» - «Veil of Deception» - «Opponents at Side» - «Bored» / «Heaven and Hell» - «Thrashers» - «Kill As One»
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«Lord of Hate» - «River of Rapture» - «The Ultra-Violence» / «Thrown to the Wolves»