Livereview: Def Leppard - Skid Row - Ricky Warwick
11. November 2003, Eulachhalle Winterthur
By Rockslave

Während genau an diesem Tag der alljährliche Moloch der hiesigen Fasnacht (gähn...!) wieder aufersteht, liess das zahlreiche Rock-Liebhaber aber unbeeindruckt und zog diese indes nach Winterthur, wo sich die tauben Leoparden, nach zehnjähriger Abstinenz, wieder einmal auf Schweizer Boden zeigten. Mit im Gepäck dabei hatten sie das letzte Album "X", das zwar für keine Begeisterungsstürme sorgen konnte, aber trotzdem ganz solide ausgefallen ist. Man muss sich einfach damit abfinden, dass es nie wieder eine Scheibe wie "Pyromania" oder "High and dry" und die Tour dazu geben wird. Dennoch konnte man sicher sein, heute Abend einige der besten Leppard-Songs zu Gesicht und zu Gehör zu bekommen. Bevor es jedoch soweit war, gönnten sich viele Fans vor der Halle noch eine leckere Grillwurst, um dann gestärkt in die Halle zu schreiten. Ein Riesenauflauf fand zwar nicht statt, aber so etwa um 2500 - 3000 Leute dürften es wohl schon gewesen sein. Mit Skid Row stand ausserdem ein hochkarätiger Support auf dem Programm, der auch schon rosigere Zeiten gesehen hatte. Ältere Leser mögen sich sicher noch an das Jahr 1989 und den Auftritt im Hallenstadion in Zürich als Anheizer von Mötley Crüe erinnern. Damals stand noch ein gewisser Sebastian Bach hinter dem Mikro. Den Auftakt machte aber überraschenderweise ein Rocker von ebenso besonderem Format, der sich in Winterthur leider nur akustisch betätigte: Ricky Warwick, ehemaliger Bandleader und Klampfenmeister von The Almighty, die in den 90ern ein paar geniale Alben ("Blood, fire & love", "Soul destruction" oder "Powertrippin") rausgebracht hatten.


Ricky Warwick
Erst die Bestätigung beim Small Talk mit den Crystal Ball Recken Scott Leach (g) und Dany Schällibaum (b) und genaues Hinhören liessen auch bei mir die Gewissheit entstehen, dass es wirklich der ehemalige The Almighty Fronter war, der hier allein auf der Bühne musizierte. Viel lieber hätte ich ihn mit seiner ehemaligen Band und "plugged" gesehen. Nichts desto Trotz bekam Ricky warmen Applaus für seine Darbietung. Ende September kam sein erstes Solo-Album "Tattoos & alibies" heraus, das den Singer/Songwriter Warwick von einer etwas anderen Seite zeigt. Die einzelnen Songs konnte ich nicht ausmachen, aber es dürften ein paar, wenn nicht alle von diesem Album gewesen sein. Gegen Schluss kam dann noch "Überraschungsgast" Vivian Campbell auf die Bühne und unterstütze Ricky mit ein paar Stromlicks. Wie gesagt, es war solide und von absolut fehlerfreiem Spiel geprägt, aber The Almighty wären mir entschieden lieber gewesen.


Skid Row
Sie waren eine der schillerndsten Rock Bands Ende der 80er-Jahre. Ihre selbstbetiteltes Debüt-Album schlug eine Bombe und Sebastian Bach war der ungestüme Frontmann der Amis, die zu Beginn ihrer Karriere Schützenhilfe von Bon Jovi kriegten. Der Auftritt beim Moskau Peace Festival im August 1989 zählte ebenso zu den Highlights, wie der Support für Mötley Crüe bei deren "Dr. Feelgood"-Tour. Auch das zweite Album "Slave to the grind" war sehr gut geraten und die folgende Headliner-Tour festigten den Status, aber nach einer Mini-CD mit Cover-Versionen (1992) riss der Faden. Im Zuge der Grunge-Welle kam 1995 "Subhuman race" auf den Markt und floppte aufgrund der neuen Ausrichtung. Die alten Fans wandten sich ab und die Band versank in der Versenkung. Und nun schreiben wir das Jahr 2003 und Skid Row sind zurück. Mit Johnny Solinger, dem neuen Sänger, Drummer Neu-Zugang Phil Varone und einem erstaunlich guten neuen Album, das sich "Thick skin" nennt und trotz ein paar modernen Anstrichen ganz gut ins Ohr geht. Und live? Ich stand zentral, etwa zehn bis fünfzehn Meter vor der Bühne an einem idealen Ort, als die Band die Bühne betrat und gleich mit "Slave to the grind" loslegte. Der Sound war hier perfekt! Nicht zu laut (hatte nicht mal die Proppen drin) und obermegafett! Solinger's Stimme klang nicht so schneidend wie die seiner Vorgängers, aber das sich tight präsentierende Gesamtpaket überzeugte von der ersten Minute an. Mit "New generation" folgte der Opener des neuen Albums und der hörte sich sehr eingängig an. Das bejubelte "18 and life" zeigte danach eindrücklich, dass ein guter Song immer einer sein wird, egal wie alt. Das Publikum ging ordentlich mit und bescherte den Rückkehrern bemerkenswerte Fan-Reaktionen. "I remember you" und "Thick is the skin" als weitere neue Songs überzeugten ebenfalls und als man sich so richtig auf Skid Row eingestellt hatte, bedeutete der Alt-Smasher "Youth gone wild" bereits das viel zu frühe Ende einer tollen Show. Es bleibt zu hoffen, dass die Amis den Anschluss wieder finden und ein weiteres Gastspiel auf einer Schweizer Bühne abhalten werden.

Set-Liste: "Slave to the grind", "New generation", "18 and life", "I remember you", "Thick is the skin", "Youth gone wild".


Def Leppard
Satte fünfzehn Jahre ist mittlerweile her, als ich Def Leppard das erste Mal im Hallenstadion gesehen hatte. Damals füllten sie so eine Halle noch locker. Auch die Tour von 1993 habe ich noch in guter Erinnerung. Die "Slang-Tour" liess ich indes aus, weil mir dieses Album weder damals gefallen hat, noch heute Zuspruch findet. "Euphoria" war dann wieder besser und "X" unterstreicht, in welche Richtung die tauben Leoparden wohl auch künftig gehen werden. Allzu Heftiges darf nicht mehr erwartet werden. Als dieses Konzert angekündigt wurde, war es für mich aber klar, dass die zehn Jahre "Pause" genug waren und ich sehen und hören wollte, wie sich die Band 2003 präsentiert. Wie für viele andere auch, sind erfolgreichen 80er-Jahre vorbei. Der Hype ist der Realität gewichen, wobei solcher eigentlich nicht nötig war, denn Def Leppard gehören zweifellos zu den wichtigsten Rock Bands der Geschichte und haben unsterbliche Songs geschrieben. Ein paar von ihnen durften auch für den heutigen Abend erwartet werden. Die Bühne sah eigentlich ziemlich unspektakulär aus. Im Hintergrund hing ein grosses Backdrop mit dem Cover von "X" und die üblichen Scheinwerfer-Installationen. Eröffnet wurde die Show mit "Action" und dies noch recht brachial. Die Lautstärke im Gegensatz zu vorher war um Einiges angehoben worden, klang dafür aber nicht mehr so differenziert. Joe Elliot, mittlerweile auch wenig fülliger, peitschte das Publikum gleich an und hatte es mit dem nachfolgenden "Making love like a man" gleich in der Tasche. Die anschliessende Triplette mit "Foolin'", "Women" und "Hysteria" liess einen als alten Fan gleich dahinschmelzen. Das Markenzeichen der wie gewohnt starken Backing-Vocals war das bestimmende Element. Jüngere Zuschauer fanden sich damit auch gleich zurecht und so entstand eine tolle Stimmung in der Halle, die bis am Schluss anhielt. Die Band spielte motiviert und agil. Steve Collen und Vivian Campbell setzten sich mit tollen Soli in Szene und Basser Rick Savage lieferte mit dem barfuss spielenden Rick Allen das fettes Rhythmus-Gerüst. Es ist schon bemerkenswert, wie sich der Leppard-Drummer seit bald zwanzig Jahren mit seinem Schicksal abfindet. Ein wirklich einmalige Situation in diesem Business und es ist seinen Band-Kollegen sehr hoch anzurechnen, dass sie immer zu ihm gehalten haben und es auch weiterhin tun werden. "Photograph", "Animal" oder "Rock of ages"..., längst Klassiker..., allesamt und einfach zeitlos. Überhaupt hatte die Show viel 80er-Flair drin, das heisst viel Licht aus grossen Scheinwerfern und Unmengen von Trockeneis. Genau das Richtige für den bollernden Leppard-Sound, den Joe Elliot mit mächtig Hall auf seiner Stimme räumlich noch zusätzlich ausfüllte. Nach knappen hundert Minuten war es dann fast zu schnell wieder vorbei. Als das Licht wieder anging, sah man praktisch nur zufriedene Gesichter und viele Freunde, Bekannte und Musiker, die es bestimmt nicht bereut hatten, den heutigen Abend in der Eulachhalle zu verbringen, anstatt allenfalls "Guggemusik" um sich herum zu haben.

Set-Liste. "Action", "Making love like a man", "Foolin'", "Women", "Hysteria", "When love & hate collide", "Four letter word", "Promises", "Two steps behind" (acoustic), "Now", "Rocket", Armageddon it", "Photograph", "Animal", "Pour some sugar on me", "Rock of ages", "Love bites", "Lets get rocked".