Wenn es etwas zu feiern gibt, kann man ruhig mal mit der grossen
Kelle anrühren! Im Falle des deutschen Thrash Urgesteins Destruction
hiess das, mit einem feinen Festival auf nicht weniger als drei
Dekaden Bandkarriere zurück zu schauen. Da Schmier & Co. früher in
dieser Gegend ihre ersten Gigs runter rissen, kam der Tross zum
Jubiläum und dem Abhalten der CD Release-Party für das aktuelle
Album «Spiritual Genocide nach Wettingen. Mit dabei waren nicht
weniger als sechs Support-Bands (!), wovon mit Battalion, Atlas &
Axis und Gonoreas regional bekannte Gruppen im Billing standen. Bei
Letzteren wartete man gar mit der Live-Premiere des neuen Sängers
Leandro Pacheco auf, während die Heavy Progger von Influence X ihren
Frontmann Ramin Dänzer (Ex-Inishmore) schon etwas länger in ihrer
Reihe wissen. Das halbe Dutzend der Anheizer machten schliesslich
die Deutschen Palace und die heimischen Youngsters und Thrasher von
Dolohruz voll. Somit wären die Vorzeichen für eine Monster-Fete
nicht besser gewesen, aber es kamen gerade mal 300 Leutchen, die
jedoch mächtig Spass hatten! (rsl)
Dolohruz
Dieses deutsch-schweizerische Festival der Heavy-Musik wurde von der
jungen einheimischen Thrash Metal Gruppe Dolohruz, deren Musik durch
eisern wirkende Schläge des Schlagzeuges und dem Drang zu
Gitarren-Riffs gekenn-zeichnet wird, eröffnet. Dabei stellte sich
heraus, dass ihr Schaffen reich an melodischen Gitarrenparts ist.
Den Platz am Mikrofon nahm Tufan Öztürk ein, dessen expressive
Screams sich beinahe mit der Solo-Gitarre rivalisierten. Gitarrist
Lukas Wegmann und Bassist Josia Männchen eiferten ihm dabei
engagiert nach. Im Übrigen fehlten diese ausge-prägten Screams dann
aber im Lied «Between Heaven And Hell». Dadurch wollte man wohl noch
einmal die Old-School Angehörigkeit unterstreichen. Die Band fing
ihren Auftritt nach Schweizer Art pünktlich um sechs Uhr abends an
und liess die Zuschauer ein gut 20-minütiges Set geniessen. Es ist
zu bemerken, dass der Sound in der Halle schon von Anfang an sehr
gut eingestellt wurde. Die tolle Akustik der Tägerhard-Halle hat es
verdient, hierbei erwähnt zu werden. Man hörte die Musik perfekt und
das aus jeder Ecke. (nat)
Palace
Nach dem ziemlich langen Sound-Check begann um Viertel vor sieben
die Heavy Metal Band Palace aus Deutschland ihren Auftritt. Sie fing
mit der eigenen Variation zum ewigen Thema "Auseinandersetzung des
lachenden Himmels und der Hölle des Feuers" an und
sang das Lied
unter dem Titel «Between Heaven And Hell» (der Song heisst übrigens,
wie bei Dolohruz vorher, zufälligerweise wirklich auch so!). Am
professionellen Auftreten merkte man gleich, dass die Gruppe nicht
zu den Anfängern in der Szene zählt. Ausserdem tat die Band alles,
um ihren 30-minütigen Auftritt aufzulockern, denn alle Songs standen
für sich selber. Ausserdem versuchte der Sänger/Gitarrist HP Piller
das Publikum auf die Musik von Palace einzustimmen: Vor jedem Lied
erzählte er gebärdenreich etwas Interessantes. Zum Beispiel vor «Dark
Prophecy» sagte er mit lauter wie säuselnder Stimme, dass jeder der
Anwesenden auf unbemerkte Art und Weise durchleuchtet werden wird.
Zum Ende des Auftrittes interessierten sich die Zuschauer deshalb
immer mehr für das, was auf der Bühne abging. Das merkte HP Piller
und fragte: "Liebt ihr Heavy Metal?". Und natürlich bekam er eine
bejahende Antwort darauf. So schnell liess er sich davon aber nicht
überzeugen und bat die Fans, seine Frage noch lauter zu beantworten,
was sie dann auch taten. Mir persönlich gefiel dabei der heftig
abgehende Track "The Healer" am besten. (nat)
Influence X
Nach einer halben Stunde kam mit Influence X die nächste Gruppe auf
die Bühne. Wahrscheinlich hing die lange Pause mit dem umfangreichen
Umbau zusammen. Da war nun ein dreistöckiges Keyboard zu sehen, eine
siebensaitige Gitarre und eine sechssaitige Bassgitarre gehörten
ebenfalls zur Ausstattung. Die eingesetzten Instrumente sprachen
somit für sich selber! In der Tat spürte man gleich nach den ersten
Riffs eine unbändige Energie und dass
etwas Kosmisches in der Luft
lag. Influence X präsentierten dem Publikum ihr progressives und
episches Musikschaffen. Den Musikern gelang es, einen dichten und
vielschichtigen Klangteppich zu erschaffen. Bei den Stage-Lights
wurde der rote Lichtton durch einen hell- und veilchenblauen
ersetzt, was echt besser zum Auftritt passte. Fans von
neoklassischen Keyboardparts wurden hundert pro befriedigt, so
eindrucksvoll und expressiv klang das Ganze. Darüber hinaus prägte
sich allen die tragende und schöne Stimme von Ramin Dänzer ein. Der
Auftritt dieser Gruppe war der überraschenderweise der Kürzeste und
dauerte nur gerade knappe zwanzig Minuten lang. Zum Schluss
berichtete Ramin, dass Influence X an einer neuen Scheibe arbeiten
und man einige Lieder daraus bereits heute Abend anhören durfte.
Unter einem durch den Saal rauschenden Beifallssturm verliess die
Band die Bühne, um der nächsten Platz zu machen. (nat)
Atlas & Axis
Die nachfolgende Band spielte länger. Der Auftritt von Atlas & Axis
dauerte gut eine halbe Stunde und sie blieben bis halb neun auf der
Bühne. Im Unterschied zu den anderen Gruppen wie Palace, die
kolossalen teutonischen Heavy Metal spielten, zeigte die
schweizerische Band eine dynamische Variante dieses Genres, wie Iron
Maiden zu Zeiten der NWOBHM, und deswegen fand auf der Bühne eine
faszinierende Show statt. Das Saiten-Trio mit Gitarristin Ramona
Kalkuhl bildete vielfach Duos untereinander und ergänzt mit seinem
filigranen Obertrommelspiel, bereitete der Schlagzeuger
Roman Zeindler den Zuschauern sichtliche Freude. Sänger Jonas Ambühl war
zudem so was von aktiv, dass er auf einmal auf die linke
Monitor-Boxe hinauf stieg und von da oben sang. Die interessante wie
melodische Musik und der allgemeine Enthusiasmus gefielen den
Zuhörern. Es war nicht zu übersehen, dass selbst die Musiker ihre
Performance genossen. Frontmann Jonas unterhielt sich mit dem
Publikum, machte Witze, animierte die Fans mit Fragen wie "Für wen
seid ihr gekommen, zu Destruction? Na dann los, bewegt euch!" und
sorgte damit für eine gute Stimmung. Mir selber gefiel mir das Spiel
des Bassisten Nico Ardüser an diesem Auftritt besonders: Er spielte
so expressiv, die Gedanken von Jonas aufgreifend und an seinen
Saiten rupfend, dass ich mir deshalb erlaube, meinen Bericht mit dem
Satz "up to the Axis!" zu beenden. (nat)
Battalion
Spätestens ab jetzt war fertig mit lustig und die gut aufgewärmte
Meute konnte sich nun auf eine Runde "fist in your face" Thrash
Metal mit Battalion freuen. Schon mit dem sackstarken Debüt
«Underdogs» von 2010 liessen die Zürcher Thrasher aufhorchen und
setzten heuer im Frühherbst mit dem ebenso überzeugenden Zweitling
«Set The World Afire» die Messlatte noch höher. Seit das Lineup mit
dem Neuzugang Clode Hürlimann (g) komplett ist, kann der lärmige
Vierer wieder voll angreifen. Das taten sie auch am heutigen Abend,
trotz dem in Anbetracht der grosszügig hergerichteten Halle ziemlich
mickrig anmutenden Publikumsaufmarsch von etwa knapp 250 Leutchen zu
der Zeit. Davon zeigten sich Battalion, mittlerweile Profis genug,
völlig unbeeindruckt und ballerten von der ersten Sekunde an mit «Buried
Nation», dem Opener des neuen Albums, voll los, dass die Schwarte
nur so krachte! Die vordersten Reihen gingen gleich steil ab und es
bildete sich auch ein erster Moshpit, wenn auch nur ein kleiner. «Running
Alone» und «Bomber» (natürlich nicht ein Cover des bekannten
Motörhead-Klassikers!) legten weitere Kohlen nach und sorgten für
beste Unterhaltung. Im Schmelztiegel der alten Metallica, gewürzt
mit etwas Exodus und Testament, können sich Battalion mit ihrer
eigenen Identität locker behaupten und pusteten die nicht durch
Ohrpfropfen geschützten Gehörgänge ordentlich durch. Da auch immer
wieder schleppende Parts in den Songs vorkommen, bringen diese
einerseits etwas Abwechslung in den Set rein und andererseits eine
spürbare Portion Heavyness. Das, was also auf den beiden Studioalben
auf Konserve schon heftig rüber kommt, wird eigentlich 1:1 auf der
Bühne umgesetzt. Dazu gehört auch ein ordentliches Mass an Technik
sowie Können und auch da überliessen Battalion während knapp vierzig
Minuten nichts dem Zufall. Das war bisher der klar beste Auftritt an
diesem Abend! (rsl)
Setliste: «Buried Nation» - «Running Alone» - «Bomber» - «Drifting
Towards Insanity» - «Wings Of A Demon» - «Thrash Maniancs» - «Bullets
And Death» -- «T.F.F.M.»
Gonoreas
Der heutige Abend war für die Aargauer Power Metaller in mehrfacher
Hinsicht speziell. Zum einen war da mit Sicherheit mal die Rolle als
Anheizer für den Headlinder und andererseits stand die Feuertaufe
für den neuen Sänger Leandro Pacheco bevor, der übrigens bei der
Combo, die soeben noch auf der Bühne stand, mal als Tour-Gitarrist
(!) zockte, bevor dessen Platz fix durch Master Hürrlimann
eingenommen wurde. Der vor ein paar Monaten eher überraschende
Abgang seines Vorgängers Gilberto "Gilbi" Meléndez, der szenetypisch
von ein paar Nebengeräuschen begleitet war, warf die Band nach dem
Release des brillanten und mit überragenden Kritiken bedachten
Silberlings «Apocalypse», inklusive dem coolen und professionell
gedrehten Video zu «Kiss The Sword», unsanft nach hinten. Dieses
verlorene Terrain gilt es nun wieder wett zu machen. Zu Beginn
merkte man schon, dass Leandro noch etwas nervös wie auch ein wenig
unsicher war und deshalb, trotz seines massigen Körpers, zu wenig
Präsenz als vorderster Mann auf der Bühne markierte. Das legte sich
dann aber erfreulich schnell und mit jedem Song mehr, den Leandro
hinter sich brachte, wirkte er ein Stück gelöster. Dies auch, weil
das Publikum toll antizipierte und das Gezeigte mit immer grösserem
Wohlwollen bedachte. Weniger gelöst, viel mehr unter Hochspannung,
stand natürlich wiederum die Saitenfraktion mit Chef-Indianer Damir
Eskic, der zusammen mit Bassist Pat Rafaniello (was für eine geile
Rampen-Sau!!) einmal mehr für endloses Posing in Reinkultur stand.
Diese offen ausgelebte
Leidenschaft geht sehr vielen Combos ab und
die könnten sich bei Gonoreas eine dicke Scheibe davon abschneiden.
Körperlich etwas weniger heftig, aber soundmässig nicht weniger
effizient, unterstützte Larissa Ernst ihre beiden Kollegen und
Zampanos kongenial. Alle zusammen, und dazu gehört natürlich auch
die tighte Drum-Machine Stefan Hösli, lieferten die "Aargauer Iced
Earth" einen weiteren Beweis ihres Potenzials ab. Jetzt gilt es dran
zu bleiben, das Lineup mit Leandro Pacheco weiter zu festigen und
die Schweizer Metal Szene auch fortan mit energetischen Konzerten zu
bereichern. Damit geht einher, dass spätestens 2014 ein gutes, neues
Album her muss und dann wird die Reise für Gonoreas weiter gehen. (rsl)
Setliste: «Devils Eyes» - «Stay Away» - Revenge For Blood» - «Facing The Enemy» -
«Breakout» - «Deaddly Scroll» - «Kiss The Sword» - «Bang Your Head».
Destruction
Im Vorfeld dieses Anlasses gab es einige Stimmen, die sich mehrfach
fragten, warum Destruction mit ihrer "30th Anniversary
Jubiläums-Show" ausgerechnet nach Wettingen kamen. Im Dreiländer-Eck
Basel, sprich dem Z7 in Pratteln, hätten trotz konzertmässig oftmals
massig belegten Wochenenden mit Sicherheit deutlich mehr Besucher
generiert werden können. Da Schmier & Co. hiermit mitunter aber zu
ihren lokalen Wurzeln zurück kehrten, kam man dies nachvollziehen
und somit lässt sich der Kreis im übergeordneten Sinn sicherlich
besser schliessen. Dennoch hatten sie sich sicher etwas mehr als die
letztlich gut 300 Fans erhofft, doch Trübsal hat man darob sicher
nicht geblasen. Das anwesende Publikum kam nämlich in den Genuss
einer so mit Sicherheit einmaligen Show und damit meine nicht nur
die Anwesenheit des echten Mad Butcher alias Dirk Rössler, sondern
auch dass nicht weniger als drei komplette Drum-Kits auf der Bühne
zu sehen waren. Das deutete natürlich auf exklusive Show-Guests hin
und die waren auch zahlreich extra angereist. Zum einen war da mal
die Ur-Drummer Tommy Sandmann (1982 bis 1987) und
Olly Kaiser (1987
bis 1999), dann Gitarrist Harry Wilkens (1987 bis 1990) und auch der
jüngere Trommler Sven Vormann (1999 bis 2001) gaben sich die Ehre.
Zusammen mit dem aktuellen Schlagwerker Vaaver wurde etwa in der
Mitte des Sets ein regelrechtes Drum-Inferno entfacht. Bis es soweit
war, eröffneten Destruction ihre Jubiläums-Show freilich mit ein
paar Klassikern der Marke «Butcher Strikes Back» als Opener, gefolgt
von «Curse The Gods» und «Armageddonizer». Die Intensität des ganz
vorne zu breiigen Sounds liess dennoch keinen Zweifel darüber
aufkommen, dass das Ganze auch dreissig Jahre nach der Gründung
immer noch bestens funktioniert. Bemerkenswert war dabei, wie gut
dass Schmier zu nicht wenigen hohen Screams bei Stimme war und wie
sautight das Ganze nach wie vor daher kommt. Mike mag ja schmächtig
in seiner Erscheinung sein, aber seine Monster-Riffs und die
äusserst flinken Soli gehören immer noch zum Besten, was die Szene
zu bieten hat. Kultig dann natürlich die weiteren Einlagen des
Butchers mit einem "bemitleidenswerten" Pleasure Slave Girl und
zerhacktem (Kunst-) Fleisch, inklusive einer roten blutähnlichen
Flüssigkeit. Der geneigte Destruction Fan bekam also einiges geboten
und der nun ordentliche Moshpit unterstrich den Spass, den die
deutsche Thrash-Ikone und seine echten Fans zusammen hatten. Als
weiteres Sahnehäubchen stieg zu «Total Desaster» schliesslich auch
noch "unser" V.O. Pulver (GurD) mit auf die Bühne, der früher mal
einer der Knöpfchendreher von Schmier und seinen Kollegen war.
Fazit: Ausser etwas zu viel Strobolicht für die Fotographen war es
eine überaus würdige Jubiläums-Show, die allerdings schon etwas mehr
Zuspruch hätte vertragen können. Nach total fünf Stunden
Konzertdauer und sieben Bands war die Metal Factory Crew
schliesslich müde und froh, dass mal Schluss mit dem Gedöns war, da
wir ja von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr unseren Stand vorher auch noch in
der Zofinger Stadthalle an der 15. Metalbörse stehen hatten. In
diesem Sinne "schee woars" und thrash 'till death! (rsl)
Setliste: «Intro/Butcher Strikes Back» - «Curse The Gods» - «Armageddonizer»
- «Mad Butcher» - «Carnivore» - «Nailed To The Cross» - «Hate Is My
Fuel» - «Eternal Ban» - «Life Without Sense» - «Intro/Cyanide» - «Antichrist-Reject-Thrash
Till Death-Drum Inferno» - «Tears Of Blood» - «City Of Doom» - «Invicible
Force» -- «Intro/Total Desaster» - «Bestial Invasion».
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