Livereview: Eldorado - Keltikon - Dawnbreaker

30. April 2014, Uster – Starclub
By Rockslave
 
Ich musste mich zwar entscheiden, aber es war eigentlich sonnenklar, dass mein Weg heute Abend nach Uster und nicht nach Pratteln zu D.A.D führen würde. Seit ich die Spanier von Eldorado vor einer Weile über Facebook, respektive Youtube entdeckt hatte, war es um mich geschehen! Kaum eine andere Band, nebst Audrey Horne, hat meine musikalischen Sensoren derart zum Schwingen gebracht. Das offizielle Video zum Song «Another Bright Sunday» wurde viele Male abgespielt und über die Bandhomepage gleich deren CDs bestellt. Darunter war auch das aktuelle Hammer-Album «Antigravity Sound Machine» von 2012. Damit gewannen sie in der Heimat die „Spanish Independent Music Awards“ in der Kategorie „Best Hardrock / Metal Album“. Grund genug, mir das nicht entgehen zu lassen, denn ich wollte wissen, ob die Jungs diesen Mördersound auf der Bühne reproduzieren können. Der Starclub (Ex-Rock City) konnte dafür nicht besser geeignet sein! Als Support fungierten zwei Schweizer Bands, die stilistisch nicht viel gemeinsam hatten. Dawnbreaker (mit Ex-Killer Rob Strangler an der einen Gitarre) spielten feinen Rock, während Keltikon ihrem Namen alle Ehre machten!

Dawnbreaker

Bereits 1999 wurde die Combo gegründet und nebst eigenem Material werden auch noch fetzige Covers von Rock-Classics der letzten drei Dekaden geboten. Die Hauptmotivation dieser Gruppe ist mit Sicherheit der Spass am (gelegentlichen) zusammen abrocken. Despektierlich könnte man in diesem Zusammenhang von einer Wochenend-Band sprechen. Selbst wenn, verspürte man schon von der ersten Minute an, dass hier jedoch Profis am Werk waren. Das Ganze soll aber mit einem Augenzwinkern verstanden werden und dafür stehen auch die entsprechend angepassten Namen: Nicolai "DANISH DYNAMITE" Guldbrandsen (v/keys), Jonny „THE INCREDIBLE“ Stutz (g), Robi „CRAZY“ Würgler alias Strangler (g), Jörg "BOOGIEMAN" Graf (b) und Rasmus "ANIMAL" Frei (d). Der Set von heute Abend bestand überwiegend aus eigenen Kompositonen, die durchaus was zu bieten hatten. Vor allem die beiden Gitarristen Jonny und Robi gaben ordentlich Gas! Das Spiel untereinander harmonierte bestens und beide hatten zwischendurch ihre eigenen Solo-Parts. Sänger Nicolai hatte allerdings nicht gerade die Götterstimme, gab aber einen überaus routinierten und publikumsorientierten Auftritt zum Besten. Einzig Bassist Jörg, der einen Aktionsradius seiner Schuhgrösse hatte, beherrschte sein Spiel ohne Fehl und Tadel, aber rein optisch kam er ärger als Valium rüber. Mit «Your Mama Don’t Dance» spielten Dawnbreaker die erste und zugleich auch gleich die letzte Cover-Version eines eher unbekannten Liedes von Y&T. Für «Get Over It» von den Eagles reichte die Zeit dann nicht mehr, doch nach dem letzten gespielten Ton des gelungenen Auftaktes dieses Konzertevents von knapp fünfzig Minuten (!) sah man nur zufriedene Gesichter. Das Ziel zu unterhalten wurde somit locker erreicht.

Setliste: «Waiting For Midnight» - «These Days» - «Sea Of Life» - «Livin’ After Dawn» - «Far Away» - «This Is War» - «Your Mama Don’t Dance» - «Riding On A Highway» - «What Is Love» - «Hell Of A Dream».

Keltikon
Schon nur der Schottenrock von Leadsänger/Gitarrist Iain Duncan und die beiden Dudelsäcke (ein elektronischer und ein verstärktes Exemplar) deuteten unmissverständlich einen Stilwechsel an. Ich wusste eigentlich schon zu Voraus, dass mich diese Mucke nicht gross hinter dem Ofen wird hervor holen können. Die Band war an sich personell unterdotiert, will heissen, dass sich bei der sporadisch möglichen Maximalvariante nicht weniger als sieben Musiker die Bühne teilen würden. Hier und heute Abend im Starclub wäre dies mangels genügend Fläche aber nicht zu empfehlen gewesen. Die anwesenden Musiker bildeten jedoch den Kern von Keltikon. Das waren neben Iain Duncan noch Olaf Owl (g/v), Rino Bollin (b) und Patrick Feuz (d). Es fehlten demnach Adriain Studer, Eva Wey und Felix Waldispühl. Letzterer sitzt ja auch hinter den Kesseln von Crazy Diamond, der bekannten und sehr versierten Schweizer Pink Floyd Cover-Band. Bei Keltikon spielt er auch wahlweise Keyboards. Dieses Instrument brauchte es heute Abend aber nicht und so klang die Band wohl kompakter als sonst. Ein guter Teil der gespielten Songs stammte vom aktuellen Album «Agenbite Of Inwit», angereichert durch älteres Material. Sobald der Dudelsack ins Spiel kam, klang es dementsprechend stimmungsvoll und solange dies nicht Überhand nimmt, lässt es sich ertragen. Die Stärke der Band liegt aber sicherlich darin, sich stilistisch nicht wirklich einengen zu lassen und darum war das Spektrum zwischen folkigen Vibes (mit Iain an der Akustik-Gitarre) und teils etwas schroffen Riffs von Olaf recht ordentlich breit. Bassist Rino unterschied sich derweil kaum von seinem Vorgänger und spielte seine Parts dezent und fast teilnahmslos im Hintergrund. Dennoch wirkte der Auftritt sehr professionell, verbreitete gute Laune und dauert ebenso um die fünfzig Minuten herum. Eine Zugabe liess die Running Order nicht zu, aber das berühmte Szene-Stück «Scotland The Brave» setzte eigentlich den genau richtigen Schlusspunkt.

Setliste: «Lark In The Morning» - «Itchy Fingers» - «Agenbite Of Inwit» - «Bonnie Ship The Diamond» - «The Blackbird» - «Ready For The Storm» - «The Diving Dutchman» - «Cork Hill» - «Senda» - «Kenny McDonald’s Jig» - «Talisin’s Poem» - «Scotland The Brave».


Eldorado
Die Vorfreude auf das Konzert der Spanier war gross und meine Wenigkeit steckte voller Erwartungen. Einerseits, ob die Studioversionen auch live zünden und andererseits, wie die Gruppe allgemein rüber kommt. Eldorado spielten erst den zweiten Gig auf Schweizer Boden und für mich war es, um dies gleich vorweg zu nehmen, die Offenbarung schlechthin! Ein roher Diamant, der immer mehr an Leuchtkraft zunimmt. Es dauerte nicht lange und schon mit dem Opener «Mr. Saturn» befand man sich auf einem veritablen Retro-Trip, der mich persönlich erstmal an die längst vergessenen Amis von American Shame erinnerte. Teils überlange Stücke besassen zwar einen roten Faden, zeichneten sich jedoch vor allem durch spürbaren Improvisationsgeist aus. Frontmann Jesús Trujillo, der wie der junge Ian Gillan aussieht, spielte auch noch einzelne Parts auf einer (elektronischen) Hammond Orgel, was mitunter einen Teil des typischen Eldorado-Sounds ausmachte. Bassist César Sánchez (seit 2007) und Gitarrist Andrés Duende (seit 2010) gehören zum alten Kern, während Schlagzeuger Christian Giardino neu als Ersatz von Javier Planelles fungiert. Gitarrist Nano Paramio wird zudem ebenfalls als ehemaliges Mitglied der Anfangszeit aufgeführt. Die aktuelle Formation scheint auf jeden Fall gefestigt und bereit zu sein, jetzt erst recht Gas zu geben. Zuerst kamen die Alben mit spanischen Lyrics heraus und es gibt durchaus Bands wie Héroes del Silencio oder Tierra Santa, die dies beibehielten und so erfolgreich wurden, zumindest HDS. Bei Eldorado funktioniert an sich beides, doch heutzutage kommt man in dieser Stilecke mit den gewohnten englischen Texten eher weiter. Eine EP und zwei full lenght Alben sind bisher erschienen, wobei, wie einleitend erwähnt, das aktuelle Werk «Antigravity Sound Machine» wirklich bärenstark ausgefallen ist. Dabei verbeisst sich das Quartett nicht nur plump im „Led Zeppelin’schen Musikkosmos“, sondern lässt auch etwas modernere Sounds und vor allem saugeile Melodien zu, die besonders bei ruhigeren Perlen wie «Blue Jay Wing» oder dem brillanten «Lady Of The Mountain» für Gänsehaut sorgen. Leider fehlten diese Hammer-Songs heute Abend, aber deshalb war der Rest nicht schlechter, im Gegenteil! «Paranormal Circus» sowie «Like A Lost Child» gehörten dabei zu den Highlights. Das Beatles-Cover «Helter Skelter», das man eher in der Version der alten Mötley Crüe im Ohr hat, kam zwar auch gut, aber dadurch wurde halt einer der eigenen Songs dafür geopfert. Dazu gesellte wohl auch der eine oder andere ganz neue Song, der auf dem kommenden brandneuen Werk zu hören sein wird. Nach gut hundert Minuten ging ein Konzert der Extraklasse zu Ende, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird! Dass die vier Spanier ausserdem überhaupt keine Starallüren raus hängten, machte sie noch sympathischer. Hoffentlich werden sie bald wieder bei uns in der Schweiz zu sehen sein.

Setliste: «Intro» - «Mr. Saturn» - «I’ll Be Satisfied» - «Flowers Of Envy» - «Helter Skelter» - «You Don’t Wanna Need Her» - «Another Bright Sunday» - «Space Mambo» - «Paranormal Circus» - «Mad Woman» - «Like A Lost Child» -- «The House Of The 7 Smokestacks» - «Reactor» - «Kassandra».