Livereview: Grand Magus - Angel Witch - Enforcer

15. Februar 2013, Aarau - Kiff
By Rockslave
Vor etwas mehr als einem Jahr spielten Grand Magus schon mal hier im Kiff auf und hatten dabei mit Bullet, Steelwing, Vanderbuyst und Skull Fist wohl einen der stärksten Support-Slots der Neuzeit ever aufgefahren und ich Dödel liess mir das entgehen! Tja…, falsche Entscheidung Slave und unumkehrbar! Fakt ist, dass der Tempel lichterloh gebrannt hat und viele Besucher bereits das Konzert-Highlight des noch jungen Jahres 2012 gesehen hatten. Soweit so gut, aber nun kam der schwedische Headliner gar mit der Metal-Legende Angel Witch daher, die dem Vernehmen nach mehr als drei Dekaden keinen Fuss mehr auf Schweizer Boden gesetzt hatte. Des Weiteren befanden sich noch die jungen Wilden von Enforcer mit im Gepäck und somit gab es diesmal keine Ausreden mehr! Diese Metal-Triplette musste nun zwingend auch mit meiner Anwesenheit beehrt werden und ich sollte es nicht bereuen! Obwohl Grand Magus mit ihrem abrupten Stilwechsel ihre Altfans bestimmt nachhaltig irritiert haben dürften, wussten die älteren Semester schon zu Voraus, was sie mit Angel Witch erwartete, nämlich eine musikalische Zeitreise zurück zu den Wurzeln des Heavy Metal! Dies haben sich Enforcer ja ebenso auf die Stirne geschrieben und das spannte letztlich den zeitgeschichtlichen Bogen bis zum Anschlag.


Enforcer

Die schwedischen Oldschool Metaller traten bei uns eigentlich erst mit ihrem sackstarken Zweitling «Diamonds» von 2010 wesentlich in Erscheinung, dafür aber richtig. Das Debüt «Into The Night» kam bereits 2008 heraus. Die Kombination zwischen jugendlicher Ungestümheit und steinaltem Sound, so zu sagen alter schwerer Wein in neuen Schläuchen, traf den Nerv der Zeit. Zudem stellen heutige Teenager, die in Iron Maiden Shirts rum rennen, plötzlich fest, dass ihre Lieblinge mitunter eine sehr gewichtigen Anteil an dieser Entwicklung tragen. Mein erstes Zusammentreffen mit Enforcer war in Basel, als die Schweden Ende 2010 den Support-Job von Airbourne bestritten. Das, was ich dort sah, war allerdings von Licht und Schatten begleitet. Im Wesentlichen wurde aber kräftig Gas gegeben und Sänger Olof Wikstrand, die treibende Gründer-Kraft in der Band, hatte alle Freiheiten eines Frontmanns, der von vier Kollegen begleitet wird. Heuer sieht das allerdings etwas anders aus, denn im Frühling 2011 machte sich Gitarrist Adam Zaars vom Acker. Dieser Abgang konnte den Rest der Truppe zwar nicht voll ausbremsen, aber seit Olof sich die zweite Klampfe umhängen musste, ist es vorbei mit einem grossen Teil der bisherigen Agilität, die diese Band früher auszeichnete. Darunter litt auch der Auftritt in Aarau, denn obwohl die ganze Chose mit mächtig Drive dargeboten wurde, blieb unter dem Strich nicht so viel hängen. Obwohl die neue Studio-Langrille «Death By Fire» ganz ordentlich ausgefallen ist, fehlt nun einfach der letzte Kick. Das insgesamt eher erstaunlich junge und mit vielen Kutten bekleidete Publikum hatte allerdings mächtig Spass am Opener des Abends und die auffällig vielen Headbanger, darunter auch einige Mädels (!) liessen ihre Matten heftig kreisen. Meine Bilanz fiel am Schluss aber klar zwiespältig aus und ich denke, dass hier ziemlich rasch wieder ein zweiter Gitarrist gefunden werden muss. Falls nicht, wird der hoch dekorierte Nuclear Blast-Deal bald einmal Geschichte sein!



Angel Witch
Ich will gar nicht um den heissen Brei herum reden und gebe es (besser) gleich offen zu, dass mir der Bandname zwar schon immer mal unter die Augen kam und ich die Band nach der Jahrtausend-Wende, das heisst 2003 in Balingen (D) beim BYH!!-Festival sogar live gesehen hatte. Mehr aber nicht, will sagen dass ich das legendäre erste selbstbetitelte Album bislang, das heisst bis heute, nicht im Regal stehen habe, immer noch nicht! Vom neuen letztjährigen Silberling «As Above So Below» ganz zu schweigen. Damals kam Bandleader und Sänger Kevin Heybourne mit Gastmusikern, darunter Lee Altus (Heathen/Exodus) und Darren Minter (ebenfalls von Heathen) nach Deutschland in die Schwäbische Alb. Heuer hatte er aber eine neue Truppe mit dabei, nämlich Bill Steer (g), Will Palmer (b) und Andy Prestidge (d). Dieses Quartett harmonierte von Anfang an bestens und was dann während gut einer Stunde Spielzeit folgte, ist kaum in Worte zu fassen! Stilistisch, aufgrund der variabel gestalteten Musik, konnten die überwiegend in NWOBHM getränkten Soundhappen dennoch nicht immer eindeutig zugeordnet werden. Mal klang es schleppend und zäh wie die alten Black Sabbath oder peppig groovig mit spürbarer Hardrock-Schlagseite. Im Vordergrund stand natürlich die kultige Debütplatte, deren Songs vor allem von den jungen Fans erstaunlich textsicher erwidert wurden. Das gab mir dann im positiven Sinne schon etwas zu denken, und die Freude über das Antizipieren der augenscheinlich mehrheitlich jungen Fans war mir anzusehen. Nebst seiner eigenwilligen Stimme brillierte Kevin auch an seiner Gitarre. Die Soli waren einfach klasse, ob alleine oder zusammen mit Bill Steer. Darüber hinaus war ein stetiger Druck nach vorne fest zu stellen, der von Anfang an da war und nie nachliess. Das absolute Highlight war dann natürlich der Gassenhauer und namensgebende Smasher «Angel Witch». Was da vom Publikum zurück kam, lässt sich schwer in Worte fassen. Und wenn doch, reichen eigentlich wenige Ausdrücke wie genial, hammermässig oder kultig. Nicht wenige Male wurde ich wegen den Backing Vocals an die frühen Zeiten von The Sweet erinnert. Schon nur deswegen erscheint es mir reichlich merkwürdig, dass ich zuvor noch nie Notiz von Angel Witch genommen hatte. Andererseits freue ich mich zu sehen und zu hören, dass selbst ich alternder Rock-Esel in meiner angestammten Stilecke noch was Aufregendes entdecken kann. Der frenetische Schlussapplaus wird hoffentlich dazu führen, dass Angel Witch vor ihrem musikalischen „Ableben“ nochmals einen Abstecher in die Schweiz machen werden und dann aber als Headliner!


Setliste: «Atlantis» - «Confused» - «Dead Sea Scrolls» - «White Witch» - «Sorcerers» - «Gorgan» - «Guillotine» - «Dr. Phibes» - «Angel Of Death» - «Baphomet» - «Angel Witch».


Grand Magus
Krass war es schon nicht, aber wer kurz vor 23:00 Uhr genau hinsah oder wenn man nachgezählt hätte, würde man festgestellt haben, dass nun schon weniger Leute als noch kurz vorher da waren und auf den Headliner warteten. Dennoch war der Begrüssungsapplaus mehr als nur ordentlich, als Janne „JB“ Christoffersson (v/g), Mats „Fox“ Heden (b) und Neu-Zugang Ludwig Witt (d, ersetzte letzten Frühling Sebastian "Seb" Sippola) auf die Bühne kamen und nach dem Intro mit dem wuchtigen «Kingslayer» gleich den Boden zum Erzittern brachten. Letzterer Musiker war oder besser ist auch immer noch der etatmässige Schlagwerker von Spiritual Beggars. Nachdem das Trio Infernale vor gut zehn Jahren mehrheitlich klassischen Doom Metal spielte, wandelten sich der Stil und das Tempo kontinuierlich in Richtung zu schwerem und rumpelndem Heavy Metal hin. Man könnte es stellenweise auch mit Black Label Society vergleichen, da JBs Stimme der von Holzfäller Zakk Wylde gleicht und die Musik durchaus ebenso gewisse Parallelen aufweist. Spätestens mit dem vorletzten Album «Hammer Of The North» (2010) vollzogen die Schweden ihren Stilwechsel vollends, was, wie der Erfolg zeigt, die richtige Entscheidung war. Das sahen die Fans im Kiff ebenso und feierten den Headliner mit zahlreich wehenden Matten gehörig ab. Dazu gab es eine flutlichartige Lightshow mit permanenten und üppigen Trockeneis-Schwaden, die für massig 80er Vibes sorgten. Besorgnis zeichnete sich hingegen, mich eingeschlossenen, bei der fotographierenden Zunft ab, denn bei diesen Bedingungen waren gute Bilder kaum möglich. Besonders die Schlagzeuger, und zwar ausnahmslos alle, verschwanden zwischendurch komplett hinter den weissen Wolken. Das tat hingegen der generellen Stimmung im Kiff keinen Abbruch, im Gegenteil! Vor allem der kernige Groove, für so ein Dreiergespann eigentlich typisch, kam voll durch, auch wenn sich mit der Zeit die Songs zu ähneln begannen. Der Grossteil der Setliste bestand aus den letzten zwei Alben, wobei der heutige Konzert-Opener von 2005 sowas wie die Initialzündung für die spätere Entwicklung von Grand Magus angesehen werden kann. Folgerichtig fand dann von den ersten beiden Doomwerken nichts mehr den Weg in die Neuzeit. Trotzdem waren die alten Wurzeln bei gedrosseltem Tempo (zum Beispiel bei «Hammer Of The North») mindestens unterschwellig auszumachen. Die Essenz war jedoch lupenreiner Hartstahl, wie ihn auch Saxon aktuell immer noch auf die Reihe kriegen, und Angel Witch bewiesen zuvor eindrücklich, dass der alte Sound von früher auch in der heutigen Zeit besser denn je funktioniert. Inklusive einem nicht allzu Aufsehen erregenden Drum-Solo von Master Witt und zwei Zugaben spielte der Headliner 75 Minuten. Das erscheint womöglich etwas knapp, aber nach Enforcer (45 Min.) und Angel Witch (60 Min.) schien das niemanden gross zu stören und obwohl sich Grand Magus eigentlich keine Blösse gaben, ging meines Erachtens die Engel-Hexe als klarer Sieger aus der Metal-Schlacht in Aarau hervor.

Setliste: «Intro/Kingslayer» - « Sword Of The Ocean» - «I, The Jury» - « Ravens Guide Our Way» - «Silver Into Steel» - «Starlight Slaughter» - «Wolf's Return » - «Åran & Drum Solo» - «The Hunt» - «I Am the North» - «Shadow Knows » - «Valhalla Rising» -- «Iron Will» - «Hammer Of The North».