Livereview: In Extremo - Fiddlers Green
10. April 2011, Zürich - Volkshaus
By Maiya R.B. - All pics by Maiya R.B.
Wer Lust auf eine richtig tolle Party hatte, der war an diesem Abend an der richtigen Adresse, wenn er sich ins Volkshaus begab. Da versammelten sich Frauen in schönen Gewändern, Männer in Kettenhemden und alle möglichen Leute in anderen interessanten Outfits, die einfach perfekt zur Stimmung und zur Musik des Abends passten. Zürich erlebte dadurch während einiger Stunden eine kleine Zeitreise, denn vor dem Konzert gingen die kostümierten Fans in die umliegenden Restaurants und Bars und hoben sich optisch auf eine richtig erfrischende und spannende Weise vom Rest des Stadtbildes ab. Pünktlich zur Türöffnung strömte das friedliche Volk in Richtung Eingang, bester Laune und sichtbar neugierig auf die folgenden Stunden voller mitreissender Musik.

Fiddlers Green

Seit rund zwanzig Jahren zelebrieren Fiddlers Green eine Spielart, die sie selber als Irish Independent Speedfolk bezeichnen. Zelebrieren im wahrsten Sinne des Wortes, denn an jenem Aprilabend in Zürich ging die Post ab! Es wurde gefeiert, getanzt und gelacht was das Zeug hält. Eben so, wie man sich das "Fiddlers Green" vorstellt, welches sich aus der irischen Bezeichnung für das Paradies der Seeleute ableitet. Die Stimmung im Publikum war vom ersten Augenblick an auf dem Höhepunkt, denn Irish Folk ist nun mal äusserst fröhlich, und Fiddlers Green sind hervorragende Entertainer. Dies merkte man vor allem, als Sänger Ralf Albers die Zuschauer zu einer "Wall of Folk" animierte. Man bildete in der Mitte einen Graben, und dann wechselten die beiden Gruppen zeitgleich die Seiten, was für viel Gelächter und noch mehr Fröhlichkeit sorgte. Im Grunde merkte man gar nicht, dass hier "nur" die Vorband spielt, denn die Erfurter wurden abgefeiert und gaben auf der Bühne einfach alles. Tobias Heindl spielte im Dunkeln gar ein Solo auf seiner Geige, deren Bogen mit weissen LED-Lichtern bestückt war - ein echter Hingucker! Für eine weitere Erheiterung in akustischer Form sorgte Akkordeonspieler Stefan Klug, der sich die Drumsticks von Schlagzeuger Frank Jooss borgte und mit ihnen auf einen Metalleimer eindrosch, welchen er vorher über einen Mikrofonständer gestülpt hatte. Wahrlich, diese Band war der perfekte Einheizer für In Extremo, denn das Volkshaus kochte vor positiver Vibrationen. Wer von Fiddlers Green noch nicht genug hat, der kann sich die Truppe schon bald wieder anschauen, denn sie spielen dieses Jahr noch zweimal in der Schweiz.

In Extremo
Hat eigentlich schon mal jemand ein schlechtes Konzert von In Extremo gesehen? Wahrscheinlich nicht, denn diese Band ist immer wieder ein unvergleichliches Erlebnis, so auch an diesem Abend in Zürich. Nach einer erstaunlich kurzen Pause spürte und sah man, dass die Show schon bald losgehen wird. Ein Beamer projizierte das Cover des aktuellen Albums "Sterneneisen" auf die Leinwand, welches man auf dieser Tour zu promoten gedenkte. Mit dem gleichnamigen Song startete man auch die Show, frenetisch von der klatschenden und tanzenden Menge bejubelt. Die Band war wieder einmal herrlich gekleidet, allen voran Sänger Micha, dessen Jacke und Hose von diversen interessanten Details wie bunten Perlenschnüren, Pailletten, Knöpfen und kleinen Teilen eines Kettenhemdes zierten. Auf dem Rücken prangte passenderweise ein rotes Heptagon. Doch auch Flex der Biegsame hatte sich richtig herausgeputzt und sah in seinem grünen Bühnenkostüm aus wie ein edler Waldelf! Um mal beim optischen Gesamteindruck zu bleiben: Am Bühnenrand und auf dem Schlagzeugpodest waren kleine Schienen angebracht, auf denen Kameras hin und her fuhren, um die Live-Bilder direkt auf den Hintergrund zu beamen. In Kombination mit mancherlei anderen Bildern sorgte das für eine tolle und ausdrucksstarke Abwechslung, denn die Einblendungen passten stets hervorragend zum jeweiligen Lied. So kriegte man z.B. bei "Mein rasend Herz" ein schlagendes Herz zu sehen. Beim neuen Song "Gold" regnete es gar Goldpailletten. In Extremo hatten die Setliste wirklich sorgfältig zusammengestellt, denn von neuen Stücken wie "Unsichtbar" bis zu älteren Krachern wie "Vollmond" oder "Spielmannsfluch" war einfach alles dabei. Besonders bei Letzterem sang das Publikum sehr laut mit und plötzlich sang eine Gruppe Fans vor der Bühne für In Extremo ein kleines Ständchen, von dem man bei uns auf dem Balkon des Volkshauses gerade noch "Geili Sieche..." verstand. Sänger Micha war zunächst verdutzt, kommentierte das Ständchen dann aber amüsiert und lachend mit "Ich verstehe das zwar nicht, aber von hier oben klingt das wie "Ihr seid geile Tiere", also danke!" Insgesamt war es eine sehr, sehr starke Show, die äusserst tiefe Eindrücke und Erinnerungen hinterliess. Es war ein Auftritt voller inniger Wärme, was nicht nur an den regelmässig eingesetzten Pyros lag, sondern am zwischenmenschlichen Geist all der Fans, die an jenem Abend nicht nur ihre geliebten In Extremo zu feiern schienen, sondern auch das Leben selbst. Wir danken den Berlinern herzlich für diesen perfekten Abend!