Livereview: Iron Maiden - Voodoo Six

22. Juni 2013, Zürich – Hallenstadion
By Tinu, Pics by Rockslave
Alleine das Bewusstsein, dass die englische Metal-Institution mit ihrer Eisberglandschaft aus dem Jahre 1988 erneut auf Tour ging, das Ganze aufmotzte mit einer ausgeklügelten Pyro-Show und einer angepassten Setliste, liess in mir den Drang nicht verstummen, dieses Konzert sehen zu MÜSSEN. Iron Maiden boten an diesem Abend eine der besten Shows, die ich jemals von der Truppe um Steve Harris sah. Dies, obschon der Sound nicht unbedingt gut war und dass zwei Tage zuvor Kiss einen Gig ablieferten, der auch von Maiden nicht zu toppen war!

Doch gehen wir der Reihe nach... Support-Bands sind in letzter Zeit so eine Sache. Oftmals wende ich mich nach den ersten Minuten gelangweilt ab und bin froh, wenn der Spuk nach hoffentlich nur 30 Minuten sein abruptes Ende findet. Voodoo Six boten aber eine verdammt geile Show. Die Engländer um Sänger Luke Purdie schienen dem ausverkauften Hallenstadion gänzlich unbekannt zu sein. Nach ihrem 40 Minuten langen Auftritt hatte sich dies aber schlagartig und nachhaltig geändert. Dies belegten nicht nur die Fanreaktionen, sondern auch die Songs, welche förmlich dazu schreien, nochmals gehört zu werden. Der traditionelle Heavy-Rock, der mit einem gepfefferten Schuss «Moderne» auskommt, zieht den Zuhörer blitzschnell in seinen Bann. Dabei stechen die sofort ins Ohr gehenden Melodien und die mit einem grossen Wiedererkennungsgrad versehene Gitarrenarbeit (tolle Doppel-Leads, verführerische Harmonien) heraus! Die agile Performance, die freche unbekümmerte Art und die Frische, mit der das Quintett auftrumpfte, war schon beachtlich. Dies liegt sicherlich auch an der zehn Jahre andauernden Spielerfahrung, welche die Londoner auszeichnet. Voodoo Six ist eine Band für die Zukunft!

Wie schon eingangs erwähnt, Iron Maiden boten eine der besten Shows der letzten Jahre und übertrafen damit sogar das Level, welches sie mit der vor fünf Jahren in Basel aufgeführten «Somewhere Back In Time»-Tour vorlegten. Somit ist auch klar, dass Maiden nur mit ihren alten Hits die Massen zum Kochen bringen, weil das Qualitätslevel der neueren Songs niemals mit den alten mithalten kann. Alleine das Vergnügen endlich wieder «The Prisoner», «Afraid To Shoot Strangers», «Phantom Of The Opera» und «7th Son Of A 7th Son» an einem Abend zu hören und dies inmitten der alten KracheR..., das war ein unglaublicher Moment.

Bedingt durch den dreidimensionalen Charakter der Bühne bekam die Rennerei von Sänger Bruce Dickinson einen zusätzlichen Anreiz. Turnt der Engländer auf der Rampe welche sich links, rechts und über dem Schlagzeug erstreckte, musste man froh sein, dass der Fecht-Liebhaber nicht nach seinem Kilometergeld bezahlt wird. Gleich zu Beginn, nach dem obligaten «Doctor, Doctor»-Intro von UFO, schossen die ersten Pyroeffekte hoch und dies nicht zu knapp. Mit den ersten Tönen von «Moonchild» überzeugte die Lichtshow, die zusammen mit den unzähligen Feuerfontänen ein einmaliges Bild abgab.

Die doch schon etwas älteren Herren liessen sich von der enthusiastischen Stimmung mitreissen und speziell Steve Harris rockte, als gäbe es kein Morgen mehr. Das Dreiergestirn der Gitarrenfront, bestehend aus Adrian Smith, Dave Murray und Janick Gers bestach durch fulminante Soloeinlagen, und durch kernige Riffs («2 Minutes To Midnight», «Phantom Of The Opera»). Adrian bleibt der beste Gitarrist dieser Kombination, während Janick mit seinen wilden Verrenkungen, «Aerobic goes Metal!», den einen ein Lächeln und den anderen ein Kopfschütteln abverlangt. Bruce sang an diesem Abend sehr gut, sprang über die Monitorboxen, wechselt ständig sein Bühnenoutfit (ab und zu auch die Frisur) und hatte seine kleinen «Probleme». So konnte er bei «The Trooper» die Fahne nicht wie gewohnt in den Boden einstecken und bei «Moonchild» liess sich ein Effekt nicht wie gewünscht entzünden. Das blieben aber, neben dem wirklich dürftigen Sound, die einzigen Makel an diesem Abend.

Die Fans waren von Beginn weg heiss auf ihre Band. Die ersten Textzeilen «Seven deadly sins, seven ways to win, seven holy paths to hell, and your trip begins…» wurden lauthals mitgeschrien und von da an applaudierten, hüpften und sangen die Anhänger so laut es ging und liessen sich immer wieder von Bruce zu noch mehr anstacheln. Das legendäre « Scream for me Zurich – That's bullshit! – Scream for me Switzerland – YEAH!» wurde an diesem Abend regelmässig durch den Berufspiloten intoniert und die Reaktionen der Fans liessen die Grundmauern des Hallenstadions immer wieder erbeben. Es war schon erstaunlich wie laut helvetische Anhänger sein können, die sonst eher als stille Geniesser bekannt sind… Steve Harris war die grosse treibende Kraft. Auch wenn sein Bewegungsablauf nicht mehr die Dimensionen von früher hat, war er ständig in Bewegung, animierte seine Fans. Setzt er seinen Bass wie ein Gewehr an und ballert er die tiefen Töne in die Menge, gibt es für niemanden mehr ein Halten. Schlagzeuger Nicko McBrain war kaum hinter seinen Becken und Cymbals zu sehen, verrichtete aber einen souveränen Job.

Passend zu den Songs wurden die dazugehörenden Backdrops aufgefahren. War es nicht gerade das Cover zu «The Trooper» wurden alle Bilder in eine eislandschaftliche Welt verändert. Eddie, das Bandmaskottchen, hatte seinen ersten Auftritt an diesem Abend bei «Run To The Hills». Passend zum Song wurde Eddie in die Uniform eines Soldaten gesteckt, der mit seinem langen, blutigen Säbel, aus der der Schlacht gegen die Indianer zurückkam. Das Ganze wurde mit einem Sprühfeuerregen ergänzt und war eines der ganz grossen Highlights dieses Abends. Wie auch der zweite Auftritte der unsterblichen Kreatur, als er in Form des «7th Son Of A 7th Son»-Covers zusammen mit dem in die Fruchtblase verpackten Kleinkindes bei «Iron Maiden» seinen Auftritt hatte. Das brennende Hirn von Eddie war nur noch ein zusätzlicher Gimmick, welcher die Fans in Verzückung brachte. Zuvor wurde rechts hinter dem Schlagzeug, und nur für den Track «7th Son Of A 7th Son», ein Keyboard in die Höhe gehievt, welches vom Styling gut in eine Dimmu Borgir-Show gepasst hätte. Mit dem Tastendrücker bekam das Konzert den Ansatz, dass wirklich alles live gespielt wurde (den sphärischen, langsamen Part) und nichts vom der Konserve stammte. Die Kerzen, welche links und rechts des Schlagzeuges standen wurden wie durch eine Geisterhand, die von Bruce geführt wurde, entzündet. Alles dies zusammen ergab ein sehr stimmiges Bild und rundeten «7th Son Of A 7th Son» perfekt ab. Der Teufel durfte natürlich bei «The Number Of The Beast» nicht fehlen. Mit seinen roten Augen, dem sich bewegenden Kopf und dem roten Bühnenlicht ergab dies eine, dem Titel entsprechende, teuflische Atmosphäre.

«Fear Of The Dark» war neben «The Trooper» (einmal mehr mit Fahnen schwingendem Brunce) und «The Number Of The Beast» die Hymne an diesem Abend. Grundsätzlich jagte ein Hit den anderen und es war ein Ohrenschmaus all die grossen Momente dieser Band (okay, es wurden nicht alle gespielt) in einer Show zu hören. Der bekannte Fliegerfilm bei «Churchill's Speech» und die von Bruce getragene Fliegerkappe beim anschliessenden «Aces High», sowie die beiden letzten Songs «The Evil That Men Do» und «Running Free» beendeten einen hervorragenden Abend, von dem man seinen Enkelkindern erzählen wird. Diese Show zu toppen, wird selbst für Iron Maiden sehr schwer sein.

Setliste Iron Maiden: «Moonchild», «Can I Play With Madness?», «The Prisoner», «2 Minutes To Midnight», «AfraidTo Shoot Strangers», «The Trooper», «The Number Of The Beast», «Phantom Of The Opera», «Run To The Hills», «Wasted Years», «7th Son Of A 7th Son», «The Clairvoyant», «Fear Of The Dark», «Iron Maiden», «Churchill's Speech/Aces High», «The Evil That Men Do», «Running Free»