Livereview: Jutta Weinhold Band - Wicked Plan

08. November 2014, Uster – Starclub
By Rockslave
 
Im Frühsommer vor einem Jahr gab es in Pratteln neben der jetzt ebenfalls in Bedrängnis geratenen Konzertfabrik Z7 ganz in der Nähe noch einen feinen kleineren Club namens Galery. Die Betonung liegt auf „gab“, denn inzwischen gibt es dieses kultige Lokal leider nicht mehr. Dort betrat die ehemalige Zed Yago, Velvet Viper und Weinhold Frontfrau Jutta Weinhold erstmals nach über 37 Jahren wieder Schweizer Boden und zelebrierte ein Dramatic Metal Konzert der Superlative, das bis heute unvergessen ist! Landsfrau und Metal Queen Doro Pesch ist mittlerweile auch fünfzig Jahre alt und immer noch ziemlich gut drauf. Jutta legt da aber nochmals siebzehn drauf und liefert ebenso gewaltig ab wie vor einem Vierteljahrhundert. Mir blieb in der Galery schlicht die Spucke weg und darum freute ich mich natürlich tierisch, als in diesem Jahr frische Aktivitäten der neu formierten JWB (Jutta Weinhold Band) bekannt wurden. Dazu gehörte mitunter die Rückkehr des ehemaligen Zed Yago Schlagzeugers Bubi Blacksmith alias „Bubi der Schmied“ und die Zuzüge von Gitarrist Kai Reuter sowie Bassist Carsten Meyer. Nachdem ich am 31. Mai im Downi in Worblaufen fehlte, passte es heute.

Wicked Plan

Die Heavy Metal Truppe aus Burgdorf figurierte schon in der Galery (2013) und heuer auch in Worblaufen als Support. Die freundschaftliche Verbundenheit mit Jutta Weinhold verschaffte diese Auftrittsmöglichkeiten, die natürlich gerne wahr genommen wurden. In der Zwischenzeit hat sich das Lineup wieder verändert, denn einerseits ist der junge Drummer Yanik Allenspach neu mit dabei und für die Liveauftritte wurden Felix Klier (Rhythm Guitar) und Adrian Wirz (Bass) engagiert. Letzteren kannte ich sofort irgendwo her, aber die Kleidung inklusive Hut und Brille liess mich eine Weile im Dunkeln tappen, bis mich schliesslich jemand darüber in Kenntnis setzte. Da staunte ich in der Tat nicht schlecht, denn es handelt sich tatsächlich um den langjährigen Bassisten der Solothurner Kult-Band Irrwisch!! Deren Sound hat jetzt rein gar nichts gemein mit dem, was Wicked Plan auffahren. Eigentlich wollte ich Adrian noch darauf ansprechen, aber trotz der kleinen Location ergab sich kein Gespräch. Dieser schien aber sichtlich Gefallen daran zu haben und im Sinne der Erweiterung des musikalischen Horizontes war da rein gar nichts einzuwenden. Nach wie vor Kern und Seele von Wicked Plan ist jedoch das Ehepaar Keller, sprich Sängerin Natalie und Gitarrist Dan. Das aktuelle erste Langeisen stammt aus dem Jahre 2012 und bildete den Hauptteil der Setliste. Angetrieben von wuchtig gespielten Drums des Youngsters hinter den Kesseln, gab es wiederum gediegenen Heavy Metal zu hören, der technisch wiederum ganz in Ordnung war. Mit dem eigentümlichen Gesang von Natalie Keller wurde ich allerdings auch diesmal nicht richtig warm. Obwohl die Kraft und Reinheit keinen Tadel zulassen, fehlt mir persönlich die Abwechslung. Vieles geht stets voll auf die Zwölf und das Vibrato geht gerade noch. Das widerspiegelt allerdings klar meinen persönlichen Geschmack, denn Wicked Plan haben es grundsätzlich schon drauf. Dass man dann aber «2 Minutes To Midnight» von Iron Maiden covert, finde ich ziemlich unnötig und ging halt zu Lasten eines eigenen Songs. Nach einer guten und ambitionierten Dreiviertelstunde wurde die Band mit einem ordentlichen Schlussapplaus verabschiedet.

Setliste: «Becoming God» - «The Sign» - «Wicked Plan» - «Darkness Comes» - «2 Minutes To Midnight» - «Guitar Solo Dan» - «Gates Of Babylon» -- «Black Out» - «Ghost Out» - «Not Alone».


Jutta Weinhold Band
Nach staufreier und kurzweiliger Fahrt im Starclub angekommen, stand Jutta gerade an der Bar beim Eingang und begrüsste mich umgehend wie herzlich zugleich! Die Freude war auch meinerseits gross, denn auf diesen zweiten Schweizer Konzertabend mit dem aktuellen Line-Up hatte ich mich schon Monate vorher darauf gefreut, zumal ich beim Auftakt Ende Mai ja leider abkömmlich war. Die Musik, die mit Zed Yago, Velvet Viper und auch Weinhold erschaffen wurde, bekam damals viel zu wenig Aufmerksamkeit und die Schweiz kam sogar nicht mal in den Genuss eines einziges Konzertes! So blieben die Tonträger über Jahre hinweg die einzige Möglichkeit, diesem zeitlosen wie einzigartigen Dramatic Metal entsprechend zu huldigen. Nach der Auflösung der Bands der ersten Stunde war Jutta allerdings nicht untätig, nur nahm kaum wer Notiz davon. Vor der CH-Premiere 2013 hätte ich kaum, nein nie im Traum daran gedacht, diese Hammer-Songs jemals live hören zu können. Das Konzert in Pratteln war schlicht eine Offenbarung und übertraf meine kühnsten Erwartungen wie Vorstellungen total! Wie sang schon der grosse (und eben verstorbene) Udo Jürgens…, „mit 66 Jahren fängt das Leben an, mit 66…, ist noch lange nicht Schluss!“ Da Jutta Weinhold ihre Stimme, respektive die Stimmbänder, lange Jahre nicht mehr grossen Belastungen ausgesetzt hatte, sind diese so zu sagen erhalten geblieben, und wie! Das ging durch Mark und Bein und genau solche magischen Momente erhoffte ich mir auch vom heutigen Abend in Uster. Leider verirrten sich nur etwa rund drei Dutzend Leute in den Starclub, aber davon liess sich die JWB nicht beirren, im Gegenteil! Mit dem „Pilgerchor“ als Intro und «Zed Yago» als Opener nahm darauf die musikalische Zeitreise ihren Lauf und es dauerte keine Minute, bis man vom Sound und der immer noch grandiosen Stimme von Jutta wie elektrisiert wurde!

Die zum Vorjahr nur leicht veränderte Setliste enthielt nach wie vor eine Perle nach der anderen und liess vor allem das beeindruckende musikalische Schaffen von Zed Yago und Velvet Viper wieder auferstehen. Ich stand nicht nur der Fotos wegen in der ersten Reihe, da ich keinen Moment dieses denkwürdigen Abend verpassen wollte. Auf der Bühne thronte Bubi hinten am Schlagzeug und lieferte einen mächtigen Wumms ab, der besonders bei den zahlreichen Midtempo-Walzen voll zu Geltung kam. Derweil riffte und solierte Kai Reuter mit filigraner Leichtigkeit und Power zugleich. Aushilfs-Bassist Sebastian Hoffmann gab nur optisch einen sanften Eindruck her, denn sein Spiel trieb den recht gut abgemischten Sound permanent vor sich her. Ich schwebte dabei wie auf Wolke „Sieben“ und nach einigen Highlights wie «Merlin», dem bollernden «Millstone Of Rage» und der Hymne «Mary Stuart Highland Queen» kam mein ergreifendster Moment, den mir die liebe Jutta vor dem ganzen Starclub –Publikum sogar persönlich widmete: «Stay The Course»! Ich drehte innerlich beinahe am Rad und gab mich fast willenlos der Musik hin! Es war einfach nur göttlich und ich hatte dabei fast Pippi in den Augen. Bei allen beindruckenden Grossanlässen und Festivals der letzten Zeit waren diese Minuten nicht in Worte zu fassen! Ihr merkt, dass ich leicht über dem Boden schwebe, aber wenn man als echter Metalhead sowas erleben darf, ist es einfach nur affengeil und durch nichts anderes zu ersetzen. Natürlich wurden auch diesmal zuerst die „Jungs“ (zu «Black Bone Song») und danach die „Mädels“ (zu «Rebel Ladies») zum Mitsingen auf die Bühne gebeten, bevor «Rocking For The Nation» als letzte Zugabe nochmals unterstrich, wie stark sich das aktuelle JWB Line-Up präsentiert und wie zeitlos gut diese alten Songs sind. 100 Minuten für die Ewigkeit war das logische Fazit danach. Danke und hoffentlich bald wieder!

Setliste: «Intro/Zed Yago» - «Beacon Light» - «Modern Knights» - «Merlin» - «The Spell From Over Yonder» - «The Pale Man» - «Millstone Of Rage» - «Intro/Valkyries» - «Fear Of Death» - «Mary Stuart Highland Queen» - «Revenge» - «Stay The Course» - «Horsewoman» - «Black Bone Song» - «Rebel Ladies» - «Queen And Priest» - «Rocking For The Nation».