Livereview: KILLER - Leather Leone

19. Mai 2017, Aarburg – Musigburg
By Rockslave
Wirklich daran geglaubt habe ich nicht, dass das KILLER-Urgestein Crown Kocher nochmals in die Pötte kommt. Einerseits machte die Gesundheit beim jetzt auch altersmässigen Rock-Rentner zwischenzeitlich nicht mehr mit, und andererseits löste sich das einstige Lineup vor gut sechs Jahren wieder auf. Der letzte Gig den ich sah, war der beim 25. Jubiläum vom Outsider-Shop in Olten. Doch der Crown ist ein zäher Hund, und sobald er jeweils erneut Oberwasser verspürt, meldet er sich wieder zurück. So geschehen anfangs Jahr, und begleitet von der richtigen Veröffentlichung der bislang drei „aktuellen Songs“ «Man With A Gun», «Pure Dynamite» und «Rocking Band», stach das KILLER-Schiff wieder in See und kriegte ausser Sänger Andy Lickford mit Peter Berger (g), Emi Basssbabe (b) und Roberto Antonucci wieder frischen Wind in die Segel. Mit dabei an diesem Abend war ausserdem die amerikanische Metal-Ikone Leather Leone (Ex-Chastain), die eine junge Truppe aus Brasilien zur Verstärkung dabei hatte und nichts anbrennen liess. Natürlich stattete Leather zuvor noch einen Besuch im Outsider-Shop ab, worüber sich Chief René Freiburghaus wie ein Honigkuchenpferd freute.

Leather Leone

Seit Mitte der 80er hat die Amerikanerin aus San Francisco sieben full lenght Alben ihres Kollegen und Gitarristen David T. Chastain eingesungen. Die 85-er Scheibe «Mystery Of Illusion» ziert dabei meine Tonträger-sammlung schon über drei Dekaden! Der zumeist knackige US-Metal ist wie geschaffen für Leathers Reibeisenstimme und umgekehrt. Erfolgsmässig hielt sich das Ganze jedoch in Grenzen, denn in Europa sah man die Band in ihrer Blütezeit kaum bis gar nicht. Ähnlich erging es auch Anne Hull alias Ann Boleyn von Hellion und heisst in erster Linie, dass eigentlich alles da gewesen wäre, um richtig durch zu starten. Dass dies letztlich im Sinne von kommerziell erfolgreich nur wenigen Bands gelingt, hat bekanntlich tausend Gründe. Während sich Ober-shredder David mit zig (auch rein instrumentalen) Alben über Wasser zu halten versuchte, tauchte Leather in den 90ern unter und wurde in der Band Chastain durch Kate French ersetzt. Erst seit 2013, also nach über zwanzig Jahren, kehrte die stimmgewaltige Frontfrau zu Master Chastain zurück, inklusive dem Ur-Bassisten Mike Skimmerhorn im Schlepptau. Seither entstanden zwei neue Alben, das letzte 2015 mit dem Titel «We Bleed Metal». Der erste CH-Auftritt als The Sledge/Leather Project wurde 2011 als Support von Vicious Rumors im Rock City in Uster abgehalten.

Sechs Jahre später steht die Powerfrau, altersmässig mittlerweile in den 50ern, mit der Band „Leather“ wieder in den Startlöchern und gastierte Ende April mitunter am „Keep It True“-Festival in Deutschland. Mit der Verpflichtung als Special Guest von KILLER kam so ein cooles Package zustande, das heute Abend, wie auch zum Headliner, einige Erwartungen schürte. Die Band, bestehend aus Vinnie Tex (g), Daemon Ross (g), Thiago Velasquez (b) und Braulio Drumond (d), hinterliess rein optisch schon mal einen ordentlichen Eindruck. Die Performance, zu der nebst einigen alten Chastain-Schoten auch der eine oder andere neue Song des noch anstehenden Leather Solo-Albums gehörte, gestaltete sich über die Distanz etwas zu schmalbrüstig. Es fehlte spürbar an Schärfe und Arschtritt, was nicht nur der Support-Lautstärke geschuldet war. Leather Leone zog sich dabei allerdings mehr als achtbar aus der Affäre und bewies ausserdem eindrücklich, dass ihre Stimme noch nicht abgedankt hat. Stimmungsmässig kams ebenso gut, und die zu dem Zeitpunkt etwa gut hundert Fans wurden auf jeden Fall Zeuge einer unter dem Strich dennoch genügend ansprechenden Show einer 80er Metal-Ikone, die nicht weniger als elf Chastain-Songs am Start hatte.

Setliste: «Juggernaut» - «Ruler Of The Wasteland» - «Outsider» - «Paradise» - «We Bleed Metal» - «Chains Of Love» - «Black Knight» - «Angel Of Mercy» - «Black Smoke» - «Evil Awaits Us» - «Shockwaves» - «All Hail The King» - «All Your Neon» - «For Those Who Dare» - «Voice Of The Cult» - «The 7th Of Never».

KILLER
Der Kanton Solothurn kann sich ja in Sachen Rockbands schon glücklich schätzen, denn mit Krokus wurde unauslöschlich Schweizer Rockmusik Geschichte geschrieben. Das haben KILLER auch, wenn auch nicht mit dem gleichen Erfolg verbunden. Die 80er Tourneedates mit Motörhead kann ihnen niemand mehr nehmen, und für gut erhaltene Originale der insgesamt vier Vinyl-LPs muss man(n) nach wie vor einige Scheinchen locker machen. Dies zeigt zumindest, dass KILLER immer noch gefragt sind, zumindest bei den Die-Hard Fans. Oberindianer und Social Media Selbstinszenierer Crown Kocher hat nach dem Aufbäumen im Jahre 2002 (Reunion zum 20-Jahr Jubiläum im Kofmehl zu Solothurn), 2006 (legendäres Konzert, ebenso im Kofmehl), 2007 im Z7 (Support von Tesla) und 2011 in Olten (siehe Einleitung und um nebst anderen Konzerten in der Schweiz die prestigeträchtigeren davon zu nennen) wieder der Hafer gestochen. Nachdem die letzte Episode mit Kaktus (inklusive dem Album «No Time To Die»), wo ja Kocher-Spezi Duco Aeschbach (Drums) das „Duo Infernale“ komplettiert, 2013 ihr vorläufiges Ende fand, musste wieder was gehen in Rock-City Luterbach. Durch einen Deal mit Bellaphon Records kann zum Beispiel nun die ganze Discographie offiziell auf CD erworben werden. Doch das alleine reicht bekanntlich nicht aus, denn der Titel des Buches «Hunde, wollt ihr ewig rocken?!» von Krokus-Bassist Chris von Rohr ist auch für KILLER Programm! Rock until‘ you drop heisst die Devise, und 2017 war es wieder soweit: KILLER are back again, stronger than ever!

Die Mannschaft besteht neben dem rockenden Rentner mit weissem Haupthaar aus drei Fünftel des Line-Ups von Cutest Beast, einer Schweizer Judas Priest Cover-Band. Alter Bekannter dabei ist Frontgaul Andy Lickford, der schon ab 2006 zeigte, wer den Ur-Shouter Markus „Mark Broman“ Brönnimann bestens ersetzen kann. Und last but not least konnte mit Emi Bassbabe die wohl spielfreudigste und attraktivste Bassistin der Schweiz mit ins Boot geholt werden. Damit wurde man dem Song «Pure Dynamite» mehr als gerecht, und dass die neue Formation wirklich was taugt, wurde schon bald offenkundig. Die neue Axtfront mit Crown und Peter riffte kongenial und die Rhythm-Section mit Emi und Roberto passte wie die Faust aufs Auge. Dazu gehört natürlich der agile Schreihals Andy, der aktuell noch mehr als Sänger performt und weniger Faxen als früher reisst. Die alten Rockkamellen blühten auf wie nie und zahlreiche wie mitsing-taugliche Parts bewiesen einmal mehr, dass ein guter Song immer ein guter Song bleiben wird. Crown Kocher blühte sichtlich wieder auf und lieferte zudem einige feine Soli ab, die kein Verfallsdatum kennen. Mit «Rock The Fire» wurde der aktuellste Song vorgestellt, der wohl auf dem nächsten Studioalbum, sofern in absehbarer Zeit veröffentlicht, zu finden sein wird. Die mittlerweile auf etwa gut 150 Leute angewachsene Meute feierte ihre Helden des Abend lautstark ab und, am Schluss waren sich alle einig, auch ohne den schmerzlich vermissten Klassiker «Ladykiller», dass KILLER kaum, wenn je besser abgerockt haben!

Setliste: «Get Up, Get Down» - «Come Along» - «Midnight Highway Rider» - «A Man With A Gun» - «Pure Dynamite» - «On The Rocks» - «Never Touch A Tiger» - «Break My Chains» - «We're A Rocking Band» - «Rock The Fire» - «Passport» - «Crazy Daisy» -- «Take Me, Break Me, Shake Me» - «Sell Your Soul».