Livereview: Killswitch Engage - The Haunted - Bring Me The Horizon
1. Februar 2007, Rohstofflager Zürich
By El Muerte
Dass The Haunted ihre für den Februar angekündigte Headliner-Tour zu Gunsten einer Tour mit Killswitch Engage aufgeschoben haben, mag zwar für einige Fans Grund genug gewesen sein, an dem Abend mit Abwesenheit zu glänzen, für die Band hingegen war es ein brillianter Schachzug in alter Tradtition - Immerhin konnten sie schon auf der vorletzten Tour im Vorprogramm von Cradle Of Filth und Moonspell etliche Fans erreichen, die ansonsten nie den Weg zu einer ihrer Headliner-Shows gefunden hätten. Was Killswitch Engage angeht, so muss leider konstantiert werden, dass sie seit ihrerm ersten Gig auf schweizerischem Boden (2002 im Zürcher Abart) leider kein einziges Konzert in kompletter Besetzung zu Stande gebracht haben - Sorgten letzten Sommer noch die Stimmbänder von Übervokalist Howard Jones für eine Konzert-Absage, so sah sich diesmal Chef-Klampfer & Obderdüdel Adam D. aufgrund einer Rückenoperation zu einer Pause gezwungen. Immerhin konnte die Band in Peter Wichers (Ex-Soilwork) einen hochwertigen Ersatz finden, dennoch zählt ein Killswitch-Gig ohne Adam irgendwie nur halb - Alle diejenigen, die die Band entweder bereits im kompletten Line-up live oder auf der offiziellen Live-DVD gesehen haben, wissen genau, was ich damit meine.

Das Zürcher Rohstofflager sah sich schon knapp eine halbe Stunde nach Türüffnung mit einer stattlichen Horde an kleinwüchsigen Kajalträgern konfrontiert, die nach erstem Merchandise-begaffen gleich die vordersten Reihen in Beschlag nahm. Auch gut, so war zumindest freie Sicht auf die Bühne garantiert. Ebenfalls nicht von schlechten Eltern: Der zwei-Meter-Riese mit dem Schild «Got Weed?», der es sich auf dem Merch-Tisch gemütlich gemacht hatte, entpuppte sich als The Haunted-Drummer Per Müller Jensen...

Bring Me The Horizon (Was für ein Name) starteten gegen 21:00 Uhr recht unspektakulär und mit unterirdischem Sound in ihr Set, und während sich der jüngere und zweifelsohne ignorantere Teil des Publikums bereits ordentlich warm kreischte, übte sich der Rest in vornehmer Zurückhaltung, was auch nicht wirklich als Vorwurf gewertet werden soll: Bring Me The Horizon klangen denn auch so, wie es der Name in etwa im Voraus erahnen liess - Verdammt deplaziert. Bei jedem Dorftreffen der heimischen Metalcore-Jugend hätten sie brilliert, auf der selben Bühne wie The Haunted & Killswitch Engage zu stehen, ist dann allerdings eine Liga zu hoch - Nachwuchsfürderung hin oder her. Wie erwähnt, die Band kriegt gegen Ende ihres Sets meiner Meinung nach viel zu viel Applaus, mehr als ein höfliches Nicken Richtung Backstage-Abgang wäre nicht nütig gewesen.

Aber scheiss drauf, The Haunted waren an der Reihe, und die kantigen Teenie-Ärsche in den Röhren-Jeans wurden nicht unwesentlich aufgemischt - Was der schwedische Fünfer um Peter Dolving in den nächsten 45 Minuten bot, war Metal pur. Licht Aus, «The Premonition» ab Band, fünf Maniacs auf der Bühne, «The Flood» und «The Medication» gleich hinterher - wie geil ist das denn? The Haunted liessen nichts anbrennen und ballerten dem nun gerechterweise entzückten Publikum die Riffs nur so um die Ohren, dass ich beinahe Pipi weinte. Als spätestens beim dritten Song «99» (Der Überhit aus dem letztjährigen «rEVOLVEr») der Mosh regierte, streckten sich dann auch endlich die gebührende Anzahl an Pommesgabeln in Richtung Bühne und Peter Dolving bedankte sich dafür mit seinen typischen ironischen Ansagen. Obwohl auffallend viele Songs der neuen Scheibe den Weg ins Set fanden (Nebst dem bereits erwähnten «Einstiegs-Trio» noch «The Drowning», «The Reflection» und «The Fallout») stürte sich niemand an den zwangsläufig etwas gehäufteren ruhigen Momenten, denn obwohl mehr als nur einmal cleane Gitarren und Peter's Säuselvocals zu hüren waren, schaffte es die Band dennoch, sogar in diesen Momenten heavy und etwas verstürend zu klingen - Was neben alten Gassenhauern wie «Tresspass», «In Vein» und dem abschliessenden «Dark Intentions/Bury Your Dead» zweifelsohne eine meisterhafte Leistung darstellt. Auch die Entertainer-Qualitäten der Band sind gewachsen, die Bjürler-Zwilinge scheinen zwar nach wie vor am Boden festgenagelt zu sein, aber dafür gibt sich Jensen diesmal bewegungsfreudig und vor allem Peter sucht immer wieder Blickkontakt mit dem Publikum. Den Song «The Fallout» widmet er dann auch den anwesenden Vertretern des maskulinen Geschlechts, immerhin seien «Die Mädels ja dafür mit grüsseren Hirnen und längeren Orgasmen gesegnet» worden (O-Ton Peter). Keine Frage, The Haunted zählen nur schon wegen ihrer intensiven Performance zur Speerspitze des schwedischen Metals, und mit einem solch emotionalen wie versierten Vokalisten wie Peter Dolving und den neuen Songs im Gepäck künnte sich nun endlich auch der lang verdiente Erfolg über die Szene hinaus einstellen.

Doch nun zum faktischen Headliner des Abends: Killswitch Engage hatten ordentlich was gut zu machen, aber sie konnten immerhin von Anfang an auf ihre Fans zählen. Vom Opener «A Bid Farewell» bis hin zum letzten Song «My Last Serenade» durch die kompletten 70 Minuten gab das Publikum beinahe alles; obwohl der Pit an einigen Stellen immer wieder versiegte, wurde er kurz darauf wieder neu gestartet. Killswitch hämmerten sich mit gewohnter Tightness durchs Set, die Übergrooves von Drummer Justin Foley liessen keinen Anwesenden stillstehen. Sänger Howard Jones begrüsste bereits nach dem ersten Track das Publikum und entschuldigte sich gleich darauf für die vielen Probleme, in der Schweiz einen brauchbaren Gig hinzulegen. Aber spätestens nach dem zweiten Track «Fixation On The Darkness» hatte das Publikum der Band vergeben und sang sich kollektiv die Kehle aus dem Leib - Schweinegeil, was so ein paar melodiüse Refrains ausmachen künnen. Killswitch spielten von der aktuellen Scheibe gerade mal drei Songs («Daylight Dies», «My Curse» & «This Is Absolution»), aber diese fügten sich dafür nahtlos in den bunten Reigen aus harten Riffs und markantem Gesang ein. Richtig punkten konnte zudem der Circle-Pit bei «Rose of Sharyn», sowie das am lautesten mitgesungene «The End Of Heartache» vom gleichnahmigen Album. Trotz der unglaublich fetten Performance und Ersatzklampfer Peter Wichers' soliden Leistung stellte sich bei mir bald die Erkenntnis ein, dass Original-Gitarrist und Bandkopf Adam der Show zweifelsohne noch das i-Tüpfchen aufgesetzt hätte. Ohne ihn sind Killswitch Engage einfach «nur» ein verdammt geiles und abrockendes Metalkommando, mit ihm auf der Bühne hätte sich allerdings noch das prädikat «durchgeknallt» eingereiht - denn genau seine nun fehlenden üblichen Albereien machten erneut klar, dass vieles von ihrem Songmaterial verdammt ähnlich klingt. Aber Schwamm drüber, Adam war nicht da, gefeiert wurde trotzdem. Howard stellte zwischendurch mal fest, dass man angesichts der penetranten Hässlichkeit der männlichen Konzertbesucher die Mädels wohl rauseskortieren müsste, ansonsten aber grinste der Riese (Hat der Henry Rollins gefrühstückt?) hauptsächlich über beide Ohren, beschränkte seine Gestik auf ein Minimum und überliess Gitarrist Joel und Bassist Mike das Posen. Als schliesslich Punkt (!) 23:00 Uhr die Band nach einer einzigen Zugabe und unter frenetischem Applaus die Bühne verliess und das Licht im Saal anging, wurde mir mit einem Schlag bewusst, dass dies bereits eines der Metalhighlights dieses Jahres gewesen war - Denn genau wie The Haunted konnten auch Killswitch Engage an diesem Abend einfach nur Punkten was das Zeug hält, das Publikum frass ihnen aus den Händen. Bitte mehr davon!

An dieser Stelle müchte ich mich noch bei einem gewissen freundlichen jungen Herren um die 17 in Baggypants und mit Baseball-Cap bedanken, der mir natürlich völlig unabsichtlich während des Killswitch-Gigs (Nene, meine Kumpels lagen falsch, der hat das bestimmt nicht extra gemacht...) in einer moshfreien Zone von hinten in den Rücken gefallen ist, und mir damit eine äusserst schmerzhafte Begegnung mit dem Boden und ein geschwollenes Knie beschert hat. Sehr sozial, besten Dank auch dafür. Keine Angst, ich lass ab jetzt die Finger von deiner Mama.