Livereview: Krokus - Crystal Ball
3. Mai 2003, im Volkshaus, Zürich
By Rockslave
Vor satten 20 Jahren befanden sich Krokus in den Staaten und promoteten ihr Hammeralbum "Headhunter" vor tausenden von Fans. Seither ist viel Wasser die Aare runtergeflossen und unzählige Besetzungswechsel, sowie ein musikalisches Auf und Ab kennzeichneten seither das Umfeld der bis dato immer noch einzigen Schweizer Rockband, die das Hallenstadion (ein Jahr zuvor, also 1982) jemals ausverkaufen konnte. Das Volkshaus stand letztmals 1988 anlässlich der "Heart attack"-Tour auf der Menü-Liste, als man die Double Billing-Tour mit Ted Nugent spielte. Das Konzert von damals wies im Wesentlichen drei Kernpunkte auf. Erstens spielte da noch ein gewisser Chris von Rohr Bass, zweitens dauerte das Konzert nur etwa 70 Minuten und drittens zerdepperte Fernando von Arb am Schluss des Sets eine Billig-Gitarre zu Sperrholz. Zustände, die man sich heute eigentlich nicht mehr so richtig vorstellen kann. Man soll ja im Alter bekanntlich etwas "ruhiger" werden. Statt der Showelemente steht nun die Musik wieder im Vordergrund und mit Rückkehrer Marc Storace ist auch die Seele von Krokus wieder an Bord. Mit dem neuen und beileibe nicht schlechten Album "Rock the block", das die Schweizer Hitparade (wennauch nur eine Woche) anführte, will man heuer an alte Erfolge anknüpfen. Ob es gelingen wird, hängt in erster Linie vom Feedback der Fans ab. Die Qualität der Konzerte nahm auf jeden Fall stetig zu und das jetzige Line-Up ist so stark wie lange nicht mehr.

Deshalb war ich beim Eintreffen im Volkshaus richtig erstaunt, dass die Galerie, also der Balkon geschlossen war. Sollte das schon ein Vorzeichen sein? Wie werden wohl die geplanten Konzerte in den U.S.A. abgehen? Fragen über Fragen. Den Support an diesem Abend bestritten Crystal Ball. Die Innerschweizer Melodic Power Rocker haben sich kontinuierlich hochgearbeitet und gehören mittlerweile fest zur Schweizer Rockszene. Bevor sie aber auf der Bühne standen, durfte noch eine (mir nicht bekannte) Local-Band ran, die dem Publikum die erste Dosis Rock'n'Roll verpasste. Obwohl nicht ausverkauft, war die Stimmung unter den Fans gut und die Temperaturen im Innern schon ganz ordentlich. Das sollte sich im weiteren Verlauf des Abends noch mächtig steigern!

Um 20.30 Uhr war es dann soweit. Crystal Ball enterten die Bühne und legten mit "Dance with the devil" gleich zu Beginn heftig los. Sänger Mark Sweeney hatte das gut gelaunte Publikum im Handumdrehen im Sack und bei "Savage mind" wurde es gar richtig laut! Der ewige, aber selbstauferlegte Prüfstein "Am I free" gelang vorzüglich und überhaupt rockte die Band in einer Art und Weise, wie ich sie zuvor noch nie gesehen hatte. Klar fehlten melodiöse Sachen wie "Shine on" oder "Star at the sun" nicht, aber von den Zuckerballaden gab es diesmal keine. Das schien der abgehenden Meute aber egal zu sein, die bei "Lay down the low" lauthals mitsang. Die Band schien beeindruckt zu sein und gab die Energie zurück. Besonders Basser Dany Schällibaum hat die Lethargie des vergangenen Tage augenscheinlich abgelegt, bewegte sich und liess die Matte heftig kreisen. Mit "Private visitor" und "Soul mate" legten Crystal Ball nochmals Feuer und es war wirklich schade, dass die Dreiviertelstunde, die sie zur Verfügung hatten, bereits vorüber war. Aber ich bin mir sicher, dass die Band an diesem Abend etliche Fans dazugewinnen konnte!

Nach der Umbaupause von einer halben Stunde ging das Saallicht zum dritten Mal an diesem Abend aus und da waren sie: Krokus, live auf den heiligen Brettern des Volkshauses, das in den letzten Monaten und Jahren nicht mehr so viel Rock'n'Roll wie auch schon zu Gesicht bekam. "Heatstrokes" wurde als knalliger Opener ausgewählt und eröffnete den Set des Headliners. Der Sound kam roh und laut und die Fans gingen gleich voll mit. Marc Storace machte einen fitten Eindruck und peitschte seine schneidenden Vocals nach vorne. Der Rest der Band, also Tony, Domi und Patrick heizten dem rockenden Ex-Lehrer aus Fulenbach tüchtig ein. Allerdings kann ich es immer noch nicht verstehen, warum Fernando das berühmte Wechsel-Solo gegen Ende des Songs nicht mit Dominique teilt, na ja. Weiter ging es bereits mit einem der neuen Songs: "Mad world", gefolgt von "American woman" und "I want it all", das halt gar etwas schmalzig ist. Dock keine Angst, denn gleich gings mit "Bad boys ragdolls" volle Pulle weiter und mit zunehmender Dauer des Konzertes wurde es immer besser. Auch kein Wunder, bei einem alten, wie zeitlosen Heuler nach dem anderen. Die legendäre Show von Sumiswald (Sommer 2002) wurde zwar auch diesmal nicht getoppt, aber dafür wurde "Rock city" zu meiner grossen Freude ausgespielt und nicht in ein Medley verpackt, geil! Einer der besten Songs des Abends war dann jedoch einmal mehr "Easy rocker". Ein nachwievor genialer Kracher, der den ewigen Vergleich mit Angus & Co. meilenweit hinter sich lässt. Nach "Back seat Rock'n'Roll" und dem Titeltrack des neuen Albums war dann erst mal Schicht im Schacht. Im Zugabenteil stach "Eat the rich" heraus, bevor "Bedside radio" das definitive Ende einer weiteren und guten Krokus-Show einläutete. Somit alles Friede, Freude, Eierkuchen? Nun, sicher nicht ganz, denn ich (und die Band vielleicht auch?) war mir eigentlich sicher, dass dieser Abend ausverkauft sein würde. Nichts desto Trotz bekamen die angereisten Fans ein tolles Konzert zu sehen und schauen nun alle nach den noch anstehenden Swiss- und Euro-Dates (unter anderem auch am Sweden Rock!) langsam in Richtung U.S.A., um gegen Ende des Jahres zu erfahren, ob der R'n'R-Express in den Staaten auch wieder zündete oder nicht. Mal sehen..., no risk, no fun aber auf jeden Fall: Good luck Krokus!

Set-Liste: "Heatstrokes", "Mad world", "American woman", "I want it all", "Bad boys ragdolls", "Tokyo nights", "Stayed awake all night", "Long stick goes boom", "Fire", "R'n'R tonight", "Throwing her China", "Screaming in the night", "Rock city", "Easy rocker", "Back seat Rn'R, "Rock the block", "Eat the rich", "Flying through the night", "Bedside radio".