Vor ziemlich genau fast einem Jahr, nämlich dem 2. August 2008,
fand die prestigeträchtige Reunion-Show im Berner Stade de Suisse
statt. Im Vorfeld dieses Auftrittes des eigentlichen Ur-Lineups
(plus Mark Kohler) unserer Platin-Rocker Krokus gab es viel zu
reden. Fakt ist, dass eine ansich unter dem gleichen Banner, sprich
Bandnamen gut laufende Combo dafür aufgelöst wurde. Das passte nicht
allen Fans gleichermassen, aber die Begeisterung der 9'000 Fans von
Bern hatte klar aufgezeigt, dass man immer noch an die alten Recken
glaubt. Diese liessen sich zumindest für dieses eine und auch
einzige Konzert im letzten Jahr nicht lumpen und drückten
bekanntlich voll ab. Sowas wollte man nun in Zofingen anlässlich der
«Magic Night» auf dem Heitere oben wiederholen. Das aktuell wiederum
einzige Konzert profitierte von fantastischen, äusseren Bedingungen
sowie einem sehr attraktiven Vorprogramm. Die ABBA-Clones Björn
Again legten zunächst einen soliden Auftritt hin, ebenso die
Routiniers um Mastermind Manfred Mann. Die Überraschung des Tages
waren jedoch EAV, also die Erste Allgemeine Verunsicherung, die das
Publikum nach kurzer Zeit ganz in ihren Bann ziehen konnten, bevor
dann Krokus an der Reihe waren. Unsere Bericht-erstattung beinhaltet
nebst dem Headliner lediglich den Auftritt von Manfred Mann's Earth
Band, die kurz nach 19.30 Uhr noch bei vollem Tageslicht ran
mussten.
Manfred Mann's Earth Band
Obwohl der einstige Ausnahme-Sänger Chris Thompson schon einige
Jahre fehlt, kann sich die aktuelle Besetzung mit Noel McCalla (v),
Mick Rogers (g), Steve Kinch (b) und Jimmy Copley (d) schon eine
Weile halten. Letzterer kam als Ersatz für Geoff Dunn allerdings
erst 2007 an Bord. Das letzte Studio-Album «2006» kam vor fünf
Jahren heraus und trotzdem ist die
Kult-Band immer noch fleissig auf
Tour. Das nicht zuletzt, weil die Leute die guten, alten Hits immer
wieder gerne hören. Obwohl der grosse Erfolg unter anderem auf
Cover-Versionen wie Bob Dylan's «Mighty Quinn» oder «Father Of Day,
Father Of Night» beruht, können auch eigene Songs im typischen
MMEB-Sound vor allem Ende der 70er und in den 80ern grosse Erfolge
verbuchen. Im Jahre 1986 vermochte die Band gar das Zürcher
Hallenstadion zu füllen! Diese Zeiten sind jedoch längst vorbei,
aber die Truppe um Mastermind Manfred Mann ist immer noch frisch und
die Live-Aufritte eigentlich jedes Mal ein musikalischer
Leckerbissen. Das war auch 2009 auf dem Heitere so, wo man ja
bereits schon mal, nämlich 2005, zu Gast war. Noel McCalla (v) war
glücklicherweise fit wie ein Turnschuh und liess diesmal nichts
anbrennen. Da man als zweite Gruppe des Tages/Abends an der Reihe
war, erklärt sich die etwas gar kurze Spielzeit von gerade mal etwa
einer Stunde. Diese wurde jedoch optimal ausgenützt und mit neuerem
wie altem Material bestückt. Bei den ersten drei Songs im Fotograben
beschäftigt, bekam ich den Anfang nicht richtig mit, sprich das
musste eher neueres Material gewesen sein. «Martha's Madmen» vom
Kult-Album «Watch» (1978) leitete danach den Hit-Reigen ein, zu dem
«Redemption Song», «Blinded By The Light» und das unverzichtbare «Davy's
On The Road Again» dazu kamen. Mick Rogers spielte dabei nicht nur
beeindruckende Guitar-Parts (zwischendurch auch akustisch), sondern
hinterliess auch als Zweitsänger eine mehr als gute Figur. Der Chef
durfte sich indes mit einem Solo in Szene setzen, ehe dann zum
Schluss natürlich noch «Mighty Quinn» den berühmten Deckel auf's
Fass setzte. Die Performance stimmte, der Sound war gut und das
Publikum machte soweit auch ordentlich mit. In dieser Konstellation
hätte ich natürlich gerne einen Headliner-Set gesehen, für den es
noch massig bekannte Classics an Lager gehabt hätte. Wer also mal
ein angesagtes Hallenkonzert (zum Beispiel im Z7 in Pratteln)
angekündigt sieht, sollte nicht zögern und sich diese Rock-Ikone
noch rein ziehen, solange es geht!
Krokus
Rund 7'000 Fans waren auf dem Zofinger Hausberg "Heitere" zur «Magic
Night» anwesend und wurden Zeuge des einzigen Auftrittes von Krokus
in der alten Formation, also mit
Storace, von Arb, von Rohr, Steady
und Kohler. Die Erwartungen waren auch heuer entsprechend gross,
obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass der "magische Moment" in
diesem Zusammenhang vor einem Jahr in Bern statt fand.
Nichtsdestotrotz legte das Schweizer Rock Ur-Gestein nach der etwas
schrägen Speech eines ehema-ligen Fanclub-Leiters und einer Fanfare
mit «Long Stick Goes Boom» fulminant los. Die Bühne war zwar nicht
ganz so gross wie die im Stade de Suisse, aber ebenso mit massig
Lights bestückt. «Rock City» bestätigte dann meinen Eindruck, dass
die Band zu Beginn mindestens gefühlsmässig etwas auf der Bremse
stand. Mag sein, dass die etwas geringere Lautstärke diesen
subjektiven Eindruck auslöste. Marc Storace war sonst gut bei Stimme
und das Publikum erfreute sich am Gezeigten, machte sogleich mit und
demonstrierte kollektive Mitsing-Qualitäten. Mit Ausnahme von,
sprich dem nicht gespielten «Down The Drain», war die Setliste
praktisch identisch zu der von letztem Jahr. Richtig warm wurde
meine Wenigkeit jedoch erst bei «Fire» und «Heatstrokes». Hierzu
gibt es abermals die von mir schon mehrfach angesprochene Kritik an
Chef-Klampfer Fernando von Arb, warum er den geilen
Links-Rechts-Links Part bei der Bridge stets oder immer noch nur
alleine spielt. Klar steuert Mark Kohler mit seinen Rhythmus-Riffs
das unerlässliche Grundgerüst des Bühnen-Sounds bei. Er wird aber
so, da sonst kaum mit einer Solo-Einlage wenigstens kurzzeitig im
Vordergrund stehend, eigentlich zum Statisten degradiert. Das sah
vorher bei Dominique Favez und Mandy Meyer anders aus. Weniger toll
fand ich den zu pappig klingenden Snare-Sound von Freddy's Drum.
Derweil umschiffte Schlitzohr Marc hohe Gesangslinien von früher mit
clever tiefer gesungenen Passagen, man wird halt nicht jünger.
Positiv empfand ich die Kommunikation zu den Fans in
Schweizerdeutsch, denn das war (in der Schweiz notabene!) nicht
immer so! Auf der anderen Seite fand ich es schade, dass die
Setliste zum Beispiel keinen einzigen Song vom bärenstarken Album
«To Rock Or Not To Be» (1995) enthielt, ganz zu schweigen davon, was
man sonst noch hätte spielen können. Mit der Dauer des Konzertes
kamen Krokus auf jeden Fall immer besser in den Set rein und das
merkte man gegen Schluss vor allem bei «Easy Rocker», wo Freddy und
Chris wiederum das Drum-Solo zusammen zockten. Als erste Zugabe kam
das Auftragswerk «Live For The Action», das mir einfach einen zu
cheesy Refrain besitzt und die Bike Rocker-Hymne Nr. 1 «Born To Be
Wild» passt erstens nur bedingt zu Krokus und zweitens wird/wurde
damit ein eigener Song wie zum Beispiel «Headhunter» unterschlagen.
Unter dem Strich war es jedoch ein überzeugender Auftritt von rund
95 Minuten unter total wolkenfreiem Himmel sowie angenehm
sommerlichen Temperaturen und wer weiss schon, wie lange man dieses
Lineup auch weiterhin gemeinsam auf einer Bühne sehen kann. Das neue
Studio-Album soll dem Vernehmen nach irgendwann im nächsten Jahr
erscheinen und spätestens dann wird sich zeigen, wieviel Saft noch
in den Gliedern des Altherren-Clubs vorhanden ist.
Setlist: «Intro (Fanfare)» - «Long Stick Goes Boom» - «Rock City» -
«Winning Man» - «Hellraiser» - «American Woman» - «Tokyo Nights» - «Fire»
- «Screaming In The Night» - «Rock'n'Roll Tonight» - «Heatstrokes» -
«Easy Rocker (incl. Drum Solo)» -- «Live For The Action» - «Bedside
Radio» --- «Born To be Wild».
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