Livereview: Nightwish - Pain - Indica
28. März 2008, Basel - St. Jakobshalle
By Rockslave
Seit Anette Olzon als Nachfolgerin von Tarja Turunen am 24.5.07 bekannt gegeben wurde, sind auch schon wieder zwei Jahre vergangen. In dieser Zeit, das heisst seit der Veröffentlichung des letzten Studio-Albums «Dark Passion Play» im September 2007, dem ersten nach der Turunen-Ära, war die Band fleissig unterwegs und spielte dabei in Israel, Nord- und Südamerika, Europa, Japan, China und Australien. In unseren Breitengraden kamen dann noch einige Festivals dazu, wie zum Beispiel auch in Wacken (D) als Headliner. Das gab der sympathischen Schwedin somit während fast 180 Konzerten (!) genügend Gelegenheit, ihren Gesang fortlaufend zu verbessern und ihre Stellung innerhalb der Band zu festigen. Wie sich das anhört, kann seit diesem März auf der Live-DVD/CD «Made in Hong Kong (And In Various Other Places)» nachgeprüft werden. Bevor es diesen Sommer wieder mit Festivals (heuer bei uns auf dem «Greenfield Festival») los geht, absolvierten Nightwish im Frühling eine Euro-Hallentour, während man im Mai wieder für 10 Konzerte in den Staaten drüben war und im September, gegen Ende der «Dark Passion Play»-Tour, auch einmal in Moskau aufspielen wird. Der Schweizer Hallen-Termin war in Basel und obwohl nicht ganz ausverkauft, war die Halle sehr gut gefüllt (ca. 8'000 Fans). Als Support waren Indica erstmals und Pain wiederum mit dabei.

Indica
Es hätte nicht viel gefehlt und die Sache wäre in die Hose gegangen! Wie das? Da ich irrtümlicherweise davon ausging (weil es ja Samstag war), dass das Konzert um 20.00 Uhr beginnt, hatte ich es nicht gerade eilig, nach Basel zu fahren. Erst ein "Wo bist du?"-Anruf von Chief Roxx liess mich aufschrecken und unvermittelt aufbrechen! Ich hatte verkehrstechnisch Glück und stand (die einzelnen Details erspare ich jetzt der Leserschaft) genau um Punkt 19.00 Uhr im Fotograben der St. Jakobshalle, als das Licht ausging und die fünf hübschen Mädels von Indica auf die Bühne kamen. Das bereits zahlreich vorhandene Publikum spendete den Nordländerinnen aus Finnland zuerst mal einen aufmunternden Willkommensapplaus. Dem Vernehmen nach war das der erste Auftritt überhaupt in der Schweiz! Mit einer Art Gothic Rock, verziert mit einigen, poppigen Anleihen, konnte das weibliche Quintett zwar keine Beifallsstürme erzeugen, kam aber insgesamt recht gut bei den in den ersten Reihen überwiegend recht jungen Fans an. Dabei bekamen Indica als erster Support ungewöhnlich gutes Licht serviert, was den ganzen Aufritt zusätzlich aufwertete. Das Stageacting konnte sich ebenso sehen lassen, denn Jonsu (v), Heini (b), Sirkku (keys) und Jenny (g) bewegten sich unentwegt, während Laura ihre Beats dazu spielte. Jonsu präsentierte sich als souveräne Frontfrau und spielte auch einmal auf einer Violine. Die Songs stammten vom letztjährigen Album «Valoissa», das es zuerst nur auf finnisch gab. Spätestens bei der gut interpretierten Cover-Version vom Kate Bush Hit «Wuthering Heights» kam definitiv zum Vorschein, dass wohl alle Songs mit englischen Texten vorgetragen wurden. Obwohl die poppigen Elemente für meinen Geschmack langsam Überhand nahmen, fiel die Bilanz an gleicher Stelle dennoch um Längen besser als noch bei Lauren Harris (Support Iron Maiden). Trotzdem waren die nur 25 Minuten viel zu schnell vorbei, und da hätte es ruhig noch etwas mehr Girlie-Sound geben dürfen.


Pain
Die Band von Producer-Ikone Peter Tägtgren war schon im Februar 2008 im Zürcher Hallenstadion als Support des Headliners dabei. Die neuerliche Berücksichtigung hatte sicher was damit zu tun, dass Anette Olzon auf der aktuellen Scheibe «Cynic Paradise» ein paar Guest-Vocals beigesteuert hat. Obwohl man musikalisch im Bereich von industrial angehauchtem Dark Rock/Electro Metal eher düsterer zur Sache geht, brauchten Pain nur gerade ein paar wenige Minuten, um das Publikum auf ihre Seite und in ihren Bann zu ziehen. Das war wirklich interessant zu beobachten, wie die Masse schlagartig mit der Anteilnahme zulegte. Zu eher schummrigem Licht und viel Trockeneis legten sich die Jungs voll rein und stellten auch ein paar Songs des letztjährigen, fünften Studio-Albums vor. Die Keyboard-Parts kamen zwar allesamt vom Band, aber das kümmerte niemanden und so ging die Show munter weiter. Master Tägtgren war wohl selber etwas überrascht, welche Reaktionen heute Abend von den Schweizer Fans entgegnet wurden. Diese bekamen aber auch die volle Dröhnung um die Ohren gehauen, natürlich mit der entsprechenden Dezibel-Limite versehen! Wir sind ja schliesslich in der Schweiz hier..., wie dem auch sei..., der Sound war auf jeden Fall fett und der Bass von Johan Husgafvel knarzte beinahe. Während Peter neben dem variablen Gesang mehr für die Rhythmus-Gitarrenparts zuständig war, fand Leadgitarrist Michael Bohlin immer wieder mal Zeit, seine solistischen Einlagen mit der entsprechenden Pose zu zelebrieren. Gemeinsam wurden die langhaarigen Rüben passend dazu im Takt von moshigen Riffs windmühlenmässig geschüttelt. Die Ansagen der Songs waren relativ schlecht zu verstehen, aber zwischendurch drang mal was an meine Lauscher: «Monkey Business» wurde angekündigt, also ein neuer Track. Da es Pain nicht erst seit gestern gibt, gäbe es da noch eine Menge mehr Material zu spielen. Da ich ziemlich schlecht mit den Releases der Schweden vertraut bin, gab es dem entsprechend leider nichts, was ich auf Anhieb gekannt hätte. Zum Schluss der nicht viel längeren 35 Minuten als zuvor folgte mit «Shut Your Mouth» (von «Nothing Remains The Same - 2002) sowas wie ein Hit, denn plötzlich jumpten alle wie wild auf und ab! Somit war die Aufgabe des Anheizens erfüllt und die Halle bereit für den Hauptact des Abends.


Nightwish
Die Anweisung an die Fotographen, den Beginn der Show des Headliners zuerst aus sicherer Distanz zu verfolgen, deutete unmissverständlich darauf hin, dass das Element Feuer schon am Anfang zum Einsatz gelangt. Punkt 20.30 Uhr war es dann soweit! Mit einem Intro, das etwas ähnlich dem klang, was Nazareth immer verwenden, begann das Konzert. Offenbar, wie zum Beispiel in Rotterdam am 15.3.09, gelangt auf dieser Tour noch eine anderes zum Einsatz, das mehr im Stil von «Fluch der Karibik» ist. Trockeneis und blaues Licht verwandelten die üppig bestückte Bühne geradezu in eine Traumlandschaft. Auf der linken Seite stand ein Schiff, in dem sich Tuomas Holopainen und seine Keyboards befanden. Vorne rechts lag ein riesiger Anker und zusätzliche Felselemente rundeten das Bild ab. Hinten hing ein grosses Backdrop mit dem Schriftzug und Drummer Jukka Nevalainen spielte erhöht auf einem Podest. Die Setliste wurde im Vergleich zur letzten Tour ziemlich umgestellt, denn der Opener war diesmal «7 Days To The Wolves», wozu die üppigen Gasflammen optimal passten und die Show so richtig auf Touren brachten. Anette Olzon, inzwischen mit blonden Haaren, traf die Töne ohne Mühe und auch die ersten, hohen Screams kamen voll durch. Gleiches galt natürlich auch für Bassist/Sänger Marco Hietala, der beim nachfolgenden «Dead To The World» (von «Century Child» - 2002) und «The Siren» (von «Once» - 2004) gleich mal richtig Gas geben konnte. Die zweistimmigen Parts hörten sich perfekt an und unterstrichen die Bedeutung beider Gesangslinien auf's Neue. Spätestens bei «Amaranth» war dann der berühmte Zapfen ab und die Halle tobte zur genialen Show, die von Nightwish geboten wurde. Etwas von weiter hinten sahen die verschiedensten Bühnenbilder einfach hammermässig aus. Immer wieder wurden pyrotechnische Effekte eingeschleust, die gut zum Gesamtbild passten. Hauptbestandteil war natürlich die üppig ausgelegte Lightshow, ohne die so eine Band eher blass aussehen würde. Soundmässig war's ok, aber je nach Standort oder Sitzplatz unterschiedlich. Gitarrist Emppu Vuorinen, der insgesamt eigentlich mehr rifft als soliert, bekam diesmal, wie bei «Romanticide» (von «Once» - 2004) doch mal Gelegenheit zu zeigen, dass er es schon drauf hat! Die gleiche Ernte konnte Anette bei «Dead Boy's Poem» einfahren, einem Track der «Wishmaster»-Ära von 2000. Man merkte zunehmend, dass es bald keinen Song mehr aus dem Turunen-Backkatalog geben wird, denn die Schwedin nicht interpretieren wird können. Nicht fehlen durfte mit «The Poet And The Pendulum» der grandiose Opener von «Dark Passion Play» und ebenso wenig der Smasher «Nemo». Persönliche Highlights waren aber einmal mehr «Sahara» und «The Islander». Letzterer übrigens ein Track aus der Feder von Marco Hietala und ursprünglich eigentlich für seine Band Tarot vorgesehen. Neu im Set war «Ghost Love Score» (auch von Once») als erste Zugabe, wo Anette abermals brillierte und so wohl den letzten Zweiflern den Wind aus den Segeln nahm. Das obligate «I Wish I Had An Angel» bildete den erwarteten Schlusspunkt eines sehr überzeugenden Konzertes der finnischen Bombast-Metaller. Einzig «God Bless The Child» fehlt halt immer noch und «Last Of The Wilds» steht manchmal, wie in München (26.3.09), zusätzlich im Set. Doch auch so gab es kaum jemand an diesem Abend, dem die 100 gebotenen Minuten nicht gefallen hätten. Und jetzt können wir uns auf das nächste Album freuen, auf dem Anette nun von Anfang an dabei sein wird!

Setlist: «Intro» - «7 Days To The Wolves» - «Dead To The World» - «The Siren» - «Amaranth» - «Romanticide» - «Dead Boy's Poem» - «The Poet And The Pendulum» - «Nemo» - «Sahara» - «The Islander» - «The Escapist» - «Dark Chest Of Wonders» -- «Ghost Love Score» - «Wish I Had An Angel» - «Outro».