Livereview: Pretty Maids - Pussy Sisster
18. November 2010, Pratteln - Z7
By Rockslave
Voraus zu sehen war das nicht zwingend, dass die dänischen Heavy Melodic Rocker die Kurve nach ein paar mittelmässigen Alben der letzten Jahre wieder kriegen würden. Spätestens mit dem aktuellen Longplayer «Pandemonium» hat das Songwriter- und Gründer-Duo Ronnie Aktins (v) und Ken Hammer (g) aber eindrücklich bewiesen, dass der Ofen offenbar doch noch nicht aus ist. Dabei orientierte man sich an den erfolgreichen Anfangsjahren und fand wieder zurück zu griffigen Melody-Lines und catchy Riffs, die zusammen mit Ronnie's Reibeisenstimme eben wieder genau das ausmachen, wofür der Name Pretty Maids eigentlich mal stand. Diese erfreuliche Tatsache ging zudem einher mit einem anderen freudigen Ereignis, denn meine Wenigkeit kehrte nach genau elf Monaten Abstinenz endlich wieder zurück in die heilige Halle des Z7. Der Grund dafür ist mittlerweile einigen Leuten bekannt und wen es jetzt noch interessiert, kann mich ja fragen. Als Support dabei waren die deutschen Sleazer Pussy Sisster, die ordentlich einheizten und dennoch etwas altbacken rüber kamen.

Pussy Sisster

Rein optisch wirkten die Pussies, die seit 2005 immerhin drei Studio-Alben und eine EP rausgehauen haben, nicht etwa tuntig, wie es der Bandname hätte vermuten lassen. Sänger Alex Sex (wow!) brachte die entsprechende Attitüde noch am ehesten rüber, während Gitarrist Marc O. mit seinem Cowboy-Hut zumindest vom Look her aus der Reihe tanzte. Musikalisch liess man jedoch nichts anbrennen und legte mit «Today», dem Opener des aktuellen Albums, gleich mit viel Energie los. In der Schnittmenge von Mötley Crüe (zur «Girls Girls Girls» oder «Theatre Of Pain»-Phase), White Lion und Danger Danger powerte die Band (bei der offenbar der zweite Gitarrist Ray Crewl heute Abend nicht mit dabei war) munter drauf los. Als Markenzeichen waren unter anderem bald einmal die töften Backing-Vocals auszumachen, die schon auf der Studio-Scheibe den Unterschied markieren. Auch Drummer Vital Roxx (cool!) hinterliess mit seinem aktiven Spiel einen guten Eindruck und servierte weit mehr als nur straighte Grundrhythmen. Trotzdem schlich sich (bei mir) bald einmal eine gewisse Langeweile in den Set rein, da die Stimme von Mr. Sex oft nach Vince Neil und halt auch die Musik immer wieder mal nach den Amis klang. Erst «Back Again» mit etwas Touch von Axl Rose & Co. untermauerte die Tatsache, dass einfach nur Rockbands imstande sind, geile Balladen zu schreiben. Wenn es dann, wie bei «Leader Of The Gang» mehr nach White Lion zu «Mane Attraction» Zeiten (1991) klang, gefielen mir Pussy Sisster eigentlich am besten. Allerdings konnte hierzu keine Geiss wegschlecken, dass dieser Sound vor 20 bis 25 Jahren bedeutend angesagter war als heute. Unter dem Strich klang das Ganze einfach zu belanglos, obwohl technisch einwandfrei. Ich habe aber schon klar schwächere Combos aus dieser Ecke gesehen, wie zum Beispiel die teils überbewerteten Fatal Smile. Besser gefallen mir da H.E.A.T, aber das ist letztlich auch immer eine Frage des individuellen Geschmacks. Das anwesende Publikum wurde von Pussy Sisster zwar nicht gerade in Ekstase versetzt, spendete aber während rund einer halben Stunde klar mehr als nur einen Höflichkeitsapplaus.

Setliste: «Today» - «Hold Us Down» - «Angel Dust» - «Way To Nowhere» - «In Your Arms» - «Back Again» - «Leader Of The Gang» - «Pussy Sisster» - «Vampires Of Death».


Pretty Maids
Die Freude über dieses Konzert war zweifach gestrickt! Nebst der im Vorwort erwähnten, persönlichen Situation war es natürlich die (musikalische) Rückkehr von Pretty Maids, die ich schon seit ihrer kultigen, ersten 83-er EP kenne. Vor allem der Hammer-Song «Fantasy», der schwer nach den alten Whitesnake klingt, hatte es mir dabei besonders angetan. Die darauf folgenden drei Longplayer «Red, Hot And Heavy» (1984), «Future World» (1987) und «Jump The Gun» (1990) gehörten dann lange zum Besten, was diese Stilecke damals hergab. Alles was danach kam, war grösstenteils uninspiriert bis unbrauchbar und natürlich hochgradig grungegeschädigt. Einzelne Songs liessen in den folgenden Jahren zwar noch knapp erkennen, was da einmal war. Es sollte nun aber bis 2010 und «Pandemonium» dauern, bis das Gespann Atkins/Hammer endlich wieder Nägel mit Köpfen machte. Wenn man sich das neue Material anhört, wähnt man sich mitten in einer Frischzellenkur! Bezüglich der Umsetzung auf die Bühne verstärkt sich dieser Eindruck mit dem Neuzugang am Tieftöner (Vorgänger Kenn Jackson spielte «Pandemonium» allerdings noch komplett ein!) wesentlich und das ist kein Geringerer als Hal Patino! Der ehemalige Mitstreiter und Weggefährte von King Diamond passt perfekt zu Pretty Maids und verleiht mit seinem wilden und bewegungsaktiven Spiel genau den Arschtritt, den die Band jetzt braucht, um das ganze Potenzial der Rückkehr ausschöpfen zu können. Daher erstaunte es natürlich nicht, dass der Einstieg mit dem Intro und den ersten zwei Songs vom neuen Meisterwerk nicht zu toppen war, fliessend in «We Came To Rock» überging und damit weit mehr als nur ein Songtitel war, sondern schlicht das Motto des Abends! Darob gerieten ein paar Hundertschaften im Z7 lautstark aus dem Häuschen und liessen der Rock-Party ihren Lauf. Allerdings kannten die alten Fans unter anderem den Text von «Savage Heart» offenbar nicht mehr und die Jüngeren erst recht nicht.

Ronnie konnte sich da noch so verausgaben und zum Mitsingen aufmuntern. Der guten Laune konnte das jedoch nichts anhaben und so ballerte der Headliner einen Hit nach dem andern raus. Songs der 90er wie «Walk Away» oder «Please Don't Leave Me» gehörten zu den Ausnahmen. Der Rest bestand nur aus alten Krachern und nicht weniger als sechs Neuzugängen in der Setliste! Das zeugte von grossem Selbstvertrauen ins neue Material und dem gleichzeitigen Bekenntnis zur glorreichen Vergangenheit. Selbst dem Zeitalter der Drum-Soli (inklusive Keyboard- und Bass-Part) wurde durch Allan Tschicaja in zeitlich vernünftigem Rahmen gehuldigt und das erst noch kurzweilig. Und auch wenn Ronnies Stimme über die Jahre hinweg etwas gelitten hat, so wurde dieses Manko im Verlauf des Konzertes immer geringer und fiel gegen Ende überhaupt nicht mehr auf. Nebst dem unentwegt zappeligen, ganz in Weiss gekleideten Bassisten als Eyecatcher liess Gitarrist Ken Hammer an der Seite von Herrn Atkins keine Zweifel darüber aufkommen, wer massgeblich für den Pretty Maids Sound verantwortlich ist. Nach «Love Games» war der Hauptteil des Auftrittes leider schon vorbei, aber die Fans schrien die Band bald wieder auf die Bühne zurück, wo mit dem Nackenbrecher «Future World» als erste Zugabe nochmals das volle Brett aufgefahren wurde, einfach nur schweinegeil! Anschliessend folgte mit «Little Drops Of Heaven» der künftige Halbballaden-Killer, der bestimmt noch lange im Live-Set verbleiben wird. Nach dem Ausklingen von «Red, Hot And Heavy», wo es dann besser ging mit der aktiven Singbeteiligung, zeigte die Uhr just 90 Minuten Spielzeit an. Klar hätte man da noch den einen oder anderen Klassiker wie «Lethal Heroes» oder «Rock The House» zusätzlich auspacken können, aber das Gezeigte hat heute Abend im Z7 restlos überzeugt und hoffentlich hält der frisch gewonnene Schwung noch möglichst lange an!

Setliste: «Pandemonium» - «I.N.V.U» - «We Came To Rock» - «Final Day Of Innocence» - «Walk Away» - «Savage Heart» - «It Comes At Night» - «Queen Of Dreams» - «Drum Solo» - «Cielo Drive» - «Back To Back» - «Rodeo» - «Please Don't Leave Me» - «Love Games» -- «Future World» - «Little Drops Of Heaven» - «Red, Hot And Heavy».